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,,Nächtlicher Hammer“ in den Klöstern.

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Man mußte vielmehr die Versammlungen möglichst geheim zu halten suchen, und daher nimmt Baronius 1) an, daß damals ein Kirchendiener (veodpouos) zu den Einzelnen geschickt worden sei, um ihnen den jedesmaligen Zusammenkunftsort, der oft habe gewechselt werden müssen, und die Zeit des Gottesdienstes mitzutheilen, wobei er sich auf eine Stelle in dem Briefe des Ignatius an den Bischof PoIskarp beruft, in der es heißt: Es ziemt sich 2), Einen auszuwählen (den ihr sehr lieb habt und als unverdroffen kennt, welcher,,Gottesbote" genannt werden kann) und diesen zu beauftragen, nach Syrien zu reisen, um eure raftlose Liebe für die Ehre Christi zu verkündigen." Hier aber ist die Rede von einem Manne, der zu einer weite= ren Reise in Kirchenangelegenheiten gebraucht werden sollte, nicht von einem Kirchendiener in dem von Baronius angegebenen Sinne, und es scheint daher am sichersten, anzunehmen, daß, wenn die Umstände eine Aenderung nöthig machten, bei jeder Zusammenkunft auch zugleich der Ort und die Zeit für die nächstfolgende verabredet wurden.

Erst später, als Konstantin die Christen vor aller Verfolgung ficher gestellt hatte, konnte man daran denken, durch lautschallende Signale die Gemeine zum Gottesdienst zusammen zu berufen. Glocken aber gab es damals noch nicht. Demnach wurden in den ägyptischen Klöstern, der jüdischen Sitte gemäß, Trompeten gebraucht, und Pachomius, der Begründer des dortigen Klosterlebens (340) gebot in seiner Klosterregel 3): „Jeder Mönch soll, sobald er den Klang der zum Gebet rufenden Trompete hört, sogleich seine Zelle verlassen." Ebenso war es in einigen palästinensischen Klöstern. In anderen saßen, wie Cassian) es schildert, die Mönche einsam in ihren Zellen mit Handarbeit oder Gebet beschäftigt, bis sie mit dem Hammer" an die Thür der Zelle pochen hörten; dann eilten sie mit wetteifernder Schnelligkeit in den Betsaal.

Dieser nächtliche Hammer" (malleus nocturnus), der häufig erwähnt wird, scheint überhaupt vor der Einführung der Glocken ganz allgemein in den Mönchsklöstern im Gebrauche gewesen zu sein, während in den Nonnenklöstern, z. B. in dem von Paula, einer vor nehmen Nömerin, zu Jerusalem gestifteten, die Schlafenden durch ein

1) Baron. Annal. 58. n. 107.

2) Πρέπει χειροτονῆσαί τινα, ὃν ἀγαπητὸν λίαν ἔχετε καὶ ἄοκνον, ὃς δυνήσεται θεόδρομος καλεῖσθαι, τοῦτον καταξιώσαι, ἵνα πορευθεὶς εἰς Συρίαν δοξάσῃ ὑμῶν τὴν ἄοκνον ἀγαπὴν εἰς δόξαν Χριστοῦ.

3) Pachom. regul. 3. Quum audierit vocem tubae ad collectam vocantis, statim egrediatur.

4) Cassian. Instit. IV. c. 12. Considentes inter cubilia sua et operi ac meditationi studium pariter impendentes, quum sonitum pulsantis ostium ac diversorum cellulas percutientis audierint, ad orationem eos scilicet seu ad opus aliquod invitantis, certatim e cubilibus suis unusquisque prorumpit.

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Simantrum.

Hagiosiderón.

Glocken.

an den Thüren der einzelnen Zellen gesungenes und allerdings sanfter tönendes Hallelujah" geweckt wurden. 1)

In der griechischen Kirche waren vor der Erfindung der Glocken, und später, als die Türken (die den Gebrauch der Glocken nicht ge= statteten) Konstantinopel erobert hatten, zwei andere Instrumente, das Simantrum und das Hagiósideron, im Gebrauch. Das erftere (onuarzoor) war nach der Beschreibung des Hieronymus Magius) eine Tafel von sehr hartem Holze, 5 Finger breit, 12 Finger dick und 14 Fuß lang, an welcher in der Mitte eine Schnur befestigt war. Sollte es gebraucht werden, so stellte sich der, welcher es zu schlagen hatte, vor die Thür der Kirche oder auf einen erhöhten Play, legte es mit dem einen, schmäleren Ende auf die linke Schulter, hielt es an der Schnur mit den Zähnen fest und schlug mit zwei hölzernen Hämmern darauf, indem er sich selbst im Kreise herumdrehte.

