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an das allgemeine Bedürfniß des menschlichen Herzens nach dem Leben aus der persönlichen Wahrheit, wie die Worte an Martha (Joh. 11, 25. vgl. Joh. 6, 58. Matth. 11, 27-30), andererseits - können seine Worte über seine Messianitåt keine Anbequemung an Irrthümer sein, da nicht nur diese an sich Jesu unwürdig gewesen wäre, sondern da er in der That immer die rein profetische Ansicht von der Messiaswürde mit einer seine Hörer beschämenden Klarheit hervorhebt, und überhaupt mit der größten Ehrfurcht von den theokratischen Voranstalten in Israel spricht, und mit dem höchsten Ernste und in den entscheidendsten Augenblicken sich selbst für den Christus, den Sohn Gottes (wie der Christus schon damals bezeichnet wurde), den verheißenen, theokratischen König erklårt *). Ueberhaupt kann von Anbequemung an die profetischen Verheißungen nicht die Rede sein, sobald diese wirklich die Erscheinung einer Person aus David's Geschlecht, in welcher Jehovah selbst seinem Volke persönlich nahe kommen würde, aus göttlicher Geisteserleuchtung ankündigen. Und daß sie nicht die Ankündigung einer solchen Person enthalten, ist von dem Razionalismus noch niemals auf irgend genügende Weise erwiesen worden. Waren aber solche Ankündigungen da: so mußte die wirklich gekommene Person sich auf sie berufen, wie es denn Jesus that, und auch das durch bewieß, daß er nicht blos allgemeine, seine Person nicht zum Inhalte habende, Vernunftwahrheit vortragen wollte. Berief sich eine Person auf sie und behauptete die Erfüllung derselben in sich, welche dennoch_nur · allgemeine Vernunftwahrheit lehren wollte und selbst nur allgemeine Vernunftüberzeugung besaß: so war dies entweder

*) Matth. 5, 17. 8, 10-12 Joh. 10, 16 sind Beweise für die Nichtanbequemung Jesu an Irrthümer. Joh. 4, 10. 22. Matth. 16, 13-17. Joh. 5, 27. Matth. 26, 64. Luk. 24, 44-47 Beweise für den Ernst, mit dem Jesus seine Messianität bezeugte.

Schwärmerei, die das Abstraktmenschliche zu etwas persönlich Göttlichem steigerte, oder Betrug, der das mit Unrecht für göttlich Gehaltene, ohne selbst daran zu glauben, benußte, und beides will doch der Razionalismus selbst nicht in Jesus annehmen. Es bleibt also nichts. Anderes übrig als zu sagen: Das eigenthümliche Bewußtsein Jesu von sich selbst, wie es aus seinem besonderen persönlichen Wesen hervorging, machte ihn der Uebereinstimmung seiner Persön lichkeit mit dem Inhalte der profetischen Schriften völlig gewiß.

Es giebt noch einen anderen Grund zur Widerlegung der Behauptung, daß der Inhalt der Worte Christi nur in allgemeinen abstrakten Vernunftwahrheiten bestehe, aber er ist von der Art, daß er nur gegen denjenigen Razionalismus, der gleichsam seiner selbst schon überdrüssig ist, indem er einen Sinn für das innere Geschichtsleben der Kirche bei sich zuläßt, geltend gemacht werden kann, jedenfalls aber mit dem bisher entwickelten verbunden werden darf. Alle allgemeine Vernunftwahrheit zicht mehr und mehr von der Person ab, die sie zuerst in einer bestimmten Form vorgetragen hat. Sei es, daß sie sich als philosophische Wissenschaft in die Formen des wissenschaftlichen Verstandes begebe (das Schicksal der Lehre des Sokrates), sei es daß sie sich als volksthümliche Lebensweisheit zum Gemeingute der Menge mache: unvermeidlich pflanzt sie sich so fort, daß das Bild dessen, der sie zuerst vorgetragen, unter den Anhängern solcher Lehre mehr und mehr erbleicht, und die Liebe zu seiner Person entweder ganz aufhört oder etwas von der Bewahrung der Lehre Unabhängiges wird, was eigentlich nur durch wissenschaftliches Geschichtsstudium zu vermitteln ist. Nicht so ist es mit den Worten Jesu. Indem sie auf ihn, als den Inhaber und Mittheiler des wahrhaftigen Lebens, logisch hinweisen, haben sie auch eine zu ihm hinziehende und bei ihm festhaltende Kraft. Der Geist, den diese Worte dem zuführen, der sie in sich aufnimmt, ist kein blos

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die denkende Vernunft anregender, sondern ein demjenigen Mittelpunkte des menschlichen Wesens, wo Denken mit Wollen und Fühlen Eins ist, sich mittheilender. Dadurch bewährt sich nur um so mehr ihr Inhalt von der Person Jesu, und nicht nur bei Personen von weicher Empfindsamkeit, sondern ebenso bei Personen von ausgebildeter · Denkkraft und verhältnißmäßiger Kaltblütigkeit. Unzählige von beiderlei Anlage versichern, vermittelst der Worte Jesu, ähnlich wie Petrus, an ihn gebunden und von seiner Macht erfahrungsmäßig überzeugt zu sein. Dies ist eine Thatsache, die durch die ganze Geschichte der Kirche bewiesen wird, und diese widerlegt in ihrer Weise den zweiten Sah des Razionalismus, indem sie dafür zeugt, daß der Ursprung wie der Inhalt der Worte Jesu nur aus dem ihm allein eignenden ursprünglichen und wesentlichen Einssein mit Gott erklår. bar sei.

