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auch hieraus die Abneigung gegen die Annahme eines wahren Gekommenseins Gottes in die Welt. Aus beiden Gründen erscheinen ihm die Aussprüche der Schrift über die Gottheit Christi theils an sich nicht wichtig, theils nicht das sagend, was sie sagen. Da nun, in der neueren Entwickelung des Razionalismus, die fehlerhafte Richtung hinzukommt, historische Zeugnisse im Lichte zweifelhafter allgemeiner Säße zu sehen: so ergeben sich folgende drei Hauptgründe des Razionalismns gegen die Gottheit Christi: a. Die Annahme der Gottheit Christi sei an sich unvernünftig. b. Es gebe keine Schriftgründe dafür. c. Die Entstehung dieser Vorstellung beruhe auf historisch-falschen Voraussetzungen.

a. Die Behauptung, der Begriff der Gottheit Christi widerspreche der Vernunft, tritt am deutlichsten bei den Socinianern hervor, sie zieht sich aber durch den ganzen neues ren Razionalismus, den ästhetisch- idealen nicht minder als dem empirisch - verständigen, hindurch *). Aber hier verhält

*) Cat. Racov. Sect. 4. qu. 4. Ostorodt Unterrichtung von den vor. nehmsten Hauptpunkten der christlichen Religion. Rakau 1625. C. VI.,,Sintemal wir nicht sagen, daß es unser Verstand nicht begreifen könne, wie das zugehe, daß in Gottes Sohne sollten mehr denn eine Natur sein (gleich darauf „denn wir bekennen gern, daß ein Christenmensch viele Dinge schuldig ist zu glauben, die er mit seinem Verstande nicht begreifen kann"): sondern wir sagen, daß uns unser Verstand über, zeuget, und das so hell und klar, wie die Sonne im Mittag scheint, daß es unmöglich sei, und derhalben falsch, daß zwo Naturen in Christo sollen befunden werden." Wegscheider §. 128 practerea repugnat (doctrina de Iesu 9dɛavdownw) sanae rationis legibus. De Wette Rel. und Theol. S. 251: ,,Das Dogma von der Gottheit Christi sind wir weit entfernt umstoßen zu wollen, ob wir es gleich für einen widerspre. chenden Begriff halten, die Gottheit mit der Menschheit in einem Individuum vereinigt? zu denken, weil dadurch die Gottheit zu einem Endlichen herabgewürdigt und eigentlich nicht mehr als solche gedacht wird. Es soll diese Lehre aber

es sich ganz ähnlich wie bei der Lehre von der Erbsünde. Der Begriff des Razionalismus von der Vernunft bildet cine vollständige petitio principii in Ansehung des Sahes, die Lehre von der Gottheit Christi widerspreche der Vernunft. Ja, wenn die Vernunft ein solches Vermögen wåre, als wofür der Razionalismus sie ausgiebt, nämlich welche in ihrer abstrakten, subjektiv idealen Trennung von dem Sein der Thatsachen, einen vollen Begriff von Gott geben könnte, und wenn der Begriff von Gott, wonach Gott sich nicht mit der menschlichen Natur einigen kann, ein voller und lebendiger wäre, da er doch nur ein abstrakter und negativer ist: dann håtte der Razionalismus Recht zu sprechen, wie er spricht. Und wenn der Begriff von der Menschheit, nach welcher die menschliche Natur nicht mit der Gotts heit persönlich vereinigt werden könnte, ein gegründeter wåre, und sich anders als ganz willkührlich aus der allgemeinen Idee der Menschheit ableiten ließe: dann könnte man von Widerspruch mit der Vernunft sprechen. Nun aber

