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Erst Ennius hat sich in jenen Punkten größerer Strenge beflissen. Zwar auslautendes s hat auch er, wo es ihm bequem war, für die Silbenmessung unberücksichtigt gelassen; erst gegen Ende der Republik wurde es wieder von der formstrengen Dichterschule als voller Laut anerkannt. Aber in allem übrigen hat sich Ennius der Unbestimmtheit und Regellosigkeit schon darum entgegengestellt, weil er den in feste Regeln gebundenen Bau des griechischen Hexameters getreu nachzubilden versuchte.) Freilich erstreckte sich sein Einfluß nur auf die Schriftsprache und die sich nach dieser modelnde Sprache der Gebildeten; die kunstlose Übung des gewöhnlichen Lebens ging daneben noch geraume Zeit ihre eigenen alten Wege fort.) Nicht nur daß der Saturnius auch nach Einführung des Hexameters noch eine gute Weile fortgebraucht wurde: auch eine Art von Vulgärmetrik bestand noch im siebenten Jahrh., die sich zwar des Hexameters bediente, auf diesen aber die prosodischen Freiheiten der szenischen Dichter übertrug und namentlich die AufAeneis 6, 407. JBINZ, Phil. 44, 262; anderes s. bei den einzelnen Schriftstellern, bes. § 98, 9.

4) An Vergewaltigung des sprachlichen Stoffs oder Eigenmächtigkeit des Ennius in dessen prosodischer Gestaltung darf man im allgemeinen nicht denken. Ganz schief ist aber auch die früher verbreitete Vorstellung, er habe in einem Übergangszustand der Entwicklung die Sprache vor frübzeitiger Verwilderung bewahrt, für welche die älteren Dichter durch Zulassung der Freiheiten der Volkssprache vorgearbeitet hätten. Das heißt den Einfluß dieser auf enge Kreise beschränkten Poesie erheblich überschätzen. Die Quantität der Silben hatte das Volk kraft seines untrüglichen Sprachgefuhis inne, nicht etwa schulmäßig belehrt: Cic. de orat. 3, 195 omnes tacito quodam sensu sine ulla arte aut ratione, quae sint in artibus ac rationibus recta ac prava diudicant, idque .... ostendunt magis in verborum numerorum vocumque iudicio, quod ea sunt in communibus infixa sensibus nec earum rerum quemquam funditus natura esse voluit expertem. itaque non solum verbis arte positis moventur omnes, verum etiam numeris ac vocibus. quotus enim quisque est, qui teneat artem numerorum ac modorum? at in his si paulium modo offensum est, ut aut contractione brevius fieret aut productione longius, theatra tota reclamant. or. 173 in versu theatra tota exclamant, si fuit una syllaba aut brevior aut longior. nec vero multitudo pedes novit nec ullos números tenet nec illud quod offendit aut cur aut in quo offendat intellegit: et tamen omnium longitudinum et brevitatum in sonis sicut acutarum graviumque vocum iudicium ipsa natura in auribus nostris collocavit. parad. 3, 26.

5) Es findet sich zB. Auslassung der Endkonsonanten (m und 8) auf Inschriften noch im ersten Drittel des 7. Jahrh. d. St. GEDON, écriture et prononciation du Latin savant et du Latin populaire, Par. 1882. ESEELMANN,

d. Aussprache des Lat., Heilbr. 1885. DIEHL, JJ. Suppl. 25.

lösung der Hebungen beibehielt; so in der Inschrift des Mummius (§ 163, 8) und den sog. sortes Praenestinae.) Aber Ennius hat das Verdienst (wenn es denn ein solches ist), den drohenden Verfall der Sprachformen wenigstens für das Schriftlatein auf mehrere Jahrhunderte aufgehalten zu haben.

Wie die für die Literatur gültige Sprachform selbst in dieser Zeit festgestellt wurde, so auch ihre Wiedergabe durch die Schrift. Das lateinische Alphabet') stammt von dem griechischen der chalkidischen Kolonien, namentlich der campanischen (Kyme und Neapolis). Dieses altlateinische Alphabet bestand aus 21 Buchstaben: darunter c (an 3. Stelle = gr. 7), z (an 7. Stelle), k, q, x (dieses am Schluß). Das k verschwand früh fast ganz aus dem Gebrauche, und seine Vertretung übernahm c. Später als sich das Bedürfnis der Scheidung zwischen gutturaler Tenuis und Media zeigte, schuf durch leichte Veränderung des c der Freigelassene des Cos. 234 und 228, Sp. Carvilius (§ 128), das Schriftzeichen g und setzte es an die Stelle des kaum gebrauchten z3), das erst in der ciceronischen Zeit, zusammen mit y°), wieder in die Schrift kam und nun seinen

6) RITSCHL, op. 4, 400. LMÜLLER, d. saturn. Vers 80.

