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heit, Abstrakzion und Negazion, welcher das innere Elend nur schlecht verhüllen kann selbst mit den glänzendsten Gaben des Geistes, des Wizes und des Gefühls. Weil dem Indifferentisten, ohne daß er es sich gestehen will, die Religion zwar nicht nichts ist, aber das Nichtigste, Gleichgültigste und Elendeste von Allem, was er außer seinem Selbst aufzufassen sich die Mühe giebt: so wird ihm unter der Hand, und ohne daß er es merkt, alles Uebrige elend, was, vermittelst einer lebendig gehegten Religion, den Menschen erheben und beleben kann. Da er in seinem Indifferentismus es nicht einmal der Mühe werth hält, gegen die Religion zu protestiren, wie Atheisten und Ungläubige thun (eine Richtung, in der sich vermittelst des Kraftaufwandes, den sie fordert, die Wahrheit durch den Widerstand noch geltend machen könnte): so wird sein eigenes Selbst in dieser Gleichgültigkeit elend, und der Gipfel dieses Elends besteht darin, daß er diese indifferentistische Nichtigkeit für Geist, ja für Religion hålt. Die Religion des Indifferentisten ist die leere und laue Nichtachtung aller religiösen Gestalt und Bestimmtheit, und führt eben damit zur traurigsten Verarmung an der Liebe, also am rechten Leben *).

Fragen wir, in wiefern eine solche Denkart sich denn

Wenigstens gränzend an diese Gesinnung ist die Lehre des Spinoza (tractatus theologico - polit. cap. 14.), daß es in der Religion nicht sowohl auf Wahrheit, als auf Frömmigkeit ankomme:,,Sequitur denique fidem non tam requirere vera, quam pia dogmata, hoc est, talia, quae animum ad obedientiam movent. Cum itaque uniuscuiusque fides ratione obedientiae vel contumaciae tantum, et non ratione veritatis aut falsitatis, pia vel impia sit habenda hinc sequitur, ad fidem catholicam sive universalem nulla dogmata pertinere, de quibus inter honestos potest dari controversia. " Denn wenn die Frömmigkeit nicht aus der Wahrheit fließt, die das allein ganz Bestimmte ist: so ist sie unbestimmt, also indifferentistisch.

noch in irgend einer Beziehung zur christlichen Kirche erhalten könne, so daß man berechtigt und verpflichtet sei, sie als einen kirchlichen Irrthum zu bekämpfen: so antworten wir: Gerade dadurch, daß dem Indifferentismus auch das Austreten aus der christlichen Kirche indifferent ist, so daß er sich das Darinbleiben gefallen läßt, und daß er eben dieses Nichtaustreten, vermöge dessen er sich nicht bestimmt unkirch)lich äußert, sich selbst zu einer Art Religion macht. Hieraus ergiebt sich auch, daß die Unterscheidung von allgemeinem und besonderem Indifferentismus, nach welcher jener Gleichseßung aller Religionen, dieser nur die der christlichen Parteien enthalte, wie sie sich bei vielen Polemikern findet *), nicht haltbar sei. Denn der allgemeine Indifferentismus kann wenigstens nicht als ein solcher aufgefaßt werden, der nicht in der christlichen Kirche sein könne; denn eben weil er die anderen Religionen nicht höher achtet als die christliche: so kann er sich auch mit einem gewissen allgemeinen Bekenntnisse dieser verbinden. Daß jemand alle christliche Religionsparteien für gleich gut hålt, während er doch das Christenthum selbst für besser hålt als alle andere Religionen, kann deshalb nicht wohl vorkommen, weil dieses lettere Interesse sich fast nothwendig zur Unterscheidung reinerer oder unreinerer Darstellung des Christenthums in der einen oder anderen Partei entwickeln muß. Wo diese nicht ist, ist auch das Interesse für das Christenthum nur scheinbar. Wo ein solches mehr als scheinbar ist, kann kein eigentlicher Indifferentismus sein, sondern etwa nur ein mehr oder weniger unklarer Synkretismus, den die Polemik noch von den unglücklichen Calirtinischen Streitigkeiten her allzugern für Indifferentismus ausgab.

*) Walch Kap. 6. §. 3 u. 4. Schubert P. 1. Cap. VI. § 5.

S. 2.

Das geschichtliche Hervortreten des Indifferentismus ist bedingt durch Ueberspannung der Gegenfäße in der Kirche und durch Erschlaffung des religiösen Gefühls.

Der Indifferentismus ist immer vorhanden in der Kirche, aber er tritt nur dann hervor, wenn ihm einerseits durch harte Gegensäße im kirchlichen Leben ein scheinbares Recht gegeben ist, und wenn andererseits die Lebenskraft des Gefühls durch Zerstreuung und Verweltlichung geschwächt ist. Gegensäge im kirchlichen Leben sind unvermeidlich, und sie können straff gespannt sein, ohne Irrlehre und Verderben in sich zu schließen; aber wenn sie überspannt werden, und von beiden Seiten der des Eifers werthe Gegenstand in dem Kleinen, Aeußeren, Menschlichzeitlichen gesucht wird: dann entsteht ein gewisses Recht des Indifferentismus, nåmlich in Ansehung der Gegenstände, über welche heftig aufgeregte Parteien einander befehden, und oft ist die Form des Indifferentismus das einzige Mittel, um die Streitenden auf die verhältnißmåßige Unbedeutendheit ihres Gegenstandes aufmerksam zu machen. Die Entstehung dieses guten Indifferentismus benußt nun der Geist der Lüge, um dem schlechten Bahn zu machen, indem er den Gegenständen, über die zu streiten unnüß ist, unvermerkt diejenigen unterschiebt, über welche der Streit zwischen Kirche und Welt ewig nothwendig ist. Denn das Gemüth, im stolzen Selbstgefühl, nicht, wie der große Haufe, verflochten zu sein in beschrånkten Streit, fühlt einen Reiz, sich überhaupt von allem Eifer zu befreien, welcher der Welt thöricht erscheint, und unter diesem Reize gestattet es sich selbst, den Eifer für das Wesen des Glaubens zuerst nur nicht zu nähren, ́ nachher zu dämpfen. Die zweite Hauptursache der Entwickelung des Indifferentismus ist die Ueberkultur, die weltliche Zerstreuung,

