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ihrer Vergötterung verleiten lassen. Dann geht der Verfasser V. 10
zu der Bilderverehrung über. Man vergleiche V. 10 èκάλecav BeoÙc
ἔργα χειρῶν ἀνθρώπων, χρυσὸν καὶ ἄργυρον τέχνης ἐμμελέ-
τημα... ἢ λίθον ἄχρηστον χειρὸς ἔργον ἀρχαίας und Philo De
mon. I 2 χρυσὸν καὶ ἄργυρον ἀνδριαντοποιοῖς ὡς θεοπλαστεῖν
ἱκανοῖς παρέδοσαν, οἱ δὲ λαβόντες ἀργὴν ὕλην θεοὺς ὅςα τῷ
dokεîv èμópoшcav.1) Ähnlich wie die V. C. hebt dann die Weis-
heit die ursprüngliche Gestaltlosigkeit der Materie hervor, aus der
die Götterbilder gefertigt werden.) Sie bemerkt V. 11, dafs aus
demselben Stoffe ein χρήσιμον σκεῦος εἰς ὑπηρεσίαν ζωῆς gebildet
werde, und 15, 7, dafs der Töpfer aus demselben Thone wie die
Gottheit τά τε τῶν καθαρῶν ἔργων δοῦλα σκεύη τά τε ἐναντία
forme. Ähnlich die V. C.: ὧν τὰ ἀδελφά μέρη καὶ συγγενῆ λου-
τροφόροι γεγόνασι καὶ ποδόνιπτρα καὶ ἄλλ ̓ ἄττα τῶν ἀτιμοτέρων
ἃ πρὸς τὰς ἐν σκότῳ χρείας ὑπηρετεῖ μᾶλλον ἢ τὰς ἐν φωτί, vgl.
auch Minucius Felix 23, 12 (nach Herodot II 172), und Hor. Sat.
I 8,2 mit Sap. 15, 7.9) Endlich wendet sich das Buch der Weisheit
15, 18. 19. 11, 15 auch gegen den Tierdienst und hebt wie Philo
S. 472, 38. 49. 50 besonders die Unvernunft und Häfslichkeit der
von den Ägyptern verehrten Tiere hervor.

Aus diesen Ausführungen ergiebt sich, dafs die Polemik der
V. C. echt philonisch ist; dafs sie nicht von einem Fälscher andern
philonischen Schriften entlehnt sein kann1), beweist die freie Herr-
schaft des Verfassers über Sprache und Stoff, besonders auch charak-
teristische Züge, die sich nicht bei Philo, wohl aber in der jüdischen
Apologetik finden.5) Es ergiebt sich, dafs diese Polemik durchaus
dem Charakter der jüdischen Apologetik entspricht und dafs gar
kein Grund vorhanden ist, Benutzung christlicher Apologieen durch
die V. C. anzunehmen.) Nur Lucius' blinder Eifer, mehr durch
Masse als durch Gewicht der Gründe zu wirken, kann diese unüber-
legte Behauptung (S. 115) erklären. Berechtigt wäre sie nur, wenn
eine derartige Polemik zuerst in der christlichen Apologetik auf-
getreten wäre. Sie findet sich aber, wie gezeigt wurde, ähnlich
in der jüdischen Litteratur. Und auch hier ist sie nicht einmal
original. Die jüdische und die christliche Apologetik setzen hier nur
die Kritik fort, die schon die heidnische Philosophie, namentlich die

1) S. die andern Parallelen S. 707 Nr. 4 und Sap. 14, 8 ff. Vgl. auch
Sap. 14, 29 àчúxoic eidwλoic und Philo De decal. 2 S. 181.

2) Die Weisheit erwähnt die Thätigkeit des úλoτóμoc wie die V. C.
472, 31 die des dputóμoc.

3) Vgl. auch Sap. 14, 15-18 mit Jos. Contra Apion. II 74.

4) Gegen Lucius S. 194. Dem Tone der gesamten Schrift ent-
sprechend ist die Polemik der V. C. noch schärfer als die in De decal.
5) Vgl. S. 707 Nr. 3. 708 oben.

