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Zusage des Octavian, bei der sich Vergil damals beruhigte, wird jetzt als nicht vorhanden beseitigt. Das Gelungene dieser Verse bezeichnet Lycidas durch die Angabe, dafs sie ihn, als er sie in sternenheller Nacht gehört, in dem Mafse gefesselt, dafs sich ihm ihre Rhythmen, numeri, sofort eingeprägt hätten, obgleich ihm die Worte entfallen seien. Numeri sind gleichsam die Tanzrhythmen, in welchen sich die einzelnen Wörter der Ordnung des Verses (Hexameter) stellen und so kann von spondeischen, daktylischen, anapästischen Rhythmen (Serv. z. Ecl. VIII, 78 Veneris dic vincula necto, anapaesticus est trimeter hypercatalecticus), so kann von einer lex numeri die Rede sein. In specieller Beschränkung des Wortes auf den Tanz sagt Cicero Parad. 3 extra numerum si se moveat histrio, exploditur. Verg. Aen. 644 plaudunt pedibus choreas; angewendet auf das Wort Ovid ex Ponto IV, 2, 30 nectere verba numeris. Cic. Orat. 229 claudere sententias numeris. Ovid. Trist. IV, 10, 25 sponte sua carmen numeros veniebat ad aptos. Cic. Acad. IV, 22 explere numeros, auf den Gesang Aen. VI, 646 Thraeicius sacerdos obloquitur numeris septem discrimina vocum, auf die Verhältnisse der Bewegungen der Himmelskörper angewandt. Cic. Tim. 9 Ceterorum autem siderum ambitus (Umläufe) ignorantes homines praeter admodum paucos neque nomine appellant neque inter se numero commetiuntur.

Die Worte dieses Gedichtes teilt Ribbeck gegen den Mediceus und Gudianus dem Lycidas zu, was aber mit dem si verba tenerem unvereinbar ist: nur Möris kann so klagen, mit dem fünften Verse aber bricht er ab, weil ihm das Gedächtnis versage und schliefst so den Kern der Dichtung, Andeutung dessen, was man noch von Menalcas erwarten dürfe. Das fert in dem Omnia fert aetas fafst schon Servius als aufert; aber dann dürfte es doch nicht heifsen animum, sondern notwendig memoriam. Ich bezweifle überall, dafs fero jemals aufero ist, es heifst vielmehr victum ferre, überwältigen. Die beiden Stellen, die Vofs anführt V, 34 postquam te fata tulerunt, nachdem dich das Geschick in seine Gewalt bekommen, und VIII, 106 dum ferre moror, indem ich mit dem Tragen säume, beweisen das nicht und unsere Stelle erträgt es kaum, denn aetas ist nicht senectus; wozu sollte auch Möris über sein Alter klagen? Es ist vielmehr haec aetas, die gegenwärtige Zeit überwältigt afles; dazu pafst etiam animum, auch die geistige Spannkraft, darin ist freilich die memoria eingeschlossen; Möris aber hat von mehr gesprochen, die memoria allein verhalf ihm noch nicht dazu, ganze Tage zu singen, wenn sie auch ihren Anteil

daran hat, zu singen bis die Sonne zur Rüste geht. (Sehr unglücklich deutet Servius longos dies durch aestivos.) Wenn condere auch nicht gerade begraben ist, so streift es doch an das mortuos componere hinan.

ten.

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Wir dürfen von diesen beiden Zeilen nicht scheiden, ohne derjenigen zu gedenken, welche statt fert lieber fers lesen möchBemerken wir dagegen, dafs die handschriftliche Autorität, die sich auch auf Servius und Donat Ter. Andr. I, 1, 115 stützt, dagegen ist. Dazu kommt, dafs kein Grund abzusehen ist, warum Möris die Zeit anreden sollte, endlich dafs, wenn man die starke Betonung, die in einer solchen Anrede liegt, fest halten will, der Gegensatz eine ähnliche durch quam saepe oder ähnliches erheischt.

