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Tiberius wird nebst einem grossen Theile seines Anhangs erschlagen. Er hatte ein besseres Loos verdient. Zwar steht sein Name an der Spitze der Empörer, welche hundert Jahr hindurch in Rom ihr Unwesen trieben; allein er hat mit diesen nichts gemein als das unfreiwillige Resultat seiner Bestrebungen. Die im Alterthume über ihn ausgesprochenen Urtheile sind nicht leidenschaftslos, alle mehr oder weniger im Interesse der Partei gefällt. Allein wie trefflich und tadellos seine Absicht war, lehrt der einfache Thatbestand, seine Mässigung im Anfang, sein edles Betragen gegen Octavius; aller Tadel trifft vielmehr die Zeit, die ihm die rechten Mittel verweigerte, ihn selbst nur in so fern, als er das Unmögliche unternahm und nicht zurücktrat, als er diess eingesehn,

S, Appian, d. bell. civ. I. 9—18., Plutarch. vit. Ti. Gracchi, Vellei. Paterc. II. 2. 3. Vgl. Schlosser Univers. Uebers. II. 2. S. 281 — 296. Zuletzt hat des Gracchus Vertheidigung geführt Ahrens im Coburger Programm vom J, 1833.

§. 35.

Von des Tiberius Gracchus nach den Zeugnissen seiner Zeitgenossen 1) ausgezeichneter, und unter den Augen seiner Mutter, der edlen Cornelia 2), und trefflicher Lehrer 3) gebildeten Beredtsamkeit ist kein sprechender Beweis auf uns gekommen, selbst von seinen Reden ist kaum eine dem Titel nach bekannt 4). Die glänzenderen Talente seines Bruders Caius haben seine bescheideneren Leistungen beinahe ganz in den Schatten gestellt. Er selbst lebte zu kurze Zeit, als dass sein hoher aufstrebender Geist sich ganz hätte entfalten können 5), Der Charakter seiner Beredtsamkeit mag im Gegensatze zu dem hinreissenden Feuer seines Bruders mehr als anmuthiges, aus der Fülle des Herzens hervorgegangenes und das Gemüth ansprechendes und beschleichendes Ueberreden betrachtet werden 6).

1) Cic. Brut, 27, 103. sed fuit uterque summus orator; atque hoc memoria patrum teste dicimus.

2) Cic. Brut. 58, 211. Die Echtheit des Briefs der Cornelia unter

den Fragmenten des Cornelius Nepos, worin sie ihren Sohn Caius von der Bewerbung um das Tribunat abmahnt, wird immer zweifelhaft bleiben (dafür sind Fabricius u. Ellendt Prolegg. p. XXXVIII, dagegen Spalding, Bernhardy u. A., besonders Lange in den Actt. Semin, Lips. II. p. 177. sqq.). Seltsam contrastirt damit die Beschuldigung bei Plut. Τi. Gr. c. 8. ἔνιοι δὲ καὶ Κορνηλίαν συνεπαιτιώνται τὴν μητέρα, πολλάκις τοὺς υἱοὺς ὀνειδίζουσαν, ὅτι Ῥωμαῖοι Σκηπίωνος αὐτὴν ἔτι πενθερὰν, οὔπω δὲ μητέρα Γράκχων προσαγορεύουσιν. Vgl. C. Gracch. 13.

3) Diophanes aus Mytilene, Menelaos aus Marathon (s. oben §. 30, 6.), M. Aemelius Lepidus (s. unten §. 37, 10); bildend für ihn war der Umgang mit Blossius aus Cumä (Cic, d. amic. 17.), den Plut. Ti. Gr. c. 8. zum Philosophen macht. Er u. Diophanes sollen ihn vorzüglich aufgereizt haben.

4) Martianus Capella d. rhet. p. 415. ed. rhett. Capperon.: ut Ti. Gracchus in Mancinum, qui auctor faciendi foederis fuit, quod tam senatus quam populus improbarat. Quinct. VII. 4, 13. Gracchus, reus foederis Numantini. Gr. nehmlich war Quästor des Cos. C. Hostilius Mancinus, der im J. 616. das schimpfliche numantinische Bündniss abschloss. Vgl. Meyer fragm. oratt. p. 172. Ti. Gracchus Reden kannte noch Cicero, Brut. 27, 104. u. Plinius H. N. XIII. 12. ita sunt longinqua monumenta Tiberii Caiique Gracchorum manus, quae apud Pomponium Secundum vatem civemque clarissimum vidi anņos fere post CC, Erdichtet sind die Reden bei Plutarch c. 9. u. 15.

