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nach magistratum zu tilgen und nach velet zu setzen, wodurch die auffällige Stellung schwindet.1)

Drittes Kapitel.

Das ciceronianische Zeitalter.

A. Allgemeine Vorbemerkungen.

und

Der Klassicismus der römischen Litteratur ist das Produkt Elegantia ihrer innigen Verbindung mit der hellenischen. Wenn wir die urbanitas. Litteratur dieses Zeitraums als Ganzes betrachten, so erkennen

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1) Die Dialekte haben manches Eigenartige, z. B. wechselt auf der oskischen tab. Bant. Z. 3 dat maimas carneis senateis tanginud (= de maximae partis senatus sententia) mit Z. 7 dat senateis tanginud maimas carneis (was dem Lateinischen ganz fremd ist), cf. Kirchhoff in den Umbr. Sprachdenkm. II 333; cf. de maioris partis tutorum sententia ed. perpet. V 3 Lenel. Auf derselben Inschrift wechselt merkwürdig die Wortstellung in einer Formel (wie schon Kirchhoff, Das Stadtrecht von Bantia [Berlin 1853] 5 auffiel): Z. 17 ione svaepis herest meddis moltaum, licitud Z. 12 u. 26 svaepis ionc meddis moltaum herest, licitud. Merkwürdig auch ib. Z. 23 pr. svae praefucus pod post exac Bansae fust wörtlich praetor si praefectus ve posthac Bantiae erit, cf. Kirchhoff 1. c. 42, Buecheler in Bruns Fontes iur. Rom. 49. Das Relativum braucht weder im Osk. noch im Umbr. beim Substantiv zu stehen: tab. Bant. Z. 8 pis pocapit post exac comono hafiest meddix (= qui quandoque post hac comitia habebit magistratus), tab. Iguv. VI A 26 persei ocre Fisie pir orto est (= qui in arce Fisia ignis ortus est). Auf der gröfseren oskischen Devotionstafel (Inscr. Ital. infer. dialect. ed. Zvetaieff n. 129) steht Z. 5 svai nep, avt svai tiium idik fifikus pust eis; da fifikus den Buchstaben nach = fixeris, dem Sinn nach decreveris zu sein scheint, so müfste das durch Verstümmelung der Zeile am Schlufs ausgefallene Wort ein Infinitiv sein: Buecheler, der so erklärt (Rh. M. XXXIII [1878] 27 ff.), hält deshalb für wahrscheinlich, dafs tiium nicht te sondern = tu und der zu ergänzende Infinitiv ein passivischer sei, also: si nec, aut si tu id decreveris postea (fieri), da bei der Annahme von tiium te und folglich von einem aktiven Infinitiv si nec, aut si te id decreveris postea <facere> sich eine Wortstellung ergebe, die kunstmäfsiger Prosa angemessener sei als schlichter Volkssprache. S. Bugge, Altital. Studien (Christiania 1878) 32 f. wendet dagegen ein, dafs auf der bantinischen Inschrift, deren Wortstellung sehr schlicht sei, doch das Subjekt und das Prädikatsnomen eines Accus. c. inf. durch das regierende Verbum vom Infinitiv getrennt sei: Z. 10 pod valaemon torticom tadait ezum; aber das ist doch kein analoges Beispiel. Eigentümlich ist die Diskrepanz in der Stellung des Zahlworts im Alt- und Neuumbrischen: auf der alten Tafel I ist die Reihenfolge tref buf (sif, vitluf) ebenso konsequent wie auf den jüngern VI VII die umgekehrte Reihenfolge, cf. Aufrecht-Kirchhoff II 125 f.

