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Begriff vom göttlichen Geistesleben im Menschen nicht nur nicht wörtlich in der Schrift enthalten sei, sondern auch daß der in der Schrift enthaltene nicmals, vermöge einer spekulativen Erfassung des wahren Schriftsinns, mit diesem gnostischen koinzidiren könne: so ist dieser von dem Standpunkte der Polemik aus gerichtet, welcher keine andere spekulative Begriffsbildung als theologisch anerkennt, als welche mit der h. Schrift übereinstimmt.

Welchen Begriff vom göttlichen Geistesleben im Menschen finden wir in der Schrift? Zunächst, und an allen Punkten, einen solchen, in dem die Rückweisung auf den historisch-persönlichen Christus, sein Werk, seine Versöhnung und seine Macht, das vornehmste Geschäft des in dem Innern der Gläubigen sprechenden Geistes Gottes ist. So sagt Christus, daß der Geist der Wahrheit ihn verklären werde, und zwar so, daß er von dem, was Christi ist, nehmen werde, wodurch der Gedanke abgeschnitten wird, daß Christus Alles, was er habe, nur durch die Wirkung des Geistes besize; daß dieser Geist das als Sünde aufdecken werde, daß man an ihn, Christus, nicht glaube; daß es sein Geschäft sein werde, die Jünger dessen, was Christus ihnen gesagt, zu erinnern, so daß die Worte Christi dadurch einen Vorrang vor dem erhalten, was der Geist, ohne diese Beziehung auf etwas Historischgeredetes, etwa in den Seelen der Menschen reden könnte *). Damit stimmt überein, daß die höchste Wirkung des Geistes in den Aposteln sie dazu brachte, die Auferstehung Jesu und die von ihr aus anzuerkennende Versöhnung und die Nothwendigkeit des Glaubens an seine Person zur Vergebung der Sünden als das eine Wichtigste für die Seelen zu verkündigen **). Dem gemäß sagt Paulus, daß der Geist der Heiligung Christus als Sohn Gottes erweise, und in der Art den Gläubigen

Joh. 16, 14. 9. 14, 26.

**) Das 2te und 3te Kapitel der Apostelgeschichte.

Zeugniß von ihrer göttlichen Kindschaft gebe, daß er sie vertrauend den Vater anrufen, daß er sie nichts Höheres wissen lasse als Jesus Christus in seinem Gekreuzigtsein, daß er sie ihr Wissen als Stückwerk erkennen, sie auf das Vollkommene erst hoffen lasse. Er sagt, daß die Frucht des Geistes Liebe, Freude, Friede, Geduld, und eben sowohl Gütigkeit und Gerechtigkeit als Wahrheit sei *). Petrus führt als das Erste im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist die Keuschheit an (1 Petr. 1, 22). Johannes sagt, daß das ein unwahres Geistesleben sei, in welchem nicht das im Fleische Erschienensein des Sohnes Gottes als das Höchste bekannt werde, daß das Glauben ein Annehmen des Zeugnisses Gottes sei, und daß die Liebe untereinander ein Beweis sei, daß Gott in uns sei, und daß er uns von seinem Geiste gegeben, und daß Erkennen des wahrhaftigen Gottes und Sein in ihm von einander unzertrennlich seien **). Fassen wir die gemeinsamen Merkmale des in diesen Stellen beschriebenen Geisteslebens zusammen, so erscheint es als ein Erkennen Gottes in Christus, ein Erkennen der Sünde im Lichte des Todes Christi, ein Gewißsein der Sündenvergebung vermittelst Christi Todes für uns, ein Erwecktsein zur Dankbarkeit und ein Gereinigtsein zur Bruder- und zur allgemeinen Menschenliebe, in welchem die spekulative Erkenntniß Gottes als solche noch gar nicht enthalten ist, und insofern sie sich, unter Bedingungen, daraus entwickelt, in keinem Falle die Vollendung desselben sein kann, so daß sie die Erkenntniß Christi in seinem historischen Versöhnungswerke, die Dankbarkeit gegen ihn und das Gefühl der Liebe nur als aufgehobne Momente enthielte. Denn zugegeben, daß die spekulativbegriffliche Erkenntniß sich des Begriffs von der Einheit Gottes und der Menschheit in Christus

*) Röm. 1, 4. 8, 15. 1 Kor 2, 2. 1 Kor. 13, 9, 10 Gal. 5, 22. Eph. 5, 9.

**) 1 Joh. 4, 3. 1 Joh. 5, 9, 10, 1 Joh 4, 12, 13. ↑ Joh. 5, 20.

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bemächtigen müsse: so ist es unmöglich, daß darin die anderen Momente des Geisteslebens aufgehoben oder so enthalten seien, daß sie nicht mehr in ihrer Weise existiren. Denn das spekulative Erkennen ist nur eine einem gewissen Theile der Kirche mögliche Form des Erkennens Gottes.. Das Erkennen Gottes als solches ist aber schon Geistesleben, nicht aber blos die besondere Form und Stufe des begrifflichen Erkennens. Und das Erkennen ist gerade insofern Geistesleben, als es mit der Liebe wesentlich Eins ist,, ist also wahrhaft in Allen, welche Gott lieben, also nicht blos in denen, welche ihn spekulativ erkennen. Ein eigenthümliches, göttlichgewirktes Entstehen der Liebe aus dem Erkennen und ein Zurückgehen des Erkennens in die Liebe, und zwar unter innerer gläubiger Festhaltung an der historischen Person Jesu als des Mittlers, ist Geistesleben nach der Schrift, und dieses erscheint nach der höchsten Intensitåt dieses ineinanderübergehenden Erkennens und Liebens im Individuum unabhängig von der Spekulazion, so daß nur eine stolze Hinwegseßung über die einfachen und schriftmåßigen Merkmale des Geisteslebens die Lehre erzeugen kann, das spekulative Wissen sei das höchste christliche Geistesleben. Dies geht auch daraus hervor, daß die höch sten Merkmale des Geisteslebens in der Kirche sich in Schrif ten und Thaten kund thun, in denen das Spekulative_theils gar nicht, theils selbst schon überwunden oder aufgehoben ist. Denn welche Fülle von Geistesleben kann z B. in Predigten sein, deren Urheber gar nicht spekulativ sind, wenn auch zugegeben werden muß, daß ihre Bildung in den Zeiten der entwickelteren Wissenschaft nicht ohne Mitwirkung der wahren christlichen Spekulazion sein kann. Vorzüglich welcher das Leben und die Wissenschaft gesund und geisteskråftig aufeinander beziehende Mensch weiß nicht, daß Werke des Geistes, in denen die strenge Wissenschaft, die Spekulazion schon überwunden ist, die in der Fülle der in der Liebe Christi durchgearbeiteten Momente wieder populár