Dieser Klage setzt Möris als Antistrophe zwei Zeilen entgegen, die alten Lieder, so viele ihrer gewesen, seien vergessen, auch

seine Stimme dahin, Lust und Kraft unter der Wucht der Zeit erdrückt: es müsse ihn ein Wolf mit seinem Blick verzaubert haben. Servius bespricht die Sage vom Wolf weiter: hoc etiam physici confirmant, quod voce deseratur is, quem prior viderit lupus. Unde etiam proverbium hoc natum est: lupus in fabula, quotiens supervenit ille, de quo loquimur, et nobis sua praesentia (denn so ist doch wohl für prudentia zu schreiben) amputat facultatem loquendi. Desgleichen Plinius H. N. VIII, 34. Wir wollen hier beiläufig einen Unterschied der italischen und griechischen Auffassung konstatieren, welche letztere von dem prior nichts weifs. Theokr. XIV, 22 oỷ φθέγξῃ; λύκον εἶδες; Uns ist bei dem lupus in fabula der Begriff des Verstummens ganz abhanden gekommen.

Bitterer als in dieser Klage des Möris, dafs die Zeit alle Spannkraft des Geistes erdrücke, konnte Vergil seine Mifsstimmung nicht aussprechen; aber mit solcher Herbigkeit durfte eine Dichtung nicht schliefsen, welche eine Bittschrift sein wollte. So folgt denn mit einer Art Notwendigkeit die Hinweisung, dafs ja Menalcas, von dem die Dichtungen stammen, noch am Leben sei und sich erhalten lasse. Auf diesen Gedanken fällt das Hauptgewicht, darum steht er allein, würde, da er nur eben hingeworfen und der Erwägung anheimgestellt sein soll, keine Antistrophe dulden. Aber die mitgeteilten Liederfragmente selbst wecken überall die Sangeslust und Lycidas beschuldigt den Freund, er suche nur nach Ausflüchten. Er erinnert im Gegenteil, es sei ja nicht nur Aussicht auf eine bessere Zeit, sie sei schon im Anzuge, die Wogen hätten sich gelegt, das Meer geglättet, das Toben der Stürme sei verstummt. Buchstäblich lässt sich das ja nicht fassen: welches Meer

sieht denn Lycidas bei Mantua, wo doch die Scene ist, oder wenn man einwenden will, dafs die vorliegenden Worte übersetzt seien aus Theokrit II, 39

ἠνίδε σιγᾷ μὲν πόντος, σιγῶντι δ ̓ ἀῆται,

was bringt denn gerade jetzt dem Lycidas diesen Vers in den Sinn? Ich sehe nicht, wie man ihn anders als allegorisch fassen kann. So ergiebt sich uns eine dreizeilige Strophe 57-59. Es folgt eine gleiche, eine neue Aufforderung zum Gesang. Wir stehen, sagt Lycidas, an bedeutsamer Stelle, der halbe Weg ist zurückgelegt und wir sind vor dem Grabmal des Heros unserer Heimat, dort kommt das Grab des Bianor zum Vorschein. Wieder ein Zug aus Theokrit VII, 10. 11. Aber damit kommt er nur halb zur gebührenden Geltung: überhören wir nicht, was Servius sagt: Hic est, qui et Ocnus dictus est, de quo ait in decimo (libro Aeneidis) 199: fatidicae Mantus et Thusci filius amnis, conditor Mantuae. Dictus autem est Bianor, quasi animo et corpore fortissimus, ἀπὸ τῆς βίας καὶ ἀνορέης. Es ist eine Hinweisung auf einen gefeierten Heros und auf eine ganz bestimmte Lokalität. Warum dies Denkmal zum Singen ermuntere, sehen wir freilich nicht; aber wir dürfen kaum so fragen. Wir fühlen, dafs alles zum Ende drängt. Die dritte Strophe, leicht abfallend, bringt einen neuen Vorschlag. Lafs uns im Gehen singen, das erleichtert den Weg, und ein letztes Erbieten des Lycidas, dem Möris die Last der Lämmer, die er zu tragen hat, abzunehmen. Darauf antwortet. Möris freilich ablehnend, aber mit einer freundlichen Hinweisung, dafs ja eine Überkunft des Menalkas in Aussicht stehe.

Zehnte Ekloge.

GALLUS.

Extremum hunc, Arethusa, mihi concede laborum
pauca meo Gallo, sed quae legat ipsa Lycoris,
carmina sunt dicenda: neget quis carmina Gallo?
sic tibi, cum fluctus supterlabere Sicanos,
Doris amara suam non intermisceat undam:
incipe; sollicitos Galli dicamus amores.
dum tenera attondent simae virgulta capellae.
non canimus surdis, respondent omnia silvae.

KOLSTER, Vergils Eklogen.