6) S. die christlichen Parallelen bei Conybeare und in Grimms
Kommentar zur Sap.

akademische Skepsis, geübt hatte.') Dafs die philonische Polemik
durch eine namentlich gegen die Stoa gerichtete Kritik, wie es die
des Karneades war, beeinflufst ist, möchte man schon daraus zu
schliefsen geneigt sein, dafs die drei ersten der von Philo bekämpften
Götterkategorieen sich in der stoischen Theologie wiederfinden, und
aus der Übereinstimmung der Deutung der Dioskuren bei Philo De
decal. 12 S. 189 mit Sextus Emp. IX 37. Dazu kommt, dafs die
freilich sehr viel tiefer eindringende karneadeische Polemik des Aka-
demikers Cotta bei Cic. De nat. deor. III der philonischen verwandt
ist. Sie richtet sich gegen die die Göttergestalten zu Naturkräften
verflüchtigende Allegorie (III 62), gegen die Vergötterung der Welt
und der Gestirne (18. 23), die nun einmal leblos seien (26, vgl. 11).
Sie schärft immer wieder ein, dafs das Gewordene veränderlich und
vergänglich sei. 2) Offenbar eine karneadeische Bemerkung gegen
die Halbgötter wird III 49 den publicani in den Mund gelegt: nostri
quidem publicani, cum essent agri in Boeotia deorum immortalium
excepti lege censoria, negabant immortales esse ullos, qui aliquando
homines fuissent, und dasselbe Argument fanden wir in der V. C.;
39 wird der Tierdienst berührt und 47 eine Aufzählung der als
Götter verehrten Tiere gegeben. So viel ist also klar, der Verfasser
der V. C. brauchte nicht erst von den christlichen Apologeten seine
Polemik gegen den Polytheismus zu lernen.

Es wäre sehr wünschenswert, dafs die apologetischen und pole-
mischen Gedanken der jüdisch-hellenistischen Litteratur einmal ge-
sammelt würden, damit wir deren Einfluss auf die altchristliche
Apologetik ermessen könnten. Wenigstens auf einige Gebiete will
ich hier eingehen, um zugleich den Charakter der philonischen
'Yπо0ЄтIкά aufzuhellen, mit denen ja vielleicht die V. C. in Ver-
bindung steht. Das dem Phokylides untergeschobene jüdische Mahn-
gedicht, ein Abschnitt der philonischen 'Yлоεтιкά bei Eus. Praep.
ev. VIII 7, Josephus Contra Apion. II § 188-219 Niese geben eine
Zusammenstellung der wichtigsten jüdischen Gesetzes bestimmungen,
deren Auswahl durch wesentlich gleiche, vorwiegend moralische Ge-
sichtspunkte bestimmt ist, die kein rein sachliches Interesse hat,
sondern die den Standpunkt des Gesetzes als im allgemeinen iden-
tisch mit den sittlichen Anschauungen auch der Heiden und darum
leicht annehmbar erscheinen läfst. Alle drei Quellen berühren sich
in folgenden Punkten:

1. Philo bei Eus. VIII 7 § 7 μή γυναικῶν (sc. γονὴν) ἀτοκίοις
καὶ ἄλλαις μηχαναῖς ἀμβλοῦν... μὴ σπέρμα ἀφανίζειν.

Jos. Π

1) Über die Abhängigkeit der christlichen Apologeten von der grie-
chischen Philosophie s. Elter a. O. S. 143 ff. 205.

2) 29 ff. 33. 36. Philo de decal. 12 S. 190 Kai Yaр Téɣove, yévecic
δὲ φθορᾶς ἀρχή.

3) Dies verstehe ich von der Aussetzung (Bernays Abhandl. II 229o.
243'), das folgende μή γέννημα δουλοῦν, das Bernays ohne Grund für

§ 202 τέκνα τρέφειν ἅπαντα προςέταξεν και γυναιξὶν ἀπεῖπεν
μήτ ̓ ἀμβλοῦν τὸ παρὸν μήτε διαφθείρειν. Phokyl. 183. 184
μηδὲ γυνὴ φθείροι βρέφος ἔμβρυον ἔνδοθι γατρός,
μηδὲ τεκοῦσα κυσὶν ῥίψῃ καὶ γυψίν ἕλωρα.