Das Hagiofideron (άycosidηgov) dagegen war ein Eisenblech, 4 Finger breit und 16 Finger lang. Es wurde gleichfalls an einer, in der Mitte befestigten Schnur schwebend gehalten, aber nur mit einem eisernen Hammer geschlagen, und diente statt des Meßglöckleins.

Diese beiden Instrumente vertraten in der griechischen Kirche bis in die leßte Hälfte des IX. Jahrhunderts die Stelle der Glocken; denn erst im Jahre 865 erhielt der griechische Kaiser Michael von dem venetianischen Dogen Ursus Patricius 12 große Kirchenglocken zum Geschenk, die er in dem Thurm der Sophienkirche in Konstanti= nopel aufhängen ließ. Doch wurde im griechischen Reiche auch damals, als an ein Verbot der Glocken noch gar nicht zu denken war, der Gebrauch derselben nie so allgemein, daß das Simantrum durch sie wäre verdrängt worden.

Nur die russische Kirche hat von jeher eine große Vorliebe für das Glockengeläute bekundet, und wie sie schon in den Zeiten des Mittelalters sich durch die Menge und oft riesenmäßige Größe ihrer Glocken auszeichnete, so ist auch noch gegenwärtig der Handel mit Glocken des ungeheuren Verbrauchs wegen sehr groß, weshalb man auf allen Messen und Märkten neben anderen Verkäufern gewiß immer auch einen oder ein Paar Glockenhändler sieht, die ihre Glocken, kleine und große, in langen Reihen geordnet, an großen hölzernen Gerüsten aufgehängt haben.

Obwohl es indeß einerseits bei den Ruffen viel Glockengeläute, andererseits nicht leicht eine russische Kirche giebt, welche nicht die oben (S. 47.) erwähnten fünf Kuppeln oder Thürmchen hätte, so werden diese letteren doch nie zum Aufhängen der Glocken gebraucht, sondern sie dienen bloß als Zierrath; liefern aber zugleich auch den Beweis, daß die saracenische Bauweise auf den Bau der byzantinischen Kirchen von Einfluß gewesen ist. Der byzantinische Schriftsteller Cedrenus (II. p. 109. ed. Bonn.) spricht dies geradezu

1) Hieron. epitaph. Paulae ep. 27. Post Alleluja" cantatum, quo signo vocabantur ad collectam, nulli residere licitum erat.

2) Hieron. Mag. de tintinnabulis c. 15.

Glocken- und Kirchenthürme.

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aus, indem er sagt, daß Theophilus die Bauweise der Saracenen nachgeahmt habe, und jene Thürmchen um die Hauptkurrel in der Mitte erinnern in der That lebhaft an die Minarets der muhammedanischen Moskeen. Für die Glocken dagegen giebt es bei allen russischen Kirchen einen eigenen Kolokolnik" oder Glockenträger. Bei Landkirchen ist es gewöhnlich eine alte Eiche, in deren Aesten die Glocken wie große Baumfrüchte hängen. In anderen Gegenden, wo es keine Eichen giebt, hängen die Glocken an einem von zwei Pfäh len getragenen Querbalken, oder unter einem aus Steinen aufgeführten Bogen, der einer Triumphpforte ähnlich sieht. In Städten aber find für diesen Zweck in der Regel eigene, seitwärts von der Kirche stehende Thürme erbaut, und der große Johann“ (Jwan Weliki) in Moskau ist nichts anderes, als ein isolirt stehender Kolokolnik. 1)

Im Abendland kommen dergleichen einzeln stehende Glockenthürme wohl auch vor; so z. B. bei der St. Bernhardinkirche in Breslau, bei den St. Bartholomäuskirchen in Kolin und Zerbst, bei der Pfarrkirche zu Luckenwalde, ferner der rothe Thurm auf dem Markt zu Halle, der Perlachthurm bei der Petrikirche zu Augsburg ze. Aber dies sind eben nur Ausnahmen, die wohl in localen Verhältnissen ihren Grund gehabt haben mögen. Denn der Regel nach gehörten Kirche, Glocken und Thurm so wesentlich zusammen, daß diejenigen Mönchsorden, welche nur kleine Glöckchen haben durften, auch keine Thürme auf ihren Kirchen haben. 2) Wenn daher v. Wiebeking in seiner praktischen Baukunde (Th. 2. S. 293.) sagt:,,Die Kirchenoder Glockenthürme werden nicht vom christlichen, wohl aber_vom_muhammedanischen Cultus gefordert," so ist dies eine nicht bloß schief ausgedrückte, sondern auch unrichtige Bemerkung. Der muhammeda nische Cultus verlangt allerdings Gebetsausrufer, die, um weithin gehört zu werden, auf einem hohen Standort stehen müssen. Mit glei

