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römische und die protestantische Kirche bekennen, aufstellt, sind vorzüglich diese drei: a. Es sei wider den Begriff der heiligen Liebe Gottes, daß er zur Begnadigung der Menschen den Tod des Gerechten für nothwendig erachtet habe. b. Die Aussprüche des N. L. über diesen Gegenstand seien als nichts beweisende Akkommodazionen an den israelitischen Opferkultus anzusehen. c. Die Lehre von der durch Jesus vollbrachten Versöhnung sei für die Sittlichkeit verderb lich *. Mit der Widerlegung dieser Säße haben wir uns nun zu beschäftigen.

a.

Die Behauptung, es sei unwürdig von Gott ges dacht, anzunehmen, daß er, zur Aufhebung der Sündenfolgen und zur Begnadigung der sündigen Menschen, den Lod Jesu als nothwendig erachtet habe, steht schon in einem ganz eigenen Widerspruche mit der Thatsache, daß dieser Tod Jesu wirklich geschehen ist, und zwar unter denselben Umstånden der unverdientesten Leiden, und, nach der Voraussetzung des noch nicht offen in den Naturalismus überge gangenen Razionalismus, als der Tod eines völlig Gerechten. Die Frage zwischen dem Razionalismus und den Vertheidigern der objektiven Versöhnung ist also nicht die, ob Gott das Außerordentliche, von der einen Seite immer Unbegreifliche, Erstaunenswürdige, den einzigen Gerechten in den Kreuzestod dahin zu geben, gethan habe, darin_stimmt der Razionalismus ganz mit uns überein, sondern zu welchem Zwecke er es gethan habe. Wir sagen (wie sich unten zeigen wird, der Schrift gemäß): er that dies zu dem Zwecke der höchsten und gerechtesten Liebe, Sündenvergebung und dadurch bedingte Entsündigung, d. h. Versöhnung der Menschen mit ihm. Und schon daraus darf man schließen : Wäre dieser Zweck durch ein anderes, weniger außerordentliches und schmerzliches, mehr begreifliches und leichteres Mittel erreichbar gewesen: so würde Gott dieses

*) Wegscheider §. 141. 142.

Mittel beschlossen haben. Der Razionalismus nun glaubt dieses leichtere Mittel zu kennen: es ist Reue und Selbstbesserung, welche zur Versöhnung völlig hinreichen sollen. Welchen Zweck kann er nun angeben, warum Gott den Tod Christi in seiner alle Begebenheiten und Handlungen verknüpfenden Weisheit und Liebe habe geschehen laffen? Auf jeden Fall nur einen Zweck, ohne dessen Erreichung die Versöhnung auch Statt fånde. Ist es nun würdiger und zusammenhängender von Gott gedacht zu sagen: das Außerordentliche, was Gott gethan und zugelassen hat, hat er um des höchsten, heiligsten Zwecks willen gethan, oder: er hat es gethan und zugelassen um eines Nebenzwecks willen, welcher mit der Errettung und Begnadigung der Sünder keine wesentliche Verbindung hat? Die Frage kann nur diejenigen Razionalisten nicht in Verlegenheit feßen, welche den Begriff der Sündlosigkeit Jesu schon so gut wie aufgegeben haben: also ein nachträglicher Beweis, daß der Razionalismus diesen Begriff nicht halten kann.

Nehmen wir dazu, daß der Lauf der menschlichen Dinge, wie er unter der Vorsehung Gottes steht, unzählige Beispiele aufstellt, daß wo ein Leiden, oft ein großes, eines relativ Unschuldigen, eines wenigstens an derjenigen Sache, durch die ein Leiden hervorgerufen worden ist, Unschuldigen, von Gott zu dem Zwecke und Erfolge zugelassen wird, daß das Leiden der Schuldigeren aufgehoben oder gemindert werde (man denke an die Aufopferung der Jugend eines Volks in einem Kriege, dessen Nothwendigkeit vorzüglich von der sittlichen Erschlaffung der älteren Glieder des Volks herrührt): so wird man wenigstens nicht sagen können, daß die vernünftige Betrachtung der menschlichen Dinge ohne alle Analogie sei für das, was die Schrift von Christus Aufopferung lehrt *).

*) Vgl. Joseph Butler the analogy of religion natural and revealed to the constitution and course of nature. 4 ed. Lon

Aber diese Bemerkungen sind nur vorläufig und an sich noch nicht hinreichend, die Einwürfe desjenigen Razionalismus, der die Sündlosigkeit Christi festhält, zu widerlegen, weil von dem Standpunkte der Behauptung dieser und der Leugnung der Gottheit Christi, also dem socinianischen, immer gesagt werden kann: „Zur Begnadigung nothwendig konnte der Tod Christi nicht sein, denn dies würde vorausseßen, - daß Gott nicht in seinem Wesen Liebe wäre, und erst durch Christus gleichsam bewogen worden, gnådig zu sein, daß er, der doch am Verzeihen seine Freude hat, gleichsam ebensoviel Freude habe an dem Leiden, und noch dazu am Leiden und blutigen Lode des Gerechten. Und in diesem Falle würden wir ja Christus mehr verdanken als Gott, denn jener starb für uns, dieser aber wollte uns nicht verzeihen ohne ein Opfer, welches dem strengen Rechte gebracht wurde. Wie wenig gütig von der einen Seite, wie ungerecht von der anderen! Darum sei uns der Tod Christi kein Opfer, er sei uns Bestätigung der Wahrheit seiner Lehre, wenigs

don 1750. p. 307. „And there is one objection made against the satisfaction of Christ, which looks to be of this positive kind (i, e to assert, that a doctrine is in itself unreasonable): that the doctrine of his being appointed to suffer for the sins of the world, represents God as being indifferent, whether he punished the innocent or the guilty. Now from the foregoing observations we may see the extreme slightness of all such objections; and (though it is most certain all who make them do not see the consequence) that they conclude altogether as much against Gods whole original constitution of nature and the whole daily course of divine providence in the government of the world, i. e. against the whole scheme of theism and the whole notion of religion; as against Christianity. When, in the daily course of natural providence, it is appointed that innocent people should suffer for the faults of the guilty, this is liable to the very same objection, as the instance we are now considering."

