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empor, des Ohres von Göttern würdig, und von dem Flehen der Liebenden zu demselben getragen, um durch sie der Erfüllung versichert zu werden. Hier aber hebt sich Menalkas zu gleicher Höhe, er stellt dem Jubel des Nebenbuhlers über köstliche Gewährung die Klage über Vernachlässigung von Seiten der Geliebten gegenüber. Nur der Mund des Geiiebten versichert ihn seiner Liebe er nennt es in schöner Litotes animo non spernis me;

aber deine That geht damit nicht Hand in Hand; anstatt an seinem Munde zu hängen und den Augenblick des Beisammenseins auszubeuten, fröhnst du seiner Jagdlust und beutest für sie des Geliebten Hülfe aus, läfst mich fern bei den Jägernetzen stehen.

Damötas ändert den Ton und sucht uns ein heiteres Bild des Tobens und Tollens der Liebenden vorzuführen. Hier aber macht das Verständnis des Einzelnen Mühe: ein Jollas wird aufgefordert, zu einem Gelage sein Mädchen, Phyllis, zu senden, aber mit der eigenen Gesellschaft den Einladenden zu verschonen. Seltsame Zumutung; man sollte meinen, da müfste einem wenigstens ein Hans Dummbart gegenüber genannt sein, aber auf nichts dergleichen weist der Name hin. Die Antwort auf den Spruch, scheint es, hilft auch nicht viel; Menalkas sagt uns, Phyllis habe dem Jollas ein Lebwohl zugerufen und geweint, als er gehen wollte. Auch Servius hat die Stelle Not gemacht, hic, sagt er, aut habuit duo nomina (nam supra eum Menalcan dixit) aut certe Iollam eum quasi pastorem optimum appellavit a quodam pastore nobilissimo: sicut virum fortem plerumque Achillem, adulterum Parin vocamus. Er sucht also in dem Namen eine Bedeutung; sucht, aber weist keine solche nach; oder, meint er, Menalkas müsse (nach V. 78) auch Jollas geheifsen haben: aber das ist auch schwer zu beweisen, denn wir haben griechische Namen vor uns und die Griechen haben nur einen Namen. Aber er regt eine andere Frage an: ist Menalkas mit Jollas identisch? Menalkas kann nur von sich selber sagen: me discedere flevit. Valedicere ist doppeldeutig: Abschied nehmen und Valet sagen = entsagen. Vor die Wahl gestellt, weint Phyllis, dafs Menalkas Miene macht zu scheiden, me discedere flevit das discedere ist damit noch nicht vollzogen und sagt dem bildschönen Jollas Valet. So hat auch Schaper die Sache angesehen. Von einem pastor optimus ist gar nicht die Rede; aber wer ist nur Jollas? Die Aufforderung des Damötas scheint den Jollas als einen Einfaltspinsel hinzustellen. Jollas und Phyllis scheinen typische Namen zu sein für ein Pärchen, wie unser Hans und Gretchen, vgl. Vers 107 Phyllida solus habeto. Übersetzen wir also:

Schicke mir Gretchen doch, Hans, ich feiere heute Geburtstag, Opfr' ich das Kalb für die Frucht, da magst du dann selber erscheinen.

Bei der heiter belebten Feier will man den Einfaltspinsel lieber nicht haben. Menalkas aber zeichnet Phyllis als ein verständiges Mädchen, das im entscheidenden Augenblicke sich von dem schönen Pinsel zurückzuziehen verstand:

Gretchen lieb' ich vor allen, sie weinete, als ich zurückzog, Langsam sprach sie: Valet, Valet denn, o Hänschen.

Longum vale; Servius vergleicht es dem torvum clamat, es war kein rasch herausgestofsenes, sondern ein schwer erkämpftes, Hor. Serm, II, 6, 27 Post modo quod mi obsit clare certumque locuto. So wird, scheint es, erst Damötas' Wort begreiflich: Phyllida mitte mihi: sie ist eben nicht mehr Jollas Mädchen; sie hat ihm den Laufpafs gegeben. Dafs longum gewählt sei, um dem Homöoteleuton longe formose vale vale dixit auszuweichen, ist eine sehr richtige Bemerkung von Schaper, der auch auf das vălě inquit, hinweist.

Und nun vereinigen sich beide Gegner, um der Liebe Freude und Schmerz als höchstes Leid und Lust hinzustellen. Triste ist ebenso wie Vers 82 dulce substantivisch: ein Verhängnis; auf die Steigerung im Verse hinzuweisen, ist wohl sehr überflüssig; übrigens ist Amaryllis nicht eine neue Geliebte des Damötas, sondern wenn sie freundlich ist, heifst sie Galatea, wenn sie zankt und keift, Amaryllis. Depulsis deutet Servius gut a lacte prohibitis. Über das faciam vitula s. Schaper.

