Immagini della pagina
PDF
ePub

Irrthum werde zu Theil werden. Deshalb sollten theologische Disputazionen nicht nur nicht mit Geringschäßung und Oberflächlichkeit behandelt werden; sondern die Theologen sollten einen Werth darauf legen, sie als eine Waffe anzuwenden, um einen leidenschaftlosen und durch das Anziehende des Vortrags und der Sprache unterstüßten Sieg gegen eingewurzelte oder keimende Irrthümer, wie sie besonders in der theologischen Jugend gefunden werden, zu erlangen.

[ocr errors]

3. Die Streitschrift ist die dritte, in den meisten Fällen allein anwendbare polemische Form. Der Begriff derselben ist der eines das Unwahre und Gefährliche einer kirchlichen Richtung mit Gründen aus der Schrift und dem Les ben vor der Kirche bestreitenden schriftlichen Werks. Auch der höchste Grad und die weite Verbreitung des Mißbrauchs der Schrift hebt nicht den guten, auch für die Bestreitung des Irrthums anwendbaren Gebrauch dieses großen Mittels der Verständigung und Lehre auf. Jede åchtkirchliche Streitschrift muß so geschrieben sein, daß aus einem lebendigen und warmen Mittelpunkte der Liebe sich eine scharfe Auffafsung der gegenwärtigen Streitfrage entwickele. Die Streitz schrift muß gegen den Schluß hin eine Neigung haben, gleichsam wie besånftigt durch das Vorgefühl des Sieges, der ihr nicht entgehen wird, vorzüglich aber durch das Heraustreten des ganzen inneren Zusammenhanges ihrer Idee mit dem Wahren des Gegners, erkennen zu lassen, wie auch dem bestrittenen Irrthume eine wichtige und bleibende Wahrheit zum Grunde liege, welche wohl tiefer und liebender müsse anerkannt werden, als die Gleichgültigkeit der Kirchenglieder bisher gethan, damit auf diesem Wege die bleibende Gemeinschaft des Bestreitenden mit den Bestrittenen zur Anschauung komme. Aber jede persönlichbittere, wie jede weichlicheitle Richtung muß einer Schrift, die durchaus ernst und kräftig gehalten sein will, fern bleiben. Ob ihr Ton aus der höheren Sfäre wissenschaftlicher Geistesbildung oder der niederen allgemeinkirchlicher Einsicht und Theilnahme genom

men werden solle, dies kommt auf die Beschaffenheit des Gebiets an, in welchem der Irrthum waltet; immer aber wird die ächte Streitschrift keinen ausschließlich gelehrten Karakter an sich tragen, da auch die Gelehrten sie nicht allein als solche, sondern zugleich als Kirchenglieder, lesen sollen. Und in dieser allgemeineren Bestimmung liegt auch der Grund, weshalb in der Regel der Landessprache der Vorzug vor der gelehrten zu ertheilen ist.

Besondere Polemik.

Erster Abschnitt.

Vom Indifferentis mu s.

S. 1.

Der Indifferentismus ist die religiös - scheinende Nichtunterscheidung dessen, welches zu unterscheiden zum Wesen des wahren Glaubens gehört.

Der Indifferentismus, welcher Gegenstand der Polemik ist, kann nicht der absolute sein, welcher sich ohne völlige sittliche Abstumpfung nicht denken läßt. Weil er innerhalb des kirchlichen Lebens auftritt und sich erhalten will, muß er wenigstens soviel religiöses Leben noch in sich tragen, daß er einen Beweggrund findet, die Religion von der Jrreligion zu unterscheiden, ja er muß sich selbst in irgend einem Sinne als religiós. vorkommen. Wie sich alles Falsche an einem Wahren findet, indem es sich nur durch Entstellung dieses Wahren in der Menschheit festsehen konnte: so entwickelt sich auch der Indifferentismus an dem Wahren der relativen Gleichgültigkeit gegen das Aeußere und Unwesentliche der Religion. Relativ darf diese nur sein, weil

