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Vorrede

von

Friedr. Aug. Wolf.*)

Auch bei diesem Entwurfe pafst der Titel mehr auf die darüber zu haltenden Vorlesungen als auf den Entwurf selbst. Der letztere sollte meiner Absicht nach in der gröfsten Kürze nur ein ganz allgemeines Fachwerk der im Kollegio vorkommenden Materien nebst den Namen der vornehmsten Schriftsteller enthalten, deren Biographie und Litterar-Geschichte mit der Geschichte der Litteratur im Ganzen verbunden werden mufs. Aber wie leistet man diese, in der That nicht leichte Verbindung? und ehe wir noch hievon reden, wäre nicht schon die Notiz der Lateinischen Schriftsteller und ihrer Werke, wie man sie gewöhnlich unter dem Namen von Einleitungen in die Lateinische Sprache, Lateinischen Bibliotheken u. dgl. gegeben hat, zu Absicht hinreichend?

unserer

Niemand wird zweifeln dafs eine blofse Sammlung Lebensbeschreibungen und Nachrichten von Autoren, ihren Schriften und Ausgaben viel nützliches und brauchbares enthalten könne, und für den Leser dieser Schriften immer schon eine treffliche Vorbereitung sei. Aber dergleichen Nachrichten, wenn sie isolirt und aufser ihrem Zusammenhange vorgetragen werden, geben nur sehr unvollkommene Begriffe von dem, was wirklich Litteratur einer Nation ist oder war. Aufser ihrem Zusammenhange stehen aber solche Nachrichten dann, wenn sie nicht von einer allgemeinen Darstellung des ganzen Ganges der Kultur und der wissenschaftlichen Kenntnisse bei einem Volke be

*) Geschichte der Römischen Litteratur nebst den biographischen und litterärischen Nachrichten von den lateinischen Schriftstellern, ihren Werken und Ausgaben. Ein Leitfaden für akademische Vorlesungen von Friedr. Aug. Wolf. Halle 1787. 45 S. 8.“ Wiederholt in der Sammlung s. Kleinen Schriften II. Unvollendet blieb der gleichzeitig unternommene Abrifs „Zu den Vorlesungen über die Geschichte der Griechischen Litteratur. Von Fr. A. Wolf. 16 S. 4."

gleitet sind. Ohne diese allgemeine Kenntnifs kann man fast niemals den Werth und die Verdienste einzelner Schriftsteller richtig beurtheilen; ja selbst die Lebensnachrichten von Autoren haben ohne sie oft kein Licht und kein Interesse. Was nützt es zum Exempel zu wissen, Cato lebte um das Jahr Roms 559, oder, Terentius liefs seine Andria aufführen im Jahr Roms 588, wenn man bei diesen Zahlen nichts weiter als diese Zahlen denkt? Dieses ist aber fast unvermeidlich, wenn nicht auf irgend eine Weise die Hauptbegebenheiten der Staatsgeschichte und die wichtigsten Nachrichten von Entstehung, Wachsthum, Flor und Verfall der gelehrten Kultur mit jenen Biographien vereinigt werden. Eine Reihe Leben guter und schlechter Autoren kann zwar mit Ehren ein Necrologe, eine Gallerie, eine Bibliothek heifsen: aber Geschichte der Litteratur wäre dafür unstreitig ein zu vornehmer Name.

Was zunächst die hier zum Grunde liegende Methode und Anordnung der Sachen betrifft, so mag es überhaupt noch streitig sein, welche Methode in jeder Art von Litterar-Geschichte die zweckmässigste sei. Mir scheint, wenn von der gelehrten Aufklärung eines Volks im. Ganzen die Rede ist, diejenige die beste, bei der man die Erzählung von den Veränderungen der Litteratur und von Ursachen derselben, und die Schilderung des Charakters und Geistes jedes Zeitalters mit den biographischen und litterärischen Nachrichten von den Schriftstellern in jedem besondern Fache und deren Werken am ungezwungensten mit einander verbinden kann, und so, dafs eine Materie nicht zu sehr getrennt und zerstückelt wird. Unbequemlichkeiten der letztern Art bleiben zwar, so viel ich einsehen kann, bei jeder Methode die man wählen mag übrig. Allein ich sehe den Nachtheil von gewissen kleinen Wiederholungen nicht ein, am wenigsten bei einem mündlichen Vortrage einer Wissenschaft. Mich hat indessen schon eigene Erfahrung gelehrt, dafs man dieser und andern weit gröfsern Unbequemlichkeiten durch die hier angegebene Ordnung noch am ersten ausweichen kann.

