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32. Liv. Perioch. 103.) Schon im J. 60 fürchtete man in Rom einen neuen gallischen Krieg. Namentlich beunruhigte die Kunde, dafs die Helvetier sich im südwestlichen Gallien neue Wohnsitze suchen wollten; denn noch war die Erinnerung an frühere Einfälle der Gallier lebendig genug, um die Gefahr gröfser erscheinen zu lassen, als sie in Wirklichkeit war (s. zu I, 10, 1). Die Konsuln waren schon beauftragt, Truppen auszuheben, als Nachrichten eintrafen, die für den Augenblick die Besorgnis beschwichtigten. Aber auch aus anderen Ursachen war die Lage Galliens verwickelt und schwierig. Während nach alten Sagen früher der Stamm der Kelten bis in das Innere von Germanien hinein geherrscht hatte, waren sie durch unbekannte Ereignisse aus ihren früheren Sitzen verdrängt, germanische Scharen waren bis zu den Ufern des Rheins und der Donau vorgedrungen, und schon damals begann der weltgeschichtliche Kampf um den Besitz des ersteren Flusses. An der Spitze dieser Bewegung stand das mächtige Volk der Sueben. Die Eifersucht, mit der die Arverner und Sequaner den durch Roms Freundschaft starken Äduern entgegenstanden, bot germanischen Völkern eine willkommene Gelegenheit, über den Rhein zu setzen. Von jenen beiden Völkern gegen die Äduer zu Hilfe gerufen, war Ariovistus, wahrscheinlich ein suebischer Heerfürst (I, 31, 10), mit bedeutender Streitmacht, die durch immer nachrückende von dem gallischen Boden angelockte Scharen verstärkt wurde, über den Rhein gegangen. Eine gewonnene Schlacht im J. 61 (I, 31, 12) sicherte ihm die Übermacht, und bald erfuhren die, welche die Fremden gegen ihre eigenen Stammesgenossen herbeigerufen hatten, dafs sie verratene Verräter waren. Sie mufsten befürchten, dafs nach und nach die über den Rhein kommenden Germanen das ganze Land in Besitz nehmen würden (I, 31, 11). Dies wulste man in Rom bestimmt genug: die Äduer hatten dringend um Hilfe gebeten; doch konnte man sich nicht entschliefsen, sofort einzugreifen; im Gegenteil wurde im J. 59 v. Chr. der Unterdrücker der Verbündeten auf Caesars Veranstaltung (so sagt dieser selbst I, 35, 2) mit dem Titel eines Königs und Freundes des römischen Volkes beehrt.

Dies war die Lage Galliens und in diese Verhältnisse griff Caesar entscheidend ein, als er nach seinem Konsulate die Provinz Gallien im J. 58 übernahm.

2. Caesar bis zum gallischen Kriege.

C. Julius Caesar ist nach der gewöhnlichen Annahme 1) geboren im J. 100 v. Chr. im Monat Quinctilis, der eben deshalb später Julius genannt wurde. Die nahe Verwandtschaft mit Marius, der die Schwester seines Vaters zur Frau hatte, ist in seinem Leben nicht ohne Bedeutung. Seine ersten Erinnerungen führten ihn auf den ruhmgekrönten Sieger der nordischen Scharen und gaben ihm frühzeitig ein Vorbild zur Nacheiferung. Im J. 87 liefs ihn Marius zum Jupiterpriester (flamen dialis) wählen. Schon im nächsten Jahre starb Marius; dem gefürchteten Diktator Sulla schien der Jüngling bedeutend genug, um ihn zum Gegenstande seiner Verfolgung zu machen. Die im J. 83 mit Cornelia, der Tochter des Cinna, geschlossene Ehe erschien als eine Herausforderung des Machthabers. Dieser befahl daher die Auflösung der Ehe. Aber während sich Pompeius einer ähnlichen Forderung fügte, widerstand Caesar entschieden und liess sich lieber ächten, des Priesteramts, der Aussteuer seiner Frau und eines eigenen Vermögens berauben. Krank irrte er im Sabinergebirge umber und mufste sein Leben von einem Häscher erkaufen. Nur ungern begnadigte ihn Sulla, und die bekannten Aussprüche, dafs in Caesar mehr als ein Marius lebe (Plut. Caes. c. 1), und dafs sich die Optimaten vor dem schlecht gegürteten Knaben hüten sollten (Suet. Caes. c. 45), beweisen, was er in der Seele des Jünglings schon zu der Zeit zu lesen wusste, wo derselben noch nicht durch öffentliches Auftreten Proben seines Geistes gegeben hatte. Caesar ging nach Asien und that unter dem Proprätor M. Minucius Thermus seine ersten Kriegsdienste. Er focht im J. 80 mit Auszeichnung vor Mytilene und erwarb sich durch Rettung eines römischen Bürgers eine Bürgerkrone. Nach kurzem Dienste auf der Flotte des Prokonsuls P. Servilius Isauricus gegen die cilicischen Seeräuber kehrte er auf die Nachricht von Sullas Tode nach Rom zurück (78 v. Chr.). Er hoffte in dem bevorstehenden Parteikampfe eine Stellung zu finden: doch bald durchschaute er die Unfähigkeit des Konsuls Lepidus, und hielt sich dem aussichtslosen Unternehmen desselben fern (Suet. c. 3). Dagegen suchte er nach damaliger Sitte auf anderem Wege die