Chris

auch kein Begriff, sondern eine ästhetische Idee sein.
stus gelte uns als göttlicher Gesandter, als Gottmensch, als
Ebenbild Gottes, man sei nicht zu karg in seiner Verherr-
lichung, und wäge die Ausdrücke nicht zu ängstlich ab; aber
nie vergesse man, daß dabei nicht von Verstandeswahrheit,
sondern allein von religiöser Schönheit die Rede ist.“ Nir
gend zeigt sich die in der de Wettischen Theologie liegende
Unterscheidung karakteristischer: Eine Lehre ist kein Begriff,
sondern eine bloße Idee; das Dogma von der Gottheit Christi
soll nicht umgestoßen werden, aber es ist nur religiöse Schön-
heit. Und doch latitirt in dieser durchaus unhaltbaren Ge-
dankenverbindung noch die Wahrheit: die göttlichen Dinge
offenbaren sich als solche nicht dem empirisch bedingten Ver-
stande, sondern einem inneren Sinne, der eine gewisse Ana-
logie hat mit dem ästhetischen Anschauungsvermögen. Aber
wie folgt daraus, daß die Lehren von den göttlichen Dingen
selbst ästhetische Ideen seien, oder daß in ihnen der Verstand
und Begriff nichts sei?

ist dieser Begriff des Razionalismus von der Vernunft, von ihrer aus sich selbst religiöse Begriffe bildenden Kraft, von ihrem Wissen um die Unvereinbarkeit Gottes und der menschlichen Natur selbst falsch: also fällt auch jeder darauf gebaute Einwurf. Vielmehr zeigt sich das nur religiós angeregte Wesen der Vernunft als die Idee Gottes zwar habend, aber in derjenigen Unbestimmtheit und Negativität, welche die Erkennbarkeit Gottes in einem thatsächlichen, erscheinenden Dasein zum Bedürfnisse macht. Während der Razionalist, besonders der åsthetisch-ideale, stets sagt: Ich habe an der Idee Gottes genug, sagt der durch den Geist Gottes in seinem Innern angeregte religiós - vernünftige Mensch: Ich habe nicht genug an der Idee Gottes, sondern ich möchte Gott lebendig, persönlich, thatsächlich erkennen, und werde dann schon dafür sorgen, daß dieses Erkennen sich mir vernünftig, d. h. im Zusammenhange aller meiner cingebors nen Gedanken ausbildet. Eben so verlangt die mit dem religiösen Leben des Herzens in Wechselwirkung getretene Vernunft eine solche Anschauung von der Menschheit, wie die nichtreligiöse und falschreligiöse Erfahrung sie nicht giebt, nämlich ein Stehen der menschlichen Natur in solcher persönlichen Einheit mit Gott, in welcher sich allererst alle weltvollendenden Anlagen der Menschheit realisiren und zum realen Bilde und vollkommenen Organe der Gottheit für das religiöse Leben der gesammten Menschheit aufschließen. Solche Vereinigung der Gottheit und Menschheit, die etwas Andes res ist, als die Idee von ihr, kann die Vernunft denkend ersehnen und wünschend denken. Aber sie kann sie nicht erkennen, weil sie sie nicht hat. Sie kann sie nur von der thatsächlichen Offenbarung Gottes erwarten. Wird ihr nun die Thatsache des über alles natürlich Menschliche hinausgehenden lebendigen Wortes Jesu in seiner redenden und handelnden Wirksamkeit kund: so erkennt die Vernunft selbst in dem Maaße als das Herz dem Worte Gottes glaubt, hierin die Realisirung ihrer Idee. Um aber einen bestimmten

Begriff von der wunderbaren, göttlichen Person des Worke des Lebens redenden Jesus zu bilden, faßt sie seine Aussprüche von sich selbst und die seiner Apostel in's Auge. Und auf diesem Wege geschieht es, daß die Vernunft selbst, sofern sie zur Anerkennung des Wortes Gottes in Christus gebracht ist, im Bunde mit dem gläubigen Herzen und dem sondernden Verstande, die Beweisstellen für die Gottheit Christi mit unbestochenem Blicke anerkennt.

