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änderlichen Ursachen war, der Umwälzung sich entgegenzustemmen, die sich mit unwiderstehlicher Gewalt in Glauben, Leben und Sitte, im Denken und im Handeln des Volkes vollzog. Wenn man für die Übel der Gegenwart die neue Bildung allein verantwortlich machte, so war dieser Vorwurf, der es ermöglichte, die Schuld von sich abzuwälzen, freilich bequem, darum aber noch nicht begründet. Überdies waren die Gegenmaßregeln vielfach verkehrt und zweckwidrig. So verwies man J. 173 (oder J. 154) die epikureischen Philosophen Alkaios und Philiskos aus Rom, so vertrieb man J. 161 abermals die Philosophen und Rhetoren, so schickte man J. 155 die athenische Gesandtschaft, an deren Spitze Karneades stand, möglichst bald wieder nach Hause. Dafür aber lockte der Senat J. 167 tausend vornehme und hochgebildete Achäer darunter Polybios nach Italien und hielt sie dort 17 Jahre lang als Geiseln fest. 17) Überhaupt hat die vom römischen Senat in dieser Zeit befolgte Politik der Selbstsucht, die ihren Gipfel in dem Verfahren gegen das unglückliche, zu Boden geworfene Karthago 18) erreichte, haben die mutwilligen, nichts als Vergrößerung und Bereicherung bezweckenden Kriege, die Rom seit dem zweiten punischen fortwährend führte, den altrömischen Geist weit nachhaltiger untergraben als alle hellenische Kunst und Weisheit je vermocht hätte. In erschreckender Steigerung wuchs wenigstens innerhalb der herrschenden Kaste, die sich ihr Moralgesetz selbst machte, das innere Verderben, die Sittenlosigkeit 19), Feilheit, die unersättliche Bereicherungswut, die sich über Gesetze, Senatsbefehle, Staatsprozesse frech hinwegsetzte, eigenmächtig Krieg führte, ohne Erlaubnis Triumphe feierte, die Provinzen aussog, die Bundesgenossen beraubte. Schimpfliche Verträge und Friedensschlüsse werden immer häufiger. Eine gewisse Bildung verbreitet sich freilich allmählich auch über die Masse:

17) Polybios sagt zum jüngeren Scipio um J. 160 (31, 24) лɛgì τà μαθήματα, περὶ ἃ νῦν ὁρῶ σπουδάζοντας ὑμᾶς καὶ φιλοτιμουμένους, οὐκ ἀπορήσετε τῶν συνεργησόντων ὑμῖν ἑτοίμως .. πολὺ γὰρ δή τι φῦλον ἀπὸ τῆς ̔Ελλάδος ἐπιρρέον ὁρῶ κατὰ τὸ παρὸν τῶν τοιούτων ἀνθρώπων.

18) Vgl. über diese macchiavellistische (englische) Politik CPETER, Studien zur röm. Gesch., Halle 1863, 115. Selbst ein so warmer Bewunderer der Römer wie Polybios wird dadurch wiederholt zu Äußerungen der Entrüstung veranlaßt; s. 31, 18; vgl. 31, 8. 12. 19 extr. 32, 2.

19) Vgl. Ponys. 31, 24 und bes. 25, 4 οἱ μὲν εἰς ἐρωμένους τῶν νέων, οἱ δ ̓ εἰς ἑταίρας ἐξεκέχυντο, πολλοὶ δ ̓ εἰς ἀκροάματα καὶ πότους καὶ τὴν ἐν τούτοις πολυτέλειαν, ταχέως ήρπακότες ἐν τῷ Περσικῷ πολέμῳ τὴν τῶν Ἑλλή νων εἰς τοῦτο τὸ μέρος εὐχέρειαν usw.

schon die vielen griechischen Fremdwörter bei Plautus zeugen teilweise hierfür 2o), und das Übergewicht, das die ludi scaenici über die circenses gewinnen. 21) Aber was in den dramatischen Spielen dem Volke hauptsächlich geboten wurde, die Stücke der palliata, war nicht eben geeignet, zur Bewahrung der alten Sittenstrenge beizutragen. 22)

