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Bärte der russ. Priester und der Franciscaner.

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In den griechischen Klöstern übrigens bestand die (in der griechischen Kirche überhaupt nur auf die Mönche, nicht auf die Weltgeistlichen sich erstreckende) Tonsur, wie noch jest, in dem bloßen Abschneiden einiger Locken; sonst wird von den Mönchen, wie von den Weltgeistlichen, der alttestamentlichen Bestimmung (3. Mos. 21, 5.) gemäß, Langes Haupthaar und ein langer Bart getragen, und als die Türken nach der Eroberung von Konstantinopel (1453) die griechischen Priefter zum Abscheeren des Bartes zwingen wollten, waren sie so wenig dazu zu bewegen, daß sie darin geradezu einen Abfall vom Christenthum sahen; ja späterhin verfügte der Czaar Iwan II. Wassiljewitsch (1534-1584) in feinem Stoglawnik (Verordnung der 100 Artikel, vom Jahr 1551) ausdrücklich:,,Es solle auch darauf gesehen werden, daß Keiner, dem Gebrauch der Lateiner folgend, fich den Bart scheeren lassen solle: denn von allen mit dem Kirchenbann belegten Keßereien ist keine so verwerflich und strafbar, als das Bartscheeren; sogar das Blut der Märtyrer läßt ein solches Verbrechen ungesühnt, und wer seinen Bart abscheert aus Menschengunst, der ist ein Uebertreter des Gesetzes und ein Feind Gottes, der uns nach seinem Bilde schuf.“ 1)

Unter den Mönchen des Abendlandes waren es hauptsächlich nur die Franciscaner und Kapuziner, welche sich durch einen langen und dichten Bart auszeichneten. Die übrigen trugen das Kinn meist glatt geschoren; und auch Luther ließ den Bart, nachdem er ihn als Augustinermönch einmal abgelegt hatte, nicht wieder wachsen, worin übrigens nur einige protestantische Prediger ihm folgten. Die Meisten zogen es vor, zum Unterschiede von der katholischen Geistlichkeit, und da überdies auch die protestantische Kirche, mit dem Mönchsthum zugleich, die Tonsur entschieden zurückgewiesen hatte, nicht nur das Haupthaar, sondern auch den Bart lang wachsen zu lassen, und erst die Sitte der neueren Zeit hat diese langen Bärte abgeschafft, und so radical ausgerottet, daß der Prediger jezt nur, am Kinn ganz glatt geschoren, Altar und Kanzel betreten darf, wenn er der Gemeine feinen Anstoß geben will.

Ebenso haben nicht die Vorstellungen des Tertullian 2), der die Christen seiner Zeit nicht ernstlich genug vor dem Gebrauch der Perrücken warnen konnte, weil dabei leicht die Haare eines zur Hölle verdammten Bösewichts auf das geweihte Haupt eines Christen kommen könnten, auch nicht die päpstlichen Bannbullen den Gebrauch jener wohlgepuderten Allongenperrücken, die in England, wie anderwärts bei den Protestanten, für ein unentbehrliches Requisit zur Amtstracht des Predigers galten, sondern einzig und allein die Zeit und die sich ändernde Mode dieselben entfernt.

1) Vergl. Strahl Beiträge zur russischen Kirchengeschichte“ S. 30.

2) Tertull. de cultu femin. c. 7. Si non pudet enormitatis (capillamentorum), pudeat inquinamenti, ne exuvias alieni capitis, forsitan immundi, forsan nocentis et Gehennae destinati, sancto et christiano capiti suppares.

136 Ursprung der Orgel.

Hirtenpfeife.

