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ten der Freiheit, geordne: und befestigt ist. Hienach erscheint die Sünde zwar von Ewigkeit vorgeschen, aber keinesweges als ein nothwendiges Glied in der göttlichen Bestimmtheit der Welt; vielmehr erscheint die Bestimmtheit der Welt dadurch göttlich und heilig, daß sie so vollständig auf das Sichtbarwerden und Sichbestimmen der Freiheit angelegt ist, daß die hinzutretende Sünde selbst nichts Anderes vermag als, in die immer noch von Barmherzigkeit gehaltenen Arme der Naturmacht fallend, daz Resultat der Freiheit und der sich auf sie beziehenden Erlösung auf zwiefache Weise herauszustellen.

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Vierter Abschnitt.

Vom Separatis mus.

S. 1.

Der Separatismus besteht in der Richtung des Gemüths, sich von dem vollen Leben der Kirche, unter dem Scheine lebendigeren Glaubens, zu trennen.

Der Separatismus erzeugt sich aus den Erfahrungen, welche die Kirche unter dem Einflusse des Spiritualismus macht. Wenn die falsche Reinheit und Geistigkeit desselben sich als ein untergrabendes, aushöhlendes und erkältendes Prinzip erwiesen hat: so erneuert sich das Bewußtsein der Kirche von ihrer wesentlichen und guten Leiblichkeit, d. h. sie wird inne, daß das Geistesleben, welches die Kirche in Gemeinschaft mit Christus hat, stets in einer leiblichen Reas lität vorhanden sein müsse, welche, auf das Wort Christi und Gottes zurückgehend, in dem gesunden Gefühlsleben der Kirche sich zunächst zu erkennen giebt. Aber die Kirche wird dieses Bewußtseins während ihres Ganges durch die Zeit weder lange noch jemals vollkommen froh. Denn au eben dieses Bewußtsein ihrer Leiblichkeit knüpft sich nun eine andere Verirrung an, welche auf einer fehlerhaften und eins seitigen Auffassung der Leiblichkeit der Kirche beruht. Zu der wahren und christlichen Auffassung dieser gehört die lebendige Anerkennung, daß der Geist Christi die Kirche als

eine Einheit durchwaltet (Eph. 4, 4: Ein Leib und Ein Geist), und daß alles Natürlichleibliche nur dadurch kirchlich ist, daß der eine untheilbare Geist des Herrn die natürlichen Gebiete der Kirche auf eine geordnete Weise in der Liebe fest zusammen hålt. Hiezu gehört, daß das Schwache von dem Starken getragen wird, daß das Besondere sich in Bes zug auf das Ganze erkennt und fühlt, daß das Innerliche sich der Organe und Ordnungen bewußt wird, vermittelst deren es wieder zu einem Aeußeren wird, ohne seine Bedeutung für das innerliche, persönliche und Gemeinleben zu verz lieren. Wird nun dieser Zusammenhang aus Mangel an Liebe verkannt, verbindet sich das Bewußtsein der Leiblichkeit des Geisteslebens mit Selbstsucht, mit Hoffart und mit sinnlichem Eigensinn, welcher das Eigene nicht fahren lassen will, sondern es als ein unschäßbares Besonderes zum Nachtheil anderer Besonderheiten in der Kirche geltend machen will: so entwickelt sich der Separatismus im weitesten Sinne des Worts, der Irrthum, welcher ein Individuelles in dem Grade geltend zu machen strebt, daß dadurch eine Absondes rung von dem ganzen Leibe der Kirche hervorgebracht, und die wahre christliche und geistige Schönheit von diesem verkannt und verachtet wird. Dies geschieht immer unter dem Scheine eines lebendigeren Glaubens. Denn weil der Glaube, wie er vermittelst des liebenden, demuthsvollen Einsbleibens mit der Kirche gehegt werden muß, dem Separatisten als ein zu schwacher, bedeutungsloser erscheint, weil dieser nicht Demuth und Vertrauen genug hat, die Schwäche des Glaubens in vielen Gebieten und Gliedern der Kirche durch die geordnete, in's Ganze eingreifende Förderung des Geisteslebens aufzuheben: so meint er, die relative Lossagung von der Gemeinschaft der Kirche sei das einzige Mittel, den vollen Glauben in sich zu erhalten, und dadurch denn auch mittelbar einen neuen, reineren und belebteren Zustand der Kirche herbeizuführen. Der Grund des Separatismus ist Furcht, sich selbst im Ganzen der Kirche zu verlieren, also