die Erschlaffung des Gefühls der Kirchenglieder. Durch diese Uebel, wie sie Reichthum, langes Wohlergehen, Ausbildung der materiellen Lebensinteressen zu erzeugen pflegt, wird das an sich Niedere, was im Leben des Christen dienen soll, auf gleiche Stufe gestellt mit dem wesentlich Hdheren, dem Geistesleben durch den Glauben. Erst erscheint es sittlich, das Leben mit materieller Fülle zu unterbauen, und es ist dies auch an sich. Unvermerkt aber wird die Sittlichkeit, statt ihre ganze Kraft aus dem Glauben, seiner Scheu und seiner Liebe, zu schöpfen, in der Bearbeitung des Irdischen an sich, ohne Bezweckung der Verherrlichung Gottes, gesucht, hiedurch wird die Tiefe der Lebenskraft den Gemüthern ausgeschöpft, und nach außen, in das vergångliche Werkzeug, in das Erscheinende und Greifbare der Kunst gekehrt, und dies ist die Stimmung, in welcher die allmålige Abstumpfung des Sinnes für den Unterschied von wahr und falsch, heilig und gemein, göttlich und weltlich, vor sich geht. Der Indifferentismus ist die Denkart, in welcher auch solche, die noch nicht den falschen Muth haben, sich von der Kirche zu trennen, sich selbst zu rechtfertigen und als religiös darzustellen suchen.

So trat der Indifferentismus in der alten Kirche erst seit der Zeit hervor, in welcher die Streitigkeiten der Nestorianer und Monophysiten, der Monotheleten und Dyotheleten, der Bilderfreunde und Bilderfeinde einen geheimen Ueberdruß an den religiösen Gegenständen vorbereitet hatten. In der politischen Behandlung des Kirchenwesens durch die griechischen Kaiser war, neben ihrem Cäsareopapat, viel Indifferentismus verborgen; und nur durch einen solchen ist das Betragen der griechischen Bischöfe in mehren Zeitpunkten erklärlich. Im funfzehnten Jahrhunderte erzeugte der Ueberdruß an scholastischen und kirchlichkonstitutizionellen Streitfragen, verbunden mit einem fleischlichantiken Streben, die alte Welt durch Studium der alten Literatur zu erneuern, jenen vollständigen Indifferentismus vorzüglich italiånischer

Gelehrten, aber auch vieler Gebildeten in anderen Låndern, der am meisten die Wurzelfassung der Reformazion im südlichen Europa verhinderte. Im siebzehnten Jahrhundert wurde England von einem so heftigen Gegensaße der kirchlichen Parteien bewegt, daß hieraus jene Denkart ruhigerer Gemüther sich erzeugte, die den Deismus und mit ihm eine reiche Saat des Indifferentismus in England, und von da aus, vermischt mit Materialismus und Atheismus, in dem übrigen Europa aufgehen ließ. In Deutschland nahm diese Denkart seit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Gestalt einer Popularphilosophie und eben solcher Theologie an, die ihren religiós indifferentistischen Karakter nur schlecht verbarg unter der Hülle einer humanen Toleranz, einer maaßlosen Reflerionslust und einer dem verfeinerten Genusse nachstrebenden Zeitbildung. So geschah es, daß die neuere deutsche literårische Bildung, mit wenigen Ausnahmen, von einem indifferentistischen Karakter durchdrungen war, welcher sle unfähig machte, dem materialistischen und deistischen Karakter der Franzosen und Engländer mit bedeutendem Erfolge entgegenzutreten. Als nun jener durch die politischen Ereignisse, die mit der französischen Revoluzion ihren Anfang nahmen, offener und drohender hervortrat, stellte sich die deutsche Philosophie, seit Kant, dem Indifferentismus, wie er zugleich Eklektizisnius war, zwar entgegen, allein da sie selbst nicht von einer christlichen Ueberzeugung getragen und beseelt war: so galt es in ihrem eigenen Gebiete erst, die Idee der Religion überhaupt zu einer solchen Anerkennung zu bringen, von welcher es lange unentschieden bleiben mußte, ob sie nicht den kirchlichen Indifferentismus selbst auf eine philosophische Weise zu begründen suche. Hieraus erzeugte sich innerhalb der philosophischen Literatur ein Kampf zwischen dem Indifferentismus in seiner höchsten Pos tenz und dem christlichen Glauben in spekulativer Form. Dieser Kampf dauert noch fort, und von der Entscheidung desselben wird es abhången, ob die deutsche Literatur einen

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