5) Cic. Brut. 27, 104. ei breve tempus ingenii augendi et declarandi fuit. Nach Plut. C. Gr. c. 1. starb er noch vor dem 30. Lebensjahre. Nach Ellendt Prolegg. p. XXXVIII. war er geboren 588 oder 590. Quästor war er in Spanien 616; war er diess suo anno, also im 31. Jahre, so muss er 585 geboren u. 35 Jahr alt worden seyn. 6) Plut. Ti. Gr. c. 2. ἔπειτα ὁ λόγος τοῦ μὲν Γαΐου φοβερὸς καὶ περιπαθὴς εἰς δείνωσιν, ἡδίων δ ̓ ὁ τοῦ Τιβερίου καὶ μᾶλλον ἐπαγωγὸς οἰκ του, τῇ δὲ λέξει καθαρὸς καὶ διαπεπονημένος ἀκριβῶς ἐκεῖνος, ὁ δὲ Γαΐου πιθανὸς καὶ γεγανωμένος,

C. Laelius,

§. 36.

Scipio Africanus minor.

Als Redner auf gleicher Stufe mit dem älteren Gracchus stehen zwei Männer, welche der gern parallelisirende Cicero häufig zusammenstellt, C. Laelius Sapiens) und P. Cornelius Scipio Africanus minor Aemilianus 2). Beide lebten in inniger Freundschaft, ohne jedoch in ihren politischen Ansichten und in ihren Charakteren ganz übereinzustimmen, Scipio war reiner Aristokrat, weshalb er auch der Volkspartei zum

Opfer fiel 3), von Charakter heftig und energisch durchgreifend; Laelius neigte sich mehr aus Mitleid zur Volkspartei, ohne jedoch Kraft genug zur Durchführung strenger Massregeln zu besitzen 4); sein Charakter war sanft und menschenfreundlich, ganz wie ihn Cicero im Dialog de amicitia schildert, weniger den Künsten des Kriegs als denen des Friedens geneigt. Während Scipio Karthago erstürmte, erwarb er sich den Ruhm eines Repräsentanten des Collegiums der Auguren 5). Beide aber besassen wissenschaftliche Bildung; sie hatten gemeinsam ihre Studien gemacht 6) und lebten mit den gebildetsten Männern ihrer Zeit in vertrautem Umgange 7). Als Redner endlich bestätigen beide den alten Spruch: ut oivat quemque ita dicere. Doch gebührt im Ganzen dem Laelius der Vorzug 8), wiewohl seine Rede, deren Hauptcharakter lenitas 9) war, einen mehr alterthümlichen, rauhen Anstrich hatte 10). Seine Reden, über welche wir noch einige Notizen haben 11), erstrecken sich auf alle drei Redegattungen. Das Hauptmerkmahl der Beredtsamkeit des Scipio dagegen ist gravitas 12), und eine gewisse Ironie 13). Im Gegensatze zu des Laelius Archaismus kann man annehmen, dass Scipio sich im Ganzen mehr an das Gegenwärtige angeschlossen, seine Reden mehr nach dem Geschmacke und dem Bedürfnisse seiner Zeit eingerichtet habe; damit sowohl als mit dem an ihm bemerklichen Hange zum Sarkastischen stimmt das in den wenigen uns erhaltenen Fragmenten seiner Reden 14) sich beurkundende Streben, durch das Einflechten gewisser Histörchen den Vortrag interessant zu machen 15).

1) S. Wetzel Exc, zu Cic. Cat. §. 10, Ellendt Prolegg, P. XXV. sqq. Laelius war nach Ellendt's Vermuthung geb. 567. oder 568, ward Tribun 602, Prätor 608, Consul 613. mit Q. Servilius Caepio.