Die Übereinstimmung ist um so bemerkenswerter, als entsprechende
Bestimmungen in der Thorah, die sie zufällig hätten herbeiführen
können, fehlen.1)

2. Philo § 6. 7 μὴ πυρὸς δεηθέντι φθονεῖν, μὴ νάματα ὑδά
των ἀποκλείειν, ἀλλὰ καὶ πτωχοῖς καὶ πηροῖς τροφὴν ἐρανίζουσι
πρὸς τὸν θεὸν εὐαγῶς ἀνέχειν 2 μή ταφῆς νεκρὸν ἐξείργειν ἀλλὰ
καὶ γῆς αὐτοῖς ὅσον γε εἰς τὴν δείαν προςεπιβάλλειν· μὴ θήκας,
μὴ μνήματα ὅλως κατοιχομένων κινεῖν. Jos. II § 211 πᾶει παρ-
έχειν τοῖς δεομένοις πῦρ ὕδωρ τροφήν, ὁδοὺς φράζειν, ἄταφον
μὴ περιορᾶν. Phokyl. 22 πτωχῷ εὐθὺ δίδου μηδ' αὔριον ἐλθέ-
μεν εἴπης (vgl. 23. 28. 29), 24 τυφλὸν ὁδήγει, 99 γαῖαν ἐπι-
μοιρᾶσθαι ἀταρχύτοις νεκύεσαι. | μὴ τύμβον φθιμένων ἀνορύξης.
Auch diese Bestimmungen haben im jüdischen Gesetze keine Ana-
logie, und mag auch zum Teil jüdische Sitte3) ein Recht gegeben
haben, sie in einer Aufzählung jüdischer Satzungen aufzuführen
und Philo bezeichnet ja § 6 auch die ungeschriebenen Sitten und
Gebräuche aufser dem Gesetze als seine Quelle, die Fassung
dieser Bestimmungen weist in letzter Linie auf eine nicht jüdische
Quelle) und ist hellenisch. Die Pflicht der Mitteilung von Wasser
und Feuer, der Bestattung der Toten wurde durch die buzygischen
Satzungen eingeschärft (Bernays a. O. S. 277 ff.).5)

3. Philo § 9 μή νεοττιάν φησι κατοικίδιον ἐρημοῦν (Deut.
22, 6), μὴ ζῴων ἱκεσίαν οἰκίᾳ) ἔςθ ̓ ὅτε προσφευγόντων
ἀναιρεῖν. Jos. II § 213 ἃ δ ̓ ὥσπερ ἱκετεύοντα προσφεύγει
ταῖς οἰκίαις ἀπεῖπεν ἀνελεῖν. οὐδὲ νεοττοῖς τοὺς γονέας αὐτῶν
ἐπέτρεψε συνεξαιρεῖν ... Phokyl. 84. 85

μηδέ τις ὄρνιθας καλιῆς ἅμα πάντας ἑλέσθω,

μητέρα δ ̓ ἐκπρολίπης, συνέχῃς εαυτῷ δὲ νεοσσούς.

korrupt hält, vom Verkauf des Kindes in die Sklaverei. Vgl. auch Orac.
Sibyll. III 765.

1) Ritter, Philo und die Halacha S. 36. 37.

2) Statt ανέχειν, an dem Bernays S. 277 keinen Anstofs nimmt,
ist mit Mangey παρέχειν zu lesen (vgl. Josephus). Mangeys Vermutung
τὸν βίον ἐπαρκῶς statt πρὸς τὸν θεὸν εὐαγῶς ist unwahrscheinlich und
unnötig.

3) Vgl. Weber, System der altsynagogalen paläst. Theologie S. 274.
4) Nur Phokyl. 24 berührt sich teils mit Lev. 19, 14, teils mit
einem buzygischen Satze (Bernays S. 231. 278).

5) Der Wortlaut bei Josephus ἄταφον μὴ περιορᾶν stimmt wörtlich
überein mit der buzygischen Satzung (Bernays S. 279).

6) Die Vermutung Mangeys oikią statt oia wird bestätigt durch
Josephus.

Auch hier hat wieder die von Philo und Josephus berichtete Be-
stimmung, die zur Wohnung der Menschen fliehenden Tiere zu scho-
nen, in der Thorah keinen Anhalt (s. Bernays, Theophrastos' Schrift
über die Frömmigkeit S. 153. 154).

