Immagini della pagina
PDF
ePub

Lebens in Christus verseßte Gemüth. Und hier, wie dort, bedarf eine solche wahrhaft im Geiste erfolgende Auffassung, keiner sinnlichen und äußerlichen Einerleiheit; ja ste kann sie nicht in sich aufnehmen. Bemächtigt sich aber die sinnliche und äußerliche Buchstäblichkeit dieser Lehre: so macht sie die Einerleiheit der himmlischen Substanz und des sichtbaren Zeichens geltend.

So in der Lehre vom heiligen Abendmahle die Behauptung der Transsubstanziazion. Aus der orthodoristischen Furcht, den Leib und das Blut Christi gar nicht wesentlich und wirklich zu haben, wenn es nicht in wirklicher Einerleiheit mit dem sichtbaren Brote und Weine da sei, wird die Lehre von der Verwandlung, d. h. von dem Nichtmehrdasein des Brotes und Weines, aufgestellt, und mit einer falschen Stärke des Glaubens gegen den Augenschein der Sinne ein Wunder in der äußeren Welt behauptet, da doch alle Wunder in der natürlichen Welt den Augenschein der Sinne für sich in Anspruch nehmen. Von dieser Lehre entfernt sich die streng lutherische Vorstellung durch das höchstwichtige Moment, daß sie die Elemente unverwandelt bleiben läßt, was sie sind, aber eine Verbindung des himmlischen Leibes und Blutes Christi mit der irdischen Substanz während der Feier des heiligen Abendmahls annimmt. Hierin ist die sinnliche Einerleiheit aufgegeben und die mystische und sakramentliche Identität beibehalten. Nur dadurch, daß die lutherisch-kirchliche Lehre (nämlich die der Konkordienformel, nicht eben so bestimmt die der Augsburgischen Konfession) das Dasein diefer Vereinigung lediglich von dem allmächtigen Willen Christi abhängig macht, nicht zugleich von seinem geistlichen Leben innerhalb seiner Kirche, welchem dann natürlich die geistliche Gesinnung und Potenz im Kommunizirenden entgegenkommt, und daß sie eben deshalb das Einssein auch für den Ungläubigen statuirt, und es als etwas Räumlichkörperliches, für die ganze Dauer der äußerlichen Abendmahlsfeier Stattfindendes ansicht, ohne die sich hier aufdrångenden

Fragen beantworten zu können, in welchem Zeitmomente die Vereinigung anhebe und aufhöre: dadurch scheint sie einen, wenn auch nur geringen, Rest jener Denkweise behalten zu haben, nach welcher das Mystische auch ohne geistlichen Sinn festgehalten und empfangen werden kann *).

In der Lehre von der h. Taufe findet ein ähnliches Verhältniß Statt, obwohl die irrige Richtung sich deshalb hier weniger direkt ausspricht, weil es schwerer ist, das Wesen des sich hier mittheilenden Himmlischen klar aufzufaffen. Selbstmittheilung des Geistes Gottes zur Einpflanzung in die Kirche Christi muß jedoch dieses Himmlische auf jeden Fall sein. Wird nun angenommen, jede nach dem Worte Christi vollzogene Taufe enthalte stets eine solche Einpflanzung des Läuflings in die Kirche, mit welcher eine vollständige Wiedergeburt verbunden sei: so stimmt dies einerseits nicht mit denjenigen Stellen der h. Schrift, welche Laufe und Wiedergeburt auseinander fallen lassen (Apost. 8, 13. 10, 47), theils widerspricht es der Erfahrung, nach welcher viele Getaufte sich als nicht Wiedergeborne darstellen. Vorzüglich aber begünstigt diese die eingeschränkte Ansicht von der umfassendsten That der göttlichen Gnade, daß gerade sie durch das Sakrament, wenn nur der Glaube hinzutrete, sich vollziehe. Eingeschränkt auch in dem Falle der Forderung des Glaubens, denn der Glaube kann nicht ein zeitliches prius der Wiedergeburt sein, sondern beides entsteht in und miteinander; und wäre es ein Glaube ohne Wiedergeburt, der zur Laufe hinzugebracht würde: so wäre die Erwartung unschriftmäßig kühn, daß der Moment der Laufe die Wiedergeburt geben solle. Es leuchtet ein, wie unter solchen Vorausseßungen die Kindertaufe fast nur mit

*) Vgl. meine Briefe über die Union. Essen, bei Bädeker, 1823. 2ter Brief. Auch meine Abhandlung über die Abendmahlslehre der reformirten Kirche, Evang. Kirchenzeitung 1836, Nr. 94.

einer bedenklichen Sicherheit über die vollendete Wiedergeburt der Kinder könnte vollzogen werden, während bei der Annahme einer realen Einpflanzung in das geistliche Gemeinleben der Kirche, die jedoch nur die erste Anregung der Wiedergeburt sein kann, die Kindertaufe genug für sich hat, um gegen ihre Widersacher vertheidigt zu werden *). Die Frucht einer ångstlich buchstäblichen Ansicht von der Laufe ist dann die Nothtaufe, insofern sie, und selbst wenn sie nur ohne andächtige Sammlung vollbracht werden kann, als absolut nothwendig zur Seligkeit der Kinder angesehen wird.

3. Absolute Auffassung des beziehungsweise Wahren. Hichin gehört eine gewisse Behandlung der Lehre vom Unvermögen des Menschen zum Guten und der von der Erwählung.

a.

