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ein Beweis überzeugen, in dem ein Unbekanntes durch ein zweites Unbekanntes bestimmt wird, zu dessen Bestimmung wir auf einen Analogieschluss verwiesen werden, dessen Material man sich ad libitum auswählen kann? Obendrein beruht der ganze Beweis auf einer unbewiesenen Voraussetzung. Denn ob gerade die Bühneneinrichtung zu Mytilene das war, was dem Pompeius so gut gefiel, oder nicht vielmehr die Proportionen der ganzen Anlage oder sonst etwas, können wir nicht wissen.

Nach alledem kann D.s Versuch, Vitruvs Zeugniss für die hohe hellenistische Bühne durch seine Beziehung auf einen andern Theatertypus zu eliminiren, kaum für geglückt gelten. Es muss vielmehr constatirt werden, dass D.s,kleinasiatischer Theatertypus' in Wirklichkeit nicht ein neuer Typus, sondern mit dem,hellenistischen in den Hauptsachen identisch ist. Beharrt man aber mit D. auf ihrer Verschiedenheit, so muss man immer noch zugeben, dass der hellenistische Typus ebenso gut oder besser zu Vitruvs Regeln passt, als der ‚kleinasiatische'. In keinem Falle kann man sich dem Zugeständnisse entziehen, dass Vitruv auch das hellenistische Proskenion als Bühne bezeugt. Aufs entschiedenste leugnet D. dies auch jetzt noch (S. 462). Doch, wie ich oben gezeigt habe, hält auch er selbst nur noch einen einzigen Grund aufrecht: das hellenistische Proskenion ist nicht tief genug. So gross diese Schwierigkeit erscheint, so zweifellos ist, dass sie auf andere Weise als D. will, gelöst werden muss, und zwar nur von dem Zeugniss Vitruvs aus. Wie ich mir die Lösung etwa denke, habe ich bereits auseinandergesetzt Proleg. S. 259 ff., wurde, während man doch meinen sollte, dafür sei das,kleinasiatische' Pompeiustheater mit seiner Bühne besser geeignet gewesen (weil die Römer stets eine Bühne gehabt); wir sollen glauben, dass gleichzeitig in Rom zwei so sehr ähnliche Theater wie das klein asiatische und das , hellenistische so verschieden benutzt worden seien, dass in jenem auf dem 8-10' hohen, in diesem unter dem 10-12' hohen Proskenion gespielt wurde? S. 455 bemerkt D., es habe für Vitruv keine Veranlassung vorgelegen, das hellenistische Theater zu beschreiben, ,da er nur Vorschriften über den Bau der beiden in Rom üblichen Theaterarten geben wollte'. Hier widerspricht sich D. selbst: denn S. 449 hat er ja behauptet, dass die, ludi Graeci astici' nach hellenistischer Art aufgeführt seien; dafür musste doch sicherlich scaena nebst proscaenium im hellenistischen Typus errichtet werden. Und wird das nicht oft der Fall gewesen sein? Ob diese Theater provisorisch oder massiv waren, ist gleichgültig: jedenfalls hätte der römische Architect auch für dies, hellenistische Theater' der Anleitung bedurft.

Gött. Gelehrt. Anz. 1897, S. 710 ff. Roberts Gedanken in dies. Ztschr. XXXII 450 vermag ich nicht anzunehmen.