1) Mommsen Röm. Gesch. III, 16 (vgl. auch dessen Röm. Staatsrecht I, 570. 3. Aufl.) hat es wahrscheinlich gemacht, dafs seine Geburt um zwei Jahre zurückzudatieren ist, wogegen Napoleon III. (Gesch. C. I, 237) und A. W. Zumpt, de dictatoris Caesaris die et anno natali. Berol. 1874, das überlieferte Geburtsjahr zu verteidigen suchen.

Gunst des Volkes zu gewinnen und sich die politische Laufbahn zu eröffnen: Er klagte den Cn. Dolabella, der im J. 80 die Provinz Macedonien als Prokonsul verwaltet hatte, wegen Mifsbrauchs der Amtsgewalt (repetundarum) an. Die Rede des dreiundzwanzigjährigen Anklägers erregte hohe Bewunderung; doch verhinderten die Optimaten die Verurteilung. Nicht sowohl die Mifsgunst, die ihn wegen dieser Anklage bei jener Partei traf, wie Sueton c. 4 meint, als der Wunsch, die bei dem ersten öffentlichen Auftreten so glänzend erschienene Rednergabe weiter auszubilden, veranlasste ihn im Winter 76 nach Rhodus zu gehen, um den berühmten Redner Molo, der auch Ciceros Lehrer war, zu hören. Auf der Reise bestand er in der Nähe von Milet das bekannte Abenteuer mit den Seeräubern, in deren Hände er fiel, das, wenn es auch Plutarch Caes. c. 2 sehr ausgeschmückt haben mag, doch selbst auf einfachere Vorgänge zurückgeführt die frische Genialität und die Überlegenheit seines Geistes zeigt. Da Mithradates wieder bedenklich in Kleinasien um sich griff, zog er als Privatmann Truppen zusammen und hielt mit diesen die kleinasiatischen Städte in Gehorsam. Nach Rom zurückgekehrt wurde er Militärtribun, nachdem er abwesend an der Stelle seines Oheims C. Aurelius Cotta zum Pontifex ernannt worden war (74 v. Chr.). In den nächsten Jahren durchlief er in der gewöhnlichen Ordnung die Stufenleiter der römischen Magistrate: im J. 68 war er Quästor, 65 Adil, 62 Prätor. Im Jahre vorher war er durch Volkswahl Pontifex maximus geworden, obgleich die Optimaten alles gethan hatten, um die Wahl ihrer Kandidaten, des Catulus und Servilius Isauricus, durchzusetzen.

Wenn man vielleicht mit Unrecht in jedem seiner Schritte von der frühesten Jugend an einen bestimmt vorgezeichneten und wohlberechneten Plan, mit dem er einem klar erkannten Ziele entgegenging, hat finden wollen, so dafs schon vor der Seele des Jünglings deutlich das Bild der Stellung gestanden hätte, die er einst einnehmen sollte, so tritt doch unverkennbar, als der Jüngling zum Manne herangereift war, eine bestimmte Richtung hervor, die er mit unverrückter Konsequenz verfolgte.1) Er ergriff mit klarer Bestimmtheit die Volkspartei, ohne, wie

1) Die Geschichte bei Sueton c. 7 (anders bei Plut. c. 11), dafs ihn der Anblick einer Statue des Alexander zu Gades bestimmt habe, sofort, quod nihildum a se memorabile actum esset in aetate, qua iam Alexander orbem terrarum subegisset, nach Rom zu eilen, pafst durchaus nicht zu seinem Charakter und ist gewifs erfunden.