7. Die Orgel.

Zu den Hauptzierden protestantischer und katholischer Kirchen gehört außer den bisher besprochenen Zierrathen unstreitig auch eine gute Orgel, und schon ihr äußerer Anblick sagt, daß sie mit Recht die Königin unter den musikalischen Instrumenten, und vorzugsweise „,,das Instrument" Cooyavor) genannt wird. Hoch oben auf dem Orgelchore, in der Regel dem Altare gegenüber, thront fie in majestätischer Würde. Wie im Silberglanze prangen, in zierlicher Regelmäßigkeit neben einander stehend, die Principalpfeifen, rechts und links die gigantischen 32 Fuß langen, und in der Mitte, neben und über einan= der, die kleineren und kleinsten Pfeifen. Wie dumpfes Donnerrollen dröhnen die gewaltigen Stimmen der 32füßigen Bässe, während die sanften Flötenstimmen süßen Frieden ins Herz hauchen; gleich der Weltgerichtsposaune erschüttern die mächtigen Töne der Posau= nenbässe, während die Gambe, mit ihren scharfen und bestimm= ten Tönen, wie in kluger Menschenrede zu uns zu sprechen scheint, und die Mixtur wie fröhlicher Kinderjubel klingt. Die seelenvolle Menschenstimme allein kann, so viel Mühe man sich auch gegeben hat, von der Orgel nicht vollkommen nachgeahmt werden; sonst ahmt sie fast alle Instrumente mit täuschender Wahrheit nach; selbst den Paukenwirbel, das Glockenspiel, Vogelgezwitscher 2c., und wenn man der= gleichen auch in neuerer Zeit mit Recht als unwesentliche Spielereien ansieht, so können wir es doch unseren frommen Vorfahren schon zu gut halten, wenn sie für die bedeutenden Summen, die sie zum Bau folcher Riesenwerke so bereitwillig hingaben, auch die Freude haben wollten, die goldenen Engel hoch oben pauken, trompeten und an die Silberglöcklein schlagen zu sehen. Sie waren wahrlich nicht zu bekla= gen, wenn der Ernst des Lebens sie auch im reiferen Alter noch für die harmlosen Freuden der Kinder empfänglich bleiben ließ.

Natürlich bedurfte es einer langen Zeit, ehe die Kirchen einen solchen Schmuck, und die christliche Andacht ein solches Organ erhielt; und wie fast alles Große, so ging auch dieses Riesenwerk aus einem Eleinen, unscheinlichen Keime hervor.

Wer hätte es der dürftigen kleinen Hirtenpfeife, mit der sich die Hirten des frühesten Alterthums beim Hüten die Zeit vertrieben, an= sehen mögen, daß aus ihr einst die kolossale Orgel der Peterskirche in Rom mit ihren hundert Stimmregistern und tausenden von Pfeifen hervorgehen würde? Der gottesfürchtige Prätorius hat daher gewiß Recht, wenn er in seiner,,Organographie" sagt: „Und Gott, dem Allmächtigen und alleine Weisen, ist nicht genugsam zu danken, daß er den Menschen solche große Gnade und Gabe von oben herab so gnädiglich verliehen, die ein solch perfectum, ja perfectissimum opus und instrumentum musicum, als die Orgel ist, dergestalt disponiren und verfertigen, und die auch dasselbige dergestalt tractiren, manibus pedibusque zwingen können, daß Gott im Himmel dadurch gelobet, der Gottesdienst gezieret, und die Menschen zur christlichen Andacht bewogen und gewecket werden."

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Schon frühzeitig mußte die Erfahrung lehren, daß die Schilfrohrpfeifen, welche sich die Hirten machten, nicht alle einen und den= selben Ton, sondern die längeren und dickeren einen tieferen, die engeren und fürzeren einen höheren Ton hatten. Klebte man nun mehrere Pfeifen von verschiedener Länge mit Wachs an einander, so hatte man ein Instrument von ebenso viel Tönen, als Pfeifen, und dies war die einfache Structur der alten Sprinr oder Panflöte. Ebenso mußte man, sei es durch Nachdenken, oder wahrscheinlicher durch Zufall, ziemlich bald darauf kommen, daß bei einer einzelnen Pfeife der Ton höher oder tiefer wurde, wenn man sie an der Seite mit Löchern versah, und diese abwechselnd bald offen ließ, bald mit dem Finger zubielt; und mit dem ersten gelungenen Versuche, die Luft, statt mit dem Munde hineinzublasen, durch einen ledernen Schlauch in sie hineinzudrücken, war die Sackpfeife oder der Dudelsack erfunden. Wollte man diesen Luftschlauch aber bei der aus sieben Pfeifen bestehenden Syrinr anwenden, so mußte man auf eine Vorrichtung denken, diejenigen Pfeifen, welche nicht klingen sollten, vor dem Luftstrom zu verschließen. Man brachte zu dem Ende unten an den Pfeifen Schieber an, und seßte diese in Verbindung mit einem Lastenwerk, so daß nun die zu den einzelnen Lasten gehörigen Pfeifen nach Belieben dem Luftstrom geöffnet, oder verschloffen werden konnten.

