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göttlichen Lebens ist, schafft den Glauben. Das Haften des Worts im Herzen, als dem Mittelpunkte des Menschen, ist der Glaube. Das Wort kann nicht als lebendiges und göttliches erkannt werden ohne Glaube. Der Glaube kann nicht sein ohne Wort Gottes. Ohne dieses ist nur Sehnsucht nach dem Glauben. Der Glaube, selbst in seiner höchsten Vollendung, muß an dem Worte festhalten. Da nun der Inhalt des göttlichen Worts nichts Anderes als die Liebe Gottes in Christus ist: so ist auch der Glaube ein Halten an der Liebe Gottes, ein Umfassen derselben mit dem ganzen Mittelpunkte des menschlichen Wesens, mit dem Herzen, freilich keinesweges so, daß er jemals in bloßem Gefühl bestånde, sondern so, daß von diesem freien Mittelpunkte aus auch das gesammte Gedankenleben des Menschen bestimmt, belebt, beleuchtet wird. Soll aber die Liebe Gottes in Chriftus im Glauben erfasset werden, und ist nur das christlicher Glaube: so liegt hierin schon die Unmöglichkeit, daß der Gläubige als solcher seinen Geist allein für das der Religion empfängliche Vermögen ansehen oder urtheilen könnte, die möglichste Steigerung des geistigen Vermögens in Bezug auf Gott sei die wahre Religion. Die Liebe Gottes ist ihrem Wesen nach schaffend und das Geschöpf erhaltend. Die Mannichfaltigkeit der Geschöpfe ist für uns thatsächlich nur vorhanden zugleich mit Natur und Leiblichkeit, durch welche auch die menschliche Persönlichkeit bedingt ist. Diese ist die höchste uns erkennbare Gestalt, in welcher sich die Empfänglichkeit für die göttliche Selbstmittheilung der Licbe und die Einheit der Schöpfung durch die Einwohnung des göttlichen Geistes darstellt. Soll nun der Glaube diese Liebe Gottes erfassen: so muß er sie eben als das das Geschöpf mit dem Schöpfer Einigende fäffen; da aber in dem Geschöpf, auch dem Menschen, der Krone der Schöpfung, immer auch Natur ist: so ist der Glaube ein inniges unð zuversichtliches Zusammenfassen der Natur und des Geistes in Gott, der Menschheit und Gottes, des Lebens und der

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Liebe Gottes in Christus. Ein Bestreben also, durch Steigerung oder ausschließliche Festhaltung des Geistigen die Natur gleichsam abzustreifen, oder des Geistes Gottes durch Aufgeben des leiblichen und äußeren Workcs theilhaftig zu werden, ist wider das innerste Wesen des Glaubens, welcher im realen und immer zugleich leiblichen Wort allein die Liebe Gottes in Christus erkennt. Ist also der Spiritualismus, insofern er ein kirchlicher Irrthum ist, sich nicht eines Widerspruchs gegen den wesentlichen Inhalt des Glaubens bes wußt: so wurzelt er doch gerade im Widerspruche gegen die wesentliche Form der Wahrheit, das Wort Gottes in und durch Christus. Indem er den Geist Gottes erhebt und sich auf vollständigste Weise mit ihm zu einigen behauptet, verachtet er das leibliche, wirkliche und schlichte Wort, in welchem allein es Gott gefallen hat auch seine Geistesfülle mitzutheilen. Indem er den Inhalt des Wortes und des Glaubens nicht mehr in der Gott und Geschöpf vereinigende Liebe Gottes im Heilande findet, bildet er sich einen entleerten, falsch-erhabnen, unwahren Inhalt, der nur vom Geiste Gottes handelt, nicht einsehend, daß der Geist Gottes nicht eher und anders als heiliger erkannt werden kann, als bis er als der Geist der Liebe des Vaters und des Sohnes erkannt wird, welche nun ihrem innersten Wesen nach durchaus nicht anders als im leiblichen Worte, das sie selbst, fleischgewors den, redet, erkannt werden kann. Indem so der Spiritualismus erhaben sein will, und das Erhabene nur im Geistigen sucht, verkennt er es da, wo es ist, in der Liebe. Indem er reingeistig erkennen will, beschädigt und verlegt er den Glauben, durch den wir erkennen.

Das Lügenhafte im Spiritualismus ist die Vorspiegelung, als wenn die Bestimmung des Menschen in einer gotts gleichen Unleiblichkeit, in geistiger Schrankenlosigkeit bestehe. Wenn diese Versuchung in Gemüthern zündet, denen eine gewisse Kälte und Unempfänglichkeit für die Lebensfülle der heiligen Schrift, für die Liebesgemeinschaft der wahren Kirche

anhaftet: so erzeugt sich eine stolze Religiosität, eine vornehme Geistigkeit, eine kalte Zusammenziehung der Lehre, welche der schlimmste Wurm an dem kirchlichen Leben ist, und deren Bestreitung daher wohl als der Mittelpunkt der Polemik angesehen werden mag.

S. 2.

Das geschichtliche Hervortreten des Spiritualis mus hångt theils von gewissen Entwickelungsstufen der Wissenschaft, theils von dem Nachlassen geseßlichen Druckes der Geister ab.

