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Die Falschheit und Dürftigkeit dieser Grundsäße über Alles, was das reale Leben der Kirche betrifft, ergiebt sich aus dem Irrthume des Prinzips und aus der Unmöglichkeit, daß das kirchliche Leben sich als ein eigenthümliches, vom Staate und der Geselligkeit verschiedenes, halten könnte, wenn es nur auf dem Vorausgeseßten beruhte.

Der Grund, auf welchem die Annahme beruht, daß das Gebet nur Ausdruck unseres Gefühls, nicht Akt der Kommunikazion mit Gott sei, an dessen gläubige Vollziehung sonst unerreichbare Gnaden geknüpft sind, enthält den Jrrthum, daß alles Wirken Gottes unter die natürlichpsychi-schen Gesetze gestellt, in diesen eingeschlossen sei, da doch der richtige Begriff von Gott als dem in seinem Geiste sich selbst Mittheilenden, und vom Menschen, der zu Gottes Gemeinschaft geschaffen und erlöset ist, lehrt, daß Gott in der Seele des Menschen auf eine mehr noch die Naturgesehe bedingende als von ihnen bedingte Weise unmittelbar wirken und sich selbst geistlich mittheilen wolle. Da aber diese Wirksamkeit nicht willkührlich sein, sondern sich an die freieste Bereitwilligkeit der menschlichen Seele, d. h. also an die vollständigste Anerkennung der nur von Gott zu erlangenden Befriedigung anschließen muß, und da dies die eigentliche Stimmung des Gebets ist: so ist es klar, wie die Schriftvorstellung vom Gebete, als einem durch Verheißung der Erhörung ermuthigten Glaubensakte, ihre völlige Gültigkeit behält.

Die Lehre des Naturalismus von den Stiftungen Christi beruht auf dem Verkennen der verklärten Leiblichkeit Christi, welche von ihm aus seiner Gemeine soll mitgetheilt werden, so daß an eine gläubige Vollbringung der sakramentlichen Handlung, allerdings unter Mitwirkung aller von der Stifs tung selbst hervorgerufenen psychischen Bewegungen, jene eigenthümliche Lebensmittheilung geknüpft ist, deren die Kirche, auf ihrem ermattenden Gange durch das Leben, bedarf. Da das Abendmahl des Herrn, nach den Stiftungsworten,

und nach den Erklärungen der Apostel (vgl. besonders 1 Kor. 10, 16; Joh. 6) diesen Karakter hat: so ist es rechtmäßig, auch die Laufe, welche offenbar auf eine gleiche Linie der Bedeutsamkeit mit dem Abendmahle von dem Herrn erhoben worden ist, unter diesem Gesichtspunkte anzusehen. Eine wesentliche Einpflanzung in die Kirche des Herrn, unter der Bedingung des Glaubens von Seiten der Laufenden und des Läuflings, d. h. die Bewirkung einer realen inncren Verbindung der bisherigen Glieder mit dem neuen, muß eben so bestimmt als die Wirkung des Herrn durch die Laufe betrachtet werden, als die Nährung mit seinem verklärten Leibe als die des Abendmahls. Und diese Einpflanzung ist an sich noch gar nicht als die wirkliche Vollbringung der Wiedergeburt anzusehen: ein Irrthum, der älteren Vorstellungen von der Laufe, zur Hervorrufung des anderen Ertrems, nåmlich der naturalistischen Verflachung, beigemischt

war.

Was die Ansicht des Naturalismus von dem gottes dienstlich-kirchlichen Leben betrifft: so ist er unschuldig daran, wenn dasselbe nicht vollständig theils zu einer Staatsanstalt ausgeartet, theils in ästhetische Künstelei übergegangen,`also die christliche Kirche in ihrer kräftigsten Lebensfunfzion todtåhnlich gelähmt worden ist. Denn ein Gottesdienst blos zu moralischer Belehrung treibt die schon Belehrten öder selbst zum Belehren Fähigen heraus. Eine Gemeinschaft aber, die, in Ermangelung vollendeter Kunstformen, ein klein wenig Aesthetik den Gebildeten und Ungebildeten gleichmäßig zutheilen will, wird diesen unverständlich und jenen allzudürftig vorkommen müssen, als daß beide nur eine Stunde lang noch einsehen sollten, warum sie, unnatürlich zusammengebracht, im Namen Gottes zu einem ihn so gar nicht verherrlichenden Werke zusammen bleiben sollten. Und doch giebt der Naturalismus keine andere Ansicht vom gesammten kirchlichen Leben, das er entweder kläglich verkommen läßt, oder, wie einen Geisteskranken, den Hospitälern des

Staats überliefert. So schließt er sich von dieser Seite, durch die anderen, dazwischen liegenden Formen des Irrthums nicht zurückgehalten, mit unedler Wahlverwandschaft, an den Cåsareopapismus an, und erniedrigt die Kirche in allen ihren Funkzionen unter die Gewalt der Obrigkeit.

Zweites Kapitel.

Vom Mythologismus.

S. 1.

Mythologismus ist diejenige Form des Indifferentismus, in welcher das Mythische der nichtchristlichen Religionen dem Göttlichen des Christenthums gleichgestellt wird.