jedes, was in den Bereich der Religion eintritt, in irgend einer Beziehung nicht gleichgültig ist, wäre es auch nur insofern, als das Nichtgleichgültiganschen gewisser überwiegend zufälliger Dinge im kirchlichen Leben nicht gleichgültig muß angesehen werden, weil es den Blick in Anschung des Unterschiedes des Wesentlichen vom Unwesentlichen trübt. Aber an sich ist es eine Frucht des wahren Glaubens, das Zufällige und Kleine in der Religion in Vergleich mit dem Großen und Wesentlichen gleichgültig anzusehen. Der Jrrthum tritt nun ein, wenn diese gute Gleichgültigkeit entstellt wird zur gleichgültigen Nichtunterscheidung des Wesens der Religion von dem Zufälligen. Der Indifferentismus leugnet nicht das Dasein der Religion, er verwechselt sie nicht mit der Natur und Welt, allein jene gilt ihm nicht mehr als diese, er achtet sie nicht, insofern sie etwas Anderes ist als Natur und Welt, sondern insofern es der Beachtung ihres Andersseins als diese nicht bedarf, und diese unglückliche und unwahre Gleichachtung setzt sich darum so fest bei ihm, weil er sie für religiös hält. Die Gleichgültigkeit gegen die wahre Religion stellt sich ihm als etwas Religiöses dar, und darin besteht der Indifferentismus als Irrthum. Sos lange er blos Stumpfheit und Schlaffheit des religiösen Sinnes ist, kann er auch durch alle moralische Kräfte, die im Wesen der Religion liegen, geheilt werden. Aber indem er in Verbindung mit religiösen Vorstellungen sich als einen Grundsaß, als eine Lehre und Denkart innerhalb der Kirche, aufrecht erhalten will, wird er zum verderblichen Irrthume, der, auf seine Weise die ganze Wahrheit umgehend und ihre Wirkung paralysirend, doch den Schein behålt, keinem einzigen Dogma sich mit Bestimmtheit entge genzustellen.

Die Lüge, welche an der Ausbildung des Indifferentismus, obwohl denen unbewußt, die, noch innerhalb der Kirche stehend, an diesem Irrthume kranken, Theil hat, ist die Leugnung, daß die Religion etwas von der Selbstentwickelung

des kreatürlichen Seins Verschiedenes sei, daß es eine an dere Beziehung des Menschen zu Gott als die durch sein natürlich-sinnliches Dasein begründete gebe, also im Grunde die Behauptung, daß die höheren und niederen Beziehungen des Menschen schlechthin einerlei seien. Von dieser Lüge bèfruchtet entwickelt sich nun die Trägheit der Kirchenglieder, welche die Anstrengung des Geistes scheut, die zur klaren Unterscheidung der Religion von Natur und Welt nöthig ist, die Hoffart, welche über diese Unterscheidung als einen niederen Standpunkt hinweg zu sein glaubt, und der eitle Selbstbetrug, als wenn die Religiositåt viel zu fest und zu reich in dem Individuum sei, um jener Unterscheidung zu bedürfen. So bildet sich dann die Meinung, als wenn das eben die wahre Religiosität sei, nur das Gemeinsame aller Religionen gelten zu lassen, und die verschiedenen positiven Gestaltungen såmmtlich nur als untergeordnete, dem Verschwinden bestimmte und auf der Schwachheit der Religiosität beruhende Standpunkte zu betrachten. Hier vermischt sich die wichtige apologetische Wahrheit, daß alle nichtchristliche positive Religionen nur soviel Werth haben, als sie Fähigkeit besißen in die ewiggültige positive Form der christlichen Religion überzugehen, mit der Lüge, daß das Positive und Konkrete des Christenthums nichtig und vergånglich sei, und diese Vermischung der Wahrheit und der Lüge ist der Indifferentismus.

Es ist darum falsch und zerstörend, weil die wahre Religion, wie sie in Christus eine ewige Form angênommen hat, eben das höchste Bestimmte, die bestimmteste Wahrheit, das konkretgewordene Leben der Menschheit selbst sein will und ist, und eben damit das Bestimmtheit und reales Leben allem Geistigen und Freien in unserer Natur Mittheilende. Wird nun die Religion selbst als das schlechthin Unbestimmte, das Negirende, das Ununterscheidbare angesehen: so geråth alles ursprüngliche höhere Leben des Menschen, Sittlichkeit, Wissenschaft und Kunst, in diesen Karakter von Unbestimmt

« IndietroContinua »