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ihm zu widerstehen. Also was beweiset dies gegen die vorherrschende Macht der Sünde in jedem Nichtwiedergebornen? 3. Jesus bezeichne die Kinder als schuldlos und unverdorben (Matth. 19, 13. Marc. 10, 13. Luk. 18, 15). Der Herr bezeichnet die Kinder als solche, deren unbefangene, anspruchlose Empfänglichkeit für das, was von Anderen an sie kommt, den Erwachsenen als Vorbild dienen solle, auf ihre Weise mit einem solchen Sinne das Reich Gottes zu empfangen: τοιούτων ἐστὶν ἡ βασιλεία τοῦ Θεοῦ. Τα num die natürlich liebenswürdige Empfänglichkeit der Kinder mit dem kindlichen Alter vergeht, und nach dieser Zeit erst durch das Bewußtsein des Gesetzes die åμagria in ihnen auflebt (vgl. Röm. 7, 9): so kann dieser Ausspruch Jesu niemanden davon freisprechen wollen, die Sünde in sich anzuerkennen, als eine Macht, die auch in den Tagen seiner Kindheit schon dagewesen sein muß, obwohl sie wie todt war.

3. Der Razionalismus, in dem Gefühle, daß seine Behandlung der Schriftstellen, auf die es hier ankommt, ungenügend sei, um das Nichtangeborensein eines sündigen Hanges darzuthun, zieht sich endlich darauf zurück, zu behaupten, das Vorherrschen der Sinnlichkeit im Menschen sei freilich angeboren, aber gar nicht Sünde, es sei vielmehr die weise Anordnung des Schöpfers, um durch den auf diese Weise erregten Kampf die Menschen zur Tugend zu erziehen *).

Daß dies der Weg sei, zur Tugend emporzusteigen, kann man vorläufig zugeben, wenn nur der allgemeine Begriff der Tugend nicht so beschaffen wäre, daß er die ganze Frage gar nicht trifft. Die Lugend kann sein, wo sinnliche Bes

Wegscheiter S. 118. Verum tamen haec generis humani conditio (imbecillitas quaedam honestae - voluntatis et ad peccandum proclivitas, qua oppugnanda et vincenda homo sensim ad veram virtutem propius accedere et debet et potest) divinae providentiae sanctitati minime repugnat Vgl. oben von den cupiditates.

gierden streiten, aber die Lugend kann auch sein, wo die Liebe Gottes und der Brüder im Sinne des Neuen Testa ments nicht ist. Da nun der Zustand des Gemüths, in welchem man weder Lust noch Kraft zur Liebe Gottes und der Brüder hat, nach dem Worte Christi und der Apostel derjenige Zustand ist, in welchem man noch unter der Sünde und in der Trennung von Gott ist: so will die Möglichkeit der Tugend bei dem Dasein der Begierden nicht sonderlich für die Anordnung derselben von Seiten des Schöpfers, der die Liebe zu sich will, sprechen.

Die Hauptsache ist aber das, daß der Razionalismus nur durch eine relative Abwendung des Blicks von der Reinheit des menschlichen Seins und Lebens Christi urtheilen kann, daß das Vorherrschen sinnlicher Begierden nicht Sünde sei. Sünde muß Alles sein, was dem Alleinherrschen der Liebe Gottes und der Menschen, wie es in Christus geschen worden, wesentlich unähnlich ist. Diese Erkenntniß der Sünde erhalten wir gerade durch die gläubige Anschauung Christi und den durch sie in uns übergehenden Geist. Hies nach urtheilen wir, daß die ursprüngliche sündlose Beschaffenheit des ungefallenen Menschen keinesweges als ein Vorherrschen eines sinnlichen Triebes, sondern als ein Geordnetsein aller Triebe zu der vorherrschenden Fähigkeit, mit Gott in Gemeinschaft zu sein, betrachtet werden müsse *). Sobald diejenige Veränderung eintrat, nach welcher der niedere, lediglich zum Dienen bestimmte Trieb, heiße, er Selbsterhaltung oder Genuß oder Naturkraft, herrschend wurde: so war Sünde da, denn es war Losgerissenheit von der Gemeinschaft mit Gott, der in sich seligen Liebe, da. Sobald der sinnliche Trieb herrschte, so war auch der Wille in seis nen Diensten, der Wille war also wider Gott. Sobald der Trieb herrschte, so war der Verstand über die Unterordnung der Güter unter Gott getrübt, der Verstand also erkannte

*) Vgl. Naturalismus S. 78.

Gott nicht als das höchste Gut. Verstand und Wille in solchem Zustande lassen nicht Thaten zu, die der Liebe gemåß sind. Und der Gegensatz gegen die Liebe ist die Selbstsucht und die Sünde. Wenn dieser Zustand in dem Kindesleben einerseits durch die Entwickelung blos natürlicher Kräfte und andererseits durch die Abspiegelung ursprünglicher Unschuld, nach dem freundlichen Willen des Schöpfers, umhüllt ist: so ist er deshalb nicht weniger da, nicht weniger sichtbar von den ersten erkennbaren Willensregungen an, und die christliche Lebensansicht soll ihn weder leugnen noch willkührlich vergrößern oder abstrakt firiren, sondern ihn im Zusammenhange mit seinen ihm eigenthümlichen Früchten und gegenüber der göttlichen Heiligkeit und Liebe zu erken nen trachten. Der Razionalismus, sofern er dabei beharrt, die sinnliche und selbstische Begierde für das von Gott Gewollte und Geordnete zu erklären, kann nur entweder mit einer stoischen Ueberspannung eine tugendhafte Ausrottung des Natürlichen für den Beruf des Menschen halten (und hiebei würde denn das dem Christenthume wesentliche Dankgefühl für die göttlichen Naturordnungen keine Statt fin= den), oder er sinkt unvermeidlich zu einer laren Unterschei dung von großen und kleinen Sünden, von Sünden und Schwachheiten herab, nach welcher die lehten weder Buße noch Vergebung bedürfen *).