Diesen Mechanismus hatte ein (Daniel 3, 5. 7. 10. 15. erwähntes) Instrument, Maschrokitha1) (von Luther mit „Trompeten" überseßt), welches in dem hebräischen Traktat Schilte hagibborim,,über die musikalischen Instrumente" näher beschrieben ist. Dieser Beschreibung zufolge bestand es, wie die Syrinx der Griechen, aus 7 dicht neben einander stehenden Pfeifen, die in einem kleinen Kästchen steckten, oben offen waren, und unten ihre Ventile hatten. Auf der einen Seite des Kastens war eine Handhabe, um das Instrument an den Mund zu halten, auf der anderen ein Griffbrett, und vorn ein Mundstück, durch welches der Spielende den Wind in den Kasten blies.

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Größer war ein zweites Instrument, Ugav 2) genannt (bei Luther Pfeifen"), das schon 1. Mos. 4, 21. und weiterhin Hiob 21, 12.; 30, 31. und Psalm 150, 4. erwähnt wird. War dies nun auch in der frühesten Zeit nur eine einzelne Pfeife, so muß es doch später ein aus mehreren Pfeifen zusammengeseßtes Instrument gewesen sein: denn der hebräische Ueberseßer des Buches Daniel braucht c. 3, 5. 10. 15. das Wort „Ugay" für das im Text stehende chaldäische mypro (ovugaría, Zusammenklang); und bestand dieser Zusam

1) in von Pischen, pfeifen; verwandt mit cégeyua und σύριγξ.

2) y von Jay, verwandt mit (hauchen, schmachten, hauptsächlich vor Liebe, und daher „lieben“). Die Targumisten überseßen es durch NION (syrisch )', woher das Horazische „Ambubaja,“ die Flötenbläserin,” Satir. I. 2. v. 1.).

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Wasserorgeln im Alterthum.

menklang zunächst auch nur in dem Zusammenklingen zweier Pfeifen, so wurde der Ugav doch nachmals, der in dem oben erwähnten Tractat gegebenen Beschreibung zufolge, ein ziemlich großartiges Instrument. Es waren 12 einzeln neben einander stehende, metallne Pfeifen, die mit ihren zugespizten Mundstücken in einem Kasten steckten, und Ventile hatten, die durch das Niederdrücken der 12 Tasten auf einem Giffbrett geöffnet wurden, und hinten an dem Kasten waren zwei Blasebälge angebracht, durch die er mit Wind gefüllt wurde. Das Instrument selbst soll, wenn es im Tempel gespielt wurde, so laut getönt haben, daß sich die Leute in ganz Jerusalem nicht verstehen konnten, wenn sie mit einander sprachen.

Zu diesen Erfindungen kam nun die des Hydraulus oder der Wasserorgel, welche Tertullian (de anima c. 14.) dem Archimedes (starb 212 v. Chr.), Vitruv und Plinius dem Ktefibius, einem Mechanikus zu Alexandria (um 120 v. Chr.) zuschreiben.

Da die Beschreibungen der Wasserorgel, wie man sie gewöhnlich liest, meistens in schwankenden und unbestimmten Redensarten bestehen, welche zu keiner klaren Vorstellung führen, so möge hier eine ganz kurze Erklärung des Mechanismus an der einfachsten Art der Wasserorgeln ihren Plas finden.

Man denke sich einen viereckigen Kasten oder Cylinder, etwa bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt, und in diesem ersten Kasten einen zweiten, der luftdicht in denselben paßt, und durch einen Tretbalken auf und nieder geschoben werden kann, jedoch so, daß er nie selbst in das Wasser eintaucht. Durch das Niederdrücken desselben wird nun die Luft über dem Wasser zusammengepreßt, und strömt, wenn ihr durch ein Seitenloch ein Ausgang verschafft wird, mit Gewalt heraus; denkt man sich nun dieselbe durch Windkanäle in ein Pfeifenwerk geleitet, das mit Ventilen und mit einer Klaviatur versehen ist, so hat man ein vollständiges Bild von der Einrichtung der ältesten Wasserorgeln, um die fich Ktesibius, wenn ihm nicht der Ruhm der Erfindung gebührt, doch durch manche wesentliche Verbesserung verdient gemacht haben mag.

