wachsenen knotigen Hirtenstab, dessen einzelne Knoten fein und zierlich mit ehernen Nägeln beschlagen sind, ein Stück, das schon bei anderen Wünsche rege gemacht habe. Weil uns aber die Verse 85-88 zu der Lebens- und Dichtungsgeschichte des Vergil hingeführt haben, so wird es passend sein, auch den Rest dieser Geschichte gleich hier anzuknüpfen. Wenn auch vielleicht bis zum Hochsommer verschoben, trafen jene schrecklichen Mafsregeln nicht minder schmerzlich: die Verteilung. des Gebiets von Cremona führte zu einem Übergriff auf das Gebiet von Mantua und Vergil sah sich mit dem Verlust seines ganzen Besitzes bedroht. Da nahmen sich seiner vielleicht auf Pollios Empfehlung zwei andere Männer an, die in den Parteispaltungen jener Tage auf Octavians Seite traten, Alfenus Varus und Cornelius Gallus, von denen der erstere an Pollios statt von demselben mit der Statthalterschaft von Oberitalien betraut ward, und vertraten ihn wohl persönlich in Rom, um für ihn eine Ausnehmung von der harten Mafsregel zu erbitten. Ihren Empfehlungen verdankte er die Gewährung seines Gesuches und feierte dafür Octavian in der Ekloge, die er an die Spitze der ganzen Sammlung gestellt hat. Er stellt die Lage der betroffenen Gegend drastisch dar und legt seinen Dank einem Freigelassenen, Tityrus, in den Mund. Indem er aber die Ziege des auswandernden Meliböus werfen läfst, deutet er uns die Jahreszeit an, denn die Ziegen werfen nach Vofs z. ds. St. zweimal um die Zeit der Nachtgleiche, also etwa im Oktober. Vergil weilte wohl länger in Rom, zwischen den feindlichen Gegensätzen von Octavian und dem damaligen Konsul C. Antonius, Bruder des Triumvir, die den letzteren nötigten, Rom zu verlassen und sich nach Perusia zu werfen, wo er sich von Octavians Truppen eingeschlossen und zur Kapitulation gezwungen sah. Im nächsten Jahr, unter Pollios Konsulat 714, sehen wir Vergil wieder in dessen Nähe, nachdem Pollio sich vergeblich bemüht hatte, die Belagerung von seines Freundes Antonius Bruder und Gemahlin zu sprengen. So zog denn Pollio und gewifs Vergil mit ihm nach Brundusium, wo auch M. Antonius eingetroffen war; schon liefs es zum entscheidenden Kampfe an; da trat Versöhnung und Frieden an dessen Stelle. Diesen Frieden, von dem er das Höchste, ein neues goldenes Zeitalter hoffte, feierte Vergil in der vierten Ekloge, und nachdem auch S. Pompejus in diesen Frieden hineingezogen war, schien wirklich Italien eine bessere Zeit zu nahen. Octavian entsandte seinen Feldherrn und Freund M. Vipsanius Agrippa nach Gallien, entäufserte sich also eines Heeres. Mit demselben entfloh auch wahrscheinlich die Geliebte des Gallus, Lycoris, zu derselben Zeit, wo Gallus' Übersetzung des Euphorion, welche Vergil in der sechsten Ekloge feiert, anfing Aufsehen zu machen. Vergil wagte, wie es scheint, sich nach Mantua zurück, dort seine Ansprüche geltend zu machen, aber das mifslang und der Dichter entrann nur mit Lebensgefahr und schilderte Ekloge 9 die Verhältnisse, wie er sie vorgefunden. Es dürfte dieselbe noch in Pollios Konsulat 714 fallen. Aber im nächsten Jahre gestalteten sich die Verhältnisse doch friedlicher; Vergil konnte zurückkehren nach Mantua und wir erblicken ihn in der sechsten Ekloge wieder im Besitz seines Eigentums. In noch spätere Zeit fallen die Eklogen 8 und 10, in deren erster er den von seinem Feldzuge in Dalmatien zurückkehrenden Pollio begrüfst, also jedenfalls vor dessen Triumph den 24. Oktober 714, in der letzteren, dem Abschlufs dieser Dichtungen, seinen Freund Gallus über die Untreue seiner Geliebten tröstet. So bleibt nur die siebente ohne Zeichen der Abfassungszeit. Wenn also die Grammatiker schwanken über die Zeit, welche Vergil an seinen Eklogen gearbeitet habe, ob 3 oder 4 Jahre*), so haben sich uns allerdings 4 Jahre ergeben, wenn wir die Konsulate zählen, achten wir aber auf die Monate, so ist es wenig über drei von der Sommerhitze des Jahres 712 (II) bis zu den Vorbereitungen für den Winter (glans hiberna) 714 Ekl. X. Sechste Ekloge. Prima Syracosio dignata est ludere versu non iniussa cano. siquis tamen haec quoque, siquis *) Servius in Vita des Vergil Tunc ei proposuit