92. Was das sechste Jahrh. gereift hatte, das vollendete das siebente; schon das J. 146 brachte Karthagos und Korinths Zerstörung. Mit Karthago war eine Mahnerin zu fortgesetzter kriegerischer Bereitschaft für immer verstummt; weitsichtiger als der alte Eiferer Cato beweinte der, welcher sie zerstören mußte, selbst ihren Fall. Korinths Untergang und die Vernichtung der hellenischen Selbständigkeit trieb die Hellenen scharenweise nach Rom, dessen Bildungshunger allen Literaten eine Existenz zu ermöglichen versprach. Mit klug berechneter Schmeichelei pries man die in Griechenland auftretenden römischen Machthaber als Retter und Wohltäter, und solche Komplimente verfehlten ihre Wirkung nicht. In breitem Strome flutete jetzt der griechische Einfluß über Rom dahin: Graecia capta ferum victorem cepit. Aus dem sechsten Jahrh. herüber ragt in das siebente herein die edle Gestalt des jüngeren Africanus (J. 185-129), des Freundes von Panaitios und Polybios; um ihn sammeln sich alle wahren Freunde einer höheren Gesittung und Bildung: von Altersgenossen (außer Terenz) sein Bruder Q. Fabius Maximus (Cos. 145), sein Schwager Q. Aelius Tubero, M'. Manilius (Cos. 149), der jüngere Laelius (Cos. 140), D. Iunius Brutus (Cos. 138), L. Furius Philus (Cos. 136), Sp. Mummius, Sex. Pompeius, P. Rupilius (Cos. 132), C. Lucilius; von jüngeren Männern

20) MOMMSEN, RG. 1o, 877. OWEISE, d. griech. Wörter im Lat., Lpz. 1882; RhM. 38, 547. SAALFELD, Tensaurus italo-graecus, Wien 1884 u. a. Doch sind viele der bei Plautus vorkommenden griechischen Worte ältere auf dem Wege über Unteritalien rezipierte Lehnworte. Vgl. auch JORDAN, Krit. Beitr. 1.

21) Am Ende der Republik waren jährlich 66 Tage mit Festen besetzt: darunter 2 Tage mit Festmahlen (epula), 16 Tage mit ludi circenses (und Vorbereitungen), aber 48 Tage mit ludi scaenici. Im Kalender vom J. 354 n. Chr. (§ 74, 8) sind verzeichnet 175 Spieltage, darunter 10 Gladiatorentage, 64 circensische, aber 101 szenische. MOMMSEN, CIL. 1, p. 300 FRIEDLÄNDER, SG. 28, 311.

22) Gelegentlich trat unverkennbar zutage, daß diese Bildung wie ein leichter Firnis von selbst abfiel, sobald man sich gehen ließ, vgl. zB. POLYB. 30, 22 (bei ATHEN. 14, p. 615) vom J. 167.

die Schwiegersöhne des Laelius, C. Fannius und Q. Mucius, sowie der jüngere Tubero, P. Rutilius, A. Verginius u. a.1) Aber je stärker der Gegensatz war, in dem das Denken und Tun dieses Kreises zu der herrschenden Richtung stand, desto mehr gerieten sie in aristokratische Absonderung hinein, desto geringer wurde ihr Einfluß, wenigstens auf die Zeitgenossen. Erst die folgende Generation hat die Früchte ihrer Kulturarbeit geerntet.