Hier möchte ich nur noch von Neuem darauf hinweisen, dass die Behauptung, das hellenistische Proskenion habe als Bühne gedient, keineswegs ausschliesslich auf Vitruvs Zeugniss allein beruht. D. ignorirt die von Robert in dies. Ztschr. XXXII 448 f. überzeugend erklärte Stelle in Plutarchs Demetr. 34, er ignorirt ebenso die von mir Gött. Gel. Anz. 1897 S. 710 ff. erbrachten Beweise. Aber schon der eine genügt: das Theater von Eretria bat in der Höhe der Orchestra, also hinter der von D. als Spielhintergrund aufgefassten Proskenionswand gar keine Räume, sondern nur oben hinter dem von Vitruv als Bühne bezeugten ,Proskenionsdach' (D.-R. Theater S. 116. Fig. 45). Aehnlich in Oropos und Sekyon. Wer wird die Räume für die Garderoben, Decorationen u. s. w. in die erste Etage legen, wenn man sie 3 m tiefer braucht? Ferner: eine Gruppe der Phlyakenvasen zeigt unwiderlegt das hellenistische Proskenion und auf ihm die Schauspieler. Oder sollen wir etwa auf ihnen den,kleinasiatischen Bühnentypus' erkennen? Weiter: die von Reisch im Theaterbuch S. 327 ff. zusammengestellten Reliefs mit Darstellungen von Scenen der griechischen neuen Komödie sollen die hellenistischen säulengeschmückten Proskenien als Spielhintergrund zeigen. Nicht einmal bei Fig. 82 liesse sich das hören, weil die Säulen paarweise verbunden sind und der Architrav vor- und zurückspringt, was beides nicht am hellenistischen Proskenion vorkommt. Aber R. selbst erklärt, dass dies Relief oben falsch ergänzt sei. Das richtige zeigt das analoge Relief Fig. 83 und da ergiebt sich, dass dieser Spielhintergrund unmöglich für das hellenistische Proskenion angesehen werden kann: denn über dem Epistyl steigen drei Giebel auf, zwischen ihnen stehen Vasen. Ebenso auf der S. 332 erwähnten Terrakottaplatte im Casino Pio IV zu Rom. Fig. 84 ist natürlich eine römische Bühne, weist doch der Marmor auch auf die Kaiserzeit. Aber das wichtigste Bühnendenkmal, die Terrakotta der Sammlung Sant Angelo in Neapel, hat Reisch überhaupt nicht als Darstellung einer Bühne anerkannt und desshalb wohl unterlassen, es abzubilden. Jetzt kann Niemand mehr daran zweifeln, nachdem Petersen Röm. Mitth. XII 1897 S. 140 eine photographische Abbildung und eine genauere Beschreibung gegeben hat. Die beiden thurmartigen Paraskenien werden durch einen Giebel verbunden; etwas zurück liegt die scaenae frons in

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zwei Etagen, die untern mit hohen ionischen Säulen und drei Thüren, die obern mit kleineren korinthischen; der Bühnenboden springt noch über die Paraskenien vor und zeigt Standspuren von Personen und Gegenständen. Dies Stück gehört,etwa dem II. oder I. vorchristlichen Jahrhundert an' (Reisch S. 362). Freilich ein hellenistisches Proskenion stellt es nicht dar, aber die Bühne ist doch deutlich. Gedacht werden kann sie nur auf dem hohen hellenistischen Proskenion ebenso wie sie Vitruv beschreibt und einige Phlyakenvasen sie zeigen. Dies kleine Monument sollte doch überzeugen. Jedenfalls darf es nicht mehr ignorirt werden. Ich weise übrigens noch besonders darauf hin, dass hier die durch den Giebel verbundenen Paraskenien einen Bildrahmen geben, dessen zurückliegende Hinterwand durch einen zwischen ihnen aufgezogenen Vorhang leicht verdeckt werden kann. Die Neapler Terrakotta giebt in der Hauptsache die Construction, die ich bereits für die erste Bühne am Ende des 5. Jahrhunderts angenommen hatte (Prolegomena S. 207). Wichtig ist, dass ebenso wie dies hellenistische Monument auch Heron für sein Puppentheater (avtoμаτолоiïлά р. 272 Thevenot Arch. Jahrb. V 75 Schöne) einen Giebel vorschreibt: ἀετὸς προστίθεται αὐτῇ τῇ σανίδι, die oben über dem πίναξ Decorationswand resp. Bühne liegt) xaJánɛg dǹ vaïon@, und seine Bühne gegen die Zuschauer hin verschliessbar ist, freilich nicht durch einen Vorhang, sondern durch Thürflügel.