Pollio, ut carmen Bucolicum scriberet, quod eum constat triennio scripsisse et emendasse. Ribb. Prol. S. 13. Donat. p. 60, 5 Bucolica triennio, Georgica VII, Aeneida XI perfecit annis. Α' captus amore leget: te nostrae, Vare, myricae, Pergite, Pierides. Chromis et Mnasyllos in antro A adgressi (nam saepe senex spe carminis ambo 2 B2 tum vero in numerum faunosque ferasque videres r2 tum durare solum et discludere Nerea ponto 42 hinc lapides Pyrrhae iactos, Saturnia regna, Caucaseasque refert volucres furtumque Promethei. El his adiungit, Hylan nautae quo fonte relictum E et fortunatam, si numquam armenta fuissent, Z1 a virgo infelix, quae te dementia cepit! Proetides implerunt falsis mugitibus agros, concubitus, quamvis collo timuisset aratrum, Z2 Dictaeae nymphae, nemorum iam claudite saltus, H1 tum canit Hesperidum miratam mala puellam; H2 tum Phaethontiadas musco circumdat amarae 2ut Linus haec illi divino carmine pastor floribus atque apio crinis ornatus amaro dixerit: hos tibi dant calamos, en accipe, musae, I1 Ascraeo quos ante seni, quibus ille solebat cantando rigidas deducere montibus ornos. 12 his tibi Grynei nemoris dicatur origo, ne quis sit lucus, quo se plus iactet Apollo.' K' Quid loquar, aut Scyllam Nisi, quam fama secutast candida succinctam latrantibus inguina monstris Dulichias vexasse rates et gurgite in alto a timidos nautas canibus lacerasse marinis: K2 aut ut mutatos Terei narraverit artus, quas illi Philomela dapes, quae dona pararit, Omnia, quae Phoebo quondam meditante beatus Mit der sechsten kommen wir zu einer zweiten der Reihe von Eklogen, die nicht von bukolischem Inhalt sind. Sane sciendum, sagt Servius im Prooemium zu den Bucolicis, VII eclogas esse meras rusticas, quas Theocritus X habet; hic in tribus a bucolico. carmine, sed cum excusatione discessit, ut in genethliaco Salonini, et in Sileni theologia: vel ut ex insertis altioribus rebus posset placere, vel quia tot varietates implere non poterat. Das hat aber bei Vergil noch eine andere Bedeutung als bei Theokrit. Während es dort nur eine naheliegende Scheidung der verschiedenartigen Stoffe ist, so ist es bei Vergil viel mehr. Bei den bukolischen Gedichten hat sich der Dichter so den Gedanken wie den Formen des Theokrit angeschlossen, wie auch die zahlreichen Citate bei Schaper zeigen; aber wir werden nachher des weiteren sehen, dafs für die nichtbukolischen dem Vergil ein ganz anderer Dichter vorgelegen hat (leider wissen wir nicht welcher): das zeigt schon die hier seltene bukolische Cäsur, das Fehlen von dem Theokrit nachgeahmten Versen (wovon nur Ekl. X eine teilweise Ausnahme macht), endlich jene Reihe von metrischen Eigentümlichkeiten, die Schaper Jahns Jahrb. 1864 in diesen 3 Dichtungen nachgewiesen hat. Überliefert ist uns darüber nichts, wir müssen unser bischen Wissen den Dichtungen selbst entnehmen und es dem Dichter Dank wissen, dafs er uns in der vorliegenden Ekloge wenigstens einen Fingerzeig gegeben hat. Nicht aus eignem Antriebe allein hat Vergil sich, scheint es, dieser neuen Richtung hingegeben; wir werden sehen, dafs sich ein Gönner, Varus, dem diese Ekloge gewidmet ist und dessen Namen sie vielfach trägt, das Verdienst erworben hat, unsern Dichter auf dies neue Muster aufmerksam zu machen. Doch wir dürfen der Entwickelung nicht vorgreifen, um so viel weniger, als die Sache selbst bis dahin übersehen ist. Wir finden zunächst unter den Vergilischen Eklogen drei, welchen die Grammatiker die Namen römischer Grofsen (Varus, Gallus, Pollio) gegeben haben, während die übrigen bei ihnen griechische Hirtennamen führen. Wir dürfen darin schon einen Unterschied sehen, den sie zwischen beiden Teilen machten, vielleicht auch, dafs sie verschiedene Gesichtspunkte für dieselben glaubten festhalten zu müssen. Die neuere Zeit hat in beiden Teilen wesentliche Unterschiede in Vers und Stil nachgewiesen, und es steht fest, dafs gerade die drei genannten vorzugsweise schwierig sind. So ward denn Schaper durch eine Reihe metrischer Eigentümlichkeiten, welche dieselben im Gegensatz zu den übrigen Eklogen mit einander teilen, verleitet, sie in den Jahrb. für klass. Philol. 1864 |