Platon's Leben und Schriften. Ein Versuch, im Leben wie in den Schriften Als Einleitung in das Studium des Platon herausgegeben von Friedrich Ast Leipzig, in der Weidmannischen Buchhandlung 18 1 6. Die Werke eines genialischen Dichters oder Den kers sind der treue Abdruck seines Geistes und derjenigen Eigenthümlichkeit seines Wesens, die wir mit dem bedeutsamen Worte Individualität bezeichnen. Der genialische Dichter oder Denker nehmlich wird nicht allein in der Wahl und Behandlung des Stoffs und in der Form des Vortrags, sondern vorzüglich auch in dem, worin beide, Stoff und Form, geistig verknüpft sind, und das als unsichtbarer Genius über dem Werke schwebt, seine Eigenthümlichkeit, das ist, şeine originale Dicht- oder Denkweise, beurkunden, wärend derjenige, in welchem sich das Leben nicht zu einem neuen und in sich selbst geschlossenen Brennpunkte gesammelt hat, von dem ihn umfliessenden Strome des Zeitgeistes (der gewöhnlichen Dicht- und Denkweise) fortgeleitet wird, und in dieser Allgemeinheit sich fast verliert. Gehen wir in das klassische Alterthum zurück, so tritt uns, wenn wir die ehrwürdige Reihe der genialischen und durch Eigenthümlichkeit ausgezeichneten Geister mit prüfendem Blicke durchlaufen, vor allen Platon entgegen, jener wunderbare Janus, der in die mythische Urwelt und die historische Nachwelt zugleich hinschaut, und in welchem sich Kunst und Wissenschaft in klarer und vollkommner Eintracht darstellen; denn bei keinem Denker des Alterthums fin |