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Nußen der Orgel.

St. Cäcilia.

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auf welche die ärmeren verzichten müssen, und wie unverkennbar auch der Fleiß ist, der selbst in den kleinsten russisch-griechischen Kirchen auf die Bildung eines brauchbaren Sängerchores verwandt wird, ja wie beschämend es für manchen Cantor oder Musikdirector an evangelischen Kirchen sein müßte, wenn er sähe und hörte, wie rein und schön dort oft ein aus ganz ungebildeten und rohen Leuten gebildeter Chor singt so wird doch der drei- und vierstimmige Gesang nie und nirgends in dem Grade allgemein werden können, daß die ganze Gemeine daran Theil nehmen könnte. Um aber einen vollstimmigen Gemeinegesang zu haben, bedarf es, wenn derselbe nicht mißtönend und unangenehm sein soll, durchaus einer Orgel. Da, wo sie ihn zusammenhält, mag immerhin hier eine gellende und schneidende, dort eine rauhe und heisere Stimme laut werden, die Orgel mit ihrer massenhaften Tonfülle übertönt und bedeckt Alles, und vereinigt alle einzelnen Töne zu einer großartigen Harmonie.

Wenn daher einige Bischöfe auf dem Tridentinischen Concil (1545-1563) die Orgel ganz aus der Kirche entfernt wissen wollten, so konnte sie wohl nur der Aerger über den Mißbrauch, den mancher Organist mit dem majestätischen Instrument trieb, dazu bewogen haben, und auch in diesem Falle war ihre Forderung eine nicht allzuwohl überlegte. Denn wenn Alles, was von dem Menschen je gemißbraucht worden ist, oder gemißbraucht werden kann, darum entfernt werden sollte was würden wir dann noch übrig be= halten?

Das Concil war daher auch einfichtsvoll genug, jene Forderung nicht weiter zu beachten, sondern in der 22. Sigung 1) nur zu verfü= gen,,,daß jede Musik, wo sich, sei es bei der Orgel oder beim Gefange, etwas Weltlichlüsternes oder Unlauteres einmischt, von der Kirche fern bleiben solle."

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Als Schußheilige der Kirchenmusik überhaupt, und der Orgel insbesondere, gilt bekanntlich die heilige Cäcilia, deren Gedächtnißtag (der 22. November) in London durch ein großes Musikfest ge= feiert wird. Die Zeit ihres Märtyrertodes läßt sich nicht mit Sicherheit angeben. Fiele sie jedoch in die Regierungszeit des Alexander Severus (222-235), wie Augufti in seinen Denkwürdigkeiten" (XI. S. 431.) angiebt, so könnten wir den von ihm angeführten Worten Fischer's Cäcilia hat die Orgel nicht erfunden, nicht gespielt, nicht geliebt; denn sie hat sie gar nicht gekannt" unmöglich beistimmen. Denn denken wir an die Wafferorgel, so hat sie dieselbe allerdings nicht erfunden; gekannt und gespielt könnte sie aber dieselbe wohl haben, da schon Nero sie gekannt hatte. Denken wir aber an die Windorgel, so beweist das oben angeführte Zeugniß des Augustinus, daß sie zu seiner Zeit schon bekannt war. Die heilige Cäci

1) Concil. Trid. sess. XXII. c. 9. Ab ecclesiis vero musicas eas, ubi sive organo sive cantu lascivum aut impurum aliquid miscetur

arceant.

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lia könnte also, käme es hier bloß auf die Zeit an, wohl inzwischen diese Erfindung gemacht haben.

Da jedoch alle alten Martyrologien von einem Saiten- oder Orgelspiel bei ihrem Tode durchaus schweigen, und die liebliche Schilderung ihres Abscheidens von der Welt erst in einer, aus dem XIV. Jahrhundert herrührenden Erzählung vorkommt, so sind schon aus diesem Grunde alle Argumentationen für oder wider sie, als Orgelerfinderin, unnüz. Stellt sie aber ein Maler dar, wie fie, vor einem einfachen Pfeifenwerk fihend, das Lied der frommen Sehnsucht nach dem Himmel begleitet, so könnte selbst die strengste historische Kritik ihn keines Fehlers zeihen.

Gesez über den Kirchenbesuch.

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V.

Der Kirchenbesuch.

Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten das Aeußere und Innere einer christlichen Kirche dargestellt worden, scheint es, weil die Feier des Gottesdienstes in derselben eine daran Theil nehmende Gemeine vorausseßt, angemessen, der Darstellung des Gottesdienstes selbst einige Mittheilungen über den Kirchenbesuch voranzuschicken, in Betreff dessen der neueren Zeit bekanntlich nur das Mittel freundlicher und dringender Ermahnung geblieben ist, um die säumigen Chriften zu fleißigerer Theilnahme am Gottesdienst zu bewegen.