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b. Unter den Stellen, welche die Person Christi bez treffen, ist eine nicht geringe Anzahl solcher, von welchen der Razionalismus behauptet, daß sie offenbar gegen die Lehre sprechen, Christus sei seinem persönlichen Wesen nach eben so gewiß Gott als Mensch, da in denselben der Vater der einige Gott genannt, und doch Christus vom Vater unterschieden werde, wie Joh. 17, 3. Eph. 4, 5, 6. 1 Kor. 8, 6. da Christus den Vater größer nenne als sich Joh. 14, 28; er nenne den Vater seinen Gott Joh. 20, 17; und Paulus sage sogar, daß der Sohn dem Vater werde unterthan sein 1 Kor. 15,28. Ja selbst die Benennung Sohn Gottes, welche Jesus sich beilege, beweise, daß er von Gott verschieden sei *). Allein alle diese Stellen beweisen blos, daß der Sohn Gottes von Gott dem Vater verschieden sei, aber sie beweis sen nicht, daß der Sohn nicht Gott sei. Denn sobald die Vereinigung der Gottheit und Menschheit in der Person Jesu vorhanden war: so gehörte es mit zu dem ganzen Zwecke dieser Chatoffenbarung, daß in ihm die menschliche Natur in ihrer Beziehung zu dem göttlichen Wesen vors zugsweise sichtbar, und alle ursprünglichen und reinen Beziehungen der Menschheit zu Gott in dem Mittler geoffenbart wurden. Darum war es nothwendig, daß der Person Jesu Gott als Vater, oder Gott in seiner nicht

*) Vgl. über die Art, wie die Socinianer diese Stellen behan. deln, Baumgarten Untersuchung theolog. Streit. B. 1. S. 237-265,

Mensch gewordenen, nicht Mensch werden könnenden abso luten Unterschiedenheit von der Welt und ewigen Ursächlichkeit für alles geistige Leben, gegenübergestellt wurde, womit aber gar nicht im Widerspruche stehet, daß Gott seinem aus ihm hervorgehenden ewigen Logos nach in Christus war. Im Allgemeinen genügt also die Antwort auf diesen Einwurf völlig, daß in jenen Stellen vorzugsweise von der Menschheit Christi die Rede sei, an welcher der Herr selbst und die Apostel nach ihm vorzugsweise das Einzige seiner Person und seines Werkes klar machen mußten und wollten.

Der zweite Angriff des Razionalismus gründet sich darauf, daß Christus sich niemals ausdrücklich Gott genannt habe, und daß die für seine Gottheit angeführten Stellen unbeweisend seien. Der erste Sah, in einem gewissen Sinne gefaßt, kann dem Razionalismus nichts helfen, und der zweite Satz ist falsch. Nämlich der Sohn Gottes mußte vermeiden, in einem absoluten, mißverständlichen Sinne sich für Gott zu erklären, da die Vorstellung eines Menschgewordenseins des Vaters, Gottes in seiner absoluten Unterschiedenheit von der Welt, wie die Juden besonders seit dem Eril waren angeleitet worden Gott vorzugsweise aufzufass sen, sich daran geknüpft haben würde, und diese Vorstellung wåre falsch gewesen. Er nannte sich aber so ausdrücklich des Wesens der Gottheit theilhaftig, daß diese Behauptung der Gottgleichheit es war, welche ihm den scheinbar rechtgläubigen Haß der Juden und den Lod zuzog (Joh. 5, 17, 18; 10,33) *). Hichin gehören die Stellen Joh. 3, 13. 6,62.

17, 5. 10., Matth. 11, 27,

8, 56-58. 10, 29, 30. 14, 10. in welchen Christus sich ein Sein im Himmel vor seinem

*) Vgl. wie in dem Zusammenhange der darauf folgenden Antwort Jesu v. 34-38 das „,den der Vater geheiligt und in die Welt gesandt“ und das „, Sohn Gottes" nothwendig etwas Einziges anzeigen muß, und gleich sein dem der Vater in mir und ich im Vater“ v. 38.

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