Der Bankerott der Nobilität und die Fäulnis der höheren Stände tritt zutage im numantinischen (J. 143-133) und bekundet sich grell im jugurthinischen Kriege (J. 111-106); so wird es der rohen Kraft des geistig wenig bedeutenden Marius möglich, erhebliche Erfolge zu gewinnen. Dieser bildet, indem er Griechisch nicht versteht, bereits eine Ausnahme in seiner Zeit), zumal von der regierenden Klasse3); schon die Aufführung griechischer Stücke zu Rom in griechischer Sprache zeigt die Verbreitung dieser Kenntnis. Manche Inschriften aus dieser Zeit sind in beiden Sprachen verfaßt1), und der römische Senat überträgt seine Beschlüsse, die den Osten angehen, ins Griechische, sowie auch die mit den Hellenen verkehrenden Beamten in ihren Erlassen sich dieser Sprache nicht ohne Mißgriffe - bedienen. Die Römer, die sich früher in der Palliata selbst als barbari mitbezeichnet hatten, teilen jetzt mit den Griechen die Herrschaft, indem sie auf dem Gebiete der Politik, die Griechen auf dem der Bildung den Vorrang haben. Die römischen Schriftsteller erkennen das Übergewicht der griechischen Literatur auch da an, wo sie Überlegenes leisten, und nachdem sie die ersten Schwierigkeiten der Übersetzung überwunden haben, erstreben sie in zunehmendem Maße Sauberkeit und Glätte, wie L. Accius; manche lassen sich sogar zur Nachahmung von Tändeleien verleiten, wie die erotischen Epigrammatiker. Die zunehmende Ausdehnung der szenischen Spiele") erfordert alljährlich eine Reihe von Stücken, und daher überwiegt auch in der Literatur das Drama, das neben dem Epos für die vornehmste Gattung gilt. Die Tragödie hat im siebenten

1) Vgl. Cic. Lael. 101.

2) SALL. Iug. 85, 32.

3) P. Crassus, Cos. 131, versteht fünf griechische Dialekte, s. § 133, 5 E. 4) VIERECK, Sermo graecus quo SPQR... usi sunt, Gött. 1888. CAGNAT, Inscr. graecae ad res Rom. pertinentes, Paris 1903 ff. III. Doppelsprachig zB. das SC. über Asklepiades und Genossen vom J. 78 CIL. 1, 203. DIE. 308. VIERECK n. 17.

5) Vgl. § 12, 2. Vereinzelt und wirkungslos war der Reaktionsversuch der Zensoren des Jahres 115; s. § 9, 7.

Jabrh. an L. Accius einen achtbaren Vertreter; innerhalb der Komödie lösen sich Palliata, Togata, Atellana und Mimus in rascher Folge ab, zeigen aber eben in dieser Stufenfolge ein immer tieferes Herabsteigen zum Geschmacke der Masse, der die derbe und oft gemeine Posse mehr zusagte als das feinere Lustspiel. Das Epos zehrt noch von dem Aufschwunge, den es nach der Mitte des sechsten Jahrh. durch Ennius genommen hatte, und findet in der Gegenwart keinen eigentlichen Antrieb zu neuem Aufblühen; es leidet namentlich unter der starren Tradition der Gattung, die das Einschlagen neuer Bahnen statt der ausgefahrenen alten unmöglich zu machen schien. Überhaupt war außerhalb des Dramas der Trieb zur Dichtung fast erloschen; nur Lucilius macht eine erfreuliche Ausnahme. Der Nation als solcher fehlte es an dichterischem Vermögen und Streben, und bei den Griechen fand sie auch nicht gerade ein Vorbild schöpferischer Originalität; auch ließen es die inneren Unruhen zu keiner rechten Sammlung kommen. Dagegen wachsen Geschichtschreibung, Beredsamkeit und Rechtskunde in der Treibhaushitze der politischen Kämpfe rasch an Umfang und Gehalt. Unter den Geschichtschreibern sind die bemerkenswertesten im siebenten Jahrh. d. St. Piso Frugi, Antipater, Asellio, weiterhin die jüngsten Vertreter der Annalistik, Valerius Antias, Sisenna und Licinius Macer. Die glänzendsten Redner sind, nächst C. Gracchus, M. Antonius und L. Crassus. Die Jurisprudenz ist durch die beiden Q. Scaevola, Augur und Pontifex, am besten vertreten. Die Forschung wird von der Mitte des siebenten Jahrh. an emsig nach allen Seiten hin betrieben, jedoch meist nicht von eigentlichen Römern, außer dem Philologen L. Aelius Stilo.