Mit der sechsten Strophe 80-83 machen die beiden Sänger dem Liede von der Liebe ein Ende und wechseln das Thema. Gleichmäfig, ja wetteifernd, preisen sie Pollio, bezeugen durch diese gemeinschaftliche Verehrung, dafs sie Vergils eigene Meinung aussprechen. Als die Triumvirn aus Italien sehieden, um im Orient die Mörder Cäsars niederzuwerfen, liefsen sie am Fußse der Alpen den Pollio mit Heeresmacht zurück, um den Frieden und ihre Herrschaft im Lande aufrecht zu erhalten. Die Friedlichkeit, welche in unserer Ekloge atmet, zeigt, wie sehr Pollio das erstere gelang. Er richtete sich in Oberitalien den Hof ein, zog die Einflussreichsten und Gebildetsten an sich, unter ihnen auch deu Herdenbesitzer Vergil, der früher in Rom uud Neapel eine höhere Bildung gesucht hatte und fortfuhr seiner Neigung für die erzählende und beschreibende Dichtkunst wohl in allerlei den Alexandrinern nach

geahmten Dichtungen Raum zu geben. Pollio war wohl der, welcher Vergils Sinn für Naturschönheit erkannte und ihn vom Erzählen von äufseren Ereignissen zur Darstellung der Natur herüberzog und seinen Geist auf die Nachahmung des jüngsten Sprosses der griechischen Poesie, der Bukoliker, hinwies und ihn zu deren Nachahmung aufforderte. *) Er erkannte in dem jungen Manne ein treffliches Werkzeug zur Ausführung eines Lieblingsgedankens, der römischen Litteratur eine klassische Poesie zu geben. An dem Aufbau der prosaischeu Litteratur waren bereits viele Hände, und mit Erfolg, thätig gewesen, es galt, in der Poesie ein gleiches zu erreichen; da war freilich Catull vorangegangen und Gallus wohl nicht minder, aber eine Schwalbe macht keinen Sommer; Pollio strebte für den Gedanken, den Mäcenas mit seinem Kreise später zur Vollendung führte, und scheute sich nicht selbst Hand anzulegen. Für die Entwickelung eines klassischen poetischen Stiles gewann er auch Vergil und trug dazu bei, denselben hinzuführen zu dem, was ihm Horaz Serm. I, 10, 44 nachgerühmt, dicendi genus molle atque facetum Vergilio annuerunt gaudentes rure Camenae. Gehe ich wohl zu weit, wenn ich aus der vorliegenden halben Widmung der Ekloge an Pollio schliefse, dafs Vergil hoffte mit dieser Dichtung so recht auf Pollios Ratschläge eingegangen zu sein?

Mit Vers 83 schliefst das Liederband von der Liebe ab; aber Damötas fühlt, dafs es ihm einigermafsen gelungen ist; vorhin war ihm durch die übermütigen Worte des Menalkas V. 26 indocte, solebas stridenti miserum stipula disperdere carmen eigentlich der legitime Zutritt zu ordentlichen Wettkämpfen gewehrt; so hat er Ursache für sich einzutreten; man kann es nur in der Ordnung finden, wenn er durch ein nicht abzuweisendes günstiges Urteil seiner Poesie eine bleibende Stätte zu sichern sich bemüht; Pollio hat sie nicht blofs einmal gebilligt, er billigt und liebt sie fort und fort. So führt Damötas mit Pollios Preis seine eigene Sache, er hofft nicht allein in diesem Wettkampf zu bestehen, zu siegen vielleicht, sondern auch, dafs sein Gesang, aufgezeichnet, dem Pollio gefallen werde. Die Erklärung des zweiten Verses hat von alter Zeit her Schwierigkeiten gemacht und Servius erklärt: pascite lectoris armenta, quia legit haec, vel vitulam ei nutrite pro praemio. Eine leichte Manier seinen Herden Gedeihen zu verschaffen. Heyne tadelt den Vergil, der die Situation nicht gehörig festgehalten

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*) Servius Prooem. Aeneid.: Tunc ei proposuit Pollio, ut carmen Bucolicum scriberet, quod eum constat triennio scripsisse et emendasse.

habe: ein Dichterhirt singe; Leser habe er keine: mit den Widmungsworten, mit denen der Dichter die sechste Ekloge dem Varius übersende, pagina, sei das ein anderes, und auch das Einschneiden der fünften in Baumrinde sei nicht zutreffend. Er hätte recht, wenn nicht die Bitte an die Musen dastünde, für den lector ein Kalb gedeihen zu lassen. Unmöglich kann Damötas jeden Leser mit einem Kalbsbraten bewirten wollen: das würde auch wohl lectoribus heifsen; lectori ist nur ein, der erste Leser, dem die Ekloge gewidmet werden soll, Pollio. Bei dem Gesange ist er nicht gegenwärtig, der mufs ihm schon schriftlich vorgelegt werden, aber er liebt ja Damötas' Gesang und wird nicht verschmähen ihn zu lesen.