Der natürliche Mensch ist in sich selbst gänzlich unvermögend zum Guten. Dies ist Lehre der Schrift und Lehre beider Bekenntnisse (Ps. 51, 7. Joh. 3, 6. Róm. 3, 10-12. Róm. 7, 14-25.) Nur durch die göttliche Gnade vermag er das Gute (Joh. 1, 12. Joh. 15, 5. 1 Joh. 1, 9. Eph. 2, 10.) Die Offenbarung Gottes in Christus lehrt uns aber, daß, durch die Gnade Gotz tes, eine absolute Trennung des Menschengeschlechts von Gott nicht Statt finde und niemals Statt gefunden habe, da Gott nicht allein durch die Menschwerdung seines Sohnes der Menschheit ein neues geistliches Lebensprinzip mitgetheilt, durch dessen Aneignung vermittelst des Glaubens jeder wesentlich gut und gerecht werden kann, sondern auch

*) Eine Kontrovers über das Verhältniß der Taufe und Wiedergeburt wurde in den Jahren 1815 und 1816 sehr lebhaft inmitten der englischen Kirche geführt, indem Einige von der high church Partei dies jedesmalige Zusammenfallen, Andere von der sg. evangelischen Partei das öftere Auseinanderfallen behaupteten. Vgl. meine Schrift: Religion und Kirche in England. 1818. S. 58 u. f.

von Anbeginn an solche auf Christus vorbereitende Wirkungen seines Geistes über die ganze Menschheit verbreitet, und diese, als eine gefallene und fallende, gleichsam mit den Armen seiner Liebe noch immer gehalten und geführt habe, daß, durch Gottes Gnade, kein Individuum der Menschheit in keinem Punkte der Zeit absolut unfähig zu allem Guten war. Diese Wahrheit liegt in der recht verstandenen Lehre von der Gottheit Christi oder vom Logos, welcher von Anbeginn an das Leben und das Licht der Menschen war (Joh. 1, v. 4),*), sie liegt in der paulinischen Lehre von einer Selbstbezeugung und Offenbarung Gottes auch an die Heiden, welche unmöglich ohne vorbereitende, also auch zum Guten in gewissem Maaße befähigende, Wirkungen des Geis stes Gottes gedacht werden kann (Röm. 1, 19, 20; 2, 14, 15; Apost. 14, 17), fie liegt endlich in der von den älteren Auffassungsweisen der biblischen Geschichte viel zu wenig beachteten Art, wie die Schrift des A. und N. Testaments rechtschaffene Menschen auch unter den Heiden anerkennt, und auch unter ihnen einen Unterschied zwischen solchen, die sich gleichsam von Gott erziehen lassen, und solchen, die ihm widerstehen, annimmt. Hiehin gehören die poßovμɛvoi des N. T., aber auch alle die günstigen Urtheile des A. T. über Menschen, die nicht zum Volke Israel gehörten (vgl. Melchisedek Gen. 14, 18; 20, 11: die irrige Furcht, daß keine Gottesfurcht an diesen Orten sei. 2 Kön. 5 Naeman. Jonas von der Buße der Nineviten. Die ganze Voraussetzung im Hiob.) Darf man also behaupten, daß der durch das Mittel reinerer Ueberlieferungsreste und höherer Lebensregungen` unter allen Heiden sich einigermaaßen bezeugende Geist Gottes sie zu einem relativ Guten befähigte: so ist in weit höherem Maaße mit der Verkündigung Christi sogleich ein relas

*) Hierauf beruht das Wahre in den Ideen des Justinus Martyr und der ihm verwandten Schriftsteller von dem die Menschheit durchgehenden Logos.

tives Vermögen dessen, der sie hört, zum Guten gegeben. Innerhalb der Kirche kann deshalb nur insofern vom absoluten Unvermögen des Menschen geredet werden, als dadurch der Zustand, welcher sein würde, wenn Christus nicht inmitten der Menschheit stånde, zum Zweck eines tieferen Ges fühls von der Christusbedürftigkeit der Menschen, vor Aus gen gestellt werden soll. Die Erbsünde, getrennt gedacht von der Natur, die stets etwas relativ Gutes ist, und von der Gnade, die das absolut Gute ist, und von der kein Mensch absolut geschieden ist, ist nur eine Abstrakzion, durch welche hindurch man zu der Erkenntniß von der Gemeinschaft der Sünde und der absoluten Nothwendigkeit der Erlösung gelangt. Wer nun die Lehre vom gänzlichen Unvermögen ohne die nie fehlende lebendige Beziehung des Menschen zu Gott und Christus auffaßt, geråth in den Irrthum, als gehöre es zur Rechtgläubigkeit, sich in irgend einem kürzeren oder långeren Zeitpunkt, oder in Bezug auf irgend ein Lebensgebiet, als absolut unfähig zum Guten zu denken, `welches theils schon mit der rechtgläubigen Ansicht von der Kinders taufe im Widerspruche steht, theils eine unwahre Verkennung aller vorbereitenden, ja vor unserem klareren Selbstbewußtsein schon Statt findenden, Mittheilungen der Gnade durch Wort und Lehre, Erziehung und Beispiel, Kirchengemeinschaft und Lebensverkehr ist. Auf diesem Wege kann sich theils ein finsteres und kraftloses Stehenbleiben der Reflexion bei dem Gefühle des absoluten Verderbens durch die Sünde erzeugen, theils kann sich die selbstbetrügerische Konsequenz bilden, daß der Mensch, da er gar kein Vermögen zum Guten habe, auch gar nichts Gutes zu unternehmen brauche, bis etwa in spåterer Zeit die Gnade ihn entscheidend ergreife. In dieser leßten Form zeigt sich der Irrthum gewöhnlich (obwohl nicht nothwendig), mit einer unschriftmåßigen Vorstellung von der Erwählung verbunden, und kommt so, obwohl Gottlob eben nicht häufig, in der reformirten Kirche vor. In der ersten findet er sich öfter in den ernsteren

« IndietroContinua »