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zurückzukommen, wenn sich nicht für das Verständniss des Bakchylideischen Gedichtes etwas daraus gewinnen liesse. Der Paian schliesst, nachdem das Auftauchen des Theseus geschildert ist 124 ff.: ἀγλαόθρονοί τε κουραι (die Nereiden) σὺν εὐθυμίαι νεοκτίτωι ωλόλυξαν· ἔκλαγεν δὲ πόντος· ἤιθεοι δ ̓ ἐγγύθεν νέοι παιάνιξαν ἐρατᾶι ὀπί. Δάλιε, χοροῖσι Κηΐων φρένα ἰανθεὶς ἔπαζε θεόπομπον ἐσθλῶν τυχάν.

Zu den drei letzten Versen bemerkt Kenyon: These lines, having nothing to do with the myth that occupies all the rest of the poem, are evidently introduced pro forma, to satisfy the requirements of the occasion for which the poem was composed. Etwas enger ist der Zusammenhang nun doch. Zunächst ist es sehr hübsch, wie der Dichter, der hier, wie sons: den Mythos nicht ganz erzählt, sondern auf einem gewissen Höhepunkt der Handlung seinen Bericht abbricht, an den Paian der athenischen Knaben und Mädchen unmittelbar die Anrufung des Gottes durch seinen eigenen Chor anschliesst. Dann aber belehrt uns diese Anrufung, dass der Paian dem delischen Gotte galt, und das war ohne Zweifel bestimmend für die Wahl des Mythos; denn der antike Hörer wusste, auch wenn es ihm der Dichter nicht ausdrücklich erzählte, dass der eigentliche Endpunkt der Geschichte jener berühmte Reigen zu Ehren des delischen Apollon war. Hieran möchte ich mit aller Reserve noch eine Vermuthung knüpfen. Bei jenem Reigen ist Theseus der ἔξαρχος τοῦ χοροῦ. Mit der Leier, in der prächtigen Gewandung des Kitharoeden schreitet er den Tanzenden voran. zeigt es die Françoisvase. Könnte nicht das zweite Geschenk der Amphitrite, der purpurne Mantel, mit Beziehung auf diesen Moment gewählt sein? Dann würde ihm seine göttliche Stiefmutter wie das Mittel zur Rettung aus dem Labyrinth so auch das Festgewand zur Siegesfeier schenken.

So

Wenn somit die Françoisvase als Zeugniss für den Mythos wegfällt, so bleibt Euphronios mit seiner etwa 490 anzusetzenden Schale der älteste Gewährsmann. Erwägt man nun, dass genau um diese Zeit Athen sich zur Seemacht zu entwickeln beginnt und dass der Grundgedanke des Mythos der ist, Theseus als Sohn des Poseidon zu verherrlichen, so ist es mindestens sehr verführerisch, ihm eine actuelle Tendenz beizumessen. Die oben aufgeworfene Frage, ob nach der ältesten Sagenform Theseus den Kranz von Ariadne oder von Amphitrite empfängt, würde sich dann zu Gunsten

Hermes XXXIII.

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der ersteren Alternative entscheiden. Die Athener würden zur Zeit des Themistokles die Amphitrite an Stelle der Ariadne gesetzt haben. Zur Ausbildung dieses Mythos bedurften sie freilich eines. Dichters, den wir nicht mehr kennen. Von diesem würden die Bildwerke und Bakchylides in gleicher Weise abhängig sein, und solche Benutzung zeitgenössischer Dichter war, wie wir jetzt sehen, bei Bakchylides durchaus nichts Beispielloses. Das letzte Gedicht (XX) Idas Aanedaioviois, von dem nur der Anfang erhalten ist, übrigens ein Hymenaios, muss diesem Anfang nach sich mit der Erzählung in der Apollodorischen Bibliothek I 7, 8, 9 gedeckt haben. Das hat bereits Kenyon richtig angemerkt, aber er irrt, wenn er daraufhin diese Erzählung als Hypothesis des Bakchylideischen Gedichtes bezeichnet; vielmehr geht sie, wie Schol. II. I 556 lehrt und ich bereits vor vielen Jahren ausgeführt habe (de Apollodori bibl. p. 87), auf Simonides zurück. Folglich muss der Oheim den Neffen oder, was wahrscheinlicher ist, zumal die Geschichte bei Bakchylides nur die Einleitung zu bilden scheint, der Neffe den Oheim ausgeschrieben haben. Ein analoger Fall wird uns unten bei der Meleagrossage begegnen.

