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fich aber in folgenden zwei Momenten dar: 1. Der Natus ralismus erkennt den allgemeinen und freien Abfall des Menschengeschlechts von Gott nicht an, und bleibt deshalb in dem Wahne von einer gesunden Universalnatur, welche die Religion selbst hervorzubringen im Stande sei. 2. Der Naturalismus erkennt die Heiligkeit in der Liebe Gottes nicht an, vermöge deren das rechte Verhältniß zu Gott nicht anders als unter Aufdeckung und Aufhebung der Sünde hergestellt werden kann.

1. Der Mensch ist abgefallen von Gott und durch eigne Schuld aus der Gemeinschaft mit Gott herausgetres ten, in welcher er erschaffen war. Diese Gemeinschaft war nicht blos durch die Natur als den Inbegriff der materiellen Schöpfung vermittelt, sondern durch Gottes ewiges Wort, den das Leben in sich habenden Logos (Joh. 1, 1—4.). Zwar konnte das geistige Leben, was der erste Mensch, als der Repräsentant der Menschheit, von Gott hatte, kein Les ben begrifflicher Erkenntniß oder erkämpfter Erfahrung sein. Aber alles Natürliche mußte im Bewußtsein des Menschen dennoch so in dem von Gott ausgehenden, ihn mit Gott einigenden Geistesleben stehen, daß es eben durch dieses Getraz gensein vom Geiste ihm zum Erkennen und Fühlen Gottes, als des selbstständigen Geistes, gereichte. Aus diesem Verhältnisse trat der Mensch heraus, indem er sein von Gott empfangenes Geistiges stolz und lüstern auf sich selbst bezog, und in sich zurückzog. Nun ward sein Verhältniß zu Gott und zur Natur umgekehrt. Die Natur, bisher vom Geiste unmittelbar beherrscht, erniedrigte den Geist des Menschen unter sich, und nahm in des Menschen Dichten und Trachten den sinnlichen, zerstreuenden, blendenden Vorrang ein, vermittelst dessen er den Schöpfer nicht mehr schauen konnte. Diese Naturgewalt über den erniedrigten Geist des Menschen stellt sich in jedem von dem Erstgeschaffenen stammenden Individuum dar, und nur mit diesem Vorherrschen des Fleis sches kann der Mensch geboren werden (Joh. 3, 6.). So

giebt es durch die erste und deshalb allgemeingewordene Sünde keine völlig gesunde und in Bezug auf die Gemeinschaft mit Gott reine Natur des Menschen mehr. Es gab nie eine solche, die den Menschen zu Gott führen konnte (denn dies war immer, obwohl ohne Ausschluß von Naturkräften, die Wirkung des Logos), sondern nur eine solche, mit der zugleich der Mensch sich in Gott wußte durch seinen unerniedrigten Geist. Judem der Naturalismus die von Adam mitgetheilte Sünde, d. i. die ungöttlich natürliche Verdunkelung des Geistes, ignorirt, achtet er Natur und Religion gleich. Die Nichtbeachtung des Wortes Gottes, welches ihn den Fall des Menschengeschlechts lehrt, und der innere Widerspruch gegen die Stimme des heiligen Geistes, welche ihn die Größe der auch in seinem Innersten Statt findenden Verkehrung aufdecken will, sind die wahren Ursachen, daß er sich dem ungeheuren Aberglauben von einer irgendwo und irgendwie vorhandenen Natur überläßt, aus der Religion und ewiges Leben hervorgehen soll.

2. Derselbe Grundirrthum des Naturalismus stellt sich von einer anderen Seite dar, wenn man erwägt, wie er die Heiligkeit in der göttlichen Liebe durchaus verkennt. Heiligkeit in Gott besteht darin, daß die Gemeinschaft Gottes mit dem Bösen unmöglich ist, denn da das Böse das Zerstören des Lebens der Geschöpfe in Gott durch Lüge und Selbsttäuschung ist: so kann Gott mit diesem Widerstreben gegen seinen schlechthin guten Willen nichts gemein haben. Da nun Gott, weil er die vollkommene, unendliche Liebe ist, dennoch die Gemeinschaft mit dem durch das Böse und die Sünde von ihm geschiedenen Menschen wieder anknüpfen will: so kann dies, vermöge der Heiligkeit seiner Liebe, nur so geschehen, daß die Sünde durch eine unüberwindliche Stiftung zurückgedrängt, und zugleich bezeichnet und eben damit zunächst innerlich und geistig bestraft wird. Diese Stiftung bietet aber, vermöge der Liebe Gottes, zugleich die neue selige Gemeinschaft Gottes an. Das Göttliche

besteht gerade darin, daß mit der strafenden Zurückdrångung die anbietende Liebe und jene mit dieser so innig verschmolzen ist, daß nur derjenige die Liebe und Seligkeit schmecken kann, der sich fréiwillig, aus Anerkennung des Rechts, jene innerliche Hemmung und Bestrafung seiner Sünde gefallen läßt. Diese Stiftung ist das Positive in der Religion, dessen Anfänge Geseß und Verheißung sind, dessen Vollendung Christus ist, in welchem das Sündestrafende noch in sofern gesetzt ist, als der Christus Annehmende den Schmerz über den von ihm, dem Annehmenden, mit verschuldeten Lod Christi nothwendig übernehmen muß. Dieses Positive, welches in der Religion sündiger Menschen nothwendig ist, will der Naturalismus nicht, weil er die Heiligkeit Gottes nicht kennt. Und diese kennt er nicht, weil er in seiner aberglåubischen und sinnlichen, wie sehr auch verfeinerten, Vorstellung von einer seligmachenden und mit Gott einigenden Nas tur sich über die innere Verkehrung und böse Geistesabwendung des Herzens von Gott täuscht. Er begreift die Sünde nur als Schwäche, und zwar als Schwäche der Natur, wie er den ganzen Menschen vorzugsweise als von unten auf vergeistigte Natur faßt, also eigentlich als Erkrankung, obz wohl er selbst nicht Rechenschaft zu geben weiß von dem Grunde dieser Erkrankung; und er sieht nicht, daß sie freie Wirkung, geistige Verkehrung, bewußtes Nichtwollen des Gus ten ist.