7) Vgl. MOMMSEN, die unteritalischen Dialekte (Lpz. 1850), 3; RG. 1o, 210; bull. 1882, 91. 101. KIRCHHOFF, Stud. z. Gesch. d. gr. Alphab. 117. 127. 133. RITSCHL, opusc. 4, 691. 765. WSCHMITZ, Beitr. z. lat. Sprach- u. Literaturkunde, Lpz. 1877. WDEECKE in Baumeisters Denkm. d. kl. Altert. 1,50. EHÜBNER in Iw. Müllers Handb. 12, 646. JSCHMIDT, PW. 1, 1616. Vgl. auch WEEGE, Vasculorum Campanorum inscr. Italicae, Bonn. 1906.

8) Das z lasen die Alten im carmen Saliare (VEL. LONG. GL. 7, 51, 6): wir finden es vielleicht in der Dvenos-Inschrift (§ 83, 5) und auf Münzen aus dem Ende des 5. Jahrh. d. St. (DIE. 1, 9). Nach dem Verlust des z wurde etwa bis auf Cicero dieses Zeichen durch s oder ss ersetzt. HJORDAN, krit Beitr. (Berl. 1879) 155 schreibt die Ausmerzung des z und Einsetzung des g dem Appius Claudius (§ 90) zu, während die Überlieferung (PLUT. quaest. Rom. 54) den Gebrauch des g auf Carvilius zurückführt. Die bis jetzt bekannten ältesten Inschriften mit g sind nicht älter als die Zeit des Carvilius, so daß daraus kein Grund gegen die Überlieferung hergenommen werden kann. Vgl. auch LHAVET, rev. phil. 2 (1878), 15.

9) Das chalkidische v (= v) wurde in dem altlateinischen Alphabet zur Wiedergabe des lateinischen u-Vokals (und des griechischen v), sowie des labialen Spiranten v benutzt. Das für den letzteren Laut im chalkidischen Alphabet vorhandene Digamma ♬ verwandte das Lateinische für den labiodentalen Spiranten f; jedoch drückt ihn die alte praenestinische Inschrift (§ 83, 5) durch fh aus. Das y findet sich auf Inschriften nicht vor dem Ende des 7. Jahrh. d. St. Vgl. MAR. VICT. GL. 6, 8, 11 Accius.. nec z litteram nec y in libros suos rettulit, quod (?) ante fecerant Naevius et Livius.

Platz am Schlusse des Alphabets erhielt. Das Alphabet des Carvilius bestand so gleichfalls aus 21 Buchstaben. Andere orthographische Neuerungen werden an die Namen von Dichtern angeknüpft, teils weil einzelne Dichter wirklich Grammatiker waren, teils weil die späteren Gelehrten solche Änderungen gern mit bestimmten Namen in Verbindung brachten und sich unter Vernachlässigung der Inschriften allein an die Literatur hielten. 10) So soll Ennius zuerst die Verdoppelung der Konsonanten angewandt haben, d. h. die späteren Gelehrten konnten sie in der Literatur zuerst bei ihm nachweisen 11); L. Accius bezeichnete die Länge der Vokale a eu im Anschluß an die Dialekte durch Verdoppelung 12) und Lucilius gab Vorschriften über die Scheidung der Laute i und ei mittels der Schrift, alle mit viel geringerem Erfolge, als ihn die stille Tätigkeit der Schule ausübte, die allmählich zu einer gleichmäßigen orthographischen Praxis führte.13) Auch die Orthographie des Vokalismus arbeitete sich ganz allmählich in diesen beiden Jahrhunderten zur festen Regel hindurch. In der älteren Sprache finden sich viele und starke Schwankungen namentlich zwischen o und u, und oe sowie zwischen e und i (ferner auch im Bereich von ai und ae, ei und i, ou und u). Auf den Inschriften beginnen etwa vom J. 234 an in denjenigen Flexionsendungen, wo sich später u und i festgesetzt hat, o und e zu weichen. Doch erst zwischen J. 204 und 186 siegten u und i für die Dauer über o und e11), doch so, daß die Lautfolgen 10) Etwa wie die ältesten Setzer (besonders des Griechischen) Gelehrte sein mußten.

