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beschädigt werden. Denn Unlauterkeit und Sünde sind zwar da ohne den Irrthum in kirchlich ausgebildeter Form, aber erst durch ihn erhalten sie die Kraft und den Muth, sich mit dem Scheine von Recht ganze Gebiete des kirchlichen Lebens vorzubehalten und zu unterwerfen. Als die Hauptwirkungen des Irrthums, unter denen sich unzählige Gestalten des Versderbens und der Unwahrheit verbergen, stellen sich folgende dar: 1. Verlust der Einfalt, der christlichen ånλótys (2 Kor. 11, 3), welche in der lauteren Beziehung aller Lebenskräfte auf den Mittelpunkt und Inbegriff der Wahrheit, Christus, besteht. Jeder Irrthun, und der kirchliche am meisten, weil seine Inhaber doch im Grunde Christus und die Wahrheit wollen, bringt einen Widerspruch, eine Doppeltheit hervor, und in der Deppeltheit ist Schwäche. Daher der den Irrthum schon halb in sich tragende Zweifler diyvzos heißt (Jacob. 1, 8.), daher der Treue, Rechtschaffene und Fromme 2, ganz, heißt, d. i. in lebendiger Völligkeit und Ganzheit am Herrn hangend. Die Einfalt kann bei der höchsten Ausbildung der Erkenntniß in der Kirche sein, und diese nur bei jener, denn die wahre Erkenntniß unterscheidet sich von falscher Weisheit durch das Ausgehen von dem Einen Grunde und das stete Zusammenhalten aller wissenschaftlichen und zuständlichen Gegensäße durch die Einfachheit des Glaubens an den im Fleische gekommenen Sohn Gottes. Da nun der Irrthum etwas der Wahrheit in Christus Widersprechendes geltend macht: so ist eine Zerreißung der verschiedenen Lebenskräfte der Kirche seine nothwendige Folge, und zwar eine solche, welche sich eben so sehr in der Kirche als einem Ganzen als in jedem Gliede derselben, das vom Irrthum beherrscht wird, zu erkennen giebt. 2. Dåmpfung der Liebe, des eigentlichen Bandes der Vollkommenheiten. Denn der Irrthum muß Streit hervorrufen, so gewiß der Geist der Wahrheit die Kirche im Ganzen nie verlassen kann. Nun ist es nicht nur unmöglich, daß der Jrrthum von denen, die ihn hegen, auf eine Weise vertheidigt

werden sollte, bei welcher sie sich nicht aus der Liebe gegen seine Bestreiter in gewissem Maaße herausverseßten (denn das Unwahre und Eigenwillige, was den Irrthum hegt, läßt auch die Liebe nicht rein bleiben); sondern es ist sogar undenkbar, daß die Vertheidiger der Wahrheit im Kampfe gegen den Irrthum nicht auch mannichfaltig an der Liebe beschädigt werden sollten. Denn da sie zu keinem Zeitpunkte ganz völlig in derselben sind: so ist die Gefahr da, daß der Haß des Irrthums als solcher, ihnen unbewußt, in einen parziellen oder momentanen Haß derer, die ihn hegen, und ihn gegen sie vertheidigen, übergehe, und so wird in ihnen selbst die Liebe beschädigt. Es ist dies zwar nicht als etwas schlechthin Nothwendiges anzusehen, im Allgemeinen vielmehr wird die Liebe der wahren Glieder der Kirche durch den Kampf nur wachsen, allein die Nothwendigkeit gerade dieses Kampfes wird in vielfacher Beziehung für sie zur Versuchung, von welcher vorauszusehen ist, daß sie theilweise unterliegen. 3. Die Einheit der Kirche wird durch die Häresie zerrissen, so weit dies möglich ist. Denn die innere Einheit der Kirche durch die Gemeinschaft des heiligen Geistes kann gar nicht aufgehoben werden (Eph. 4, 4. Ev ocμa xai ev пvεvμα). Aber die Einheit insofern sie auch Einigkeit durch das Band des Friedens sein soll (Eph. 4, 3), einiges, friedliches Zusammenhalten der Glieder der Kirche und der Gemeinen, auch äußerliches Zusammenwirken, wird nothwendig zerstört durch die Håresie. Denn da der gesundere Theil der Kirche sich unfehlbar gegen dieselbe auflehnt: so muß, wofern die Håresie nicht sogleich erstickt und aus besserer Ueberzeugung aufgegeben wird, eine Spaltung (ozioμa) entstehen, und hier ist der Punkt, wo sich uns das Verhältniß der kirchlichen Spaltung zum kirchlichen Irrthum in gehörigem Lichte darstellt. Die Spaltung ist einmal eine nothwendige Folge hartnäckig vertheidigten Irrthums, denn da es nicht möglich ist, daß die ganze Kirche in einen Grundirrthum verfalle: so ist der håretische Theil der Kirche gend