Der Spiritualismus, als die geistigste Form des kirchlichen Irrthums, hångt nåher mit den Entwickelungen der Wissenschaft zusammen, wie er denn auch vorzugsweise von wissenschaftlich Gebildeten pflegt ausgebildet und geltend gemacht zu werden. Die Wissenschaft hat Zeiträume, in denen sie vorzugsweise den Geist in seiner Unabhängigkeit von der Natur hervortreten läßt, und wieder andere, in denen sie die Einheit des Geistes mit der Natur als das vorherrschende Prinzip ihrer Thätigkeiten zum Grunde legt. Beis des kann wieder in einer zwiefachen Beziehung gefaßt werden, ohne daß dadurch die Wissenschaft schon schlechthin aufhörte, Wissenschaft zu sein, und als solche, unter der Erneuerung, aber nicht bloßen Wiederkehr dieses Wechsels, ihrer Vollendung als Wissenschaft entgegenzugehen. Wenn nun jenen ersten mehr idealistischen Entwickelungen der Wissenschaft nicht ein tiefes Gefühl von der Göttlichkeit der positiven Religion und ein lebendiges Bewußtsein von der Bestimmung des Geistes, in Gott zu sein, und nur vermits telst des Glaubens sein zu können, zur Seite geht: so befördert die vermessene Richtung der Wissenschaft selbst den Spiritualismus in der Kirche. Aber auch auf dem Gebiete des realen Lebens, in Kirche und Staat, gehen Veränderungen

vor, die den Spiritualismus hervorlocken. Denn wenn eine nicht nothwendig unrechtmäßige, nur überlebte Zusammenhaltung der Geister durch menschliches Geseß und Form nach zulassen anfängt: dann fühlen die Geister ihre Befreiung in der Weise der Unabhängigkeit und der Lust an der wille kührlichen Bewegung, und wenn dann nicht die Formen des kirchlichen Lebens in ausgezeichneter Reinheit und Kraft vorhanden sind: so wird die angeregte Reflerion selbst eine Ursache spiritualistischer Verirrungen. Die Wirkung der einen wie der anderen Ursache wird verstärkt, wenn der Fortgang der Weltgeschichte die eine mit der anderen in demselben Zeitpunkte zusammenfallen läßt.

So brachte der Untergang der alten Religionen, das zu Lage Kommen ihrer Ohnmacht den Gnostizismus des zweis ten Jahrhunderts hervor, denn auch dieser darf in gewissem Maaße als ein kirchlicher Irrthum betrachtet werden; wie denn gewisse Reste desselben in der Theologie der Aleranz driner vorhanden sind. Die Entwickelung einer verständis geren Eregese, nicht genug unterbaut durch Fülle des Glau bens, beförderte den Arianismus im vierten, und den Pelagianismus im fünften Jahrhundert, welche beide Håresien als Gestalten des Spiritualismus zu betrachten sind. Nachdem in dem fcholastischen Zeitalter die im Ganzen der reinen Lehre günstigere Richtung des Realismus dem Nominalismus im 13ten Jahrhunderte zu weichen anfing, entwickelte sich das Abstrakte und Unkräftige der Scholastik, wodurch sie den. Spiritualismus begünstigte. Der Socinianismus in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts war großentheils eine Folge einer Geistesemancipazion von kirchlicher und politischer Bevormundung, die in Italien nicht Kraft genug hatte, sich an die volle Aufgabe der Reinigung der Kirche durch den Glauben an das ganze Wort Gottes zu machen. Eine gewisse Anwendung der Cartesischen Philosophie brachte im Uebergange vom 17ten zum 18ten Jahrhundert einen englisch - holländischen Razionalismus hervor, und der abge

schwächte Idealismus der Leibnißischen Philosophie, übergegangen in Wolfische Demonstrazionsmethode, von der einen, und Luft an reflektirender Zerseßung überlieferter kirchlicher Ordnungen von der anderen Seite, erzeugten gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts den deutschen Nazionalismus, welcher durch Kant seine folgerichtigste Ausbildung erhielt. An deffen Stelle will heutzutage ein Theil seiner Bekämpfer einen nicht minder spiritualistischen Gnostizismus sehen. Und diese neuere Entwickelung des Spiritualismus erleichtert uns die Auffassung seiner Hauptformen.

S. 3.

Die beiden Hauptformen des Spiritualismus sind der Razionalismus und der Gnostizismus.

Hat der menschliche Geist sich dem Lichte entzogen, welches ihm durch den Glauben an das göttliche Wort kommt: so kann er sich nun auf zweierlei Weise gegen die darin enthaltene und bezeugte göttliche Thatsache verhalten. Entweder er abstrahirt von ihr und sucht in dieser Abstrakzion und in der reflektirenden Redukzion der Thatsache auf ein Allgemeines, nicht Thatsächliches, die Religiosität. Indem es ihm zu schlecht vorkommt, das göttliche Wort im Glauben anzunehmen, scheint es ihm religiös, über das Wort als vergängliche Form zu reflektiren, um mittels dieser Reflerion sich der Vorstellungen der allgemeinen Menschenvernunft über das Verhältniß Gottes zum Menschen, als welche der allein bleibende Inhalt des Wortes seien, bewußt zu werden. Dies ist der Razionalismus, insofern hier die Vernunftthätigkeit, in ihrer abstrakten, durch den Glauben nicht vermittelten, Beziehung auf die göttliche Thatsache des Worts, für das Christlichreligiöse erklärt wird. Die spiritualistische Verirrung kann sich aber auch so gegen den Ins halt des göttlichen Worts verhalten, daß sie ihn als eine religiós positive Thatsache anerkennt, aber welche Produkt

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