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Inschriften von Carmona.

Trigueros und Franco, zwei spanische Inschriftensammler.

In dem mir so eben zugekommenen Aufsaß dieser Zeitschrift 'Griechische Inschriften in Spanien' hat K. Keil zwei von mir in den Monatsberichten der Berliner Akademie von 1861 S. 102 und 103 herausgegebene Inschriften, die eine nicht ganz bestimmt, die andere aber entschieden für gefälscht erklärt. Von einem Manne wie Keil war zu erwarten, daß er einen solchen Ausspruch nicht auf leichte Gründe hin thun würde. Seine Beweisführung, von einigen allge meinen Kennzeichen der Fälschungen ausgehend, concentriert sich auf innere Merkmale, grammatische und paläographische Fehler: auf die äußeren, Grund, Vorbild, Zweck der Fälschung nimmt sie keine Rücksicht. Die Frage nach dem Urheber, an sich nicht grade sehr wichtig, hat für den, welcher sich mit den spanischen Inschriften im allgemeinen beschäftigt, ein so hohes Interesse, daß sie allein mich veranlassen mußte, ben angeregten Bedenken weiter nachzugehn.

An sich sind diese Bedenken nicht der Art, daß sie die Möglichkeit der Aechtheit ausschlössen. Von der ersten Inschrift, der des Magziwov (ich nenne sie 1) liegt mir ein Abklatsch vor, welcher unsichere, wenig tiefe Schrift zeigt, wie sie im dritten Jahrhundert in den lateinischen Grabschriften der ärmeren Klasse häufig ist. Aber die Schriftformen geben nicht genügenden Anlaß, die Inschrift für falsch zu halten und die sprachlichen Bedenken lassen sich, wie Keil selbst angiebt, ertragen, wenn man sie für eine unbeholfene Ueberseßung aus dem Lateinischen nimmt. Besondere Eigenthümlichkeiten zeigt ja auch die später von mir publicierte griechische Inschrift aus Tavira (Monatsbe: richte von 1861 6.752). Weit bedenklicher ist die zweite Inschrift, die des Philometor (2). Nach Trigueros Angabe (in den angeführten Memorias der Akademie von Sevilla I 1773 S. 318) foll sie im Jahr 1769 in den Ruinen des Alcázars von Carmona nach der Cas pelle von San Mateo zu gefunden worden sein. Ueber den Verbleib des Originals äußert er sich nicht. Auch unter seinen gleich zu ers wähnenden Papieren in Madrid fand ich weder die Originalabschrift noch irgend eine darauf bezügliche Notiz, und in Carmona selbst ist von den durch ihn zusammengebrachten Inschriftsteinen keine Spur mehr vorhanden. Dieß hat Keil nicht gehörig beachtet: wenn ich die orthographischen Bedenklichkeiten als in einer Inschrift aus Spanien nicht

auffallend bezeichnete, so wollte ich damit nur an die an vielfältigen lateinischen Beispielen erhärtete Unkenntniß und Ungenauigkeit der spa= nischen Abschreiber erinnern, nicht aber dem in Spanien gesprochenen Griechisch eigenthümliche Formen vindicieren. Trigueros eigene Kennt nisse waren mir damals nur bekannt aus den im Druck von ihm publicierten Inschriften. Die wichtigste derselben habe ich zugleich mit den beiden griechischen mitgetheilt, und dabei ausgesprochen, daß der erste Gedanke, den sie mir erweckte, der einer Fälschung sei. Allein die Bedenken schienen doch bei reiflicher Erwägung auch nicht hinreichend, die Inschrift zu verurtheilen. Man ist es gewohnt, in epigraphischen Dingen neues und unerwartetes zu lernen; für Spanien zumal fehlt es noch an festen Kriterien sehr. Dieselben Erwägungen waren es offenbar, nach welchen Haupt und Mommsen die beiden griechischen Inschriften passieren ließen. So lange nicht zu den von Keil aufgezeig ten Schwierigkeiten entscheidende äußere Gründe hinzutreten, war ein zurückhaltendes Abwarten, welches sich nicht vermißt, jede Schwierigkeit der Lesung und Erklärung zu heben, unzweifelhaft gerechtfertigt. Die paläographischen Bedenken konnten ja leicht Abschreibefehler sein: daß der sonst nicht bekannte Sohn Philometor eines aus Strabo bekannten Gtoiters Ithenoδοτος, ber Καίσαρος καθηγήσατο, in Carmo in Spanien im Jahr 27 gestorben sei, ist ja an sich keineswegs unmöglich. Die Angabe des Consulats ist ganz richtig: für die Umstellung und Verstümmelung des Distichons hat Keil selbst die nahe liegende und genügende Entschuldigung und Erklärung gegeben (S. 78). Unwahrscheinlich ist mir, daß wer eine solche Inschrift erfindet, nicht we= nigstens den Gebrauch von μév und de gekannt haben sollte. Allein das Zusammentreffen verschiedener innerer Verdachtsgründe macht na= türlich vorsichtig; und ich erkenne mit Dank an, daß Keils Auffag die erste Veranlassung gewesen ist zu der folgenden Untersuchung über Trigueros und die von ihm ausgehenden Inschriften, deren Resultate ich nicht vorauszusehn im Stande war, welche aber früher oder später dennoch sicher auf irgend eine Weise erreicht worden wären.