Menalkas ist diesmal weit entfernt Gegenpart zu halten, aber er sucht den Nebenbuhler mit einer Hinweisung auf Pollios eigene litterarische Thätigkeit zu überbieten, wobei es zweifelhaft sein kann, ob die nova carmina uns auch hier auf die von den beiden Hirten vertretene neue Richtung hinweisen, die, nach dem Muster des Griechischen gebildet, das Formlose abweisen will und nach Reinheit und Eleganz der Sprache strebt, griechische Regelrichtigkeit, Anmut und Schönheit zu ihrem Ziele macht, oder ob in Pollios litterarischer Thätigkeit zwei Perioden sollen bezeichnet werden und gesagt sein, dafs er ein Streben in früheren jugendlichen Jahren wieder aufgenommen habe. Es verschlägt nicht viel, für welehe Ansicht man sich entscheidet. Aber gefeiert will diese neue Thätigkeit sein, und Menalkas mag wohl sagen, für den Tag dieser Feier genüge ein Kalb nicht, da werde ein nahezu (iam) ausgewachsener, vollkräftiger Stier erforderlich sein, um der Gröfse des Dankes und der Zahl der Feiernden zu genügen. Der wird aber den armenta Pollionis schon entnommen werden können und Servius' Deutung pascite eius armenta ist unzulässig. Die Erklärung von carmina setzte schon Vofs in Verlegenheit, der nicht recht wagt Servius' Zusatz magna, miranda beizustimmen und deuten möchte mit Neuheit gefällig, vgl. Odyss. I, 352. Schaper will die Verse streichen, die seinen metrischen Forderungen nicht entsprechen. -- Ich bin aufser Stande, einen seiner Gründe anzuerkennen, den letzten, von dem Ausdruck lector entlehnten, hoffe ich oben und zu Ekl. 6 widerlegt zu haben.

Damötas erfleht nun für sich (denn dafs er der Pollionem amans ist, lässt sich doch nicht bezweifeln) glänzende Erfolge in Pollios Sinn: mella fluant illi, carmina eius mellita sint. Aber es giebt noch Schwierigkeit bis dahin: veniat, quo te quoque gaudet. Servius erklärt: subaudis venisse, freilich mit einem möglichst

KOLSTER, Vergils Eklogen.

albernen Zusatz.*) Vols sagt: er erreiche dieselbige Höhe der Vortrefflichkeit, worauf er neben den grofsen Dichtern des Altertums auch dich mit Freude bemerkt. Mit dem letzten übersieht er nur, dafs es nova carmina sind; die grofsen Dichter des Altertums sind wenigstens nicht die römischen. Der nächste Vers aber ist nur ein poetischer Ausdruck des höchsten Gelingens:

mella fluant illi, ferat et rubus asper amomum.

Damötas wünscht zweierlei, höchste Süfsigkeit und duftige Würze über Erwarten zu Tage zu bringen; das erste passivisch, das andere aktivisch ausgedrückt, qui te amat mella fluere faciat und amomum ferat. Bei dem letzten aber hat er eingeschaltet, womit er sich vergleichen möchte rubus, als Brombeerranke, oder obgleich er nichts als eine Brombeerranke ist.

Menalkas' Antwort beleuchtet das Gesprochene von einer entgegengesetzten Seite, und wenn sie uns auch auf den ersten Blick etwas minder verständlich ist, so kommt das daher, weil uns die litterarischen Verhältnisse jener Zeit sehr unbekannt sind, die wir vielmehr aus dem Vorliegenden erst ableiten und, so gut es gehen will, ergänzen müssen. Im Gegensatz zu der von Pollio verfolgten Tendenz war eine andere Partei thätig nach der von Cicero Orator XI ausgesprochenen Devise: Ennio delector, quod non discedit a communi more verborum, an deren Spitze ein C. Bavius und C. Mävius standen. C. Mävius, dem Anscheine nach ein Unterbefehlshaber des Pollio, der im Jahr 34 in den Orient geschickt ward, hatte so eben eine Gedichtsammlung (carmina tua) veröffentlicht. Menalkas verheifst ihm davon schlechten Erfolg, nur wem Bavius' Gedichte nicht in den Tod zuwider seien, könne sich mit Mävius' Dichtungen befreunden der Konjunktiv ist hier nicht optativisch wie vorhin, sondern dubitativ zu fassen mit der Verheifsung, es werde sein Versuch, in die alte Poesie Leben zu bringen, nicht mehr Erfolg haben, als der Einfall Füchse zu zähmen (zusammenzujochen) und den Bock zu melken. Wir wissen von dieser Opposition gegen die sich entwickelnde klassische Poesie, zu der auch ein Kornificius und Anser gehörten, blutwenig. Sie scheint durch sarkastische Witze jeden Versuch neue Wendungen der Sprache zu finden niedergeschlagen zu haben. Sane reprehensus Vergilius, sagt Servius z. Georg. I, 210 a Bavio et Maevio hoc versu: Hordea qui dixit, superest, ut tritica dicat. Auf die gleiche Quelle mögen wir zurückführen, was Donat vita Verg. XVI beibringt: Obtrectatores Vergilio *) pervenerat ad consulatum.

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