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Der Geist Samuels des Propheten.

Nach dem ersten Buch Samuels *),

und

die Entstehung des Buchs der Richter:

den Kindheitjahren der Zauberkunft, zu einer Zeit, da statt trüglicher Gestalten diese ausgeartete Lochter der menschlichen Vor

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welcher eben

*) Unser Schiller, ach! der früh Verewigte! so, wie sein Genius Charaktere schuf, auch als Geschichtforscher in die Tiefe der Gemüther eindrang und eindringen zu sehen liebte, hatte als Freund den Verfasser aufgemuntert, zu verfuchen, ob nicht Samuels des Propheten Geist, so wie er aus den Blåttern alter Geschichte hervorzurufen wäre, in einem vollen Um. riß nach den kennbarsten Zügen festzuhalten sey. Die Zeichnung konnte nicht anders, als nekromantisch ausfallen.

Die ersten eilf Paragraphen ließ Schiller im vierten Hefte der Thalia von 1792 zu einer Zeit abdrucken, wo die Here von Endor wieder aufgelebt zu seyn schien, und Geistererscheinungen von größerem Einfluß, als er bei dem alten Hebräerkönig Saul seyn konnte, wirken wollten. Damals war man noch dem Anfang der neuern teutschen Bildung nåher, der Zeit, wo Friedrichs gros ßer Geist allen Schatten und Scheingeistern den Zugang lange verwehrt hatte.

Auch die übrigen Paragraphen haben die Zwischenzeit mystagogis scher Entnervung überlebt, bis Gott und die Noth einen kräftig rettenden Geist hervorgerufen hat, vor welchem mehr als Ein Spuck versunken ist und gewiß noch ferner verschwindet.

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hersehungskraft nur erst dumpfe Stimmen *) hervorzubringen ge= lernt hatte, glaubte einer der alten königlichen Geisterseher zu Endor eine drohende Stimme vom Geiste Samuels" gehört zu haben. Von diesem. Augenblick an verfolgt ihn Entsehen und Verzweiflung, bis er sich in sein Schwert stürzte, und dem Schatten des unversöhnlichen Demagogen endlich noch mit seinem Blut ein Opfer brachte.

Und wer erschricht nicht noch jeht, wenn Samuels Geist in dem Spiegel der Geschichte ohne blendenden Heiligenschein sich vor dem unbefangenen Forscher zu zeigen vorgefordert wird. Dennoch hat dieser furchtbare Charakter zugleich so manche Erhabenheit über sein Zeitalter, so viel festes und entschlossenes, so viele Gewandtheit im Benußen des Augenblicks, ja selbst eine gewisse Größe in der planmäßigen Verkettung seines Eigennußes mit dem Glück und der Erhebung seiner Nation, daß seine Er scheinung mehr als vieles andere der jüdischen Volksgeschichte, mehr als die Schwächen gutmüthiger Schwärmer, zu psychologi= scher Betrachtung anziehend wird.

Wir wollen diesen Schatten so lange festzuhalten suchen, als zu einer Skiße von einem solchen Prophetengeist nöthig seyn möchte, welchen einige, vorzüglich Morgan in the Moral philosopher ohne hinreichende Kenntniß der Zeitumstände allzu schlimm

Geister wiederholen oft erst nach langer Zeit ihr unerwartetes Erscheinen. Warum sollte nicht auch Samuels Geist jest, nach seis nem ganzen damals entworfenen Umriß, sich unter unsern biger und ungläubiger gewordenen - Zeitgenossen sichtbar ma chen? P.

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* In neuern Seiten wußte man die täuschendste Truggestalten aus der Geisterwelt herüber zu schröpferisieren. Der magische Spies gel schuf in Erhabenen den Glauben, daß der Erhabenste des Himmels sich ihnen sichtbar gemacht habe. So weit war die Frau zu Endor noch nicht. Sie kann mehr nicht, als eine Stimme hören lassen. Daß sie Samuels Geist sehe, erzählt nur sie. Und dennoch hielt man ihre Beschwörungskraft lange, wo nicht für ein Wunder, doch für ein Geheimniß. So staunte man über Bileams redenden Esel und fragte sich nicht, wer ihn dann redend gehört zu haben Zeuge war, ausser Bileam selbst.

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schildert, andere fast noch schlimmer vertheidigt haben. Lassen wir doch einem Mann von Kraft, auch wenn er sie oft selbstsüch tig mißbrauchte, Gerechtigkeit widerfahren! Als ein aus der Nies drigkeit durch sich selbst früh emporstrebender, ungemeiner Mensch ist er, auch wenn er uns mit Entseßen füllt, doch weit mehr, als wenn wir ihn in das geduldige Sprachrohr eines unbekannten übermächtigen Wesens verwandelten.

2.

Das erstemal, da Samuel als Organ des Jehova spricht, wirkt er Entsetzen.

Der Oberpriester der Israeliten, damals zugleich die höchste. Gerichtsperson über dieß Volk, hatte Samuel noch als Knabe nach den Bitten und Gelübden seiner Mutter in die Zeltwohnung des Jehova unter die Layenbrüder, welche den Priestern bei ihrem heiligen Schlachtamt zur Hülfe seyn durften, zur Erziehung aufgenommen. An seinen eigenen Söhnen erlebte dieser Oberpriester, Eli, nicht die Freude, daß sie den Versuchungen zur Volksbedrückung, welche von jeher unter allen Himmelsstrichen bei jeder Priestergewalt so groß gewesen sind, glücklich widerstanden hätten. Sie hörten nicht auf, das Volk zu mißhandeln, über das ansehnliche Priesterkontingent von den Festspeisen, mit welchen sich die Leute einen guten Lag machen wollten, das Beste für sich und ihr Haus zu erpressen und besonders auch die Tempeldienerinnen erfahren zu lassen, daß der Priesterornat auch in so alten Zeiten schon ein sehr unsicherer Panzer gegen die unter ihn selbst sich verkriechende Lüsternheit sey.