Candido Maria Trigueros ist nach der einzigen mir bekannten Biographie in Sempere y Guarinos ensayo de una biblioteca Española de los mejores escritores del reynado de Carlos III (Madrid 1789 Band 6 S. 61 bis 108), Verfasser einer Reihe erzählender und beschreibender, auch dramatischer Gedichte, welche ihm bei seinen Landsleuten wenig Ruhm, dagegen aber einige løbende Episteln von Seiten seiner französischen Zeitgenossen, von Florian und einem Herrn Raulin d'Essars eintrugen *). Trigueros hat sich auch einmal den

*) Dieser Artikel ist im ganzen eine für spanische Verhältnisse nicht weiter auffallende Reclame. Sie hat aber eine heftige Replik von Seiten eines der in Semperes Buch angegriffenen hervorgerufen, welche unter dem Titel Suplemento al articulo Trigueros en la Biblioteca de ... Sempere in Salamanca 1790 in 12o erschienen und sofort confisciert worden

Scherz gemacht, unter dem Namen eines angeblichen Dichters des 16. Jahrhunderts Melchor Diaz de Toledo, eine Sammlung kleiner Gedichte herauszugeben, um damit die Litteraten in Sevilla zu täuschen. Darunter sind Nachahmungen des Theokrit und der Anakreontika, welche ihm aus lateinischen Nachbildungen bekannt sein konnten. Außerdem führt der Artikel eine ganze Anzahl, wie in Spanien üblich, unediert gebliebener Werke auf. Darunter werden Alceste, Scipio in Cartagena und Phädra als Originaltragödien, Orest, König Oedipus als aus dem griechischen überseßt, Cyane als Original, aber im griechischen Geschmack bezeichnet. Außerdem Ueberseßungen des Heautontimorumenos, der vergilischen Eclogen und der Aeneis, einzelner Theile von Ilias und Odyssee, und vieler Oden des Horaz, nebst einigen der Sappho und des Pindar. Die Kenntniß des griechischen war zwar immer, und selbst in jener aufgeklärtesten Periode der spanischen Geschichte, der Regierung Ferdinand VI. und Karls III., selten, aber doch nicht so unerhört, wie jeßt. Friarte (1702-1771) hatte schon den Katalog der griechischen Handschriften der Madrider Bibliothek gemacht: er war freilich in Frankreich und England gebildet worden (f. Sempere a. a. D. S. 182) und hat nie einen Nachfolger gefunden. Diese einzig vorhandenen Daten über Trigueros litterarische Thätigkeit geben also an sich keinen Anlaß zum Verdacht. Seine antiquarischen Arbeiten betreffen nach ächt spanischer Sitte fast ausschließlich seine Vaterstadt Carmona. Alles, was von denselben publiciert worden ist, steht in dem erwähnten ersten Band der Abhandlungen der Sevillaner Akademie, welcher er angehörte. Zunächst gab ihm die folgende Inschrift mit dem Namen des municipium Flavium Muniguense (publiciert in den Monatsberichten a. a. D. S. 98), welche noch in Carmona vorhanden ist, Veranlassung die Lage und die Inschriften dieses Ortes zu besprechen (S. 211 ff.).

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Er bringt dazu (S. 223 Tafel VIII 3) einen Meilenstein des August mit folgender Inschrift bei, welche danach bei Masdeu 19, 301, 1693 wiederholt ist.

ist. Es wird darin über Trigueros Gedichte und Semperes Lob derselben schonungsloß hergefallen; auch ein weiterer Brief Florians mitgetheilt, worin er sich wegen etwa gebrauchter starker Ausdrücke gegen den Verfasser des Artikels Juan Pablo Forner, den er nicht gekannt habe, entschuldigt.