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1) Obwohl der große Johann" genannt, und an Glocken bei weitem reicher, als alle anderen Thürme er zählt deren nicht weniger, als ein und dreißig steht er doch in Beziehung auf seine Höhe den aus gezeichneteren Thürmen deutscher Kirchen bedeutend nach. Denn seine Höhe beträgt nur 276 Fuß, während

in seinen verschiedenen Etagen

-

der Thurm des Münsters zu Straßburg
der Thurm der Martinskirche zu Landsbut
der Stephansthurm in Wien

der Andreasthurm zu Braunschweig

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452 F. hoch ist,
448 F.

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438 8. $

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426

2

der Michaelisthurm zu Hamburg

416

der Hauptthurm des Doms zu Mainz.

390

der Thurm des Münsters zu Freiburg

385

der Elisabeththurm zu Breslau (früher 416 F.

hoch, seit 1529, wo er die Spike verlor) 335 die Domthürme zu Magdeburg

329 F.

der Thurm der Pfarrkirche zu Schweidniß 320 8.

2) Aelteren Bestimmungen zufolge mußte eine Kathedrale mindestens fünf, eine Collegiatkirche drei und eine Pfarrkirche zwei Glocken haben. Die Franciscaner durften nur eine größere, und die Dominicaner nur kleinere Glocken haben, wie sie sich unter den „Dachreitern" oder den kleinen auf dem Kirchendach stehenden und zur Aufnahme der Meßglöckchen bestimmten Thürmchen finden.

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Ursprung des kirchlichen Gebrauchs der Glocken.

chem Rechte aber kann man auch sagen: Der christliche Cultus verlangt Glocken, die, um weithin gehört zu werden, möglichst hoch hän= gen müffen, und der einzige Unterschied dürfte der sein, daß die Glocke nicht stehen und der Gebetsausrufer nicht aufgehängt werden darf, wenn sie gebraucht werden sollen.

Was den Ursprung der zum kirchlichen Gebrauch bestimmten Glokken betrifft, so läßt sich dieser nicht mit Sicherheit bestimmen. Denn wenn erzählt wird, daß der Bischof von Orleans, als der fränkisce König Chlotar im Jahr 610 diese Stadt belagerte, die Glocken der St. Stephanskirche läuten ließ, und durch das wundersame Getöse das fränkische Kriegsvolk so sehr erschreckte, daß es eilig die Flucht er= griff 1), so ist dies zwar einerseits für den Gebrauch der Glocken, an= dererseits aber auch dafür ein Beweis, wie neu und ungewohnt dieser Klang den Franken wenigstens damals noch war.

Schon aus diesem Grunde würde man die Richtigkeit der ehemals ziemlich allgemein verbreiteteten Meinung bezweifeln müssen, daß Paulinus, ein Bischof von Nola in Campanien (um 400) der Er= finder der Glocken sei, wenn auch die lateinischen Namen nola und campana auf einen Ursprung von dorther schließen lassen. Aber es schweigen außerdem auch nicht bloß alle übrigen Schriftsteller jener Zeit von einer solchen Erfindung, die gewiß nicht unerwähnt geblieben wäre, sondern Paulinus selbst erwähnt, so genau er auch die beiden von ihm erbauten und eingerichteten Kirchen bis ins Einzelnste beschreibt, weder Glocken noch einen Glockenthurm.

Weit wahrscheinlicher ist es daher, wenn man den römischen Bischof Sabinianus (604-609) als Erfinder oder doch als den Ersten ansieht, der die Glocken zum gottesdienstlichen Gebrauche be= stimmte.

Sobald sie nun vorzugsweise oder ausschließlich kirchlichen Zwecken dienten, lag auch der Gedanke ziemlich nahe, sie mit einer gewissen Feierlichkeit dazu zu weihen, und aus dieser Weihe war schon um das Jahr 787 eine wirkliche Glockentaufe geworden, wie dies aus dem in diesem Jahre von Karl dem Großen gegebenen Verbot »ut clocas non baptizent« hervorgeht.