4. Philo und Josephus berühren sich nahe in folgender Aus-
führung, für die auch Phokyl., wenn auch weniger genaue Paral-
lelen bietet:

Philo § 1: Im Gegensatz zum
griechischen Gerichtsverfahren sei
bei den Juden πάντα ἁπλᾶ καὶ
δῆλα. ἐὰν παιδεραστής 1), ἐάν
μοιχεύῃς”), ἐὰν βιάσῃ παῖδα

ἄρρενα μὲν μηδὲ λέγε — ἀλλὰ
κἂν θήλειαν), ὁμοίως ... ἐὰν
καὶ παρ ̓ ἡλικίαν αἰσχρόν τι πά-
θῃς ἢ δοκῆς ἢ μέλλης, θάνα-
τος ἡ ζημία· ἐὰν εἰς δοῦλον
σῶμα, ἐὰν εἰς ἐλεύθερον ὑβρί
Ζης ... ἐὰν βέβηλα, ἐὰν ἱερὰ
παρακλέπτης, ἐὰν ἀσεβῆς οὐκ
ἔργῳ μόνον, ἀλλὰ καὶ ἐὰν ῥή-
ματι τῷ τυχόντι — εἰς μέν θεὸν
αὐτόν, ἵλεως ἡμῖν ὁ θεὸς καὶ
αὐτῆς τῆς περὶ τούτων ἐννοίας
γένοιτο, οὐδὲ ἄξιον λέγειν -,
ἀλλ ̓ εἰς πατέρα ἢ μητέρα ..
θάνατος ὁμοίως . . . δεῖ καταλευ-
σθῆναι.

-

Jos. § 215 ζημία γὰρ ἐπὶ τοῖς
πλείστοις τῶν παραβαινόντων ὁ
θάνατος, ἂν μοιχεύσῃ) τις, ἂν
βιάζηται κόρην ), ἂν ἄρρενι τολ-
μήσῃ πεῖραν προσφέρειν), ἂν
ὑπομείνῃ παθεῖν ὁ πειρασθείς.

ἔστι δὲ καὶ ἐπὶ δούλοις ὁμοίως
ὁ νόμος ἀπαραίτητος 4) . . . κἂν
ὑφέληταί τις ἀλλότριον, πάντων
εἰςὶ κολάσεις οὐχ οἷαι παρ ̓ ἑτέ-
ροις, ἀλλ ̓ ἐπὶ τὸ μεῖζον. περὶ
μὲν γὰρ γονέων ἀδικίας, ἢ τῆς
εἰς θεὸν ἀσεβείας, κἂν μελλήση
τις, εὐθὺς ἀπόλλυται.

§ 207 τὸν οὐκ ἀμειβόμενον
τὰς παρ' αὐτῶν (sc. γονέων
χάριτας, ἀλλ ̓ εἰς ὁτιοῦν ἐλλεί-
ποντα λευθησόμενον παραδί-
δωει ..

Die Strafen für geschlechtliche Ausschweifungen sind den Gesetzen
Exod. 20, 14. 17. Lev. 18, 20. 22. 20, 10ff. entnommen. Dagegen
stimmt es weder mit dem Gesetze noch mit der Tradition noch mit
andern Stellen des Philo und Josephus, dafs auf Schändung im all-
gemeinen und auf Diebstahl") Todesstrafe gesetzt sein soll (Ritter

1) Vgl. Jos. § 199. Phokyl. 3. 186. Orac. Sibyll. III 185. 596. 764.
IV 34. V 166. 387. Aristeas S. 40, 18.

2) Vgl. Jos. 201. Phokyl. 3.

3) Jos. 200. Phokyl. 198.

4) Mit den bei Jos. folgenden Worten ἀλλὰ καὶ περὶ μέτρων ἤν τις
κακουργήσῃ ἢ σταθμῶν ἢ πράσεως ἀδίκου καὶ δόλῳ γενομένης . . . κἂν δ
μὴ κατέθηκεν ἀνέληται vgl. Philo § 8 μὴ ζυγὸν ἄδικον ἀνθυποβάλ
λειν, μὴ χοίνικα ἄμετρον, μή νόμισμα ἄδικον, § 6 ἃ μὴ κατέθηκεν, μηδ ̓
ἀναιρείσθαι Phokyl. 14. 15. Orac. Sibyll. II 237. Uber den Spruch δ
μὴ κατέθου, μὴ ἀνέλη s. Bernays S. 273, sonst liegt das Verbot von fal-
schem Mars und Gewicht Lev. 19, 35. 36 zu Grunde.

5) Wie diese allgemeine Angabe entstehen konnte, ist vielleicht

S. 85 ff. 56 ff.). Der Totschlag der Sklaven wurde nach Exodus 21,
20 und Philo De leg. spec. 25 S. 323 nur in einem bestimmten Falle
mit dem Tode bestraft (Ritter S. 34). Über die Strafe der Gottes-
lästerung und des Götzendienstes s. Ritter S. 23. Die Festsetzung
der Todesstrafe für Verunehrung der Eltern entspricht dem Gesetze,
ihre Specialisierung als Steinigung der Tradition (Ritter S. 41).