4

imp. caes. divi fil augustus
pontifex maxumus

cos. XIII Trib. potest. XXIII

pater. patriae

mun m p XXI

Die Ergänzungen ergeben sich mit Leichtigkeit, und die Zahlen passen auf das Jahr 1 unserer Zeitrechnung, dasselbe, welches auch der noch vorhandene Meilenstein der via Augusta von Cordova Grut. 153, 1 giebt. Bei der Entfernungsangabe kann das a, da der Stein links defekt ist, leicht verloren gegangen sein. Allein auffallend ist der Beginn der Zählung dieser Straße a Mun(igua), einem in den Schriftstellern und im Itinerar ganz fehlenden Orte; und noch dazu auf einem für Spanien so alten Meilenstein. Carmo lag unzweifelhaft an der alten via Augusta a Iano Augusto qui est ad Baetem ad Oceanum: es findet sich als Station derselben auf den drei Jtinerarien der Weihbecher von Vicarello (Henzen 5210). Also erwartete man, daß die Meilen von jenem Janusbogen an zählten (f. Monatsberichte a. a. D. S. 62). Dazu stimmt freilich die Zahl 21 nicht. Doch bildete Carmo auch zugleich den Knotenpunkt, von welchem sich eine im Itinerar erhaltene Straße (S. 414, 2 bis 415, 2) nach dem Norden abzweigte, um Gades mit Emerita, der lusitanischen Hauptstadt, zu verbinden. In der Richtung dieser im einzelnen noch nicht erforsch= ten Straße liegt das Castell von Mulva, wo sich die Inschriften von Munigua gefunden haben. Es ist also nicht undenkbar, daß der Bau dieser Straße unter August begonnen und das zuerst fertige Stück mit Meilenzeigern von jenem Ort an versehn worden ist. Ferner hat Trigueros (S. 274) die folgende Inschrift publiciert, deren oberer Theil noch im Stadthaus von Carmona existiert und von mir abgeschrieben worden ist. Vollständig steht sie bei dem ersten Herausgeber Caro (antiguedades de Sevilla 1634 Fol. 156 v). Danach wiederholen fie Muratori (200, 3 aus den Scheden des Pater Cattany, der von seiner spanischen Reise hauptsächlich Ercerpte aus gedruckten Büchern mitgebracht zu haben scheint) und Donati (92, 3). Aus diesen beiden nahmen sie Masdeu 6, 297, 967 und Cean's Sumario S. 262. zwar steht sie bei ihnen allen so:

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Und

Eine weit bessere Abschrift giebt aber Doni 5, 121 aus vaticanischen Scheden, die sich nicht wiedergefunden haben; aus Doni wiederholen fie Mur. 712, 1 und Donat 92, 3. Sie stimmt bis auf eine Zeile mit meiner nach dem Original genommenen; was Doni mehr hat, gebe ich kursiv:

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Bei Doni fehlen die Worte muneri(s) edendi, von denen das erste auf dem Stein steht und auch von Ponz (Viaje de España 17, 208, 1), einem unbefangenen Mann, gesehn worden ist. Trigueros giebt den Rest mit nach Caros schlechter Abschrift etwas veränderten Ergänzungen, den besseren Text bei Mur. 712, 1 hat er offenbar nicht gekannt. Er schreibt nämlich Er schreibt nämlich muneri(s) edendi L. Caes. equit. Roman. aureis. cc. onrar. d. d. Das Wort onrar. für honorarunt (?) erinnert in verdächtiger Weise an das spanische honrar oder onrar, ehren. Trigueros Abschrift und Ergänzungen wiederholt Masdeu an einer anderen Stelle, 19, 368, 1765. Die Titel quattuorvir und pontifex Augusti sind durchaus nicht auffallend. Pontifices Caesaris, Caesarum, Augusti tommen in Antikaria (Grut. 234, 2; Mur. 134, 1), Castulo (Monatsber. S. 37), Lucci (Grut. 101, 3 und 4), Obulco (Mur. 753, 4) und anderen spanischen Städten vor. Auch der Rest der Inschrift ist zwar nicht durchaus vulgär, aber sehr wohl zu erklären. Und die offenbar ohne alles Verständniß gemachte Abschrift Caros (oder seines Gewährmannes) stimmt so genau mit der Donischen, daß man nach allen Regeln der Kritik nicht an ihrer Richtigkeit zweifeln darf. Daß eine, und grade eine ganze Zeile ausgefallen ist, erhöht eher noch die Wahrscheinlichkeit.

Die folgende Inschrift hat Trigueros nicht selbst publiciert, sondern durch zwei andere Mitglieder der Sevillaner Akademie herausge ben lassen. Es ist die lange der Ceres frugifera (Monatsberichte 6. 101). Das Original ist ebenfalls verloren; es soll in den Altarstufen eines Nonnenklosters begraben worden sein. Ich wiederhole die Inschrift hier, als das Hauptstück unter Trigueros Entdeckungen.

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