Hinsichtlich der weiteren Geschichte des Mythos können wir uns kurz fassen. Euripides muss den Vorgang aufs Land verlegt haben; nicht vom Schiff, sondern von der Küste wirft Minos den Ring ins Meer. Das ist durch die Oekonomie des Dramas einfach geboten und wird durch das bekannte Fragment der Botenrede bestätigt (382, aus Ath. X 454 B), dessen Voraussetzung ist, dass Minos, dem hier die Ankunft des Theseus gemeldet wird, nicht persönlich die Opfer aus Athen abholt, sondern ihre Ankunft in Kreta erwartet. Dass bei Euripides an Stelle des Kranzes die drei Wünsche traten, ist schon oben gesagt.

Nach dem fünften Jahrhundert scheint der Mythos allmählich in Vergessenheit gerathen zu sein. Von den beiden bisher allein bekannten Berichten aus der Kaiserzeit stimmt der des Pausanias mit Bakchylides so überein, dass dieser ganz gut die Quelle sein. könnte. Da aber auch Hellanikos den Bakchylides oder dessen Vorlage benutzt haben kann, bleibt immer noch die Möglichkeit bestehen, dass Wellmann Recht hat, wenn er die Erzählung des Pausanias zunächst auf Istros und durch diesen auf Hellanikos zurückführt.

Noch frappanter ist die Uebereinstimmung mit Hygin (astr.

II 5). Bei ihm finden wir, wie bei Bakchylides, das Wunderzeichen des Zeus, den Blitz, den dieser auf Bitten seines Sohnes leuchten lässt; wir finden die Delphine, die den Theseus zu den Nereiden tragen, und wenn es heisst a Thetide coronam, quam nuptiis a Venere muneri acceperat, retulit compluribus lucentem gemmis, alii autem a Neptuni uxore accepisse dicunt (nämlich Theseus, nicht Thetis), so haben wir es hier deutlich mit der bekannten Mythographenmanier zu thun, nach der die Variante in die Erzählung verflochten und die Version der Hauptquelle als Variante gegeben wird. Hier liegt es also in der That ausserordentlich nahe, direct von einer Hypothesis des Bakchylideischen Gedichtes zu sprechen. Indessen finden sich drei Abweichungen. Gleich der Anfang der Erzählung lautet: cum Theseus Cretam ad Minoa cum septem virginibus et sex pueris venisset. Das ist hinsichtlich der Localität die Euripideische Version, nicht die des Bakchylides; und da nur sechs Knaben gezählt werden, wird Theseus mit zu den Opfern gerechnet, wie z. B. bei Hellanikos vgl. Plutarch Theseus 17, Apollodor epit. I 4. Nicht so bei Bakchylides, wo wir lesen: Θησέα δὶς ἑπτά τ ̓ ἀγλαοὺς ἄγουσα κούρους Ιαόνων. Ferner sind es bei Hygin die Nereiden, die dem Theseus den Ring zurückreichen, ein so hübsches Motiv, dass ich es nicht gern für blosse Mythographenerfindung halten möchte. Und endlich war der Schluss der Erzählung, nach dem Theseus den Kranz später der Ariadne schenkt und Dionysos ihn unter die Sterne versetzt, aus dem Bakchylides nicht zu entnehmen. Ich will nun nicht gerade behaupten, dass diese Abweichungen und Zusätze über das hinausgehen, was sich auch sonst bei solchen in die mythographischen Handbüchern übergegangenen Hypotheseis constatiren lässt. Sie könnten ja auch der Nebenquelle entstammen, nach der nicht Amphitrite, sondern Thetis die Spenderin des Kranzes ist. Dennoch wird man auch hier die Möglichkeit offen lassen müssen, dass zwischen Bakchylides und Hygin ein Mittelglied liegt, ein Dichter, der sich allerdings ziemlich eng an Bakchylides angeschlossen haben müsste. Ich habe als nächste Quelle des Hygin früher das astronomische Epos des Hegesianax angenommen (Eratosthenis catast. p. 221 ff. vgl. Arch. Anz. 1889 S. 142) und möchte an dieser Vermuthung auch jetzt noch festhalten.

Das zweite Theseusgedicht ist monostrophisch. Es überrascht zunächst durch die dialogische Form. Von den vier Strophen werden.

die zweite und vierte von Aigeus, die erste und dritte von einer Person gesprochen, in der Kenyon Medeia vermuthet. Allein wie Aigeus sowohl am Anfang als am Schluss der ersten Strophe mit einer gewissen Emphase angeredet wird 1:

βασιλεῦ τῶν ἱερῶν ̓Αθανᾶν, τῶν ἁβροβίων ἄναξ Ιώνων

und 15:

ὦ Πανδίονος υἱὲ καὶ Κρεούσας,

so würde man eine ähnliche Anrede an Medeia auch aus seinem Munde erwarten; diese bleibt aber aus. Auch scheinen die Worte V. 5 ἡμετέρας χθονός für Medeia nicht recht passend. Das Fehlen der Anrede zwingt zu dem Schluss, dass der Mitunterredner gar keine bestimmte mythische Person ist, sondern ein oder mehrere namenlose Athener und zwar wie man aus 12 ff.:

δοκέω γὰρ εἴ τινι βροτῶν

ἀλκίμων ἐπικουρίαν καὶ τὶν ἔμμεναι νέων schliessen darf, Athens wehrhafte Jugend; also entweder Duett oder, was wahrscheinlicher ist, Chorgesang und Einzelgesang alternirend. Das wäre denn dieselbe Form, wie wir sie für die Anfänge der Tragödie vorauszusetzen haben,1) als der einzige Schauspieler mit dem ganzen Chor oder dem Chorführer in Wechselgesang oder Wechselrede sich erging, und diese Form hätte sich dann in der Lyrik als Dithyrambos vielleicht mit einigen Modificationen erhalten. Doch kann ich auf dieses, wie man sieht, litterarhistorisch ausserordentlich wichtige Problem jetzt so wenig eingehen, wie auf die von Branteghem (bei Kenyon p. 175) aufgeworfenen Frage, ob wir uns nach dem Muster dieses Gedichtes die toayızà doάuava des Pindar vorzustellen haben. Uns kümmert hier nur das Mythische.

Der Chor hat den Schall der Trompete gehört und fragt seinen König, ob Feinde oder Räuber in das Land eingefallen seien. Die Antwort des Königs schildert auf Grund eines Botenberichtes einen sich nahenden Fremdling es ist des Aigeus ihm selbst noch unbekannter Sohn Theseus zuerst in seinen Thaten, dann auf erneute Frage des Chors in seiner Erscheinung. Von Sinis, von der Sau von Krommyon, von Skiron, Kerkyon, Prokrustes wird erzählt, von dem letzten mit den zunächst nicht ganz klaren Worten 27: Πολυπήμονός τε καρτερὰν

σφύραν ἐξέβαλεν Προκόπτας, ἀρείονος τυχών
φωτός.

1) Bethe Prolegomena S. 35. 40.

Προκόπτας ist als synonyme Nebenform von Προκρούστης ohne Weiteres verständlich. Polypemon erscheint bei Pausanias I 38, 6 als der eigentliche Name des Prokrustes, bei Apollodor epit. I 4, der wie Plut. Thes. 11 Damastes als den eigentlichen Namen des Riesen bezeichnet, als dessen Spitzname. Derselbe Apollodor nennt vorher III 16, 2 Polypemon als Vater des Sinis. Ebenso Schol. Eur. Hipp. 977, wo das Verfahren des Prokrustes gegen die Fremdlinge auf Sinis übertragen wird, doch wohl nur in Folge einer Verwechslung. Bei Bakchylides indessen kann Polypemon weder auf Prokrustes selbst noch auf dessen Vater gehen. Es lässt sich nur mit oppuga verbinden den starken Hammer des Polypemon liess Prokrustes fallen. Dies lässt eine doppelte Auffassung zu: entweder ist Polypemon der Verfertiger des Hammers, also ein sonst nicht bezeugter Schmiededaemon, wie Hephaistos und Palamaon, oder es ist der frühere Besitzer des Hammers, der sich dann auf irgend eine Weise vererbt haben müsste. Vielleicht meint dies auch Kenyon, wenn er neben anderen unhaltbaren Erklärungen die Vermuthung ausspricht; that Procoptes it represented as the son of Polypemon (das liegt keinesfalls in den Worten des Bakchylides) or as his succcessor in these malpractices. Der Name des älteren Besitzers würde dann in späterer Zeit missverständlich auf den Damastes mit dem Beinamen Prokrustes oder Prokoptes übertragen worden sein, vielleicht durch Istros, der bekanntlich sowohl für Pausanias als für Apollodor Quelle ist.

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Unter den a hot fehlt die Ueberwältigung des Periphetes, des Keulenschwingers von Epidauros, in dem kanonischen Cyklus die erste That. Hierin stimmt das Zeugniss der Bildwerke wieder durchaus mit Bakchylides überein. Das Abenteuer mit Periphetes findet sich zuerst1) auf der verhältnisstöässig jungen, um 450-440 anzusetzenden Münchener Schale (n. 372, abgeb. Gerhard A. V. 232. 233), die uns auch das Skironabenteuer zum ersten Mal im späteren Typus zeigt, und am Hephaisteion auf der vierten Metope der Südseite (M. d. I. X 43, 4), nicht wie Julius (Ann. d. Inst. XXXXIX 1877, 94) glaubte, auf der ersten der Nordseite, die vielmehr den Prokrustes darstellt.2) Danach dürfen wir annehmen, dass dieser hos erst später dem Cyklus angegliedert ist, vielleicht

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1) S. die Tabelle bei Milani Mus. ital. III 235. 236.

2) Richtig gestellt von 0. Wulff Zur Theseussage 92 ff.

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