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werden musste, die allzu schwach gewordenen alten wieder vollzählig zu machen.1)

Erst so ermisst man ganz, mit wie rüstigem Eifer schon vom Jahre 35 an in der ganzen Osthälfte des Römerreiches Recruten ausgehoben, eingestellt, gedrillt sein müssen. Nicht minder wichtig und bedeutungsvoll aber als die Vermehrung der Legionen ist die der Flotte, die, wie ich an anderem Orte nachgewiesen habe, von derselben Zeit an und in demselben grossartigen Maassstabe stattgefunden hat.2) Dass es gerade diese beiden Waffengattungen waren, auf welche sich die Vorbereitungen zum Kriege bezogen, machte es nun aber auch dem, der des Antonius oben geschilderte militärische Nothlage nicht so durchschaute, unzweifelhaft, gegen wen das alles gerichtet war. Denn gerade Flotte und schwere Infanterie spielten im Kriege gegen Parthien keine oder zweite Rollen, im Kriege gegen Octavian bedeuteten sie alles.

Das geschah im Osten seit der Besiegung des S. Pompeius und der Rücksendung Octavias. Im Westen gab 3/4 Jahre später Octavian seine Eroberungspläne auf und bereitete sich auf der ganzen Linie zum Bürgerkriege vor: der Zusammenhang ist nicht mehr dunkel, Octavians Handlungsweise kein Räthsel mehr. So liegt denn in der That der letzte Grund der Verwicklungen, bis zu welchem wir bisher vordringen konnten, in der Recrutensperrung Italiens gegen den Orient, in der dadurch je länger je mehr hervortretenden Störung des Gleichgewichtes und der Nöthigung der bedrohten Partei, zum Schwerte zu greifen.

Was aber war denn nun so werden wir weiter fragen der Beweggrund, der Octavian veranlassen konnte, in solcher Weise seine Vertragsverpflichtungen zu umgehen und den bisherigen Freund zur Nothwehr zu treiben? Es ist nur zu deutlich darin ausgesprochen, dass er gerade Octavia in den Orient gehen liess; denn das bedeutete auch ohne Worte: dem Gemahle der Cleopatra gegenüber keine Vertragsverbindlichkeiten mehr, aber auch kein Entgegenkommen, keinen Soldaten; dem Gemahle der Octavia

man

1) Natürlich nur, wenn man, wie Antonius es ja gethan hat, überhaupt auffüllen wollte. Denn man konnte es ja auch machen, wie Caesar, der seine Verteranenlegionen lieber zusammenschrumpfen liess, als sie durch schlechteres Material zu ergänzen.

2),Die Entwickelung der röm. Flotte vom Seeräuberkriege des Pompeius bis zur Schlacht von Actium' Philologus LVI (1897) S. 461.

möchte sagen als erste Anzahlung, die bei fortgesetztem Wohlverhalten Weiteres in Aussicht stellt, 2000 Mann. Antonius hat die Vorbedingung für eine Verständigung abgelehnt, und der Conflict war unvermeidlich. Seine persönlichen Gründe dafür sind oft genug besprochen und so stark in den Vordergrund gestellt, dass es an der Zeit sein dürfte, einmal ausschliesslich die sachlichen zu beleuchten, um dem Bilde die noch fehlenden Farben hinzuzusetzen. Was erreichte denn Antonius, wenn er unter Verstossung seiner Gemahlin1) Cleopatra, die ihm zugleich den Besitz des einzigen damals wirklich leistungsfähigen Landes 2) im Orient gewährte, seinen man darf wohl sagen vertragsbrüchigen Collegen um Hilfe anging? Er, der unmittelbar nach der parthischen Niederlage für den Augenblick ohne allen Zweifel Schwächere, im eigenen Lande von S. Pompeius Bedrohte, konnte dem siegreichen Gegner kaum noch als ein Gleicher gegenübertreten und setzte sich stärkeren Demüthigungen aus, als im Jahre 37, wo er dem in Kampf und Noth liegenden Collegen für seine Forderungen Gegenleistungen hatte bieten können und doch an Zeit und Fürstenehre schwere Opfer hatte bringen müssen, ohne einen Erfolg zu erlangen.3) Es mochte ihn nach Wiederholung solcher Lage, wie sie dem Vertrage zu Tarent vorangegangen war, kaum gelüsten. Und gesetzt, er fand mit seinen Bitten gnädiges Gehör, so erkaufte er damit nichts als ein paar Jahre Zeit. Denn dass der Orient militärisch nicht auf eigenen Füssen stehen konnte, das war nun einmal Thatsache, und immer wiederholte Forderung von Nach

1) Dass Cleopatra damals schon des Antonius rechtmässige Gattin war, habe ich in dieser Ztschr. XXIX S. 583 ff. gezeigt.

