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der Thätigkeit der Gläubigen, um dann gleichsam mit unendlich vervielfältigten Kräften persönlicher Wesen seinem Ziele entgegenzugehen? Der Grund liegt in einer eitlen, selbstvertrauenden und auf die Fülle des Werkes Gottes mißs trauenden Gesinnung, welche, sobald sie die früheren Früchte der göttlichen Gnade zur Vollbringung gewisser Werke in sich wahrnimmt, falsch genügsam dabei stehen bleibt, und oberflächlich übersicht, daß nun erst das Werk Gottes in dem Inneren des Menschen sich tiefer begründen und voller entwickeln wolle, und zugleich eine eitle Freude an den vollbrachten und mit der bis jegt erlangten Kraft schon zu vollbringenden religiösen Werken hat, vermöge welcher diese Gesinnung sich überredet, nur die Seligkeit könne ein hinlänglicher Lohn dieser Werke sein. Der Ergismus ist also Halbheit und Trockenheit, jene, weil er in der Ergreifung des Werkes Gottes durch Christus auf halbem Wege stehen bleibt, diese, weil er das Werk der Gnade nur soweit anzuerkennen vermag, als es sich wiederum in sichtbaren äußeren Werken des Menschen darstellt, gleich als wäre nicht das Herz des Menschen und seine Reinigung und Verklärung um ihrer selbst willen da, und höher als alle sichtbaren Werke der Frømmen. Der Ergismus ist niemals eigentlicher Pelagianismus, da er ein viel zu aufrichtiges Verlangen hat, religiöse Werke zu haben, die er zu bewundern, auf die er sich mit verlassen könne, als daß er nicht fühlen sollte, daß solche aus der natürlichen Kraft des Menschen niemals hers vorgehen können, aber er ist immer Semipelagianismus Cobwohl er dies in sehr verschiedenem Grade und Beziehung sein kann), weil er seinem Prinzipe nach das menschliche Werk, gerade insofern es menschlich ist, immer als einen Gegenstand der mit der Seligkeit belohnenden Gerechtigkeit Gottes ansicht. Er sieht das sündige Verderben des Mens schen nie als so schlimm an, daß in der völligen Austilgung und Verwandlung desselben in die volle Aehnlichkeit mit dem Sohne Gottes das ganze Ziel des Werkes Gottes in Christus

bestehe; sondern da er die Vollbringung guter Werke, insofern sie von dem Innern verschieden sind, als das Höhere ansieht: so bedarf er auch nur soviel Gnade, als nöthig ist, dem Menschen zu helfen, Werke zu vollbringen.

Diese Richtung war es, welche von dem Zeitpunkte an in der Kirche sich mit reißendem Erfolge verbreitete, wo der Klerus die Vollbringung des Aeußeren in religiöser Gesinnung als das höchste Geistliche darstellte, wo die vom Leben und vom Glauben durch abstrakte Begriffsbestimmung zu weit getrennte Lehre vom Sohne Gottes ihn und sein Einwohnen im Herzen nicht mehr als die alleinige Quelle guter Werke darstellte. Dieses Prinzip stand mit der übertriebenen und falschen Schäßung der Werke heiliger Personen in natürlicher Wechselwirkung, und dieses wurde durch die Theorie des größeren Theils der Scholastiker von dem meritum congrui befördert; dasselbe endlich war es, was das tridentinische Concilium, ungeachtet aller seiner Vorsorge für die rechte Mitte, nicht nur nicht ausschied, sondern in ausdrücklichen canones bestätigte.

S. 2.

Der Glaube ist im Ergismus lediglich Anfang und Wurzel der Werke, nicht Mittel der Rechtfertigung.

Da die göttliche Offenbarung im Ergismus nicht sowohl als die Kundmachung des von Gott Gethanen als vielmehr des von dem Menschen zu Thuenden angesehen wird: so bildet sich auch eine Vorstellung vom Glauben, wonach dieser weniger die innerliche Erfassung des von Gott Gethanen, als die verständige Aufnahme des nach Gottes Willen von uns zu Thuenden ist, und darin liegt schon, daß der Glaube nur als der Anfang der Werke und selbst als ein, nur mehr innerliches, Werk gefaßt wird. Offenbas rung und Glaube stehen, nach dem Ergismus, selbstständig

gegeneinander über, und indem sie sich einander nähern und verbinden, bringen sie in Vereinigung das neue Leben des Menschen, d. h. die guten Werke, hervor, Gott in der Offenbarung, der Mensch im Glauben. Deshalb ist auch der Glaube überwiegend im Verstande *); und da der Verstand für sich in den Gegenstånden der Offenbarung keine begriffliche Einheit erlangen kann: so giebt es auch nicht Einen Gegenstand, in dem sich das ganze Bewußtsein des Glaubens gleichsam zusammendrångt, nåmlich die Erlösung durch Christus, sondern der Glaube hålt sich, vermittelst eines sich an das Aeußere und besonders das Kirchliche anschließenden verständigen Gehorsams, an die Mannichfaltigkeit der Glaus bensartikel, und schäßt die so erlangte Ueberzeugung vors zugsweise von der Seite, daß sie ihn zu guten Werken befähigt. Deshalb ist auch der Glaube, im Unterschiede von den Werken, nicht rechtfertigend, sondern er ist es nur, ins sofern er Anfang aller Werke ist, d. h. die Werke sind es im Wesentlichen eben so wie der Glaube. Dieses System verwirft denjenigen Begriff der Rechtfertigung, wonach sie etwas Anderes ist, als allmålige Gutwerdung oder Heiligung, gänzlich, und leugnet, daß der Glaube, schon ehe er die Heis ligung gewirkt oder Werke erzeugt hat, dem Sünder das volle Bewußtsein der Rechtfertigung bei Gott mittheilen könne **). Hiemit hångt wesentlich zusammen, daß der

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*) Bellarmin: catholici fidem in intellectu sedem habere volunt. Vgl. Baur der Gegensaß des Katholizismus und Protestantismus. Tüb. 1834. S. 156.