2) Geb. 570, nicht 572 oder 573, wie Ellendt p. XXVI. annimmt; denn als er starḥ, im J. 624, war er nach Vellei. II, 4, 54 Jahr alt, u. im 36., also 606, war er das erste Mal Consul, das zweite Mal 619, Censor 611. Aemilianus hiess er als Sohn des L. Aemilius Paulius Macedonicus, Scipio als Adoptivsohn des P. Scipio, des Sohnes des Africanus maior. Vellei. I. 10.

3) Er starb eines gewaltsamen Todes, den ihm wahrscheinlich die

gracchische Partei bereitet hatte; der Verdacht ruhte namentlich auf C. Carbo, Cic. d. or. II. 40, 170. vgl. Epp. ad div. IX. 21. auf C. Gracchus u. Sempronia deutet Schol. Vat. ad Cic. p. Mil. 7, 2. Die Mörder auszuspähen gab man sich gar keine Mühe, Vellei. II. 4. Vgl. V. T. Scheu de morte Scip. Afr. min. eiusque auctt. diss. hist. crit. Viteberg. 1809. 4, wiederh. in Beier's Laelius (1828). p. 174–201.

4) Plut. Τi. Gracch. c. 8. ἐπεχείρησε μὲν οὖν τῇ διορθώσει Γάϊος Λαίλιος, ὁ Σκηπίωνος ἑταῖρος· ἀντικρουσάντων δὲ τῶν δυνατῶν φοβηθείς τὸν θόρυβον καὶ παυσάμενος ἐπεκλήθη σοφὸς ἢ φρόνιμος. Vgl. Cic. d. fin. II. 8.

5) Cic. Philipp. II, 33. bonus augur, Laelium diceres. Doch ermangelte er nicht alles Kriegsruhms; im J. 608. besiegte er den Lusitanier Viriathus. Cic. d. off. II. 11.

6) Sie hörten die Vorträge der athenischen Philosophen, Cic. d. or. II. 37, 155. Laelius die Stoiker Diogenes u. Panaetius, Id. d. fin. II. 8. Den Panaetius u. Polybius hatte Scipio domi militiaeque bei sich, Vellei. I. 13. Plut. apophth. imperator. Scip. 14. p. 153. Hutt. Vgl. Cic. Tusc. I. 3. p. Arch. 7.

7) Cic. d. or. II. 37, 154. P. Africano, C. Laelio, L. Furio, qui secum eruditissimos homines ex Graecia palam semper habuerunt. Ueber ihr Verhältniss zu Terentius s. namentlich Suet. vit. Ter. 2. non obscura fama est, adiutum Terentium in scriptis a Laelio et Scipione, quibuscum familiariter vixit, etc. Die Sage leidet keinen Zweifel, da Terentius selbst im Prolog zu den Adelphen sie bestätigt. Wohl aber ist die Sache in Zweifel gezogen worden, wie nach Sueton von Santra, welcher Scipio u. Laelius für zu jung erklärt, als dass sie dem Dichter hätten zur Hand gehen können. Allein wiewohl Terentius schon im 37. Lebensjahre 598 starb, konnte er doch beide als Männer kennen; Laelius war etwa 7 Jahre jünger, Scipio 9. Dazu kommt noch für Laelius das Zeugniss des. Cicero ad Att. VII. 3, für Scipio das des Quinctil. X. 1, 99. Es ist daher wohl ein gewisser, wenn auch noch so entfernter Antheil Beider an jenen Dichtungen mit Ellendt Prolegg. p. XXVIII. eben so wenig zu bezweifeln, als die fleissige Lectüre des Scipio in Xenophon's Kyropädie bei Cic. ad Qu. fr. I. 1.

8) Cic. Brut. 21, 83. de ipsius Laelii et Scipionis ingenio quanquam ea iam est opinio, ut plurimum tribuatur ambobus, dicendi tamen laus est in Laelio illustrior.

9) Cic. d. or. III. 7, 28.