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wir, dafs das Hauptbestreben auf möglichste Eleganz der Sprache und des Stils ging. In der Poesie holte man sich seine Vorbilder statt aus Unteritalien und dem griechischen Mutterland jetzt aus Alexandria: die Folge war, dafs die Poesie inhaltlich gelehrt, in ihrer Form aufs äufserste gefeilt wurde; bei den Hexametern des Ennius, die einst für vollendet gegolten hatten, überlief diese Dichter schon ein Schauer ähnlich demjenigen, den einst Ennius bei den saturnischen Versen empfand. Natürlich wurde so, was in den römischen Poeten überhaupt von Anlage steckte, durch die Technik unterdrückt; das Dichten. wurde eine Arbeit: qui solus legit et facit poetas sagten sie von ihrem Oberhaupt Valerius Cato, als wenn noiεiv поinτás nicht absurd wäre; an Lukrez ist eben das Grofse und fast Einzige, dass er sein gewaltiges ingenium durch die ars zwar regelte (wie es alle echten Dichter thun), aber nicht verkümmern liefs.1) In

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1) Über die Interpretation der famosen Worte Ciceros ad Q. fr. II 9, 3 Lucreti poemata ut scribis ita sunt: multis luminibus ingenii, multae tamen artis scheint noch immer keine allgemeine Verständigung erzielt zu sein: L. Schwabe in Teuffels Gesch. d. röm. Litt. (Leipz. 1890) § 203, 2 und R. Reitzenstein, Drei Vermut. z. Gesch. d. röm. Litt. (Marburg 1894) 52 ff. irren durchaus (dafs multa ars „viele technischen Partieen" bedeuten könne, bestreite ich letzterem prinzipiell). Aus Horaz weifs man doch, dass es eine alte Streitfrage war, wie sich beim Dichter qúois und rézvŋ verhalten müfsten: ingenium misera quia fortunatius arte Credit (Democritus) u. s. w., und: natura fieret laudabile carmen an arte Quaesitum est, das sind die Gedanken, die sich durch einen grofsen Teil des Briefes hindurchziehen, und natürlich entscheidet sich Horaz wie sein Gewährsmann und überhaupt alle Kritiker des Altertums: ego nec studium sine divite vena Nec rude quid prosit video ingenium (409 f.). Also sagt Cicero: bei Lukrez ist es das Grofse, dafs die Lichter seines Genies so zahlreich sind und er dabei doch sich in den Grenzen strenger Kunstübung hält, qúois und äonnois verbindet (dafs Cicero die ingenia der Dichter liebte und zu schätzen wufste, steht übrigens nicht blofs bei Plin. ep. III 15, 1, sondern er sagt es selbst or. pro Sest. 123, cf. Vahlen in: Monatsber. d. Berl. Ak. 1877, 480. Die novi poetae, bei denen nur ars vorhanden war, waren ihm unsympathisch, cf. O. Harnecker im Philol. XLI [1882] 465 ff.). Dafs dies wahr ist, weifs jeder z. B. aus dem dämonischen und dabei so kunstvoll gegliederten Prooemium. Mit Hinblick auf wen Cicero das gesagt haben kann, zeigt Ovid trist. II 424: Ennius ingenio maximus, arte rudis. Für die Form des Ausdrucks bei Cicero mag man vergleichen (obwohl es mir gar keines Vergleichs zu bedürfen scheint) das Urteil des Seneca (contr. praef. I 17) über Porcius Latro: memoria ei natura quidem felix, plurimum tamen arte adiuta.