**) Canones Conc. Trid. Sess. VI. Cap. 7. Iustificatio

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- non

est sola peccatorum remissio, sed et sanctificatio et renovatio interioris hominis per voluntariam susceptionem gratiae; (cuius) unica formalis causa est iustitia Dei, non qua ipse iustus est, sed qua nos iustos facit; an welcher Stelle der Glaube auch nicht als formale Ursache der Rechtfertigung angesehen wird, was doch in anderer Bezie hung das System dem Glauben und den Werken zugestehen

Glaube als eine Tugend angesehen wird *); und da in dem Begriffe der Tugend jedesmal ein menschlichgutes Wirken geseßt sein muß: so folgt daraus, daß der Glaube immer etwas zugleich von menschlichen Kräften Hervorgebrachtes sei. Es giebt also nichts im Ergismus, auch nicht das Innerste des die Barmherzigkeit Gottes ergreifenden Gemüths, was nicht irgendwie als schon durch menschliche Kraft hervorgebracht, als eine Art Werk, als etwas zu Bewunderndes, zu Belohnendes betrachtet würde; um so vielmehr wer den die Werke selbst um etwas Anderen willen geschäßt, als blos deshalb, weil sie vermittelst der nur durch den Glauben ergriffenen Gnade vollbracht werden.

Es könnte scheinen, als wenn die Vertheidiger dieser Lehre sich auf die Worte Christi Joh. 6, 29 berufen könnten: τοῦτο ἐστιν τὸ ἔργον τοῦ θεοῦ, ἵνα πιστεύσητε εἰς öv anéσreihev èxεivos. Hier, könnte man sagen, wird ja vom Herrn selbst der Glaube als ein Werk bezeichnet, und es ist also seinen Worten gemäß, ihn an die Spite aller Werke zu stellen und zum Theil der Kraft des Menschen zuzuschreiben. Lassen wir das Leßte hier vor der Hand uns berührt, so ergiebt sich aus dem Zusammenhange der Worte

könnte, hier tritt es aber zurück, weil gleich im Folgenden die iustificatio als infusio der fides, spes und caritas foll dargestellt werden. Cap. 8. fides est humanae salutis initium, fundamentum et radix omnis iustificationis. Cap. 9.

cum nullus scire valeat certitudine fidei, cui non potest subesse falsum, se gratiam Dei esse consecutum. Cap. 11. itaque nemo sibi in sola fide blandiri debet, putans fide sola se heredem esse constitutum. Wenn zwar gleich darauf der hier bezeichnete Glaube als einer ohne Aehnlichkeit mit Christus beschrieben wird: so ist doch eben das entscheis dend, daß ein anderer Glaube, in welchem man sich gerechtfertigt fühle, gar nicht anerkannt wird.

*) Diese Vorstellung durchzieht, auf mehren Punkten sichtbar, auch die Möhlerische Symbolik (Vgl. 153, 2te Ausg.).

Christi, daß sie im Gegensaße gegen pharisdische Werkgerechtigkeit gesagt sind. Um ihnen zu zeigen, daß es auf eigentliche Werke irgend einer Art gar nicht, wie sie fragend meinten (28: τί ποιῶμεν, ἵνα ἐργαζώμεθα τὰ ἔργα τοῦ Deo,) in ihrem Verhältnisse zu Gott vorderhand, und solange sie Christus verwarfen, ankam: bezeichnet ihnen der Herr den Glauben an den gesandten Sohn Gottes als das einzige Werk, das sie retten könnte, womit er sagen zu wol len scheint: dieses so gar nicht äußere und eigentliche Werk, dieses Untergehenlassen aller eurer bisherigen Werke in dem inneren Annehmen Christi ist das einzige Mittel, um mit dem Bewußtsein der Kindschaft Gottes auch wirklich gute Werke aufleben zu lassen. Als innere Handlung wird hier der Glaube allerdings bezeichnet, woraus aber nicht folgt, daß ihm kein karakteristischer Unterschied von den eigentli chen Werken zukomme.

Und hieran schließt sich auch die Widerlegung der ergistischen Lehre aus dem Zusammenhange der Schriftlehre. Diese stellt den Glauben immer dar als das Ergreifen oder, noch richtiger, Sichergreifenlaffen vom göttlichen Worte. Glaube und Offenbarung stehen durchaus nicht so fertig einander gegenüber, als in der ergistischen Lehre; sondern der Glaube wird in dem Maaße, als das sich selbst offens barende Wort in das Herz des Menschen eingeht *); die Offenbarung vollendet sich durch Schaffung des Glaubens als eines inneren Prinzips. Deshalb geht der Glaube durchaus nicht zunächst auf eine artikulirte Mannichfaltigkeit, welche äußerlich fertig dasteht, wie etwa das allgemeine Symbolum seiner Form nach, sondern er geht immer und wesentlich allein auf Gott als den, der die Ungerechten ge

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*) Hebr. 4, 2. ó lóyos μὴ συγκεκραμένος τῇ πίστει τοῖς ἀκούσασιν. Die feart συγκεκριμένους (fei Sadmann συγ zezɛqaσuévovs) giebt, wegen der Schwierigkeit der Verbindung dieses Accusativs mit ¿zovo«ow, keinen guten Sinn.,

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