2) Aegypten hatte damals seit dem alexandrinischen Kriege, also seit. 12 Jahren, Frieden und Ruhe genossen und zwar unter der Verwaltung einer Cleopatra. Die anderen Provinzen des Orientes waren von einem Krieg in den anderen geworfen: nach den Rüstungen und Kriegen des Brutus und Cassius 43 und 42, die 10 Jahrestribute eintrieben, folgte die Bestrafung durch Antonius 42 und 41, der noch neun weitere Jahrestribute in zwei Jahren auferlegte (App. b. c. V 5 und 6), dann kam 40 und 39 der grosse Plünderungszug der Parther, 39 und 38 ihre Vertreibung, endlich die Vorbereitungen zu Antonius' Partherzuge und 35 der Aufstand des Pompeius. Das Resultat braucht man nicht auszumalen.

3) Man lese die Schilderung bei Appian b. c. V 93. Dieser Versuch hatte Antonius den ganzen Sommer gekostet, s. m. Diss.,Die rechtl. Begründung des Principats'. Marburg 1888. S. 57f.

schub musste immer mehr wachsende Abhängigkeit als ganz unvermeidliche Folge nach sich ziehen. So betrachtet, will es uns scheinen, als ob Ehre und Interesse doch nicht so sehr mit Antonius' Neigung zu Cleopatra im Widerspruche gestanden hätten, als man sonst wohl anzunehmen sich gedrungen fühlen möchte.1)

Wenn wir nun diesen wichtigen Scheidepunkt, von dem aus der Weg hier unfehlbar zur Abhängigkeit, dort ebenso unfehlbar zum Conflict führte, noch einmal scharf ins Auge fassen, so ist es interessant zu sehen, wie in ihm auch noch von anderer Seite her der Gegensatz, der nun einmal in den ganzen Verhältnissen lag, in seiner vollen Schwere gewirkt hat, so dass hier der Ursprung der Verwicklungen mit dem innersten Grund des ganzen Conflictes gewissermaassen in Eins zusammenfliesst. Denn auch dem Octavian kann man es von seinem Standpunkte aus nicht verargen, dass er einem Mann, der so durchaus seine eigenen Wege zu gehen gewillt war, nicht wieder und wieder die Hilfsquellen seines Reiches zur Verfügung stellen wollte. Er hätte ihm das Schwert gegen sich selber geschmiedet und in die Hand gegeben. Je mehr es sich also zeigt, dass jeder der Machthaber ein gutes Recht hatte, gerade an diesem Entscheidungspunkte so zu handeln, wie er es that, um so mehr tritt die Unvereinbarkeit der gegenseitigen Interessen auch hier wieder zu Tage, und das Wort, es habe nicht zwei Nachfolger Caesars auf einmal geben können, bewährt auch hier seine volle Richtigkeit. Dergestalt war, was da kam, nur das, was kommen musste. Auf des Antonius Zurückweisung der Octavia antwortete Octavian mit der Fortsetzung der Sperre Italiens, Antonius darauf mit umfassenden Rüstungen, Octavian wieder mit dem Abbruch seiner Eroberungspläne, der Zusammenziehung von Truppen in Italien) und anderen Maassregeln,) und so stand man schon mitten im Conflicte drin, als durch die alexandrinischen Schenkungen ein neuer Anstoss gegeben und die ganze Sache vor das Forum der Oeffentlichkeit hinausgetragen wurde.

1) So Mommsen R. G. V 368: wie laut das Interesse, wie die Ehre dafür sprachen, die hingereichte Hand anzunehmen, Antonius konnte es nicht über sich gewinnen, das Verhältniss zu der Aegyptierin zu lösen.

2) Darauf scheinen die zahlreichen Triumphe in Rom hinzuweisen. S. oben S. 19.

3) S. 18 f.

2. Verlauf der politischen Vorgeschichte des Krieges.

Die Vorgänge, welche sich im Herbste 341) in Alexandria abspielten, den Triumph über Armenien und die Schenkungen an Antonius' und Cleopatra's Kinder, pflegt man mit den Augen des stadtrömischen oder wenigstens des nationalitalischen Patrioten anzusehen. Und da ist es denn freilich richtig: wem Rom die natürliche Hauptstadt der Welt und Italien das natürliche Herrscherland ist, für den ist Antonius' Verfahren ein schwerer Verrath am Vaterlande. Aber es ist doch sehr die Frage, ob ein kühler Rechner wie Octavian es war, und ein Staatsmann von so eminenter Begabung wie er, der von seiner hohen Stellung aus die Verhältnisse des Weltreiches mit seiner römisch-hellenistischen Doppelnatur wie kein anderer überblickte, diese Auffassung so ohne Weiteres zu der seinigen machen konnte. Für ihn musste doch vieles an diesen Dingen ein ganz anderes Aussehen haben. Lag doch darin, dass Antonius Alexandria zu seiner Hauptstadt machte und hier Triumphe feierte, zugleich in gewisser Beziehung ein Verzicht auf Rom, wie schon in Antonius' Vorgehen im Vertrage von Tarent ein Verzicht auf einen Theil seiner Rechte in Italien gelegen hatte. Oder sollte wirklich ein Triumph in der Hauptstadt Italiens und das davon unzertrennliche Zusehen und Zugreifen in die Verhältnisse des Westens hinein Octavian angenehmer gewesen sein? Lag doch ferner in der Consolidirung von Antonius' Herrschaft in hellenistischen Formen denn dazu waren eben die alexandrinischen Schenkungen der erste Schritt 2) zugleich eine Entfremdung von den Sympathieen der italischen Bevölkerung, die gerade die Wurzeln von Octavians Macht bildeten.