Mißtrauen in die den Einzelnen in dem Ganzen und das Ganze in dem Einzelnen erhaltende Macht des Herrn, Mans gel an selbstsuchtloser Freude an dem Ganzen der Kirche, und stolzes und eigenwilliges Vertrauen auf die besonderen Rechte einer gewissen selbstisch-individuellen Auffassungsweise des Glaubens. Das Gute, welches mit dem Separatismus zusammenhängt, ist die lebendigere Wärme des Gefühls, das feftere Beharren bei der Zuversicht, daß das Leben der Kirche sich nicht zu richten habe nach den Ergebnissen der mensch lichen Wissenschaft als solcher, sondern nach den Aussprüchen des heiligen Geistes, und daß durch Abweichung von demjes nigen öffentlich Kirchlichen, was dem Geiste Christi wider, spricht, zuleßt der Zustand der gesammten Kirche gewinnen müffe. Allein dieses Gute ist unentwickelt und verunreinigt im Separatismus durch die überwiegende Macht der vorhin bezeichneten Irrthümer.

Geschichtlich tritt der Separatismus hervor, so oft falsche Geistigkeit der erkennenden Thätigkeit in der Kirche von der einen, und Mangel an organisirendem Sinne für das Gesammtleben der Kirche auf der anderen Seite ihn aus dem gleichsam bedrängten und ungeläuterten Innern der Kirche entstehen lassen. Denn indem die Kirche fühlt, daß ihr durch beide Arten des Spiritualismus der Glaube an Christus und das Geistesleben in seiner Gemeinschaft føll verkümmert werden, und doch nicht weitherzige Liebe, nicht organbildende Thätigkeit genug hat, um durch ein dchtes Gemeinschaftsleben die Nachtheile falscher Geistigkeit zu überwinden: verfållt sie in gewissen Gebieten und durch gewisse Individuen auf krankhaftes Innenleben, sektirische Trennung, und hochmüthige Eigenheit im religiösen Gebiete. So erzeugte sich der montanistische Separatismus im Gegens sage gegen gnostische Tendenzen, die in die Kirche eindrangen. Der Novatianismus ward durch eine gewisse Erschlaffung der Kirchenzucht hervorgerufen, und der Donatismus fand feine Nahrung in der zu politischen Gestalt der grö

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Beren kirchlichen Verhältnisse. Im vierten und fünften Jahrhunderte bildete das faule, sinnliche orientalische Mönchthum einen fehlerhaften Gegensaß gegen das dialektisch- rhetorische Element in den großen Lehrstreitigkeiten. Der scholastischen Kålte und der unwahren, äußerlichen Leiblichkeit der kirchlichen Verfassung im 12ten, 13ten und 14ten Jahrhunderte seßte sich eine große Anzahl von mystischen Sekten entgegen, welche, ungeachtet edler Keime und Reste des christlichen Sinnes, sämmtlich unfähig waren, eine gesunde åchtkatholische Leiblichkeit der Kirche hervorzubringen. Selbst eine gewisse Klasse von Mönchsorden, wiewohl großentheils gebilligt von der kirchlichen Autoritåt, beruhte auf dem separatistischen Bestreben, etwas Besonderes sein zu wollen ohne begründete Hoffnung, wieder in das Gemeinleben der Kirche wohlthätig zurückzugehen. Rachdem nun durch die Reformazion eine folche zwiefach sich darstellende Erneuerung des Gemeinlebens der Kirche zu Stande gekommen war, welche sich mehr oder minder an die Staatsgewalt anschloß, entstand zwar ein Trieb der kirchlichen Parteienbildung, welcher seinem Wesen nach nicht Separatismus war (wie man nur von einem falschen politisch - kirchlichen Standpunkte aus die englischen Dissenter, die Brüdergemeine und einige andere Parteien Separatisten nennen kann), allein der Separatismus selbst entwickelte sich doch in dem Maaße, als eine unfruchtbare Theologie und eine gewisse Beengung des geistig-gesellschaftlichen Lebens innig angeregten, aber unklaren Geistern und Gemüthern kaum ein anderes Mittel der religiösen Befries digung übrig ließ. Und dieser Sinn wird nur in demselben Maaße seine wuchernde Kraft verlieren, als eine nicht gnostische, schriftmåßig - lebenvolle Theologie und eine åchtkirchliche, aus dem Prinzipe der Kirche Christi selbst mit besonnener Selbstentfaltung hervorgehende, kirchliche Verfassung die gerechten Ansprüche der Kirchenglieder annähernd befriedigt. Der Separatismus trachtet auf krankhafte und unmögliche Weise die Kirche von der Welt zu scheiden, und

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