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auch die Niederlage des Cassius, welcher a. u. 647, wie Livius berichtet, a Tigurinis Gallis, pago Helvetiorum, in finibus Allobrogum cum exercitu caesus est. Also gebraucht er doch auch den Namen Germanen für entschieden gallische Völker. Ferner wird man die linguistischen Kenntnisse, die Tacitus zur Schau trägt, nicht hoch anschlagen dürfen. Seine Nachricht von der britannischen Sprache der Aestier Germ. 45 klingt doch gar zu wunderlich. Endlich ist zu bedenken, dass Tacitus und Sueton zu Anfang des zweiten Jahrhunderts schwerlich noch eine lebendige Kenntniss der Gallier haben konnten. Damals war ganz Gallien schon mehr als hundert Jahre römisch und so lange brauchten die Römer nicht, um ein Volk zu romanisiren. Man denke an Dacien, das erst unter Trajan den Römern unterworfen und schon unter Aurelian wieder aufgegeben wurde, nachdem schon lange früher barbarische Völker eingedrungen waren; und dieser kurze Besitz genügte, die dakische Sprache zu vertilgen und die römische an ihre Stelle zu setzen. In Gallien war schon vor Caesar römische Sitte und Sprache bis weit in die nördlichen Theile vorgedrungen, wie die Rede Cicero's pro Fontejo 69 v. Chr. beweist: referta Gallia negatiatorum est, plena civium Romanorum; nemo Gallorum sine cive Romano quidquam negotii gerit; nummus in Gallia nullus sine civium Romanorum tabulis commovetur. Schon 44 v. Chr. wurde die erste Colonie am Rein gegründet, Augusta Rauracorum, wie K. Roth in seiner Abhandlung über L. Munatius Plancus gezeigt hat. Strabo sagt S. 186: Kavarer nennt man die Barbaren am Rhodanus, wiewohl sie keine Barbaren mehr, sondern völlig in Römer verwandelt sind, in der Sprache und in der Lebensweise. Er schildert S. 181, wie die Gallier in Massilia sogar schon griechische Beredtsamkeit studiren, und wenn er S. 195 die Sitten der Kelten schildern will, muss er auf die alten Zeiten zurückgehen, oder sich bei den Germanen unterrichten, weil die Gallier schon Römer geworden sind. Schon im Jahr 21 n. Chr. bei dem Aufstand des Julius Florus und Julius Sacrovir, dem letzten Versuch nationaler Erhebung, erfahren wir von Tacitus Annal. III, 43, wie die Jugend der Aeduer in der Schule zu Augusto dunum lateinische Bildung erhielt. Damals werden noch einmal die Gallier an ihren

alten Ruhm erinnert, cp. 54, memorare veteres Gallorum glorias. Aber schon beim Aufstand des Vindex a. 68 sind die Gallier völlige Römer; und es handelt sich bei der angeblichen Befreiung des gallischen und römischen Volks nur um die Entthronung des Nero, an dessen Stelle sie den Galba ausrufen. Schon Claudius hatte vornehmen Galliern Ehrenstellen in Rom verliehen, Galba gab allen Galliern das Bürgerrecht. Schon von Caligula sagt Sueton: instituit in Gallia Lugduni certamen Graecae Latinaeque facundiae; in allen bedeutenden Städten blühten Schulen, durch welche lateinische Bildung mit so glücklichem Erfolg verbreitet wurde, dass Juvenal denen, die lateinisch lernen wollen, den Rath giebt, nicht nach Rom, sondern nach Gallien zu gehen. Daher hatten die Gallier für den nationalen Aufstand des Civilis keinen Sinn; Julius Sabinus liess sich Caesar salutiren. Ja sogar die Ubier in Cöln mussten zwar ihre Freude über die Wiedervereinigung mit den deutschen Brüdern recht laut hören lassen, aber sobald sie konnten, ermordeten sie die Barbaren, und riefen römische Besatzung, weil sie sich schon ganz als Römer fühlten, wenn schon sie vielleicht ihre deutsche Sprache noch nicht ganz vergessen hatten. Gewiss also war zur Zeit des Tacitus schon das ganze Land römisch, mit Ausnahme einiger Gebirgsgegenden, und was er gallische Sprache nennt, wenn er sie wirklich sprechen hörte, ist vielleicht nichts anderes gewesen als aquitanisch in den Pyrenäen. So ist es auch möglich, dass die Nachricht Suetons ganz wörtlich zu verstehen ist: mancher vornehme Gallier, der dem Caligula a§io&qiαμßevτns schien, war nicht mehr im Stand, gallisch zu sprechen, und musste die Sprache, wie eine fremde, wieder lernen, um als Germane gezeigt werden zu können.

Unter diesen Umständen darf der unsicher ausgedrückten Meinung des Tacitus kein Gewicht beigelegt werden. Die Ansicht des Alterthums ist dieselbe, die ich der herrschenden Lehre entgegenstelle: die Germanen sind Kelten.