formeller Hinsicht wurden an die Prosa die gleichen Anforderungen gestellt. Man säuberte sie von den vestigia ruris, das Stadtrömische wurde als die Norm hingestellt: latinitas, definierte Varro (fr. 41 Wilm.), est incorrupte loquendi observatio secundum Romanam linguam1): daher kam in dieser Zeit das Wort urbanus auf (Quint. VIII 3, 34 f.), das sich schon im Altertum leichter empfinden als definieren liefs: man mass es an seinem Gegenteil, dem rusticum, cf. Quint. VI 3, 17: urbanitas, qua significari video praeferentem in verbis et sono et usu proprium quendam gustum urbis et sumptam ex conversatione doctorum tacitam eruditionem, denique cui contraria sit rusticitas. Der Begriff selbst reicht schon in die vorige Epoche hinauf: in der Zeit, als die Italiker die römische Civität erhielten, hatte der Nichtrömer Accius es wagen dürfen und zeitweise durchsetzen können, das römische Alphabet durch einige von den Italikern entlehnte Besonderheiten zu reformieren, aber die Reaktion des nationalrömischen Bewusstseins hatte sofort eingesetzt in der ablehnenden Haltung des Scipionenkreises. In unserer Epoche erreichte die Empfindlichkeit ihren Höhepunkt; der Stadtrömer blickte mit ebenso souveräner Verachtung auf die Provinzialen, wie heutzutage der Pariser, oder, wie Cicero (de or. III 42 f.) sagt: der ungebildetste Römer ist in dem Spezifikum der Urbanität dem gelehrtesten Provinzialen ebenso überlegen wie der ungebildetste Athener dem gelehrtesten Mann aus einer Stadt Kleinasiens. Wir beobachten diese Reaktion am Sprachschatz: wie in der vorigen Epoche Terenz, der Günstling der litterarisch feinfühligen Aristokraten, die derben Ausdrücke des Plautus vermieden hatte, so gingen in dieser Epoche all die herrlichen Kraftwörter unter, die uns nicht nur in den Atellanen, sondern auch bei Cato begegnen: weder aus dem Munde noch aus dem stilus eines Caesar und Cicero kamen Worte wie lurchinabundus, tuburchinabundus, die Cato gebraucht hatte. Bezog sich der engere Gegensatz zum urbanum, das rusticum, nur auf die italische Bauernsprache (speziell die des rus Latium), so der weitere, das peregrinum, auf die auswärtigen Dialekte: Cic. 1. c. 44: quare cum sit quaedam certa vox Romani generis urbisque propria, in qua nihil offendi, nihil displicere, nihil animadverti

1) Cf. K. Sittl in: Arch. f. lat. Lexicographie VI (1889) 559.

Analogie

Atticismus:

possit, nihil sonare aut olere peregrinum, hanc sequamur, neque solum rusticam asperitatem sed etiam peregrinam insolentiam fugere discamus; zu solchen verba peregrina gehörten aufser denen der Barbarensprachen (besonders des Gallischen und Spanischen) auch die des Griechischen (cf. Quint. I 1, 12; 4, 14; XI 3, 30): letztere wurden zwar (wie bei uns die französischen) in der Konversationssprache seit Plautus' und Lucilius' Zeiten weitergebraucht, wie Varros Satiren und Ciceros Briefe an Atticus zeigen, aber von der vornehmen Sprache wurden sie verbannt: Lucrez gebraucht nie atomus und klagt zweimal über die egestas patrii sermonis, die ihn bei Bearbeitung dieses Stoffs hindere oder ihn zwinge, ein griechisches Wort beizubehalten (I 136 ff.; 830 f.). Man weifs, wie Cicero sich quälte, die griechischen Worte wiederzugeben1); seine Theorie spricht er aus de off. I 111: ne ut quidam graeca verba inculcantes iure optimo rideamur, und Tusc. I 15: scis me graece loqui in latino sermone non plus solere quam in graeco latine. Die Scheu der strengen Puristen der frühaugusteischen Zeit, besonders des Messala (den Seneca contr. II 4, 8 latini sermonis observatorem diligentissimum nennt), kennen wir aus Horaz sat. I 10, 20 ff. Die Folge dieser Scheu vor griechischen Worten, wo man die Begriffe doch nicht entbehren konnte, war ein Zuwachs an neuen Worten), die, anfangs meist zögernd mit ut ita dicam, si verbo uti licet u. dgl. eingeführt, sich allmählich einbürgerten (wie affectus), aber natürlich nicht annähernd die Verarmung der Schriftsprache durch Tilgung der verba rustica ausglichen.