13

a 1

2

5

3

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Quae nemora aut qui vos saltus habuere, puellae naides, indigno cum Gallus amore peribat? nam neque Parnasi vobis iuga, nam neque Pindi ulla moram fecere, neque Aonie Aganippe. illum etiam lauri, etiam flevere myricae, pinifer illum etiam sola sub rupe iacentem Maenalus et gelidi fleverunt saxa Lycaei.

stant et oves circum (nostri nec paenitet illas: nec te paeniteat pecoris, divine poetà

et formosus ovis ad flumina pavit Adonis), venit et opilio, tardi venere subulci,

uvidus hiberna venit de glande Menalcas.

Aẞ Omnes 'unde amor iste' rogant 'tibi?' venit Apollo:
'Galle, quid insanis?' inquit, 'tua cura Lycoris
perque nives alium perque horrida castra secutast.'
venit et agresti capitis Silvanus honore
florentis ferulas et grandia lilia quassans.

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Pan deus Arcadiae venit, quem vidimus ipsi sanguineis ebuli bacis minioque rubentem.

'ecquis erit modus?' inquit. "Amor non talia curat:
nec lacrimis crudelis Amor nec gramina rivis
nec cytiso saturantur apes nec fronde capellae.'

Aa Tristis at ille tamen cantabitis, Arcades' inquit
'montibus haec vostris, soli cantare periti

Arcades. o mihi tum quam molliter ossa quiescant, vestra meos olim si fistula dicat amores!

atque utinam ex vobis unus vestrique fuissem

aut custos gregis aut maturae vinitor uvae!

certe sive mihi Phyllis sive esset Amyntas

seu quicumque furor (quid tum, si fuscus Amyntas? et nigrae violae sunt et vaccinia nigra),

330

Α ́ 1

35 2

mecum inter salices lenta sub vite iaceret: serta mihi Phyllis legeret, cantaret Amyntas.

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ᎪᏰ .

hic gelidi fontes, hic mollia prata, Lycori,
hic nemus: hic ipso tecum consumerer aevo.
nunc insanus Amor duri me Martis in armis
tela inter media atque adversos detinet hostes:
tu procul a patria (nec sit mihi credere tantum

45

4

*) etwa: quanta tunc forem felicitate beatus! **) etwa: illic quid laudes? quid? castra movenda? calores?

3

Alpinas a dura nives et frigora Rheni

.*)

me sine sola vides. a, te ne frigora laedant!
a, tibi ne teneras glacies secet aspera plantas!

B' Ibo et Calchidico quae sunt mihi condita versu
carmina pastoris Siculi modulabor avena.
certum est in silvis inter spelaea ferarum
malle pati tenerisque meos incidere amores
arboribus: crescent illae, crescetis amores.
interea mixtis lustrabo Maenala nymphis,
aut acris venabor apros.
frigora Parthenios canibus circumdare saltus.

non me ulla vetabunt

Iam mihi per rupes videor lucosque sonantis
ire, libet Partho torquere Cydonia cornu.

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spicula. tamquam haec sit nostri medicina furoris
aut deus ille malis hominum mitescere discat.

60 B'1

B2 Iam neque hamadryades rursum neque carmina nobis
ipsa placent; ipsae rursus concedite silvae.
non illum nostri possunt mutare labores:
nec si frigoribus mediis Hebrumque bibamus
Sithoniasque nives hiemis subeamus aquosae,
nec si, cum moriens alta liber aret in ulmo,
Aethiopum versemus ovis sub sidere cancri.
omnia vincit Amor: et nos cedamus Amori'.
Haec sat erit, divae, vestrum cecinisse poetam,
dum sedet et gracili fiscellam texit hibisco,
Pierides: vos haec facietis maxima. Gallo,
Gallo, cuius amor tantum mihi crescit in horas,
quantum vere novo viridis se subicit alnus.
surgamus. solet esse gravis cantantibus umbra,
iuniperi gravis umbra, nocent et frugibus umbrae
ite domum saturae, venit Hesperus, ite capellae.

a2

etwa: te potuisse pati, quantum est voluisse dolori.

65 3

70 a 1

75 3

Die zehnte Ekloge ist nicht zufällig die letzte der Sammlung; gleich das erste Wort zeigt uns, dafs sie zuletzt abgefafst ist und die letzte hat sein sollen; Vergil hatte offenbar mit der Absicht noch weiter Eklogen zu schreiben abgeschlossen. Sie schliefst sich im Inhalt auf das engste der sechsten Ekloge an und steht derselben auch wohl der Zeit nach nicht so ganz fern.

Haben wir dort richtig in der Dichterkrönung des Gallus den Kern erkannt, eine Huldigung, wie sie nach der Übertragung von

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