Es bleibt noch übrig, die Ansichten der Alten über die brittischen Völker kennen zu lernen. Da man diese jetzt allgemein und ohne den mindesten Zweifel für Kelten hält, so erwartet man, dass diese Ansicht durch die deutlichsten Zeugnisse gestützt sei. Mit

Erstaunen überzeugt man sich, dass bis auf Tacitus nicht ein Schriftsteller die mindeste Veranlassung gegeben hat, die Britten für Kelten zu halten. Aristoteles sagt, die brittischen Inseln liegen über den Kelten, de mundo, 3: νῆσοι Βρετανικαὶ — ὑπὲρ τοὺς Κέλτους κείμεναι. Er rechnet also deutlich die Britten nicht zu den Kelten. Caesar, der erste Römer, der Britannien betrat, gibt nirgends zu verstehen, dass er die Britten und die Gallier für stammverwandt halte: an der Küste, sagt er 5, 12, wohnen Belgen, die der Beute und des Kriegs wegen herübergekommen sind, die Britten selbst aber sind nicht eingewandert Britanniae pars interior ab iis incolitur, quos natos in insula ipsa memoria proditum dicunt; maritima pars ab iis, qui praedae ac belli inferendi caussa ex Belgis transierant. Er hält also die Britten für ein anderes Volk als die Gallier. Ebenso sagt Diodor, dass die Britten Autochthonen seien, womit die Ansicht, dass sie Kelten seien, aufs bestimmteste abgewiesen ist, v. 21: xaroneïv dé φασι τὴν Βρεττανικὴν αὐτόχθονα γένη.

Strabo sagt nicht nur nichts davon, dass die Britten zu den Kelten zu rechnen seien, sondern er tadelt 2, 75 ausdrücklich den Hipparch, weil er diese falsche Meinung habe. Erst Tacitus ist es wieder, der für die herrschende Ansicht benützt werden kann; er sagt im Agricola, es sei von den Britten nicht bekannt, ob sie eingewandert seien; ihrer Leibesbeschaffenheit nach scheinen sie theils von den Germanen, theils von den Iberern, theils von den Galliern abzustammen; im Allgemeinen könne man die Meinung haben, dass sie von dem nahen Gallien gekommen seien; dafür spreche auch manche Uebereinstimmung in Glaube und Sitte, und die Aehnlichkeit der Sprache: in universum tamen aestimanti, Gallos vicinum solum occupasse, credibile est. Auf das Urtheil des Tacitus hinsichtlich der Sprache können wir kein grosses Gewicht legen, wie schon oben gezeigt ist. Diese unsichere Meinung des Tacitus ist das einzige Zeugniss, das für die herrschende Ansicht angeführt werden kann. Es sagt daher auch Zeuss, die Deutschen S. 193: Ueber die Stammverhältnisse der Inselbewohner geben die Römer keine ausreichende Aufschlüsse; er meint aber, Zeugnisse seien unnöthig, weil durch die noch lebende Sprache das Keltenthum der Britten mit der grössten Sicherheit er

wiesen sei. Von der Sprache werden wir im vierten Theile handeln; hier haben wir nur die Ansichten der Alten kennen zu lernen. Das Endergebniss des Zeugenverhöres ist die entschiedene Erkenntniss, dass die Alten die jetzt herrschende Ansicht nicht hatten, dass sie vielmehr in beiden Sätzen der Ansicht waren, die in dieser Schrift vertheidigt wird. Es ist nicht wahr, dass die Alten die Germanen für einen neuen, vom keltischen verschiedenen Volksstamm hielten ; es ist nicht wahr, dass sie die Britten zu den Kelten zählten. Vielmehr hielten sie die Germanen für einen Zweig des grossen keltischen oder galatischen Volksstammes, und die Britten für ein eigenes, von den Kelten verschiedenes Volk.

Dritter Theil.

THATSACHEN.

Die Alten können sich geirrt haben; sie können zwei ganz verschiedene Völker aus mangelhafter Kenntniss unter einem Namen befasst und für stammverwandt gehalten haben. So schwer ein solcher Irrthum zu begreifen wäre, so kann er doch nicht geradezu für unmöglich erklärt werden. Und dass wirklich die Germanen ein ganz anderes Volk als die Kelten waren, und dass diese dagegen in den brittischen Völkern wiederzufinden sind, soll aufs deutlichste aus den Thatsachen hervorgehen, vor welchen freilich blosse Meinungen und Ansichten keinen Werth mehr haben können. Betrachten wir also diese Thatsachen.

Wir sehen zuerst, dass die Kelten, wie sie von den Alten beschrieben werden, ihrer physischen Seite nach in den brittischen, oder in den deutschen Völkern wieder erkannt werden können. Die keltische Race war sehr leicht kenntlich und durch Grösse, weisse Hautfarbe, blonde Haare von allen andern deutlich unterschieden. Zeugnisse in grosser Zahl findet man bei Zeuss, die Deutschen S. 49. Von den Galatern in Kleinasien lernen wir aus Livius 38, 17; 21, dass sie durch procera corpora, promissae et rutilatae comae, candor corporum ausgezeichnet waren. Von den italischen Galliern rühmt Silius Italicus, Punica 4, 154 die lactea colla, und 200 Alavam caesariem, crinem auro certantem, candida membra; ihren hohen Wuchs erwähnt er 15, 716: procerae stabant, Celtarum signa, cohortes. Ebenso bei Virgil. Ann. 8, 657 aurea caesaries, lactea colla (Gallorum). Im allgemeinen von dem ganzen Volksstamm sagt Diodor Sic. V, 28: οἱ δὲ Γαλάται τοῖς μὲν σώμασίν εἰσιν εὐμήκεις, ταῖς δὲ σαρξὶ κάθυγροι καὶ λευκοί· ταῖς δὲ κόμαις οὐ μόνον ἐκ φύσεως ξανθοὶ 1. Es wäre

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