Marius, in sie zu versinken, sondern mit der bewufsten Absicht, sie zu den Zwecken seines Ehrgeizes zu benutzen, weil er nur durch sie zu seinem Ziele gelangen konnte. Seinem Scharfblicke war es nicht entgangen, dafs die Republik sich überlebt hatte; er beschlofs, eine Partei durch die andere zu stürzen, um über beide herrschen zu können, immer mit der seltenen Kunst, die Zukunft langsam vorzubreiten und an sich zu halten, bis der passende Augenblick gekommen war. An jeder Bewegung und allen Umtrieben gegen die Optimaten beteiligte er sich und liefs keine Gelegenheit vorübergehen, um denen, welche im Kampfe gegen die Marianer zu Reichtum und Ansehen gekommen waren, zu schaden. Der Eifer, mit dem er für Zurückberufung der verbannten Marianer thätig war, die feierliche Bestattung der Witwe des Marius, der Schwester seines Vaters, bei welcher er es wagte, die seit Marius' Herrschaft nicht gesehenen Bilder desselben zur Schau zu stellen (Plut. 5. Suet. 6), die im Jahr 65 während seiner Ädilität ausgeführte Wiederherstellung der von Sulla 17 Jahre vorher weggenommenen Bilder und Trophäen des Marius vom numidischen und cimbrischen Kriege sollte nur dazu dienen, die das Volk begeisternde Erinnerung wieder heraufzubeschwören und die Optimaten zu schrecken. Durch Getreidespenden suchte er sich in der Gunst der Masse festzusetzen, und die Hoffnung seiner Gegner, dafs mit seinem Vermögen, das bei seiner königlichen Freigebigkeit nicht lange nachhalten konnte, auch sein Einflußs schwinden werde (Plut. Caes. 4), musste sich bald als falsch erweisen, da er frei über fremde Kassen gebieten konnte, weil seine Zukunft genügende Gewähr für Wiedererstattung leistete. Plutarch berichtet (c. 5), dafs seine Schulden, noch ehe er ein öffentliches Amt übernahm, sich auf 1300 Talente beliefen. Er nahm es mit dem Gelderwerbe nicht genau, war aber so sehr von Geiz und Habsucht entfernt, dass ibn die Rücksicht auf Geld und Besitz am allerwenigsten in seinen Plänen aufhalten konnte: er wufste, dafs er das Höchste, was er wünschte, damit erkaufte (ὠνούμενος τὰ μέγιστα μικρῶν Plut. c. 5). Am meisten gab ihm seine Ädilität Gelegenheit, das Volk noch mehr für sich einzunehmen. Er unternahm prächtige Bauten, gab glänzende Spiele, und hielt dazu so viele Gladiatoren, dass der Senat aus Furcht vor diesen Massen eine Zahl festsetzte, die nicht überschritten werden durfte. Dennoch hatte er noch 320 Paare, die er in silberner Rüstung auftreten liess. Bei solchem Aufwande lag der, vielleicht auch nicht unbegründete, Verdacht nahe, dafs er 63 v. Chr. bei der Verschwörung des Catilina die Hand

mit im Spiele gehabt habe, und seine Rede im Senat für mildere Behandlung der Verschworenen gab demselben neue Nahrung. Als Pompeius, von seiner eigenen Partei gefürchtet, sich dem Volke näherte, fand er bei Caesar eifrige Unterstützung in allem, was ihn auf falsche Bahnen leiten und zu Mafsregeln treiben konnte, die jenem einst zu gute kommen sollten, z. B. zur Wiederherstellung der von Sulla beschränkten tribunicischen Gewalt. So unterstützte Caesar als Prätor im J. 62 die Umtriebe des Tribuns Metellus, der darauf antrug, den Pompeius zur Konstituierung des Staates nach Rom zurückzurufen; sie wurden beide ihres Amtes für verlustig erklärt; doch wufste Caesar es bald wieder zu erlangen. Die Verbindung zwischen beiden wurde auch durch Verschwägerung befestigt: schon im J. 67 hatte sich Caesar mit Pompeia, einer Enkelin des Sulla, vermählt und war dadurch dem Hause des Pompeius näher gekommen, so wie er selbst später seine Tochter Julia dem Pompeius zur Frau gab wie ein späterer Schriftsteller sagt, Bellona stiftete.

Ehen, die,

Nach seiner Prätur erhielt er Hispania ulterior als Provinz, wo er schon als Quästor gewesen war, und unterwarf die Anwohner des Atlantischen Oceans, die Lusitaner und Galläker. Bei seiner Rückkehr bewarb er sich zugleich um einen Triumph und um das Konsulat für das Jahr 59 v. Chr. Da es dem Feldberrn nicht gestattet war, vor dem Triumphe die Stadt zu betreten, die Bewerbung um das Konsulat aber persönliche Anwesenheit erforderte, so bat er, ihn von der gesetzlichen Bestimmung zu entbinden. Die Gegner im Senate verweigerten dies in der Hoffnung, er werde um des Triumphes willen, zu dem schon kostspielige Vorbereitungen getroffen waren, das Konsulat aufgeben. Doch Caesar war nicht der Mann, der das Unwesentliche dem Wesentlichen vorzog; er verzichtete auf den Triumph und bewarb sich um das Konsulat. Die Optimaten konnten seine Wahl nicht verhindern, ja es gelang ihnen nur durch grofse Anstrengungen und Bestechungen, zu denen selbst Cato beitrug (Plut. Cat. 31. Suet. Caes. 19), ihm ihren Parteigenossen M. Calpurnius Bibulus als Kollegen zur Seite zu stellen. Doch brachte dies der Partei keinen Vorteil: Caesar wufste den Einfluss des Bibulus gänzlich zu nichte zu machen, indem er ihn sogar mit Gewalt bedrohte und zuletzt in seinem eigenen Hause festhielt; witzig bezeichnete man daher als Konsuln jenes Jahres Julius und Caesar. Der Senat hatte nun zwar den im Amte befindlichen Konsuln des Jahres 60, L. Afranius und Q. Metellus Celer, die' beiden Gallien, wo man einem bedeutenden Krieg entgegensah,

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