Die altchristliche Kirchendisciplin war hierin strenger. Denn wer ohne hinreichenden Grund drei Sonntage nach einander wegblieb, sollte, nach einem oft wiederholten und allgemein geltenden Kirchengesez), zur Strafe ebenso lange Zeit vom Abendmahlsgenuß ausgeschlossen, d. h. excommunicirt sein, und das Trullanische Concil zu Konstantinopel (692) fügte noch hinzu: „Dieses dreimalige Wegbleiben soll bei einem Kleriker mit Absegung, bei einem Laien mit Ausschließung von der Kirchengemeinschaft bestraft werden."

Seitdem nämlich der Kaiser Konstantin öffentlich als Bekenner und Beschüßer des Christenthums aufgetreten war, hatte Niemand mehr für seine Theilnahme an dem christlichen Gottesdienst zu fürchten, und der Kaiser selbst hatte Sorge getragen, daß den Christen fast überall am Sonntage Kirchen offen standen. Wer also jest ohne einen gülti= gen Grund wegblieb, zog sich den Verdacht kezerischer Unzufriedenheit mit der Lehre oder den Einrichtungen der Kirche zu, oder verrieth eine strafwürdige Gleichgültigkeit gegen den Gottesdienst und das Christenthum überhaupt.

So war dem Bischof Euftathius in Armenien, einem sittlich strengen Manne, der ein stilles und an Entsagungen reiches Leben führte, nie Fleisch genoß und auch am Sonntage fastete, nicht nur der kirchliche Gottesdienst zu prunkreich und zu wenig erbaulich (weshalb er dem häuslichen unbedingt den Vorzug gab), sondern auch die Priesterehe im höchsten Grade anstößig, und da er hierin so weit ging, die Amtsverrichtungen eines verheiratheten Priesters geradezu für ungültig zu erklären, so sprach sein eigener Vater Eulalius, Bischof in Kappadocien, über ihn das Absehungsurtheil aus, und in Betreff der Euftathianer, welche, um nur mit einem verheiratheten Priester

1) Vergl. die Verordnung des Concils zu Elvira (305) c. 21. Si quis in civitate positus tres dominicas ad ecclesiam non accesserit, tanto tempore abstineat, ut correptus esse videatur.

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Hindernisse des Kirchenbesuchs.

nichts zu thun zu haben, in ganz ähnlicher Weise, wie die Sevaratisten der neueren Zeit, nicht nur den kirchlichen Gottesdienst mieden, sondern auch die Sacramente selbst verwalteten, erklärten die auf dem Concil zu Gangri1) (340) versammelten Bischöfe: Von der kirchlichen Gemeinschaft soll Jeder ausgeschlossen sein, der bei einem verheiratheten Priester nicht communiciren will; ebenso Jeder, der das öffentliche Gotteshaus und die gottesdienstlichen Versammlungen in dem= selben verachtet 2), und nicht minder der, welcher außerhalb der öffentlichen Kirche kirchliche Versammlungen hält und kirchliche Handlungen verrichtet, ohne Beisein des Priesters." 3)

In gleicher Weise wurde gegen diejenigen, welche aus Bequemlichkeit oder Leichtsinn die Kirche nicht besuchten, das alte Kirchengeseß: Wer dreimal hinter einander den sonntäglichen Gottesdienst versäumt, wird excommunicirt, geltend gemacht. Dabei war jedoch gestattet, daß man wohl einen oder zwei Sonntage aus der Kirche wegbleiben, und statt dessen einen Privatgottesdienst halten konnte; nur durfte, wie das Concil zu Laodicea (364) verordnete, weder ein Bischof, noch ein Presbyter in den Wohnhäusern das Abendmahlsopfer halten. Auch das Trullanische Concil (692) und das zweite Nicänische (787) gestattete den Fürsten und Großen des Reiches zwar den Privatgot= tesdienst in ihren Hauskapellen, aber nicht das Meßopfer daselbst.

Am Abendlande mußte die Kirche in dieser Hinsicht milder sein. Hier waren die Wege oft schlecht, die Entfernung von der Kirche sehr weit, und manche Orte lagen so, daß weit und breit keine Kirche zu sehen war. Daher wurden auch die Reicheren so oft und drin= gend zum Bau von Kirchen aufgefordert, und nicht selten war das Versprechen, dies zu thun, die einzige Bedingung, unter welcher der Priester für eine schwerere Sünde die Absolution ertheilte. Wie lange aber dauerte es, ehe dem Mangel an Kirchen nur einigermaßen ab= geholfen war! Außerdem machten auch die unaufhörlichen Fehden und die kühne Raublust der mittelalterlichen Zeiten die Wege höchst unsicher. Zwar suchte der Kaiser Konrad II. in Deutschland (1033) durch den Gottesfrieden, der anfangs in jeder Woche wenigstens von 9 Uhr Abends am Sonnabend bis 1 Uhr Mittags am Montage, späterhin von Mittwoch Abend bis Montag früh und vom ersten Ad= vent bis Epiphanias alle Feindseligkeiten fern halten sollte, die allge= meine Ruhe zu sichern und den Kirchenbesuch gefahrloser zu machen.