Trogdem ordnete der Papst Johann XIII. (965-972) wiederum eine Weihe der Glocken an, die zwar nicht für eine facramentalische Laufe gelten sollte, ihr aber, was den äußeren Ritus betraf, sehr ähnlich war, wie dies aus der Schilderung des glaubwürdigen Sleidanus) (starb 1556) hervorgeht. ,,Wenn die Glocke fertig gegoffen ist," berichtet er, so wird sie zuvörderst so aufgehängt, daß der Bischof rings um sie herumgehen kann. Dabei murmelt er leise

1) Vincentii Specul. histor. XXIII. c. 9. Quum anno X. saeculi VII. Clotharius, rex Francorum, Aurelianum obsidione cinxisset, episcopus civitatis aera turribus templi ad St. Stephanum imposita ita movere jussit, ut terrificum clangorem ederent. Quo audito hostes veluti insolito hoc sono perterriti urbem reliquere fugaque perceleri sibi

consuluere.

2) Sleidan. Comment. XXI. p. 388.

Glockentaufe.

Glöckner.

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einige Psalmen, weiht dann Wasser und Salz, vermischt beides und wäscht damit die Glocke von außen und innen, trocknet fie ab und spricht, indem er mit dem geweihten Del das Zeichen des Kreuzes auf sie macht:

Consecretur et sanctificetur, Domine, signum istud in nomine Pa + tris et Fi+ lii et Spiritus Sancti. Hierauf betet er, daß, so oft die Glocke geläutet wird, der Glaube und die Liebe in den Herzen der Menschen zunehmen, jegliche Nachstellung des Teufels, Hagel, Blis, Sturm und Ungewitter weichen und alle ungünstige Witterung aufhören möge. Alsdann wischt er das Del mit einem leinenen Luche ab, macht auf die Außenseite der Glocke sieben Kreuze, inwendig eines, und schwingt, während wiederum einige Pfalmen, vornehmlich der 29., gesungen werden, unter der Glocke das Rauchfaß. 3ft fie auf diese Weise geweiht und ihr dabei der Name, den sie haben soll, ertheilt worden, so wird sie, mit Blumen und Tüchern geschmückt, in den Thurm hinaufgezogen, und ein fröhliches Festmahl beschließt die Feierlichkeit.“ 1)

Da in dem Weihgebet selbst die Abwendung alles Wetterschadens als eine Wirkung des Glockengeläutes erflcht wurde, so darf man sich über die Sitte, bei schweren Gewittern die Glocken zu läuten, die sich fast bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts erhalten hat und nicht ohne Schwierigkeit abgeschafft werden konnte, nicht wundern. 2)

Das Glöcknerami übrigens war zur Zeit Karl's des Großen ein so wichtiges und ehrenvolles, daß Aebte und Priester in eigener Person es verwalteten. Später wurde es den Thürhütern der Kirche überwiesen; doch mußten sich diese, wie der Kardinal Bona3) berichtet, vorher in ihre Amtetracht kleiden, d. h. ein weißleinenes Chorhemde mit Aermeln anziehen, und gehörten als Glöckner und Thürhüter zum Stande der Kleriker niederen Ranges. Daher wird noch jest in der katholischen Kirche den Alumnen, wenn sie die erste niedrigste Weihe zum Ostiarieramt erhalten, nachdem ihnen von dem Ordinirenden vorgehalten worden: "Ostiarium oportet percutere cymbalum et campanam, aperire ecclesiam et sacrarium et librum aperire ei, qui praedicat, « vom Archidiakon auch der Glockenstrang in die Hand gegeben, und jeder der Ordinanden muß damit einige Male läuten; natürlich nur der Form wegen, denn in den Kirchen der größeren Städte sind jeßt für dieses Geschäft beson

1) Die Protestanten baben dergleichen natürlich von Anfang an nicht gutbeißen fönnen, und erklärten vielmehr:,,Haec baptizatio fit in contumeliam baptismi, ideoque minime toleranda est,"

2) Auf dem Lande hatte dies allerdings für die Cantoren und Schullehrer, inwiefern sie zugleich Glöckner waren, auch wirklich einen pekuniären Nachtbeil, lange nämlich jene Sitte bestand, brachten die Landleute ihnen für ihre Mühe willig und gern nach der Ernte ibre sogenannten Wettergarben dar, die fie fich natürlich späterhin zu geben weigerten.

3) Rerum liturg, 1. c. 22, Hodie officium Ostiarii est, quem decet superpelliceo indutum esse, dum signa pulsat, quia munus "sui ordinis

exercet.

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