stens seiner Ueberzeugung von ihr, und so kann er uns Beispiel sein, unserer Ueberzeugung treu zu sein.“

Zu der tiefen Verwirrung, die in diesen Urtheilen, in Bezug auf das Innerste des Christenthums, sich kund giebt, hat ohne Zweifel die von uns in dem Kapitel vom Orthodorismus gerugte Ueberspannung gewisser Vorstellungen mit Anlaß gegeben. Auch behält jener Gedankengang seine Richtigkeit, wenn man die beiden Lehren von dem Zusammenhange der Erbsünde mit der Thatsünde und von der Gottheit Christi verwirft. Mit der Festhaltung dieser ergiebt sich jene ganze Reihe von Urtheilen als nichtig. Dies geht aus Folgendem hervor.

Die heilige Liebe Gottes, des Lebendigen, der von Ewigkeit Gott, Logos und Geist ist, ist es gerade, welche die Versöhnung durch den Tod Christi will, weil sie die Aufhebung der Sünde will. Die Sünde als solche ist aber nicht ein Aggregat von Thatsünden, deren äußere Folgen durch Reue und Unterlassung vielleicht weggeräumt werden könnten, sondern die Sünde ist ein im Inneren des ganzen menschlichen Geschlechts Statt findender Bann, durch welchen, von innen nach außen und von außen wieder nach innen wirkend, dasselbe dem Zusammenhauge des Bösen und der. Lüge, wie er unter dem Satan steht, verhaftet ist. Dicser Bann ist eine innere und faktische Getrenntheit des Menschengeschlechts von Gott, weil unter demselben kein hinreichendes Vertrauen auf die seligmachende Liebe Gottes in den Gemüthern aufkommen kann, und Alles beherrschendes Mißtrauen jede Umkehr unmöglich macht. Aus dem sündigen Zustande des Geschlechts heraus kann also kein Einziger durch sich selbst so umkehren, daß er dadurch wirklich in die Gemeinschaft der Liebe Gottes kåme. Es findet überdies ein so gearteter Zusammenhang zwischen dem außerirdischen Bösen und der menschlichen Sünde Statt (1 Joh. 3, 8. 10. Kol. 1, 13), daß eine blos durch Macht bewirkte, sich an kein wiedererwachtes Vertrauen in der Menschheit anknü

pfende Herausrettung derselben aus der Sünde und ihren Leiden der Geisterwelt nothwendig als eine Willkühr, eine Parteilichkeit Gottes erscheinen müßte, und dieses würde in Widerspruch treten mit dem Rathschluffe Gottes, an der Menschheit der gesammten Engel- und Geisterwelt die Volls kommenheit, d. h. auch wesentlich die Gerechtigkeit, der Liebe Gottes kundzuthun (Eph. 3, 10, 11). Dieser Rathschluß der Erlösung geht daher auf ein in die Welt Kommen und Leis den des ewigen, menschgewordenen Sohnes, ein Leiden und Sterben, an welchem einerseits, bedingt durch den Weltzustand der aufgehäuften Sünde, sich die zusammengcdrångteste Macht beides des satanischen Bösen und der menschlichen Sünde gewissermaaßen erschöpfen muß, und an welchem andererseits, zunächst vor den Augen der Geisterwelt, der voll kommene, durchgeführte Gehorsam des Sohnes Gottes, und damit seine und des Vaters, d. i. Gottes, vollkommene, ges rechte Liebe klar wird. Dieses Klarwerden der gerechten Licbe des Vaters, welche, um die Menschheit zu erlösen, den Sohn nicht verschont, und des Sohnes, der die Menschheit bis zum Tode liebt, vor den Augen der Geisterwelt war nur durch eine Thatsache möglich, und nur durch diese, weil nur diese im Stande war, den Zweifel an der Gerechtigkeit der Liebe Gottes in seiner ganzen Grundlosigkeit darzustellen. Gerecht ist nun die Begnadigung, wenn der Herr, der Sohit, Gott selbst in ihm seiend, sich durch Uebernahme ihrer Strafleiden das Recht erwirbt, auf die Erstorbenen einen neuen Eindruck des Vertrauens, des reinen Schmerzes, der wiedererwachenden Liebe zu machen. Und auf die Wirklichkeit dieses Eindrucks bei den sündigen Menschen zu gleich mit dem Gerechterscheinen dieser Thatsache in der Geisterwelt kommt Alles an, denn auf diesem Zwiefachen beruht das wesentliche Moment der Versöhnung. Eben weil es die Thatsache des für die Menschen, zu ihrer sonst unmöglichen Erlösung, sterbenden Sohnes Gottes ist, bewirkt sie in der Geisterwelt gleichsam eine Entmuthigung, ein

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