1) Concil. Gangr. c. 4. Εἴ τις διακρίνοιτο παρὰ πρεςβυτέρου γεγαμηκότος, ως μη χρῆναι, λειτουργήσαντος αὐτοῦ, προςφορᾶς μεταλαμβάνειν, ἀνάθεμα ἔστω.

2) can. 5. Εἴ τις διδάσκοι, τὸν οἶκον τοῦ θεοῦ εὐκαταφρόνητον εἶναι καὶ τὰς ἐν αὐτῷ συνάξεις, ἀνάθεμα ἔστω.

3) can. 6. Εἴ τις παρὰ τὴν ἐκκλησίαν ἰδίᾳ ἐκκλησιάζοι καὶ κατ ταφρονῶν τῆς ἐκκλησίας ἐθέλοι πράττειν τὰ τῆς ἐκκλησίας, μὴ συνόντος τοῦ πρεςβυτέρου, κατὰ γνώμην τοῦ ἐπισκόπου, ἀνάθεμα ἔστω.

Dispensation vom Kirchenbesuch.

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Was half aber ein solches Gefeß? Hohnlachend ließ sich der Raubritter auf seiner wohlbefestigten Burg drohen, und fuhr unbekümmert fort, die Vorüberziehenden zu überfallen und auszuplündern, oder auf feine Veste fortzuschleppen, um sie dort im Burgverließ schmachten zu laffen, bis er entweder das verlangte Lösegeld erhielt, oder durch Uebermacht genöthigt wurde, seine Beute herauszugeben.

Wer hätte es also unter solchen Umständen gern wagen mögen, den auch nach der nächsten Klosterkirche immer noch ziemlich weiten und unsicheren Weg anzutreten? Daher bestand der sonntägliche Gottesdienst in jenen Zeiten meist in Hausgottesdienst, den der Hauskaplan in der kleinen Burgkapelle hielt, und schon das Concil zu Agthe (505) gestattete denselben, indem es im 14. Kanon erklärte:,,Wenn Jemand außerhalb der Parochie wohnt, in welcher der gesegliche, öffentliche Gottesdienst stattfindet, und wegen der Beschwer= lichkeit der Reise für sich und seine Familie eine Betkapelle zu Hause haben will, um dort die Messe zu hören, so gestatten wir es hiermit. Am Osterfest aber und den anderen hohen Festen muß Jeder die öffentliche Kirche besuchen, und die Geistlichen, welche an solchen Festtagen in einer Hauskapelle Messe lesen, ohne daß der Bischof es ihnen befohlen oder erlaubt hat, sollen mit Ercommunication bestraft werden." In gleicher Weise erklärte sich darüber Hinkmar, der Erzbischof von Rheims (starb 882). Nur," erinnerte er,,,foll kein Priester an einem Altar, der nicht vom Bischof geweiht ist, Messe le= sen. Wenn also eine Kirche oder ihre Altäre noch nicht geweiht find, oder wenn der Gottesdienst in Kapellen gehalten wird, welche der Weihe nicht würdig genug sind, so soll der Priester eine tragbare Tischplatte von Marmor oder schwarzem Steine, kurz, so kostbar, als es die Vermögensumstände gestatten, uns zum Weihen bringen. Diefen kann er alsdann, wo und wie lange es nöthig ist, als Altar brauchen."

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Diese Dispensation vom Besuche der öffentlichen Kirche fiel aber natürlich weg, wenn jene Hindernisse nicht da waren, und für Alle, welche in den Städten und an Orten wohnten, wo Kirchen waren, galt das alte Kirchengeset, das sich auch auf die Hofkapellen des Kaisers Ludwig und Lothar erstreckte. So heißt es in den Bestim= mungen des Concils zu Paris 1): „In Beziehung auf die Priester und die Hofkapellen, welche ohne Rücksicht auf das Ansehen und die Würde der Kirche gehalten werden, ermahnen wir Euch, daß Ihr den Gebrauch derselben durch Eure Macht beschränkt. Denn dadurch leidet das Ansehen der Kirche und Eure Hofbeamten kommen deshalb nicht an den gottesdienstlichen Tagen, wie es sich ziemt, mit Euch zur Feier der Messe. Wir bitten daher dringend, wie wir es schon oft gethan haben, daß Ihr mit pflichtmäßiger Sorgfalt über der Feier des Sonntags wachet, Euch an diesem Tage, wenn nicht dringende Umstände es hindern, von allen irdischen Sorgen und Geschäften frei macht und theils selbst das thut, was die Heiligkeit eines so wichtigen La

1) Concil. Paris. III. c. 19.

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