5. In gleicher Weise bestimmen Philo § 3 und Josephus § 201
die Unterordnung des Weibes unter den Willen des Mannes. Josephus
§ 206 und Phokyl. 8 (Orac. Sibyll. III 593. 594) betonen, dafs nächst
Gott im Gesetz die Verehrung der Eltern geboten werde, beide for-
dern nach Lev. 19, 33 Gleichberechtigung der Zuzügler (Jos. § 209.
Phokyl. 39).) Charakteristisch endlich ist es, dafs beide, freilich
in verschiedenem Zusammenhange, den Glauben an die Auferstehung
des Fleisches betonen (Jos. § 218. Phokyl. 104).)

Aus dieser Zusammenstellung lernen wir, dafs Philos 'Yло0€-
TIKά mit jüdisch apologetischen Schriften in naher Verwandtschaft
stehen. Wir gewinnen neue Zeugnisse für die Benutzung des Philo

aus Weber, System der altsynagogalen palästinischen Theologie S. 114
Nr. 12 begreiflich.

1) Kuenen, Volksreligion und Weltreligion S. 181. 326 ff.

2) Josephus' Worte yevécoαi te náλiv sind geeignet Bernays' Kon-
jektur zu Phokyl, onicw Te vÉOL TEλé@Ovтαι zu bestätigen. Eine Ver-
derbnis ist wohl in jedem Falle anzunehmen (Goram Philol. XIV 94. XVI
647) und aus dem überlieferten Text der einen Stelle nicht christlicher
Ursprung zu erschliefsen. Besonders charakteristisch für Phokyl. — und
darin berührt er sich wieder mit Philo - ist, dafs er viele Gedanken
der philosophischen Diatribe entlehnt hat. Die Mahnung zur Zufrieden-
heit mit dem, was man hat, V. 6, zur Mäfsigkeit in Speise und Trank
V. 69, die Vorstellung von dem Wechsel menschlicher Schicksale V. 27.
119. 120, die Aufforderung zur Wohlthätigkeit V. 28, der Wunsch, dass
der Gebrauch des Schwertes ganz überflüssig sei V. 31. 33, die Dekla-
mation gegen die Habsucht als Grund so vieler Übel, auch der Kriege
V. 42 ff. (Orac. Sibyll. III 235. 642), die Mahnung, sich nicht übermässiger
Trauer hinzugeben V. 55. 97, die Warnung vor Schwelgerei, die auch zu
aceμvoi epwtec verleitet, V. 61, die Anschauung vom Leben als Lehngut
von Gott V. 105 (Jos. B. J. III 8 § 372 N., Sap. Salom. 15, 8), die Vor-
schriften über Haartracht V. 211, alles das sind Gedanken, die uns
aus der Diatribe wohl vertraut sind, s. meine Schrift,,Philo und die
kynisch-stoische Diatribe" S. 8 ff. 60. 301. 402. 371. 56. 135. 60. 33. Hierhin
gehört auch die Schilderung der verschiedenartigen und zweckmässigen
Ausstattung der Tiere V. 125 ff., die Zusammenstellung des vautiλoc und
Tenпóvoс V. 160. 161 (Heinze, De Horatio Bionis imitatore S. 17), der
Preis des Tóvoc V. 153 ff. (s. Neu entd. Fragmente Philos S. 145 ff.), das
aus Horatius (Kiessling zu Sat. I 1, 33) bekannte Beispiel der Ameise
V. 164 ff. Wie Musonius mahnt Phokyl. V. 199, bei der Heirat nicht aufs
Geld zu sehen. Und wenn Philo Jos. Phokyl. so geflissentlich gegen
Ehebruch, Päderastie, Abtreibung der Geburt und Kinderaussetzung
eifern, können sie durch das Muster der Diatribe beeinflusst sein, zumal
die beiden letzteren Punkte im Gesetze keinen Anhalt haben. Das Ver-
hältnis zu Philo und Josephus wie zur Diatribe machen es sehr wahr-
scheinlich, dafs das pseudophokylideische Gedicht im ersten Jahrhundert
n. Chr., also in der Blütezeit der Diatribe entstanden ist.

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