thigt, ohne Gemeinschaft mit dem gesunden Theile der Kirche, zusammenzuhalten, und so hat die Häresie das Schisma hervorgebracht und verschuldet; womit gewöhnlich verbunden ist, daß der håretische Theil der Kirche so thut, als wenn der gesunde das Schisma gemacht hätte. Allein das Schisma kann auch so entstehen, daß ein Theil der Kirche um gewisser Sitten und Anordnungen des Ganzen willen, welche entweder gar nicht aus einem Irrthum hervorgegangen sind, oder doch nur aus einem entschieden nicht fundamentalen Irrthume, also eigentlich nur unter gewissen Beziehungen einen Irrthum begünstigen können, aber nicht müssen, sich von der Kirche trennt. Dies ist das von der Håresie im eigentlichen Sinne unabhängige Schisma, welches selbst kein Irrthum, sondern ein Unrecht, eine Sünde, eine Lieblosigkeit ist, und als solche dann wieder die Quelle von Irrthümern zu werden pflegt. So waren die wegen zu großer Strenge in Durchsehung der nicånischen Rechtglåubigkeit sich von der Kirche trennenden Luciferianer keine Håretiker, sondern Schismatiker; so erklärt die römische Kirche die griechische für eine schismatische, und nicht für eine håretische, weil sie glaubt, diese habe sich mit Unrecht von dem Supremate des Papstes getrennt. Beiderlei Arten von Schisma, das, welchem die Håresie vorangeht, und das, welches auf anmaaßliche Behauptung der Håresie oder eines nicht zu ertragenden Unrechts auf der Seite der Gegenpartei gegründet wird, sind kein Gegenstand der Polemik als einer Disziplin, sondern praktisch-polemischer, kanonischkirchlicher, apologetisch - irenischer Schriften, denn das, was darin unrichtig ist, ist immer mehr Sünde als Irrthum, Eigensinn als Meinung, Parteigeist als Ueberzeugung *).

*) Hienach ist die Aufnahme der schismatici in der Polemik bei Hoornbeek, welcher darunter lutherani, remonstrantes, Brownistae und Graeci subsumirt, polemisch-unrichtig.. Die von Paulus erwähnten oder befürchteten oziouara (1 Kor. 1, 10)

Ungeachtet der unberechenbar schädlichen Wirkungen des Irrthums können diese doch nie soweit gehen, daß die Wahrheit in der Kirche überwunden, oder auch nur der Fortschritt der Kirche zu größerer Reinheit und endlichem Siege gehemmt werde. Denn die Wahrheit ist einmal auf lebendige, geistliche Leiblichkeit bildende Weise in der Kirche, und der Geist Christi ist auf solche Weise in den wahren Gliedern der Kirche thätig, daß sie Irrthum und Wahrheit zu unterscheiden fähig sind. Die Wahrheit aber ist mächtiger als der Irrthum, (der Geist, der in der Kirche ist, ist gróßer, als der in der Welt ist 1 Joh. 4, 4), und da sie auf eine bewußte, die Selbstständigkeit des Willens in sich schlieBende Weise in der Kirche lebt: so muß sie auch den Irrthum, wieviel Gebiet in der Kirche er auch gewinnen könne, von dem Augenblicke seines erkennbaren Hervortretens fortschreitend siegreich bekämpfen. Die verschuldete Unreinheit der Kirche und ihrer Glieder hebt dieses Verhältniß nicht auf, denn die wahre Kirche kann nicht wieder NichtKirche oder Welt werden, wie sehr auch der Einzelne, insofern er noch nicht auf göttliche Weise gewiß geworden, Glied

