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Form alles menschlichen, also auch des religiösen Gemeinles bens sei *).

*) Dies scheint mir auf unserem Standpunkte schon hinreichend, die Behauptungen eines sehr religiösen und philosophischen Schriftstellers zurückzuweisen, Rothe in, den „Anfängen der christlichen Kirche und ihrer Verfassung. Wittenberg 1837." Erstes Buch das Verhältniß der Kirche zum Christenthum an sich betrachtet. S. 1-138. Nach ihm ist die Gemeinschaft der Heiligen etwas ganz Anderes als die christliche Kirche, etwas zwar Reales, aber rein Innerliches, was nie Kirche auch in äußerer Beziehung werden soll (S. 121). Das christliche Leben hat gar nicht die Bestimmung, sich in der Kirche zu realisiren, sondern im Staate, der die einzig wahre Form alles religiössittlichen Lebens und, da das Christenthum nur die höchste Entwickelung von diesem ist, auch des christlichen ist, namentlich der Lehre, des Kultus und der Disziplin. (S. 17. 30-45. 55. 61. und à. a. D.). Die Kirche ist nur eine provisorische Stiftung zum Zusammenhalten der religiös Belebten, bis der Staat zum Bewußtsein seiner religiösen Aufgabe erwacht, dann schlägt die Idee der christlichen Kirche in die des Staats um (S. 122). Die Kirche kann sich das her nur in solchem Kampfe mit dem Staate entwickeln, wels cher ein wirkliches Eingreifen in die Rechte des Staats ist, ja sie kann ohne ein solches gar nicht eristiren (S. 50). Diefer provisorische Nothbau, die Kirche, geht zurück in dem Maaße, als der christliche Staat hervortritt (S. 85), dieser Wendepunkt ist schon miteder Reformazion eingetreten (S. 86). Daher kann das Gefühl der vom Christenthum ergriffenen Gebildeten nie eine wirkliche, freudige Befriedigung in der Kirche finden, muß sich vielmehr dem christlichen Leben im Staate zuwenden (S. 86. 87). Der Zeitpunkt, wo die Kirche überflüssig sein würde, ist zwar jezt noch nicht gekommen (S. 86), aber die Erwartung, daß die Kirche dahin fallen, und an ihre Stelle der Staat treten werde, giebt allein ein hoffnungsreiches Verständniß (87), und von diesem Stand. punkte aus kann auch die Reformazion allein gerechtfertigt werden (88). - Dies wird hinreichen, um anschaulich zu

Der Cäsareopapismus begann bald nach der Anerken nung der christlichen Religion im römischen Reiche sich wirksam

machen, daß wohl von einem Schriftsteller dieser Gesinnung und Bildung nicht leicht eine tiefere Herabsetzung des Begriffs der Kirche unternommen worden ist, als hier, daß aber auch, wenn unsere obigen Säge von der Kirche richtig sind, wenn überhaupt von der christlichen Wahrheit als der nur in der Kirche lebendigen geredet werden darf, ja wenn -die Kirche nicht viel weniger göttlichen Ursprungs ist als der Staat, hier ein tiefer Frrthum aufgestellt ist, der, wie wes nig der Verfasser auch dergleichen im Auge gehabt haben kann, wenn nicht den verderblichsten Cäsareopapismus, so doch eine politisch hochmüthige Verachtung des kirchlichen Gemeinwesens zur Folge haben muß. Obgleich hier nicht der Ort sein kann, die neue zum Theil sehr geistvolle Fassung einer so tiefen Erniedrigung des Begriffs der Kirche, zugleich mit einer so unnatürlichen Erhebung des Begriffs des Staats, spezieller zu verfolgen: so gestatte ich mir doch folgende Bemerkungen, um auf die völlige Widerlegbarkeit des Gedankenganges des Verfassers hinzuweisen: 1. Der Verfasser faßt die Religion nur als Vollendung der Sittlichkeit in der Religiosität; aber die Religion ist sittliches Bewußtsein von der Thätigkeit Gottes in der Menschheit zur Einigung mit ihm selbst. Indem er nun die Religion nicht als solche faßt, entsteht ihm auch keine religiöse Gemeinschaft, deren eigenthümlicher Karakter gerade die Erhaltung und Fortbildung dieses Bewußtseins ist. 2. Der Verfasser behandelt den Begriff der Kirche als den der religiösen Gemeinschaft überhaupt, ohne den Begriff der christlichen Kirche nach der Schrift fest in's Auge zu fassen, welche als der Leib Christi, die Gemeinschaft der Gläubigen, das Haus Gottes, die Scheidung von historischer und idealer, äußerer und innerer, unsichtbarer und sichtbarer Kirche gar nicht zuläßt, so gewiß sie das in der Gemeinschaft des Geistes Christi einige Gesammtleben der Gläubigen ist. 3. Der Verfasser sagt viel Schönes über das Einswerden des natürlich Sittlichen im Staate und des religiös Christlichen in der Kirche, wenn beide in ihrer Vollendung stehen werden; er scheint aber zu übersehen, daß in dieser Vollendung