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11) FEST. S. v. solitaurilia p. 293. Damit stimmt der Inschriftenbefund: freilich das Beispiel Hinnad CIL. 1, 530. 6, 1281 DIE. 1, 117 vom J. 211 fällt vor die literarische Tätigkeit des Ennius. Sonst erscheint diese Verdoppelung und zwar noch neben der einfachen Schreibung zuerst auf dem Erlaß des L. Aemilius Paulus vom J. 189 (§ 123, 8) CIL. 2, 5041 DIE. 1, 96. Das S. C. de Bacchanalibus kennt sie noch nicht. RITSCHL, Op. 4, 48. 231; pl. Excurse 1, 17. WWEISSBRODT, specimen grammaticum (Cobl. 1869), 34; quaest. gramm. 2 (Braunsberg 1872), 10. EBÄHRENS, JJ. 127, 774. Vereinzelt findet sich auch der Sicilicus (') als Zeichen der Konsonantenverdoppelung (MAR. VICT. GL. 6, 8) angewandt; s. EHÜBNER, Herm. 4, 413; exempla script. epigr. LXXVI.

12) Der Inschriftenbefund stimmt damit: ältestes Beispiel aastutieis (LOMMATZSCH, Arch. Lex. 15, 138), dann paastores vom J. 132 CIL. 1, 551. 10, 6950 DIE. 1, 275. RITSCHL, op. 4, 142. BERSU, Bezz. Btr. 23, 252.

13) WWEISSBRODT, specimen grammaticum, Cobl. 1869; quaest. gramm.

2, 3 (de simplic. et geminatis consonantibus lat.).

14) RITSCHL, Op. 4, 224. момMSEN, RhM. 9, 464. SOLMSEN, Stud. zur lat. Lautgesch. (Straßb. 1894) 37.

Teuffel: röm. Literaturgesch. Neub. 6. Aufl. I.

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uv vu uu wie auch die Verbindungen zweier vokalischer i oder des konsonantischen und vokalischen i fortwährend vermieden wurden. Die Aspiraten griechischer Wörter gab man anfänglich durch die entsprechenden Tenues wieder: etwa seit J. 150 begann man sie durch die Zeichen ch th ph auszudrücken. 15) Auch hierin wie in der Aufnahme von y und z erkennt man das Bestreben, sich den griechischen Gewohnheiten zu fügen.

A. SECHSTES JAHRHUNDERT D. ST.

I. DICHTER.

94. Andronicus (gest. J. 204) kam als Gefangener nach Rom und in das Eigentum eines Livius, vielleicht des M. Livius Salinator, des nachmaligen Siegers von Sena. Er unterrichtete im Lateinischen und Griechischen, wurde später freigelassen und nannte sich nun L. Livius Andronicus. Für seine Schüler übersetzte er die Odyssee in Saturniern, unbehilflich und nicht ohne schwere Mißverständnisse; aber diese Übersetzung war eine literarische Tat, da von ihr alle Übersetzungskunst ausgeht. Als in Rom J. 240 die ersten szenischen Spiele gefeiert wurden, lieferte er die dafür notwendigen Dramen, indem er griechische Dichtungen übersetzte und herausgab, vorzugsweise Tragödien, unter Nachbildung der leichteren griechischen Maße und mit Beibehaltung der volksmäßigen Alliteration. Auch hier hat Livius den späteren Szenikern die Bahnen gewiesen und die Normen für die Metrik des Dramas geschaffen. Im J. 207 wurde ihm die Anfertigung eines Bittgesanges an die aventinische Juno übertragen; den glücklichen Erfolg dieses Liedes erkannte der Staat dadurch an, daß er den scribae Genossenschaftsrechte verlieh: im Tempel ihrer Schutzherrin, der Minerva auf dem Aventin, wurde ihnen für ihre Zusammenkünfte und ihr Inventar Platz eingeräumt.

1. Die Nachrichten über Livius sind wohl von späteren Gelehrten gesammelt, z. T. erschlossen und verlangen dann sorgfältige Prüfung; falls sie, wie MARX, Lpz. Ber. 1911, 47 annimmt, auf ihn selbst oder Naevius

15) Man wandte diese Schreibung wohl auch am unrechten Ort und mit Übertreibung an, und manche dieser Mißgriffe blieben durch die ganze römische Literatur hindurch im Gebrauche. So die Schreibung Bosphorus. Vgl. Cic. orat. 160. CATULL. 84. QUINTIL. 1, 5, 20. FLECKEISEN, JJ. 99, 656. 101, 458. MAROUZEAU, Mém. soc. ling. 17, 273. Über die Wiedergabe des in lat. Schrift s. MOMMSEN, Schr. 7, 792. BRANDIS, de aspiratione lat., Bonn Vgl. die Indices CIL 1 und der DIE.