3. Daß die Auferstehung Jesu eben so wenig, als die Wunderwerke, die Christus selbst verrichtet, die eigenthüm liche Göttlichkeit der Worte des Herrn beweisen könne, ist der Irrthum, zu welchem der Razionalismus sich in neuerer Zeit, besonders in seinem dritten Stadium, entwickelt hat, und, aus seinen irrigen Pråmissen heraus, entwickeln mußte. Daß er bei dieser Behauptung das Geschehensein der Auferstehung Jesu und seiner Wunderwerke nicht schlechthin leugnet, ist das ihn vom Naturalismus Unterscheidende, ohne Zweifel zum Nachtheil seiner Konsequenz in Vergleich mit dem Naturalismus, da die vermessene Behauptung von diesem, daß weder Auferstehung noch Wunder geschehen seien, viel besser zu der Behauptung einer bloß natürlichen Geistesthätigkeit Christi paßt, als die Behauptung, daß beides geschehen sei, zu der Annahme einer blos abstrakte Vernunftwahrheiten enthaltenden Religionslehre. Daß der Razionalismus aber die Wunderwerke Jesu und die Auferstehung Jesu immer in eine Reihe stellt, daß er keinen Unterschied der lehten von den ersten annimmt, und den Vorrang der

Auferstehung vor den Wundern, in Bezug auf die Bestärkungskraft des Glaubens an die Worte Jesu von sich selbst, nicht sicht: das ist eigentlich heutzutage der innerste Selbstbetrug des Razionalismus, wodurch er aber auch für jede gesunde Prüfung der Geschichte und ihres Zusammenhangs mit dem Inhalte der Worte Jesu sich am meisten und entscheidend Eintrag thut *).·

Da der Razionalismus von dem falschen Vordersaße ausgeht, daß der Inhalt der christlichen Religion nichts als eine Lehre sei, die gerade ihren höchsten Werth darin habe, daß sie allgemeine Vernunftwahrheit sei: so folgert er aus der richtigen Bemerkung, daß Thatsachen für den allgemeinvernünftigen Inhalt einer Lehre nichts beweisen können und nichts zu beweisen brauchen, den Saß, daß auch die Wunder der evangelischen Geschichte, von welcher Art sie seien, für den Inhalt der Worte Jesu nichts beweisen. Ein falscher Schluß, wenn der Inhalt der Worte Jesu und somit der wesentliche Inhalt der ganzen christlichen Religion nicht eine Vernunftwahrheit, sondern eine Thatsache ist. Nun ist dieser Inhalt aber eine Thatsache, nämlich die, daß Jesus von Nazaret der Inhaber und Mittheiler des ewigen Lebens sei; also fällt der Schluß des Razionalismus zu Boden.

*) So Wegscheider institut. §. 46. 49, der allen Wundern ohne Unterschied nur eine Bedeutung für die multitudo incultior zuschreibt, ohne auch nur eine Ahnung davon zu haben, daß das Wunder der Auferstehung eine eigenthümliche und von den anderen Wundern verschiedene Beziehung zu dem Inhalte der christlichen Religion habe; weshalb er §. 121 auch nur für nöthig findet, von Jesus zu lehren: verum, quum adstantibus exspirasse visus Deo providente, tertio die in vitam rediit, et postquam ab iis secessit, nec unquam postea ab illis conspectus est; gleichsam als verlohne es sich nach §. 46 nicht mehr der Mühe, den Zusammenhang der Auferstehung mit der Auffahrt noch zu bestreiten; vgl. jedoch $131.

Dies gilt in einem höheren Grade und eigenthümlichen Sinne von der Auferstehung Jesu. Die Thatsache, daß Jesus der Inhaber und Mittheiler des ewigen Lebens sei, verträgt sich nämlich wohl damit, daß dieser Mittler getödtet worden ist durch die an seiner leiblichen Menschheit geübte, von ihm frei erduldete Gewalt, aber gar nicht damit, daß er im Tode geblieben, vom Tode überwunden worden sei, und nur in der nicht voll lebendigen Geistigkeit, welche die Trennung der geistigen Seele vom Leibe nothwendig hervorbringt, fortbestehe. Das ewige, voll persönliche, geistigleibliche Fortleben des Heilands ist also ein nothwendiges Komplement der Thatsache, daß er überhaupt da ist. Und die Thatsache, daß er auferstanden ist, nachdem er gestorben, ist das einzige Mittel, seinen Tod als nicht zerstörend für die Behauptung, daß er der Herr des Lebens sei, zu bewähren. Kommt aber dazu, wie in unserem Falle, daß das Zeugniß, daß Jesus sterben müsse zur Versöhnung der Welt, einen wesentlichen Bestandtheil der Behauptungen von seiner Person ausmacht: so ist die Bezeugung der Thatsache seiner Auferstehung ein durchaus nothwendiger Bestandtheil des Zeugnisses von ihm. Das ganze Dasein dieses Heilandes, und der darans hervorgehende wesentliche Begriff von ihm, ist also von vorn herein darauf angelegt, daß wahrer Tod und wahre Auferstehung bezeugt, als Gegenstand des Glaubens der Welt vorgehalten werden; wie denn die ganze Thatsache der apostolischen Verkündigung vom Anfange der Apostelgeschichte an bis zu dem letzten apostolischen Briefe dafür zeugt, daß auf die Predigt von der Auferstehung Jesu die ganze christliche Kirche gegründet ist, und die Apostel keinen anderen Glauben an Jesus forderten, als der seine Auferstehung in sich schloß. Deshalb ist es durchaus schief, daß der Razionalismus entweder, ohne die Auferstehung zu leugnen, ihre Bedeutung für das Christenthum in Abrede stellt, oder von einer Bedeutung einer solchen Auferstehung redet, die feine ist, nämlichh einer bloßen Wiederbelebung

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