zu zeigen, indem das richtige Verhältniß der Kaiser zur Kirche schon vor der Zeit, in welcher sie eigentlich tyrannisch in kirchlichen Sachen verfuhren, mannichfaltig alterirt wurde. Das frühere germanische Mittelalter (wenn man von dem Verfalle der frånkischen Kirche bis auf Bonifacius abfieht) wurde zwar durch Karl den Großen im Wesentlichen auf eine würdige Weise repräsentirt. Später entwickelten sich aber, durch Simonie und verwandte Eingriffe, so viel cåsareopapistische Keime, daß ihnen wohl nur durch die Ausbildung des Papstthums ein, obwohl durchaus nicht reines, Gegengewicht gegeben werden konnte. Die Reformazion enthielt keinesweges den Cåsareopapismus in ihrer Wurzel, allein sie trug nicht das in sich, was für die ersten Jahrhunderte, und unter bedenklicheren Umständen, ihn ganz zu besiegen fähig gewesen wäre, obwohl die reformirte Kirchenbildung ihm, ihrem Wesen nach, einen stårkeren Damm entgegensette, als die lutherische. Heinrich's des Achten tyrannisches Verfahren war so persönlich, und fällt so wenig der Reformazion zur Last (wie römisch-katholische Schriftsteller immer von neuem behaupten), daß vielmehr sogleich nach dem Tode

die Kirche so gewiß bleiben wird, als sie der dann ganz ver: klärte Leib Christi ist, und der Staat so gewiß wird untergegangen sein, als er seine Beziehung auf die irdisch'- zeitlich gesonderte Nazionalität hat. Denn die von ihm angedeutete Idee eines Staats, der alle Staaten und Völker der Erde umfaßt, ist doch nicht mehr die Idee eines menschlichen Staats, kommt also seinem Grundgedanken nicht zu Gute.

In der That, die großartige Sicherheit, mit der beis der protestantischen Kirchen Bekenntnisse von der ecclesia Dei sprechen, ohne schon in den verwirrenden Streit über visibilis und invisibilis verflochten zu sein, zeugt nicht allein gegen die Ansichten des Verfassers, sondern das Bewußtsein der erleuchtetsten wie der schlichtesten Glieder gerade der wirklichen Kirche im wirklichen Verkehre des kirchlichen Lebens bis auf den heutigen Tag spricht mächtig dagegen.

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dieses Fürsten die wahre englische Reformazion unter einer bewundernswürdigen Zusammenstimmung des Königs und der Bischöfe begann. Durch Elisabet und die Stuarts treten spåter hier Anmaaßungen hervor, welche jedoch weniger einen cåsareopapistischen als einen bischöflich-hierarchischen Karakter an sich trugen, wie sie denn durch die eigenthümliche Aufgabe England's, mittelalterliche Formen mit dem protestantischen Bekenntnisse in Uebereinstimmung zu bringen, hervorgerufen, seit der Tolerazionsakte von 1689 aber auf eine im Ganzen befriedigende Weise ausgeglichen wurden. Eine gewisse Neigung der deutschen protestantischen Fürsten zum `Casareopapismus war bis zum Ende des 17ten Jahrhunderts so mit Orthodorie und Orthodorismus vermischt, und durch die Achtung vor theologischer Bildung und Beurtheis lung gedämpft, daß der Irrthum nicht selbstständig hers vortreten konnte. Mit dem Verfalle der Rechtgläubigkeit, mit der Zurückziehung des tieferen religiösen Lebens in die Spenerisch Hallischen Privatvereine, und mit dem Aufkommen einer falschen Popularisirung der Theologie entwickelte sich dann seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, unter dem Scheine der Humanität, eine höchst verwerfliche Politisirung des Kirchenwesens, welche zwar nie durchgängig war, und nirgend bis zur Zerstörung der Rechte der protestantischen Kirche ging, aber doch erst in neuerer Zeit und allmålig einer edleren und christlicheren Auffassung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat zu weichen anfångt. Wobei es denn nun darauf ankommen wird, bis zu welchem Grade die vorhin erwähnte spekulative Ueberspannung des Begriffs vom Staate die reine Entfaltung jenes im hōchsten Maaße bedeutenden, für die ganze religiöse Bildung der Zeit fast entscheidenden Verhältnisses gestatten wird.

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S. 2.

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Der Cäsareopapismus erdrückt das presbyterialische Element in der Kirche und hemmt die Entwikkelung der Kirchenverfassung.

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Die Entwickelung der Kirche zu einer Verfassung oder zu einer das Ganze umfassenden Ordnung des Verhältnisses der Einzelnen zum Ganzen, der Leitenden zu den Geleiteten und jener untereinander, kann deshalb nicht, wie Einige behauptet haben, schon an sich etwas Unmögliches oder Verkehrtes sein, weil auch das geistige Ganze, insofern es leibliche Organe sich aneignet, eine Form seiner inneren Thátigkeiten darstellen muß, die durch die fortschreitende Lebens digkeit des dasselbe belebenden Geistes nicht zerstört, sondern nur vervollkommnet werden kann. Ist die Kirchenverfassung etwas mit dem Wesen der Kirche Zusammenhängendes und Wirkliches: so kann sie auch nicht mit der §. 1. anerkann ten Beziehung der Kirche zum Staate schon gegeben sein, sondern eben weil sie eine Verfassung der Kirche ist, muß sie inneren kirchlichen Gesezen folgen, und es kommt nur darauf an, daß in ihrer, auf sehr verschiedene Weise möglichen, Entwickelung jenes richtige Verhältniß der Kirche zum Staate aufrecht erhalten werde. Lehrt nun die Auffassung des Wesens der Kirche sowohl als der Blick auf ihre Geschichte, daß die Entwickelung der Kirchenverfassung sich in zwei Hauptmomenten darstellt, in dem größerer Einheitspunkte in den Bischöfen und in dem synodalischer Berathungen der lebendigeren Organe des Geistes, der die Kirche regiert: `so geht schon daraus hervor, daß überall da Cåsareopapismus sei, wo der Einfluß des Staats auf die Kirche eines dieser beiden Momente an einer lebendigen Durchdringung mit dem anderen hindert. Da der Cäsareopapismus die kirchliche Entwickelung in ihrer Eigenthümlichkeit überhaupt nicht will, sondern sie negirt und in die

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