Ich theile die sämmtlichen Materien, hier eben so wie bei der Griechischen Litteratur, in zwei Hauptabschnitte. Der erste der eine Art von Vorbereitung zu den folgenden ist, enthält diejenigen Thatsätze aus der Geschichte der Römer, die auf den Zustand der Wissenschaften bei ihnen, und auf alles was gelehrte Kultur heifst, Beziehung und Einfluss gehabt haben. Hier wird Zeitalter vor Zeitalter in chronologischer Folge durchgegangen; die historischen Data, woraus die Fort- und Rückschritte der Nation in Künsten und Wissenschaften erklärbar sind, werden erläutert; die Ursachen des steigenden und sinkenden Geschmacks entwickelt; die Zeitpunkte, wo vorzüglich merkwürdige Gattungen der Litteratur erfunden oder vervollkommnet wurden, angezeigt; die Zeitalter der wichtigsten Schriftsteller gleichsam gelegentlich und zu einer vorläufigen Kenntnifs bemerkt; endlich auf die Schicksale und Hauptveränderungen der Sprache, ihre Verbesserung und Verschlimmerung Rücksicht genommen. Alles dieses geschieht aber nur durch allgemeine charakteristische Angaben, kurz und summa

risch; und der Zweck dieses ersten Theils ist erreicht, wenn der Zu-
hörer durch denselben sich in dem zweiten zu orientiren gelernt hat.

Dieser zweite Theil führt uns sodann in das Detail dessen, was

die Litteratur der Römer und ihre verschiedenen Zweige näher und

ganz eigentlich angeht. Hier erst werden die Lebensumstände aller

uns übrig gebliebenen, wie auch der berühmtesten verloren gegangenen

Schriftsteller erzählt, die Schriften derselben nach ihrem Werth und

Brauchbarkeit, und am genauesten nach ihrem Inhalt beschrieben, und

die neuern Bearbeiter, Herausgeber, Emendatoren und Erklärer dersel-

ben bekannt gemacht und beurtheilt. Hier wähle ich wiederum statt

der gemeinen chronologischen Methode, bei der ich keinen weitern Vor-

zug als den der gröfseren Bequemlichkeit finde eine andere, bei

welcher mehr auf die Werke und Denkmäler als auf die Autoren ge-

sehen wird. Ich ordne die Schriftsteller nach den Klassen der Wis-

senschaften, worin sie gearbeitet haben, nach den Gattungen und Thei-

len der Litteratur *). Es versteht sich jedoch dafs auch hier auf mehr

als Eine Weise eine chronologische Ordnung stattfindet. Eine sehr un-

bedeutende Unbequemlichkeit ist hiebei dafs ein Schriftsteller zuweilen

an mehrern Orten aufgeführt werden mufs. Aber eine solche Wieder-

holung - wenn man es ja so nennen will kömmt, wie gesagt,

nicht in Betrachtung, wenn überwiegende Vortheile ohne sie nicht er-

reicht werden können. Unter diese Vortheile rechne ich vorzüglich,

dafs man bei dieser Methode in Stand gesetzt wird die Bemühungen

und Verdienste einer Nation in jedem Fache im Ganzen zu überschauen,

Originale mit nachahmenden und einander ergänzenden Schriftstellern in

Verbindung kennen zu lernen, endlich dass man dadurch eine Gelegen-

heit erhält, die Theorie der verschiedenen Gattungen der poetischen

und prosaischen Schreibart nach den Ideen und Mustern der Alten selbst

zu erläutern. Erst so kann Notiz der klassischen Autoren des Alter-

thums das werden, was sie sein soll, eine Einleitung zum gelehrten und

gemeinnützigen Studium der Alten. **)