Schon der ungewohnte Ausdruck könnte Zweifel erre

ob es eine zweite Form des Indifferentismus gebe, welche unter diesem Begriffe zusammengefaßt werden könne. Aber die nåhere Bestimmung dieses Begriffs wird, so hoffen wir, sowohl die Sache klar machen, als den Ausdruck rechtfertigen. Mythologismus ist nicht Mythologie, denn diese ist die Wissenschaft von den Mythen der nichtchristlichen Religionen, welche den mit der christlichen Theologie sich nahe berührenden Zweck hat, das Hinstrcben aller vor- und nichtchristlichen Religionen zu dem Christenthum auf religionshistorischem Wege zu zeigen. Mythologismus ist nicht etwa die in neuester Zeit hervortretende mythische Ansicht von der ́ evangelischen Geschichte: eine in solchem Maaße außerhalb des Christenthums stehende Denkweise, daß sie gar nicht für sich in der Polemik vorkommen kann, sondern vielmehr als

eine dem Wesen des Christenthums feindlich gegenüberstehende schon in der Apologetik, durch den Erweis der Wahrheit und Göttlichkeit des Christenthums, mit allen anderen Angriffen auf das Christenthum geschlagen wird. Mythologismus ist vielmehr die Denkweise, in welcher man sich in der Art indifferent gegen das Wesen des Christenthums zeigt, daß man die Mythen, die durch dichterischreligiöse Sage gebildeten Erzählungen der nichtchristlichen Religionen, für gleichberechtigt mit den Thatsachen und Lehren des Christenthums ansieht, indem man es dahingestellt sein läßt, ob diese wahr oder falsch seien. Die Gleichgültigkeit gegen die Wahrheit des Thatsächlichen im Christenthum ist das allgemein Indifferentistische im Mythologismus, was er mit dem Naturalismus theilt; die Hervorhebung des Interessanten der Mythen aus religiösåsthetischem Bedürfnisse, ist das Eigens thümliche desselben, wodurch er sich von dem Naturalismus unterscheidet. Dieser glaubt, in abergläubischer Unbestimuntheit, an ein Unendliches und Göttliches der Natur, weil er das Natürlichsinnliche, mit Verkennung der Sünde, die in dasselbe eingedrungen ist, hervorhebt. Der Mythologismus glaubt, in vergötternder Hingerissenheit durch die schöne Form, an das Schöne als an die Religion selbst, und diese indifferentistische Gleichmachung der Religion und der Kunst ist sein innerstes Wesen. Die Weise der wahrhaft Religiöfen, welche die wahre Religion in ihrer göttlichen Selbstständigkeit als die göttlichfreie und milde Geseßgeberin in dem Reiche des Schönen ansehen, verlassend, lösen sich die Mythologisten von der währen Religion die schöne Form gerade insofern ab, als sie mit allem Menschlichschönen Eins ist, und als sie nicht Eins ist mit dem Inhalte der Religion, und sagen nun: diese Schönheit, die Kunst, die den Ausdruck des Göttlichen gebende Form, ist die Religion. Und auch wenn sie es nicht ausdrücklich sagen, wenn sie nur durch tiefgewurzelten Indifferentismus ihr religiöses Bedürfniß vorzugsweise in Poesie und Kunst befriedigen wollen,

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auch ohne von den alten Mythen viel zu wissen, sind sie schon mythologistische Indifferentisten, und tragen ingeheim unendlich viel bei, die Kraft und das Leben der christlichen Kirche zu schwächen und zu verflüchtigen.

Das Wahre, woran diese Form des Irrthums sich festhålt, ist das Gefühl, daß die erscheinende Religion die höchste Schönheit sei, der Gedanke, daß alles wahrhaft Schöne feinen Ausgangspunkt aus Gott und seinem Geiste habe, und daß eine gewisse Anschauung des Schönen selbst die Betrachtung göttlicher Dinge in sich schließe. Der Irrthum des Mythologismus besteht darin, daß die Anschauung des Schönen und die Ergreifung des göttlichen Lebens, für einers lei gehalten wird, da jene, an sich ein entwickeltes natürlich Geistiges, nur dann dem religiösen Leben förderlich sein kann, wenn sie in ein von der Wahrheit Gottes in Christus er neuertes, geheiligtes Herz aufgenommen wird, und da das göttliche Leben (die Swn, die ewig beim Vater war) gar nicht vorzugsweise sich in der Form der sichtbaren Schönheit offenbaren kann, sondern in der Form der sich im Herzen und Gewissen ankündigenden göttlichen Wahrhaftigkeit und Heiligkeit, und nur so ihrem Höhepunkte entgegengeht, daß das Menschlichschöne der Person Christi in dem Leiden und Lode des Mittlers für das sinnliche Auge völlig vernichtet wird *). Der Grund dieses Irrthums ist Welt- und Selbstvergötterung, da in jeder falschen Verehrung des Schönen auch immer das eigne Schöne, wenn auch nur die schöne Empfänglichkeit für das Schöne, die der Eigenliebe schmeichelnde eigne Verwandschaft mit dem Schönen, mit vergöttert wird; geistige Genußsucht und Wollust, welche das Schöne als herrschendes Prinzip alles Lebens haben und ges nießen will, und selbst nicht vor der Hingebung des heiligsten Innern an das Schöne sich scheut, vornehmes Sichbe

*) Daher den Mythologisten auch in dieser ästhetischen Beziehung das Kreuz Christi Gegenstand des Vergernisses ist.

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