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tert sie dazu auf, und die Natur der Sache erlaubt es.

So übertaubend als dieser Einwurf zu seyn scheinet, so braucht es, ihn übern Haufen zu stoffen, doch weiter nichts, als taß man die Grundfäße desselben zugiebt, und die daraus gemachte Folgerung leugnet. Es ist wahr, daß alle Geburthen des Genies, so zu reden, ihr Tappen haben, bis sie zu ihrer Vollkommenheit gelangt find; allein, es ist auch eben so gewiß, daß verschiedne von denselben, fie schon erreicht haben, als das epische Gedichte, die Ode, die Beredsamheit und die Historie. Homer, Pindarus, Demosthenes und Thucydides sind die Lehrmeister des Virgils, des Horaz, des Cicero und des Livius gewefen. Das vereinigte Ansehen diefer grossen Månner ist zum Gesche geworden; und dieses Gefeß haben hernach alle Natio nen angenommen, und die Vollkommenheit einzig und allein an die genaue Nachahmung diefer alten Muster gebunden. Wenn es also nun ser wahr ist, daß das Wesen dieser verschiednen Werke so unveränderlich festgestellet ist, als es nur immer durch die aller verehrungswürdigsten Beyspiele festgestellet werden kann; aus was für einer befondern Ursache follte es denn nur vergönnet seyn, das Wesen der Komödie zu ändern, welches durch die allgemeine Billigung nicht minder geheiliget ist.

Und man glaube nur nicht, daß diese durchs gångige Uebereinstimmung schwer zu beweisen fen. Man nehme den Aristophanes, Plautus und Terenz; man durchlaufe das englische Theater und die guten Stücke des Italiänischen; man befinne sich hernach auf den Moliere und Regnard und verbinde diese thatlichen Bereise mit den Entscheidungen der dramatischen Gefehgeber, des Aristoteles, des Horaz, des Defpreaur, des P. Rapins, so wird man die einen sowohl, als die andern, dem System des kläglich Komischen gänzlich zuwider finden. Zwar wird man die nothwendigen Verschiedenheiten zwischen den Sitten und dem Genie der Dichter eines jeden Volks bemerken; zwar wird man, nach Beschaffenheit der Gegenstände, in den Stücken, welche die Laster des Herzens angrei fen, einen nothwendig ernsthaften Ton antreffen, so wie man in denen, welche mit den Ungereimtheiten des Verstandes zu thun haben, eine Vermischung des Scherzes und des Ernstes, und in denen, welche nur das lächerliche schildern sollen, nichts als komische Züge und Wendungen finden wird; zwar wird man sehen, daß die Kunst eben nicht verbunden ist, uns zum Lachen zu bewegen, und daß sie sich oft begnügt, uns weiter nicht als auf diejenige innere Empfindung, welche die Seele erweitert, zu bringen, ohne uns zu den unmåßigen Bewegungen zu treiben, welche laut ausbrechen:

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aber

aber jenen traurigen und kläglichen Ton, jenes romanenhafte Gervinsle, welches vor unsern Augen der Abgott des Frauenzimmers und der jungen Leute geworden ist, wird man ganz und gar nicht gewahr werden. Mit einem Worte, diese Untersuchung wird uns überzeugen, daß es wider die Natur der komischen Gattung ist, uns unsre Fehler bes weinen zu lassen, es mögen auch noch so häßliche Laster geschildert werden; daß Thalia, fo zu reden, auf ihrer Maske keine andre Thrånen, als Thränen der Freude und der Liebe duldet; und daß diejenigen, welche sie quasi-tragische Thränen wollen vergiessen lassen, sich nur eine andre Gottheit für ihre Opfer su chen können.

Der Einwurf also, den man aus der willführlichen Natur der Komödie hergenommen, scheint mir hinlänglich widerlegt zu seyn; weil alles, was die vornehmste Wirkung, die ein Werk hervorbringen foll, vernichtet, ein wesent licher Fehler ist. Wollte man gleichwohl noch darauf dringen, daß die Komödie natürlicher Weise mehr, als irgend eine andre Geburth des Genies, dem Geschmacke des Jahrhunderts, in welchem man schreibt, unterworfen sey, und daß man diesem Geschmacke also folgen müssen, wenn man darinne glücklich seyn wolle; so nehme ich diese Marimen ganz gerne an: allein was kann daraus zur Ehre des weinerlich Komischen flies

fen?

fen? Weit gefehlt, daß der allgemeine Geschmack sich dafür erkläre; wenigstens sind die Stimmen getheilt. Es giebt ein auserwähltes Häuschen Zuschauer, bey welchen das heilige Feuer der Wahrheit gleichsam niedergelegt wor den, und dessen sichrer und unveränderlicher Geschmack sich niemals unter die Tyranney der Mode geschmiegt, noch diesen Gößen weniger Tage angebethet hat.

Diesem erleuchteten Theile des Publicums hat man es zu danken, daß sich noch in allen Gattungen jene ausgesuchte Empfindung der Natur und jener vollkommene Geschmack erhält, der, indem er wider die Blendungen gefährlicher Neuigkeiten eifert, zugleich den wirklich nůßlichen Erfindungen ihren wahren Werth зи bestimmen weis. Er ist eben so einfach, als die Wahrheit selbst; oder wenn man lieber dem Lehrgebäude des französischen Odendichters folgen will, so giebt es nur einen gedoppelten, deren Züge hier zu entwerfen nicht undienlich seyn wird, damit man den Unterscheid ihrer Charaktere desto besser empfinde. B 5

*

Der

* Der Verfasser zielt hier auf eine Stelle in des Rousseau Briefe an Thalien. Sie ist so trocken schön, daß ich sie nicht zu übersehen wage. Wenn ich mich nicht irre, so ist es eben die, welche der Herr von Voltaire an einem Orte sehr scharf getas delt hat. Man sehe, ob Rousseau mehr darinne sagt als, daß es mit dem Geschinacke eine küßliche Sache

Der erste giebt sich mit den Lastern ab, 'welche verächtlich machen, und mit den Ungereimtheiten, durch die man lächerlich wird: er belebt seine Bilder mit lachenden und satyrischen Zügen; er will, daß sich jeder in seinen Gemåhlden erkennen, und über seine eigne Abschilderungen eben so boshaft lachen solle, als ob alles auf Kosten seines Nächsten gehe. Der andere hingegen greift nur gewisse Fehler an, oder besser zu reden, er greift ganz und gar keine an: er sucht mühsam nichts, als traurige und außerordentliche Stellungen, und mahlt sie mit den allerdunkelsten Farben. Der eine erfreut das Herz und vergnügt den Geist, durch ein lebhaftes und sich ausnehmendes Spiel, welches allen Verdruß verjagt; der andere stürzt uns durch einen traurigen Ton wieder hinein, und giebt fich alle Mühe eure Seele durch gehäufte Erzeh fungen von Unglücksfällen zu betrüben. Nun wage man es, den Vorzug zu entscheiden, oder leugne die Wahrheit dieser Charaktere.

Meine

Sache sey, und daß er nothwendig entweder gut
oder schlecht seyn müsse.

Tout inftitut, tout art, toute police
Subordonnée au pouvoir du caprice,
Doit être auffi confequemment pour tous
Subordonnée à nos differens gouts

Mais de ces gouts la diffemblence extreme,
A le bien prendre, eft un foible probleme;
Et quoi qu'on' dife, on n'en fauroit jamais
Compter que deux; l'un bon, l'autre mauvais &e.
Ueb.

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