93. In Bezug auf Sprache und Metrik sind die beiden Jahrhunderte eine Zeit lebendigster Entwicklung und schließen schon alle drei Stufen in sich, durch welche die Geschichte der römischen Poesie überhaupt verlief, die des Saturnius, der szenischen und der daktylischen Dichter. Schon im sechsten Jahrh. d. St. neigte die Volkssprache dazu, die schließenden Konsonanten abzuwerfen, die Flexionsformen zu trüben und so schon jetzt gleichsam auf die Stufe einer romanischen Sprache zu gelangen. Der Hochton bewirkte häufig infolge der Hervorhebung der Akzentsilbe eine Abschwächung und Trübung der umgebenden natur- oder positionslangen Silben bis zu ihrer Verkürzung, sowie die Ausstoßung kurzer Mittelsilben und Endvokale (Synkope). Namentlich erzwang bei Wörtern und Wortverbindungen iambischer Quantität der vor oder

nach der Länge liegende Akzent deren Verkürzung.') Die auslautenden Konsonanten s und m wurden in der Aussprache verdunkelt und mehr und mehr unhörbar. Endlich wurden vielgebrauchte kleine Wörter durch gewalttätige, oft nur andeutende Aussprache abgeschliffen. Der enge Anschluß der ältesten Dichter, besonders des Plautus und der übrigen Szeniker, an die Volkssprache bewirkt, daß sie deren Betonung im ganzen ziemlich getreu wiedergeben. Auch in metrischer Beziehung ließen sie sich von der Rücksicht auf den Akzent leiten. Der Saturnier hatte noch die Unterdrückung der Senkungen gestattet; die von den Szenikern nachgebildeten griechischen Maße verboten das von selbst, stellten aber in die Senkungen (außer der letzten) abweichend von der griechischen Metrik unbedenklich lange Silben, vermieden jedoch die akzentwidrige Betonung, soweit es irgend anging. Den Hiat beschränkten sie bereits ziemlich gewissenhaft und folgten in der Zulassung des sogenannten prosodischen Hiates der Volkssprache.") Auch die altitalische in der ursprünglichen Anfangsbetonung begründete Alliteration brauchten sie mit Vorliebe zur Verkettung und zum Schmuck der Rede.3)

1) Über die sprachliche Entwicklung SKUTSCH, Kultur d. Gegenwart 1, 8. Über die lambenkürzung und Synkope CFW MÜLLER (§ 98, 9) und SKUTSCH, Forschungen 1, Lpz. 1892, ferner etwa AHLBERG, de correptione iambica, Lund. 1901. Vgl. die § 98, 8 genannte Literatur.

2) Über den Abfall des s und m LEO PF. 248. PROSKAUER, das auslautende s auf d. Inschr., Straßb. 1910. Synizese: SKUTSCH, Schr. 92. 227. EXON, Hermath. 36, 121. JACHMANN, Studia prosodiaca, Marb. 1912. Für die Berücksichtigung des Akzentes kommt besonders das sog. Dipodiengesetz in Betracht, über das nach WMEYER (§ 98, 9) WALLSTEDT, Studia Plautina 82 zu vergleichen ist; ferner die Behandlung enklitischer Worte, über die SKUTSCHS Forschungen, LINDSAY, J. of Ph. 20, 135 und RADFORD, Transact. Amer. Assoc. 34, 60 Licht verbreiten. Endlich die Betonungen fácilius, múlierem, über die LINDSAY Phil. 51, 364. SEYFFERT JB. 80, 270 sprechen. Daß tribrachische Worte nie, daktylische nur unter gewissen Bedingungen auf der Mittelsilbe betont werden, fällt ebenfalls für den Anschluß an die wirkliche Betonung sehr ins Gewicht. SCHLICHER, Wordaccent in early Latin Verse, Am. JPh. 23, 46. Exon, Cl. Rev. 20, 31. Hiat: LEO PF. 334.

3) Selbst die spätere Kunstdichtung hat die auch in prosaischen Wendungen stets beliebt gebliebene Alliteration nicht ganz verschmäht. Neuere Literatur: WEBRARD, d. Allit. in d. lat. Spr., Bayr. 1882. CBOETTICHER, de allitt. ap. Rom. usu, Berl. 1884. HJORDAN, Krit. Beitr. (Berl. 1879) 167. EWÖLFFLIN, d. allit. Verbindg. d. lat. Spr., Münch. SBer. 1882 2, 1. GLANDGRAF, de figuris etymologicis lat., Acta Erl. 2, 1. ВUсHHOLD, de paromoeoseos ap. veteres Rom. poetas usu, Lpz. 1883. THURNEYSEN, RhM. 43, 349. NORDEN,

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