Und zu ähnlichem Resultat wie diese Nützlichkeitsrechnung musste die staatsmännische Betrachtung führen: der Testamentsvollstrecker desjenigen Herrschers, welcher die ganze Provinz Cypern an eine Königin verschenkt hatte,3) der Triumvir, der selber die Verwandlung von Provinzialland in Königsland für Herodes gutgeheissen hatte, der dies Königsland sogar nach der Schlacht von Actium noch erweitert4) und die Hälfte der von Antonius ver

1) Nach dem armenischen Feldzug. Fischer Ztt. S. 363.

2) Das ist auch Mommsens Auffassung der Sachlage. R. G. V 360 f.

3) An Arsinoë von Aegypten. Dio XLII 35, 5.

4) Die jüdische Königsherrschaft war schon durch Pompeius aufgehoben, und das Land durch Gabinius völlig der Provinz Syrien einverleibt. (Schürer,

Hermes XXXIII.

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äusserten Provinz Cilicien ruhig in den Händen von Königen gelassen hat,') dieser Mann konnte der Frage, ob die Organe der obersten Gewalt Könige oder Beamte heissen, ob die Länder mittelbar oder unmittelbar verwaltet werden sollten, nicht so übertriebene Wichtigkeit beilegen, wie die am Scheine haftende Menge. Denn bei Antonius' Maassregeln vom Herbste 34 handelte es sich im innersten Grunde doch eben um die erwähnte Formfrage, oder besser gesagt, um eine Frage der praktischen Verwaltung, nicht um die Frage der römischen Macht und der Ausdehnung der römischen Herrschaft. Blieb ja doch thatsächlich Antonius' Stellung trotz der Schaffung dieser von kleinen Kindern regierten Scheinkönigtümer, was sie schon seit einer Reihe von Jahren im Orient gewesen war, blieb doch sogar innerhalb der neuen Schöpfungen die römisch-proconsulare Verwaltungsform in voller Geltung.2) Ja, ein so klarer Sinn, wie er Octavian eignete, wird sich der Einsicht nicht haben verschliessen können, dass Antonius hier, wo er vorsichtig überleitend durchaus in Caesarische Gedankengänge ein

Gesch. d. jüd. Volkes I 240. 275, wo sich auch die reiche Literatur über diese, soweit sie in Betracht kommt, völlig klare Sachlage findet. Vgl. Mommsen R. G. V 500). Octavian hat dann nicht nur im Jahre 40 in die Neuschöpfung des jüdischen Reiches eingewilligt (Schürer S. 289), sondern dem Herodes auch nach der Schlacht von Actium sein Land gelassen und es sogar damals und später im Jahre 23 und 20 von Neuem nicht unbeträchtlich erweitert. (Schürer S. 297. 301. Mommsen R. G. V 504).

1) Die Landschaften Pamphylien, Isaurien, Lycaonien und das rauhe Cilicien, welche in Cicero's Zeit zur Provinz Cilicien gehört hatten (Marquardt Hdb. 12 S. 383 f.), waren von Antonius unter königliche Herrschaft gestellt. Augustus beliess sie nach der Schlacht von Actium darunter, indem er den Amyntas in seinem Besitze bestätigte und ihm das rauhe Cilicien, das Cleopatra gehört hatte, noch dazu schenkte (Marquardt 384. Strabo XIV C. 671, 6). Auch sonst lässt sich in Augustus' provincialer Politik mehrfach ein Schwanken zwischen directer römischer und indirecter königlicher Verwaltung bemerken, wobei nicht immer zu entscheiden ist, ob es sich nur um provisorische oder definitive römische Verwaltung des später wieder als Königsland ausgebenen Gebietes handelt. Beispiele: Mauretanien (wozu Müller, numism. de l'ancienne Afrique III p. 111 und die Münze des Sosi f. ib. p. 100); Commagene, die Reiche des Tarcondimotus und Iamblichus (Marquardt a. a. O. S. 386. 398. 403. Mommsen, Mittheil. aus Athen I 34). Auch sonst sind wohl später in der Kaiserzeit noch solche Wechsel vorgekommen, z. B. mit Commagene (Marquardt Hdb. 12 S. 399) und Thracien (Mommsen Ephem. epigr. II p. 257).

2) Nachgewiesen von Ganter, die Provinzialverwaltung der Triumvirn. Diss. Strassburg 1892. S. 43 ff.

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