Ich wünschte, es liesse sich Vieles in unserer Wissenschaft so sicher beweisen, wie die Benutzung des hellenistischen Proskenions als Bühne.') Die Prophezeiung ist nicht kühn: bald wird es wieder

1) Schrader hätte sich doch hüten sollen in seinem hübschen Bericht über Priene (Arch. Anz. 1897, S. 187 B) ohne Beifügung einer Begründung zu behaupten, das Theater in Priene ,lasse keinen Zweifel darüber, dass der wesentliche Theil (was soll das? was ist das?) der Dramen nicht auf, sondern vor dem Proskenion gespielt worden ist'. Auf Leos lehrreichen Aufsatz Rhein. Mus. LII 509 ff. kann ich hier nicht eingehen. Ich bin auch durch ihn nicht ganz von der dauernden Existenz des tragischen Chores bis auf Seneca überzeugt. Doch würde auch sie nichts gegen die aufs deutlichste durch Schriftsteller (Vitruv, Pollux, Plutarch Demetr. 34), Illustrationen (bes. Assteasvase bei Baumeister Denkm. III S. 1754 D.-R. Theater fg. 75), Ruinen der Theater von Sekyon, Eretria, Oropos bezeugte Thatsache beweisen, dass oben auf dem hellenistischen Proskenion gespielt worden ist. Nur das würde dadurch bestätigt, dass irgend ein noch ungelöstes Geheimniss über der Einrichtung dieser hohen Bühne liegt.

allgemein anerkannt sein, dass dies Proskenion Bühne war. Hoffentlich wird auch die Lösung der Decorationsfrage und der ev. Erweiterung der Bühne nach hinten möglich werden. Sicherlich aber muss für die Entwicklungsgeschichte des Theaters die Theorie D.s fallen. Dann werden auch die Reste der Lykurgischen Scene, von Neuem vorurtheilsfrei betrachtet, vielleicht noch die Möglichkeit einer Reconstruction zulassen, die freilich, denke ich, etwas anders werden wird, als die von Dörpfeld geleistete. Der auch um das Theater so hoch verdiente Mann wird selbst noch, dess bin ich gewiss, Vieles zur Förderung beitragen.

Basel.

E. BETHE.

MISCELLEN.

SOSTHENIS.

J. Beloch hat in dieser Ztschr. Bd. XXXII S. 667 ff. neben einem Hinweis auf die Uebereinstimmung der wesentlichen Resultate meiner Bd. XXXII S. 161 ff. veröffentlichten Untersuchungen mit den Ausführungen von Salvetti in den Studi di Storia antica II p. 95 ff. und von De Sanctis ebend. S. 131 ff.1) auch auf den einzigen erheblichen Differenzpunkt aufmerksam gemacht: nach den italienischen Fachgenossen, denen er selbst zustimmt, sind unter den Hieromnemonen des Jahres 178 v. Chr. sechs2) Aetoler, während ich deren nur fünf anerkenne. Die fragliche Persönlichkeit ist der Hieromnemon der Herakleoten am Oeta, Φαινέας Νικέα ΣωoDevεus. Während ich in ihm den Bürger eines von Heraklea politisch abhängigen Nachbarstädtchens sehe, der von den Herakleoten selbst in die Versammlung gesendet war, lässt B. ihn wie die Vertreter der Lokrer, Dorier und Aenianen von und aus der gesammten Bundesgemeinde der Aetoler gewählt sein, so dass sein Verhältniss zu Heraklea ein rein nominelles, fictives wäre.

Seine Gründe sind, dass erstens die Lage von Sosthenis nicht bekannt, seine Zugehörigkeit zur Oetaea nicht erweisbar sei, und dass sie zweitens, selbst wenn sie feststände, nichts für meine

1) Dass mir diese Arbeiten unbekannt geblieben waren, bedaure ich aufrichtig; doch brauche ich kaum zu fürchten, dass man dies Versehen als hochmüthige Geringschätzung ausländischer Wissenschaft missdeuten wird. Ob übrigens von meinen eingehenden Ausführungen über die Verfassung des aetolischen Bundes und der Amphiktionie nicht doch nach Abzug der mir mit den beiden italienischen Forschern gemeinsamen Hauptresultate noch etwas mehr an beachtenswerthen Ergebnissen übrig bleibt, als man nach Belochs Ausdrucksweise annehmen sollte, mögen die Leser beurtheilen.

2) Nach De Sanctis strenggenommen sieben, da er Pomtows Berichtigung noch nicht kannte und desshalb zwei Hieromnemonen der Herakleoten genannt glaubte.

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