*) In der Poesie I. Dramatische Dichtkunst: a. Tragödie. b. Komödie.
c. Atellanen, d. Mimen und Pantomimen. II. Epische Dichtkunst. III. Poe-
tische Erzählung. IV. Lehrgedicht. V. Satire. VI. Epistel. VII. Ly-
rische Poesie. VIII. Elegie. IX. Heroide. X. Bukolische Dichtkunst.
XI. Aesopische Fabel. XII. Epigramm. Und in der Prosa I. Geschicht-
schreibung: a. Römische Geschichte, allgemeiner und kürzerer Perioden.
b. Ausländische Geschichte, allgemeiner und kürzerer Perioden.
terärgeschichte. d. Biographie. e. Vermischte Geschichte. f. Roman.
II. Beredsamkeit. a. Staats-Beredsamkeit. b. Deklamationen. c. Lobreden.
d. Briefe. III. Erudition. a. Philosophie. b. Mathematik, Physik, Astrologie
u. s. w. c. Naturgeschichte. d. Arzneikunst. e. Haus- und Landwirthschaft.
f. Kriegswissenschaft. g. Historie und Antiquitäten. h. Geographie. i. My-
thologie. k. Rechtswissenschaft. 1. Rhetorik m. Grammatik.

c. Lit-

**) Was man ehemals an dieser Zweitheilung oder am Verein der historischen
Darstellung mit der systematischen mangelhaft fand oder billigte, das
sprach A. Matthiae Vermischte Schriften p. 201-205. am naivsten aus.

Uebersicht der Hauptstücke.

Einleitung. I. Allgemeine Charakteristik der R. Litteratur: Volkscharakter S. 2-20. Stellung der Sprache zur Litteratur 21-35. Erziehung, Unterricht und Kultur der Römer 35-95. II. Methoden des Studiums und der Geschichte der R. Litt. vor und seit Entstehung der Latinisten-Schule 96-154. Studien zur Geschichte der R. Litteratur 155–161.

Geschichte der R. Litteratur. Eintheilung 162–166.

Erster Abschnitt. Innere Geschichte d. R. Litteratur 167- 375. I. Elemente der R. Litt. 167-207.

Augusti

II. Erste Periode der R. Litt. (Archaischer Zeitraum 208
-236. Ciceronianischer Zeitraum 236-254.
sches Zeitalter 254-285.) 208-285.

III.

Zweite Periode der R. Litt. 285-336.

IV. Dritte Periode der R. Litt. 336-356.

V.

Nachleben der R. Litt. im Mittelalter 357-375.
Chronologische Uebersicht der R. Litt. 376-380.

Zweiter Abschnitt. Aeufsere Geschichte der R. Litt. 381-1001.
Eintheilung 381-383.

I. Geschichte der R. Poesie 384-673. Ueberblick 384-391.
Geschichte der dramatischen Poesie (Ueberblick des
Dramas 391-405. Die Tragödie 405-438. Die
Komödie 438-479.) 391-479.

B. Geschichte der epischen Poesie 479-524.
C. Geschichte der didaktischen Poesie 524-560.

D. Geschichte der lyrischen Poesie 560-625.

E. Vermischte Poesie: Satire 625-656. Epigramm 656-661. Fabel, Epistel und Idylle 661-673.

II. Geschichte der R. Prosa 673-956.

A. Geschichte der Historiographie 673-771.

Anhang: die R. Geographie und Statistik 771-781. B. Geschichte der Beredsamkeit 782-848.

Anhang: die R. Rhetorik 848-864.

C. Geschichte der praktischen Fächer (Philosophie 864 -890. Physik und angewandte Mathematik 890 -908. Staats- und Hauswirthschaft nebst Arz neiwissenschaft 908-921.) 864-921.

D. Geschichte der R. Erudition und Grammatik 922-956. Ueberblick der R. Rechtswissenschaft 957-972.

Anhang: I.

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