Auch als Obervolksrichter hatte Eli wenige Mittel gegen diese Frevel in der Hand; aber auch diese entwand ihm das Alter und der Vaterblick auf Söhne, die er durch Warnungen noch zu befsern hoffte. Gewaltsamere Anstalten gegen sie, wenn je solche gegen geborne Nachfolger des Oberpriesters möglich waren, mußten wenigstens das oberpriesterliche Amt selbst vor dem Volk in Gefahr zu sehen scheinen. Wie oft ist nicht schon zur Schonung des geweihten Standes“ ein Böfewicht mitunter geduldet worden ?

Und wie mancher hat nicht durch späte Reue, oder auch nur durch späterhin erworbene schlaue Behutsamkeit jene Schonung zu rechts fertigen geschienen ?

3.

Zum Glück war unter den Althebräern, selbst von der mosaischen Constitution geschüßt, eine geheime, oft nüßliche Hülfe gegen Priestergewalt und Richterunrecht die Stimme der Prophe ten. Erat irgend einer vom Volke mit Ermahnungen, Warnungen und Drohungen auf, und wußte er diese für seine Zeitgenossen einleuchtend und herzerschütternd zu machen, so war er, der be geisterte Eiferer für „Gottessache" auch der Obrigkeit, wenn sie nicht den Fluch der Tyrannei auf sich laden wollte, unverleßlich, so lange er nur von dem ersten Grundgesetz des mosaisch-israelitischen Staats: der unsichtbare Beherrscher des Volks ist Jehova! nicht abwich. Der Zufah: daß der Prophet auch nicht mehr sa gen müsse, als Jehova ihm befohlen hätte, war dabei ganz natürlich; aber er blieb über alles Gericht anderer erhaben und selbst wo er von zukünftigen Dingen sprach, setzte ihn die kleine Behuts famkeit, blos bedingungsweise Gutes oder Böses zu verkündigen, ausser aller Verantwortung. 5. B. Mos. 18, 14-22. Jerem. 28, 8. Ueber die Quelle seiner Begeisterung hatte jeder aufge standene Prophet, wenn er nur dieß beobachtete, sich nicht zu rechtfertigen. Nur wenn er von zukünftigen Dingen etwas bestimmt vorher zu sagen gewagt hatte, und dieses zum Unglück nicht eintraf, follte Jehova's Ansehen durch seine Unklugheit nicht com promittirt seyn. Man sollte sich nicht Furcht vor ihm zurückhalten lassen, ihn zur Strafe zu ziehen. Die ganze israelitische Geschichte aber giebt von einer solchen Bestrafung kein Beispiel.

Ein solcher constitutioneller Schuß wider öffentliche Gewalt, und auf der andern Seite der große Reiß, sich unter dem Volk wichtig zu machen, durch einige Beredsamkeit zu glänzen, oft wohl auch die gute Meinung, nach dem Maaß seiner Einsichten, der Nation patriotisch zu nüßen, brachte nach Mose's Zeit in allen Perioden der althebräischen Geschichte eine Menge Propheten hers

øör. In den späteren Lebensjahren Samuels finden wir Spuren, daß manche schon in Gesellschaften zusammengetreten sind, und andere, welche Prophetenfchüler genannt werden, von Jugend auf die äusserliche Fertigkeiten, wodurch sie auf das Volk` wirken konnten, gewisse Arten von betäubender Musik, die Geschicklichkeit, dieselbe mit änigmatischen Gesängen aus dem Stegreif zu begleiten, auch vieles den Zuschauern erstaunenswürdige Gesticulieren und andere Kunststücke mehr unter Anführung älterer Pros pheten, wie in einer Schule, erlernten. Was solche Leute, in Gesellschaften vereint, zu wirken vermochten, ist aus der Analogie zu vermuthen. Wir werden aber später von Samuels Geist selbst noch zu historischen Entdeckungen darüber hingeleitet werden. Die Bemerkung kann uns indeß nicht leicht entgehen, daß also, was zum Propheten gehörte, damalen gelehrt und erlernt werden konnte, und daß dieses Prophetenauftreten nicht erst ein Werk Samuels, nicht einmal eine Stiftung Mose's war, fondern von diesem selbst schon vorausgeseßt und zum Gegendruck gegen den Despo= tismus von Fürsten oder Priestern im Plane seiner Volksverfassung genutzt wurde.

4.

Da also in der Jugendzeit Samuels gegen die Gewaltthaten der jungen Priester und Volksrichter die Stimme des alternden Vaters zu schwach, da durch äussere Unterdrückungen und durch Mangel an Gemeingeist die Stimme eines patriotischen Volkvereins unhörbar und verächtlich worden war, da die Priestergewalt jest von dem Vermögen des armen Volks noch den lezten dürftigen Rest zu verschlingen drohte, den die Streifereien der benachbarten philistäischen Krieger etwa noch übrig ließen, so fängt der Prophetengeist an, dem allzuharten Druck sich entgegen zu stemmen. Die Propheten konnten bei den Hebräern aus dem Volke selbst seyn; oft wirkten sie, nur auf andere Art, was das Veto der Volkstribunen zu Rom für das Volk leistete.

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Ein ungenannter Mann Gottes (Prophet) trat mit der Freimüthigkeit, welche ihm alle die angeführten Umstände möglich

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