1881.

zurückgehen, so wäre diese Skepsis nicht nötig. Vorname L. (Gell. 6, 7, 11. 17, 21, 42. FEST. 297b, 7. CASSIOD. S. A. 2). Die Abweichung des Vornamens von dem seines Freilassers (falls dieser nämlich M. Livius war und nicht, was ebenfalls möglich, dessen Vater) entspricht dem Gebrauche dieser Zeit; 8. EHÜBNER in IwMüllers Handb. 12, 679. Aus Verwechslung mit dem Geschichtschreiber mehrfach irrig T. (NON. 207, 23. 368, 25. HIERON. 8. A. 2).

2. CASSIOD. Chron. ad a. 239: his conss. ludis Romanis primum tragoedia a Lucio Livio ad scaenam data. Dagegen J. 240 Livius primus fabulam C. Claudio Caeci filio et M. Tuditano coss. docuit bei Cic. Brut. 72 unter Berufung auf Atticus und auf antiqui commentarii (§ 95, 4), sowie unter Zurückweisung der Irrtümer des Accius (§ 134, 7. 146, 4), der behauptete, Andronicus sei J. 209, im Jahre der Eroberung Tarents, nach Rom gekommen und habe dort zuerst J. 197 C. Cornelio Q. Minucio coss. ludis Iuventatis, quos Salinator Senensi proelio voverat, ein Stück aufgeführt. Erst Neuere haben Accius' Irrtum aus einer Verwechslung der zweiten Eroberung mit der ersten (angeblich J. 272) hergeleitet, was in jedem Falle unsicher bleibt und ganz undenkbar ist, wenn jene erste Eroberung eine Fabel ist. NIESE, Herm. 31, 505. Für J. 240 auch Cic. Cato mai. 50 (dort auch die Notiz: vidi [Cato geb. 234 spricht] Livium senem: qui usque ad adulescentiam meam processit aetate) und Varro bei GELL. 17, 21, 42 (LEO, PF. 67). Irrig auch HIERONYM. chron. ad a. 1830 (Bongars. ad a. 1831) 187 (etwa veranlaßt durch Vertauschung des M. Livius Salinator, Cos. 207, mit C. Liv. Salin., Cos. 188??): Titus Livius tragoediarum scriptor clarus habetur, qui ob ingenii meritum a Livio Salinatore, cuius liberos erudiebat, libertate donatus est.

...

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3. SUETON. gramm. 1 antiquissimi doctorum, qui iidem et poetae et semigraeci erant, Livium et Ennium dico, quos utraque lingua domi forisque docuisse adnotatum est nihil amplius quam Graecos interpretabantur aut si quid ipsi Latine composuissent praelegebant.

4. Liv. 7, 2, 8 Livius.., qui ab saturis (§ 6) ausus est primus argumento fabulam serere, idem scilicet, id quod omnes tum erant, suorum carminum actor. Daß Livius auch Schauspieler gewesen sei, behauptet außer den gleich zu nennenden Glossae auch FEST. 333 (A. 7); es war aber kaum möglich, seitdem er das Bürgerrecht besaß (§ 3, 4). Cic. leg. 2, 39 (theatra) quae solebant quondam conpleri severitate iucunda Livianis et Naevianis modis. Aus guter Quelle die glossae Salomonis (§ 42, 9; 8. USENER, Schr. 3, 37): Romae tragoedias comoediasque primus egit idemque etiam composuit Livius Andronicus, duplici toga (laena ovgua, das Schleppgewand der griech. Tragödie; s. USENER, Schr. 2, 193) involutus.

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5. Titel der Tragödien des Andr.: Achilles, Aegisthus, Aiax (mastigophorus), Andromeda, Danae, Equos Troianus (dazu LALLIER, Mélanges Graux, Par. 1884, 103. DIETERICH, Pulcinella 227), Hermiona, Ino (darin Chorlied, § 13, 5), Tereus. Überreste: RIBBECK, trag.3 p. 1–7. Komödien: Gladiolus, Ludius, Virgus (??). Überreste: RIBBECK, com. p. 3f. Livi et Naevi fabularum fragm. ed. LMÜLLER, Berl. 1885. Für diese Übersetzungen hat Liv. die Grundsätze in der Behandlung der griechischen Maße geschaffen, die von seinen Nachfolgern beibehalten wurden; die Überreste enthalten außer Senaren auch trochäische Septenare und Kretiker.

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