Auch vom Kaiser Nero erzählt Sueton1), daß er eine Zeitlang kaum zu den wichtigsten Regierungsgeschäften sich die nöthige Zeit nahm, sondern die Berathungen eilfertig abmachte, um den übrigen Theil des Tages mit einer Wafferorgel von neuer und unbekann= ter Art zuzubringen, die er gern in ihren einzelnen Theilen zeigte, indem er die Beschaffenheit und Schwierigkeit jedes Bestandtheiles erklärte, und zugleich versprach, daß er Alles auf dem Theater öffentlich würde sehen und hören lassen.

Zur Zeit des Augüftin2) waren die Orgeln schon ziemlich

1) Sueton. vit. Neron. c. 41. Transacta raptim consultatione reliquam diei partem per organa hydraulica novi et ignoti generis circumduxit. Ostendensque singula, de ratione ac difficultate cujusque partis disserens jamque se etiam prolaturum omnia in theatrum affirmavit.

2) August. in Ps. 56. Organa dicuntur omnia instrumenta musi

Erste Orgeln im Abendland.

groß, und erhielten ihren Wind durch Blasebälge.

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Das beweisen seine Worte, wenn er zu Pf. 54, 1. (nach der Lutherschen Uebersegung Pf. 55, 1.) sagt:,,Organa heißen alle musikalischen Instru= mente, nicht bloß jenes, welches groß ist, und durch Blaseb älge Wind erhält.

Noch überraschender ist es, wenn Cassiodor 1) (ftarb 562) in seinem Commentar zum 150. Psalm sagt: „Die Orgel ist ein Thurm aus verschiedenen Pfeifen gebaut, denen durch den Wind der Blasebälge ein sehr voller Ton gegeben wird; und damit dieser eine liebliche Modulation erhält, hat sie von innen heraus hölzerne Tasten, welche die Spielmeister kunstgerecht mit den Fingern niederdrücken, und dadurch eine großartig- und lieblichtönende Musik bewirken."

Im fränkischen Reiche müssen die Orgeln übrigens zur Zeit Pipin's (752-768) noch etwas Neues und Merkwürdiges gewesen sein. Denn Eginhard 2) erwähnt, während er die übrigen Geschenke, die der griechische Kaiser Konstantin Kopronymus im Jahr 757 dem Frankenkönige schickte, nicht erst einzeln nennt, ganz besonders eine Orgel. Eine zweite Orgel erhielt Karl der Große 787 von dem Kaiser Konstantin Michael zum Geschenk, welche, nach der Beschreibung eines Mönches von St. Gallen 3), das dumpfe Rollen des Donners anmuthig mit der Geschwähigkeit der Lyra oder Cymbel vereinigte.

Diese Orgeln aber wurden nur zu Hause gebraucht, und erst im Jahr 822 ließ Ludwig der Fromme von Georgius, einem Pater zu Venedig, eine Orgel bauen, um sie in der Kirche zu Aachen aufzustellen, was, so viel man weiß, das erste Beispiel des kirchlichen Gebrauchs der Orgel im Abendlande ist, während dieselbe im oströmischen Reiche nur zu Concerten und im Theater gebraucht wurde.

Um die Kunst des Orgelspielens im fränkischen Reiche allgemeiner zu machen, berief Karl der Große, wie Eginhard berichtet, italienische Meister nach Mez und Aachen, damit sie in den dortigen Gesangschulen auch im Orgelspielen Unterricht ertheilen sollten, und hieraus müssen wir schließen, daß die Orgel und ihre Behandlung damals in Italien schon eine gewisse Vollkommenheit erlangt hatte.

corum: non solum illud,,organum" dicitur, quod grande est et inflatur follibus.

1) Cassiodor. in Ps. 150. Organum est quasi turris diversis fistulis fabricata, quibus flatu follium vox copiosissima destinatur, et ut eam modulatio decora componat, linguis quibusdam ligneis ab interiore parte construitur, quas disciplinabiliter magistrorum digiti reprimentes grandisonam efficiunt et suavissimam cantilenam.

2) Eginhard. Annal. ad. a 757. Constantinus imperator Pipino regi multa misit munera, inter quae et organa, quae ad eum in Compendio villa pervenerunt.

Adduxerunt

3) Monach. Sangall. de Carol. M. lib. II. c. 10. etiam iidem Missi omne genus organorum, et praecipue illud musicorum organum praestantissimum, quod doliis ex aere conflatis follibusque taurinis per fistulas aeneas mire perflantibus rugitu quidem tonitrui boatum, garrulitatem vero lyrae vel cymbali dulcedine coaequabat.

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