Werth desselben verringert wird durch eine höhere Nazional- oder Weltkultur: eben so wenig darf es dem persönlichen Geiste Gottes abgesprochen werden, aus dem Empfindungs- und Gedankenleben der hebräischen Nazionalität einen wortmäßigen Ausdruck seines persönlichen Wesens bilden zu können. Und dies ist der Begriff des profetischen Geistesworts. Die Persönlichkeit der profetischen Schriftsteller wird nicht vernichtet, aber sie dient nur als mehr oder minder vollkommenes Organ für den Selbstausdruck des heiligen Geistes, dessen Persönlichkeit die erste und wesentliche Bedingung zur Auffassung des Unterschiedes zwischen der heiligen Schrift und der übrigen Literatur ist. Weshalb auch der Mangel des Begriffs von der Persönlichkeit des heiligen Geistes der gemeinsame Grund ist, aus welchem sowohl Schriftsteller, die den Razionalismus nicht ganz überwunden haben, als gnostische Schriftsteller das Schriftwort in irgend einem Maaße herabseßen; denn die Persönlichkeit, die der Gnostizismus etwa dem Geiste Gottes beizulegen scheint, ist nicht die wahre. Dies ergiebt sich gerade daraus, daß das Wort nicht in dem rechten Verhältnisse zum Geiste aufgefaßt wird, dem es doch der Gnostizismus wenigstens dem Namen nach beilegen kann, was der Razionalismus nicht kann. Denn es ist eine beschränkte, ja falsche Vorstellung von der Natur des Worts, daß es blos das Gedankenleben ausdrucken soll, immer also nur insofern Werth habe, als es dem Ausdrucke des Begriffs, als der höchsten Förm des Gedankens, sich nåhere. Vielmehr das Wort ist der Ausdruck des ganzen persönlichen Wesens, also auch der Liebe, die in seinem Inneren lebt, und die, ihrer Natur nach, niemals in dem Begriffe vollkommen aufgeht, also auch nicht durch die spekulativ-logische Seite des Worts sich vollkommen ausspricht. Wie nun das menschliche Wort, außer der logischgrammatischen Seite, noch eine Fülle von Kräften zum Ausdrucke des Inneren hat, welche es, von der Abbildlichkeit für die höchsten Anschauungen bis zu dem

durch den Ton vermittelten Ausdrucke der leisesten Schwingungen des Gefühls, zu einem natürlichen Wunder der Of fenbarung des ganzen inneren Menschen macht: eben so, nur in unendlich höherem Grade, vermag das durch wahre Wirkung des Geistes Gottes erzeugte Wort die Lebensfülle dieses Geistes auszusprechen. Und diese Lebensfülle ist wesentlich Liebe, wollende, wissende Liebe, weil das Wesen Gottes solche Liebe ist. Nicht deshalb ist sie, jene Lebensfülle, Liebe, weil sie Geist ist, sondern sie ist Geist, weil sie Liebe ist, d. h. das Geistsein, das schlechthin heilige, des Geistes Gottes, ist bedingt dadurch, daß er der Geist der vollkommenen Liebe ist. Also ist der Begriff der Liebe voller und höher als der des Geistes. Ist es nun gerade die Lebensfülle des Geistes in der Liebe, deren Offenbarung durch das den Profeten gegebne und in den Profeten erzeugte Wort sich ausdrucken muß: so wird dieses Wort nicht seinen Hauptwerth haben als Bezeichnung eines Moments des Denkens (diesen Prozeß kennt und befördert der Geist, aber der eigentliche Zweck seiner Selbstoffenbarung ist ein weit höherer), sondern als Ausdruck der Liebe. Die Liebe des Geistes muß aber vor Allem Liebe zum ewigen Worte oder zum Sohne sein, den der Geist Gottes als das Ebenbild Gottes, als den Tråger aller Dinge, und als dessen Geist er sich weiß. Nun liegt es im Wesen der alttestamentlichen Dekonomie (nicht der Weltentwickelung als Jdee), daß der heilige Geist vor der Menschwerdung des ewigen Wortes als liebend-wissend um ihn, ihn wahr und wirklich weissagend, und in beidem ihn mit göttlich-zarter Kunst des Wortes zeichnend erscheint. Er kann sich dabei der subjektiven Sehnsucht der Genossen des Offenbarungsvolks als Grundlage und Organs seiner Aussprüche bedienen, aber niemals werden diese Aussprüche aus dieser zu erklären sein, sondern sie aus ihnen, und immer werden sie in ihrer über der Volksentwickelung erhabenen göttlichen, in sich selbst vollkommenen Weisheit und Schönheit erkennbar

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