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beruhten auch nicht an sich auf Irrthümern, cf. Theodoret. zu dieser Stelle. Deutlich unterscheidet Chrysostomus Häresie und Schisma homil. 11 in ep. ad Ephesios: kéyw zał διαμαρτύρομαι, ὅτι τοῦ εἰς αἵρεσιν ἐμπεσεῖν τὸ τὴν ἐκ κλησίαν σχίσαι ἐκ ἔλαττόν ἐστί κακόν. So Bafilius epist. canon 1 ad Amphiloch. σχίσματα ωνόμασαν τους δι' αἰτίας τινὰς ἐκκλησιαστικὰς καὶ ζητήματα ιάσιμα πρὸς ἀλλήλους Siavez dévtas. Noch bestimmter fagt Zonaras ad can. 33 conc. Laod., daß die Schismatiker nɛgì tỷv níoτiv zaì rà δόγματα ὑγιῶς ἔχοντες feien. August. adv. Cresconium grammat. 1. 2. c. 7 nennt schisma recens congregationis separatio propter aliquam sententiarum diversitatem, quae cum fuerit inveterata, haeresis vocatur. Dieser etwas seltfamen Definizion liegt doch das Richtige zum Grunde, daß die erste Ursache des Schismas nicht immer die Häresie sei.

der Kirche zu sein, fürchten muß, von der Macht des Irrthums aus seiner Festung vertrieben zu werden (2 Petr. 3, 1.). Es bedarf daher nur des Blicks auf die von dem Herrn erkaufte und gereinigte Kirche (Eph. 5, 25), um sicher zu sein, daß der Irrthum nicht den Sieg davon tragen werde *). Aber auch nicht einmal den Fortschritt der Kirche zu reinerer Wahrheit vermag die Håresie zu hemmen, vielmehr muß behauptet werden, die Kirche, wie sie ist, d. h. durch eigene Schuld für den Irrthum beziehungsweise empfänglich, könne nur gerade durch diese. Form und diesen Grad des Irrthums zu der höchsten Stufe der Reinheit am sichersten gebracht werden. Hier gilt 1 Kor. 11, 19: δεῖ γὰρ καὶ αἱρέσεις ἐν ὑμῖν εἶναι, ἵνα οἱ δόκιμοι φανεqoi yévævtal. Denn durch das Heraustreten des Irrthums γένωνται. in der Kirche wird diese inne, in welchem Grade unrein sie bisher noch war, so daß dergleichen in ihrer Mitte auch nur möglich war, dadurch entsteht Beschåmung, heilsamer Schmerz, Streben, sich von diesen Resten des alten Menschen, von diesen Wirkungen der Lüge zu reinigen, Entschluß, um so fester und einfaltvoller die Wahrheit zu umfassen, größerer Ernst im Gebrauche der Schrift, im Gebete, und in Bezug aller Handreichungen des Geistes Christi, innigeres Zusammenhalten der entschiedeneren Freunde der Wahrheit, und planvolleres Hervortreten der Berufensten zur ausdrücklichen Bekämpfung des Irrthums im Namen Aller. Es entsteht ein ehrlicher, nothwendiger, wichtiger Kampf, und so gewiß es ist, daß die wahren Glieder der Kirche auch in diesem wieder im Einzelnen straucheln und fallen werden: so ist dies doch im Ganzen eine Bewegung, die einen wesentlichen Fortschritt

*) Für diese Beruhigung ist 1 Kön. 19, 18 Vorbild und Paral. lele; denn wie auch die edelste Trauer über den Frrthum keinen anderen Karakter haben kann, als die des Elias: so auch ist der Troft immer nur der, daß ein sich nicht vor dem Gotte dieser Welt beugendes Volk Gottes übrig ist.

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