Diese Verarmung der Schriftsprache wurde noch vergrössert und durch das Anathem, welches von den stimmführenden Männern Aufhebung auf die Neuprägung von Worten 3) überhaupt gesetzt wurde: ich dungen. meine die Sprachmafsregelungen dieser Zeit durch die AnaTheorie. logie'. Ich verweile dabei kurz, weil ich glaube nachweisen zu

der Neubil

I. Die

1) Cf. Ubertus Folieta, De ling. lat. usu et praestantia (1574) ed. Mosheim (Hamburg 1723) 187 f.

2) Zwei Hauptstellen, an denen sich Cicero darüber äufsert, bei Hieron. comm. in Pauli ep. ad Galat. (c. 1 v. 12), vol. VII 1 p. 387 Vall. und bei Sidonius carm. 14 praef. 4 (= fr. 16 p. 145 Baster). Cf. auch die Aufzählung der von ihm übersetzten Kunstausdrücke bei Plut. Cic. 40.

3) Seneca spielt Cicero gegenüber einen Trumpf aus, indem er ihm solche vorhält (bei Gellius XII 2, 7). Cf. Cic. de or. III 154. or. 68. de part.

or. 72.

können, dafs sie in engster Beziehung zu den atticistischen Bestrebungen dieser Epoche stehen, über die ich nachher zu reden habe.1) Wir haben gesehen, dafs schon die alten Sophisten sich in dem Haschen nach ungewöhnlichen, neugebildeten Worten nicht genug thun konnten, dass einer von ihnen, Antiphon, eine förmliche réxvn für die Neuprägung der Worte erfand, dafs diese Manier von Aristophanes schon in seinem ältesten Stück verspottet wurde (S. 72, 2. 97, 1); wir sahen ferner, dafs zwar Aristoteles diese Neuerungssucht der Sophisten brandmarkte, dafs sie aber bei den Asianern und in der hellenistischen Prosa überhaupt alle Schranken durchbrach (S. 149). Wenn wir objektiv urteilen, so müssen wir eingestehen, dafs die moderne Richtung wie auf stilistischem so auch auf rein sprachlichem Gebiet die innerlich berechtigte war: die griechische Sprache mit ihrer unendlichen Bildungsfähigkeit ermöglichte und forderte die fortwährende Neuprägung von Worten; was kümmerte sich das frisch pulsierende Leben um die Schranken, innerhalb derer sich ein Lysias oder Demosthenes gehalten hatten? Hatte doch selbst dieser sich nicht gescheut, einige Schmähworte neu zu bilden (Ζαμβειοφάγος, γραμματοκύφων), die sogar von den späteren strengen Kritikern ausnahmsweise, eben weil sie von Demosthenes geprägt waren, in Gnaden angenommen wurden (Hermog. de id. p. 303, 4 ff., cf. Demetr. de eloc. 275). Aber dann kam die Gegenströmung: die Rückkehr zu den attischen Mustern, die Parole der μίμησις τῶν ἀρχαίων hatte zur Folge, dafs alle von der ovvýdeα geprägten Worte verpönt, die Sprache des Lebens zu Gunsten einer archaisierenden Kunstsprache eingeschränkt wurde.) Dafs nun die analogetischen Sprachreformen der auf die Sammlung und Erklärung eben dieser alten Litteratur ausgehenden alexandrinischen Gelehrten ein

1) Der Zusammenhang ist übrigens schon angedeutet von Mommsen, Röm. Gesch. III' 578.

2) Den Reichtum der noch immer so bildungsfähigen Sprache kennt man aus Polybios, der Septuaginta, dem Aristaiosbrief, den Inschriften jener Zeit. Interessant ist in dieser Hinsicht eine etwa dem I. Jh. v. Chr. angehörende Inschrift von Branchidae (Anc. greek inscr. in the Brit. Mus. IV 1 n. 925): mehrere der hier wie bei Polybios vorkommenden Worte werden, wie der Herausgeber G. Hirschfeld bemerkt, in den atticistischen Lexika gerügt.

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