Durch die Vorstellung des Naturalismus von einer schlechthin guten und seligen Universalnatur, aus der der Mensch ein reines Erzeugniß sei, hångt der Naturalismus mit dem Materialismus, durch die Nichtannahme eines freien bewußten Bösen mit dem Pantheismus insofern zusammen, als dieser nichts von Gott wahrhaft Verschiedenes, also auch nichts Gott Entgegenstrebendes, anerkennen kann.

S. 3.

Der Naturalismus ist indifferent gegen Wunder, Geheimnisse und heilige Schriften, weil er sich nicht durch die Offenbarung zur Anerkennung des dreicinigen Gottes und des Ansehns seiner Gesandten führen läßt.

Der Naturalismus versichert die Natur als wahre und einzige Offenbarung anzunehmen, und zeigt sich deshalb indifferent gegen jede geschichtliche Offenbarung, die sich als ein Ganzes von wunderbaren Thatsachen darstelle, weil sie, im günstigsten Falle eines wirklich religiösen Elements in ihr, doch nichts Höheres und nichts wesentlich Anderes sein könne als die in der Natur liegende Offenbarung. Er bes trachtet die Geheimnisse der christlichen Religion als etwas die allgemeine Verständlichkeit und die innere Reinheit derz selben nur so lange nicht Gefährdendes, als man sie nicht für etwas Anderes als sprachliche Symbole des natürlichen Menschensinnes ansehe. Er giebt endlich der Schrift nur den historischen Werth von Büchern, die aus der religiösen Erfahrung der alten Zeit hervorgegangen seien, und hebt den karakteristischen Unterschied zwischen ihnen und anderen religiösen Schriften auf.

1. Was das Erste betrifft: so ist nicht das der Jrrthum des Naturalismus, daß die Natur für den religiösen Sinn eine Offenbarung Gottes sei, sondern daß er die Nafur für eine gleich volle Offenbarung Gottes als jede an dere, in der Geschichte sich erweisende, erklärt, und daß er also gegen jede andere indifferent ist. Wenn er das religiöse Bedürfniß des Menschen in seiner geistigen Tiefe erkennte, würde er die Natur eben deshalb als eine unvollkommene Offenbarerin Gottes ansehen, weil sie nicht spricht über das ursprüngliche Nähersein des Menschen bei Gott als das Sein der Natur bei Gott. Ja wenn er das

Wesen der Natur selbst in ihrer Beziehung zum Geiste und zum Menschen, in ihrem Drange, dem Geiste des Menschen, als einem freien Herrscher, hörig und unterthan zu sein, auch nur lebendig ahnte: so würde er, zum Verständnisse ihrer selbst, einen Sprecher, einen Offenbarer suchen, der höher als sie und höher als der Mensch ist. Wenn er (siehe §. 2.) der Verhüllung Gottes inne geworden wåre, welche, durch die Sünde entstanden, von der Natur nicht hinweggenommen werden kann: so würde er einen Offenbarer, ein Gott wahrhaft aussprechendes Wort, einen lebendigen Sprecher zu dem Inneren des Menschen nur in Gott selbst suchen, d. h. er würde einen Logos Gottes anerkennen, der nåher verwandt mit dem Geiste des Menschen, als mit der ganzen Natur, auch nur in jenem lebendig reden und Gottes Wesen und Gedanken offenbaren kann. Sobald dieser Logos als die selbstständige persönliche Offenbarung erkannt worden: so sind die einzelnen Offenbarungen nicht mehr unzusammenhängende und willkührliche Willenserklärungen oder Begünstigungen Einzelner, sondern sie sind die, zusammenhängende, weise und stufenweise Ansprache des ewigen Wortes oder Logos Gottes an die Menschheit, durch welche dieser ihr wahres Verhältniß zu Gott und zur Natur klar wird. Und diese Offenbarung, weit entfernt, die Natur zu verachten oder den Menschen gegen sie mißtrauisch zu machen, erschließt den Sinn der Natur, nimmt die natürliche Offenbarung in sich auf, und vollendet sie in der historischen Person des die Natur aus göttlicher Lebensfülle beherrschenden Menschensohns. Gerade auf diesem höchsten Punkte der Offenbarung zeigt es sich als natürlich und göttlich zugleich, daß die Offenbarung mit wahren Wundern begleitet sei. Will der christliche Naturalismus die Wunder zwar nicht bestreiten, aber indifferent gegen sie sein: so beruht dies auf der Täuschung, daß die Herrschaft des Geistes über die Natur in dem Verhältnisse der materiellen Natur zur Seele und in den Resultaten der Kultur eben so klar sei als in den

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