Die ganze Lehre des Razionalismus über die Sünde als Thatsache in der Menschheit hat die nothwendige Folge,

*) Jenes oft bei kantischen Theologen, dieses bei heutigen. Vgl. Bretschneider S. 133: Und diese Bemerkung müssen wir überhaupt beim biblischen Sprachgebrauche festhalten, daß ἁμαρτάνειν ὑπὸ ἁμαρτία night fowohl von fogenannten „Schwachheitssünden“ guter Menschen, d. h. von Gefühlen, Neigungen und Uebereilungen, welche die strengere Moral auch unter den Begriff der Sünde zu subsumiren pflegt, ge= sagt wird, sondern von den bewußten Uebertretungen des positiven, besonders des verbietenden Gescßes.“,

daß der Begriff eines wahren Mittlers und Erlösers fallen muß. Denn wenn die Sünde in jedem Menschen nur ein solches Vorherrschen der Sinnlichkeit ist, von welchem sich die eigene Kraft des Menschen in wachsender Lugend losmachen kann, so daß der Mensch dadurch gottgefällig wird: so kann von einem Mittler und Erlöser nur in einem uneigentlichen, mittelbaren und unwahren Sinne die Rede sein, welchen das Christenthum nicht kennt. Dies zeigt sich einleuchtend durch die Art, wie der Nazionalismus die Lehre von Christi Person und Amt auffaßt.

S. 4.

Der Razionalismus, durch Leugnung der Gott heit Christi und der Objektivität der Versöhnung, be raubt das Erlösungswerk seines religiösen, Karakters und verwandelt es in ein moralisches Vorbild.

Es ist polemischrichtig, diese zwiefache Bestreitung des Razionalismus zusammenzufafsen, da sie nicht nur gleichmåßig aus seinem Grundprinzipe fließt, sondern ihre beiden Säße auch einander so hervorrufen und unterstüßen, daß die Unhaltbarkeit des einen zugleich die des anderen beweiset. Denn sobald die Gottheit Christi geleugnet wird, ist es nicht möglich, die Objektivität der Versöhnung als einer That Gottes, der in Christus war (2 Kor. 5, 19), festzuhalten, und es war daher nur ein Mangel an Konsequenz im Arianismus, nicht auch die Versöhnungslehre zu bestreiten. Sobald aber die Versöhnungslehre als ein eigenthümlichgöttlicher Akt angegriffen, und nur als ein subjektivmenschlicher Erfolg, durch mittelbare Wirkung Gottes, stehen gelassen wird so liegt darin der Grund, die Person, welche die Versöhnung vollbracht hat, auch nur von ihrer vernünftigfitttlichen Seite zu betrachten, wie der Socinianismus, der wohl eigentlich von einem Widerwillen gegen die Versöh

nungslehre ausging, an den Tag legt. Der neuere Razionalismus stellt nur deshalb die Bestreitung dieser beiden Lehren nicht in die Mitte seines Systems, weil er durch die Leugnung des eigentlichen Wortes Gottes schon die wichtigs sten Gründe für die Gottheit Christi und die Versöhnung entkräftet zu haben glaubt. Die Bestreitung beider liegt

aber wesentlich in seinen Grundsäßen, und aus ihr ergiebt sich denn als eine nothwendige Folge die Leugnung der schriftmäßigen Dreieinigkeitslehre. Sobald die Gründe widerlegt sind, worauf diese Leugnung gebaut ist, bedarf es keiner besonderen Vertheidigung dieser, besonders unter Hinzunahme dessen, was über diesen Gegenstand, soweit er poIemisch ist, im Abschnitte vom Naturalismus gesagt worden ist. Es wird also hier nur von dem Verfahren des Razionalismus in Leugnung jener beiden oben angedeuteten Lehren gehandelt werden.

1. Der Begriff des Razionalismns von der Vernunft, wie sie in abstrakter Allgemeinheit in dem Subjekte ist, als Quelle der Religionslehre, hålt ihn ab, wie wir gesehen haben, das Redende in Jesus als das durch ihn wortmäßig sich Mittheilende, über der menschlichen Vernunft erhabne, Wesen Gottes anzuerkennen, und schon aus diesem Grunde unterdrückt er Sie natürliche Richtung des denkenden Geistes, das in Jesus als offenbarendes Wort Gottes Anzuerkennende auch in Bezug auf das Wesen seiner Person zur Lehre zu gestalten. Denn nicht aus einer schon entwickelten Lehre vom Wesen Jesu entsteht der Kirche der Glaube an das Wort Gottes in ihm, die Offenbarung durch ihn, sondern umgekehrt aus der Anerkennung des schlechthin göttlichen Offenbarungswortes in Jesus entsteht der Kirche die Lehre von seinem göttlichen Wesen oder von ihm als dem wesentlichen Worte. Da nun der tiefere Grund, der in dem ganzen Verfahren des Nazionalismus mehr oder minder bewußt wirkt, die Abwehrung einer schlechthin göttlichen Thatsache zur Begründung der Religion in der Menschheit ist: so entsteht

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