10) Cic. Brut. 21, 83. multo tamen vetustior et horridior ille quam Scipio, et cum sint in dicendo variae voluntates, delectari mihi magis antiquitate videtur et lubenter verbis etiam uti paullo magis priscis Laelius. Einige Belege dazu bei Festus u, Nonius; s. die Indd. Vgl. Quinct. XII. 10, 10. dial, d. oratt. c. 25,

Nach Meyer's Vermu

11) 1. oratio pro se. Festus s. v. satura. thung a. O. p. 96. im J. 623 od. 625. in Vertheidigung gegen Carbo

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oder die Gracchen. Das von Festus daraus angeführte Fragment ist vielmehr aus Sallust. Iug. c. 29., so dass wahrscheinlich die Worte des Laelius dort aus Versehen ausgefallen sind. 2. or. de collegiis, gesprochen 608 gegen des Volkstribuns C. Licinius Crassus Gesetz de sacerdotiis, wodurch die Wahl der Priestercollegien an das Volk kommen sollte. Cic. Brut. 21, 83. d. nat. deor. III. 2. u. 17. d. amic. 25. Nonius s. v. Samium. 3. or. pro publicanis, im J. 615; Laelius übertrug die Beendigung der Sache mit edler Bescheidenheit dem C. Servius Galba. Cic. Brut. 22. vgl. unten §. 37, 5. 4. dissuasio legis Papiriae, 622 über die Wählbarkeit der abgehenden Tribunen, in Verbindung mit Scipio gegen Carbo u. C. Gracchus. Cic. d. amic. 25. Liv. Epit. lib. LIX. 5. 6. laudationes P. Africani minoris, die eine geschrieben für Q. Tubero, Cic. d. or. II. 84, 341, die andere für des Verstorbenen Bruder Q. Fabius Maximus, woraus Fragmente bei Cic. p. Muren. 36. u. Schol. Vatic. ad Cic. or. p. Mil. 7, 2. Vgl. Ellendt Prolegg. p. XXIX. sq. Meyer fragm. oratt. p. 96-100.

12) Cic. d. or. III. 7, 28.

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13) Cic. Brut. 87, 299. d. or. II. 67, 270. in hoc genere Fannius in annalibus suis Africanum hunc Aemilianum dicit fuisse et eum graeco verbo appellat qora. Belege dazu in den Fragmenten.

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14) 1. pro se contra Ti. Asellum de mulcta ad populum, eine Auzahl von Reden (Gellius erwähnt eine fünfte) gegen den von Scipio als Censor 611 beleidigten Asellus, der 614 als Volkstribun gegen ihn auftrat; Fragmente daraus bei Cic. d. or. II. 64, 258. 66, 268. Gell. N. A. II. 20. VII. 11. 2. ad populum de moribus (cum ad maiorum mores populum hortaretur), in der Censur 611 gesprochen; Fragm. bei Gell. N. A. IV. 20. V. 19. (Valer. Max. VI. 4, 2. Festus s. v. millus). 3, adversus Sulpicium Gallum; Fragm. bei Gell. N. A. VII. 12. 4. de imperio D. Bruti (Callaici, 615 als Proconsul in Hispanią ulterior), Festus s. v. potestur. 5. postquam ex Africa rediit, 607; Fragm. bei Festus s. v. quatenus. 6. pro aede Castoris, Fragm. bei Festus s. v. reque eapse. 7. contra legem agrariam C. Gracchi, Fragm. bei Macrob. Saturn. II. 10. So nach Meyer's Emendation, fragm. p. 105., für d. vulg. contra legem iudiciariam Tib. Gracchi. Tiberius gab nie eine lex iudiciaria, u. die des Caius fällt nach Scipio's Tode in's Jahr 631. Meyer setzt daher die Rede gegen des Caius Ackergesetz in's J. 624. mit Bezugnahme auf d. Schol. Vat. ad Cic. or. p. Mil. 7, 2. 8. dissuasio legis Papiriae; s. oben Anmerk. 11, 4. 9. in L. Cottam, Cic. Brut. 21, 81. divin. in Caecil. 21, Valer. Max. VIII. 1, 11, Vgl. Ellendt Prolegg. p. XXX, sq. Meyer Fragm. p. 101–106.

15) S. Gell. IV. 20. Aehnlich die Schilderung des P. Sulpicius Gallus bei dems. VII. 12. u. Anderes in den Fragmenten.

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