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torta et acris.1) Jeder kennt an ihm die behagliche, nicht selten zur μangoloɣía werdende Breite, er gebraucht einen Satz, wo Sallust und Tacitus mit ein paar Worten auskommen; wenn man aber an die zerhackten Sätzchen denkt, in denen die Rhetoren bei Seneca und nicht viel später Velleius schreiben, so darf man wohl sagen, dafs das beständige Periodisieren des Livius als eine Folge sowohl der bewufsten Anlehnung an Cicero wie der bewussten Abneigung gegen die moderne Manier aufzufassen ist. Seine Periodisierung ist freilich im Gegensatz zur ciceronianischen, die er sich zum Muster nimmt, oft schwerfällig geworden, besonders durch das Bestreben, viele wichtige Einzelheiten in einem langen Satz zusammenzufassen (worüber Madvig eine meisterhafte Abhandlung geschrieben hat in den Kl. philol. Schriften 356 ff.), überall empfindet man, dafs die ciceronianischen Perioden gehört, die livianischen gelesen sein wollen): Kaiser Claudius spricht in seiner Rede de iure honorum Gallis dando wie ein Buch in Perioden, die nicht ciceronianisch, sondern livianisch sind: daran ermifst man den Unterschied und giebt dem Kaiser recht, wenn er sich originell wie immer - von den versammelten Vätern wegen seiner Weitschweifigkeit zur Sache rufen läfst (Z. 20 ff.). Von den äufsern Effektmitteln der Rhetorik hat Livius auch in den Reden sparsam und nur da, wo sie am Platz waren, Gebrauch gemacht: man mufs sich an die gleichzeitigen, die Grenze des Unsinns meist erreichenden und oft sie überschreitenden Proben bei Seneca erinnern, um das zu

1) Cf. C. Nipperdey, Die antike Historiographie in: Opuscula ed. Schoell 419. P. Petzke, Dicendi genus Tacitinum quatenus differat a Liviano (Diss. Königsb. 1888) 16 f. Riemann 1. c. 17.

2) Cf. G. L. Walch, Emendationes Livianae, Berl. 1815. E. Wesener, De periodorum Livianarum proprietatibus (Progr. Fulda 1860) 15 ff. G. Queck, Die Darstellung des Livius, Progr. Sondershausen 1853 (wertlos ist: W. Kriebel, D. Periodenbau bei Cic. und Liv., Diss. Rostock 1873). Madvig 1. c. 358: „Der reiche und abwechselnde Periodenbau Ciceros trägt im ganzen das Gepräge, auf dem Grunde der veredelten mündlichen Rede, des parlamentarischen und Gerichtsvortrags erwachsen zu sein und ist von besonders schwerfälligen und steifen Kombinationen frei. Livius ist dagegen nicht nur der Repräsentant der völlig ausgeprägten Schriftsprache, sondern seine Schriftsprache zeigt sich in ihrem methodischen, berechneten Fortschreiten zum Schwerfälligen, ja wird durch ihre Kunst bisweilen im Verhältnis des Baues der Periode zum Gedanken inkorrekt und unnatürlich."

würdigen.1) Schön und treffend wie immer hat Petrarca geurteilt (rer. mem. I 2): quo studio putandus est arsisse T. Livius Patavinus, quo omnem Romanam historiam a. u. c. ad Caesarem Augustum centum quadraginta duobus voluminibus scripsit, opus ipsa mole mirabile stupendumque praesertim, quia in eo nihil raptim et tumultuario ut aiunt stilo, sed tanta maiestate sententiarum tantaque verborum modestia complevit omnia, ut ab arte eloquentiae non multum abesse videantur.2)

Wenn wir diese ganze Epoche überblicken, so werden wir Resultats. als ihr Resultat hinstellen müssen die völlige Durchdringung der römischen Kunstprosa durch den Hellenismus: kann man doch seinen Einfluss aufs deutlichste sogar in der formalen Gestaltung

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1) Über das rhetorische Moment in der Erzählung und den Reden hat besonders gehandelt H. Taine, Essai sur T.-Live (Paris 1860) 239 ff., doch beurteilt er ihn viel zu streng, indem er ihn statt an den antiken Historikern an dem modernen Begriff der geschichtlichen Darstellung misst; so tadelt er (281 f.) mehrere Antithesen, wie III 50, 10 haec Virginio vociferanti succlamabat multitudo, nec illius dolori nec suae libertati se defuturos. IV 33, 5 suis flammis delete Fidenas, quas vestris beneficiis placare non potuistis. XXIII 9, 10 ego quidem quam patriae debeo pietatem, exsolvam patri. Eine belle fausseté soll z. B. sein XXI 10, 11 hunc iuvenem (Hannibalem) tamquam furiam facemque huius belli odi ac detestor: das ist vielmehr der Ton, den man aus Ciceros Philippicae kennt (man nimmt an, dass XXI 18, 12 eine wörtliche Reminiscenz an Phil. II 119 sei); ebensowenig vermag ich seinem Urteil über III 11, 7; V 27, 5 ff. beizustimmen. Hübsch ist dagegen, wie er das rhetorische Element in der Darstellung des Livius mifst durch den Vergleich der Schilderung des Alpenübergangs Hannibals bei Livius und Polybios und des Kampfes zwischen Manlius und dem Gallier bei Livius (VII 10) und Quadrigarius (bei Gell. IX 13). Von den Redefiguren ist häufig nur die natürlichste und wirksamste, die Anapher, cf. Petzke 1. c. 49 ff. Als ausnahmsweise starkes Beispiel des Parallelismus habe ich mir notiert XXII 39, 20 (Rede des Q. Fabius Maximus): sine timidum pro cauto, tardum pro considerato, inbellem pro perito belli vocent. malo te sapiens hostis metuat quam stulti cives laudent. omnia audentem contemnet Hannibal, nihil temere agentem metuet. Cf. im allgemeinen E. Kühnast 1. c. (oben S. 227, 2) 303 ff.

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2) Ähnlich Georgius Trapezuntius (1396-1486), Rhetoric. liber V (Basil. 1522) f. 172r. Urteile von Gelehrten des 17. Jahrh. bei D. Morhof 1. c. (oben S. 205, 1) 507 ff. Über die von Asinius Pollio gerügte Patavinitas wurden in früheren Jahrhunderten grofse Abhandlungen geschrieben, vor allem die genannte des Polyhistors Morhof. Wir wissen gar nichts darüber,

des täglichen Briefstils beobachten.1) Wie Varro die ganze Fülle griechischer Erudition nach Rom hinübergeleitet und freilich in verhängnisvollster Weise - zur Erforschung der nationalen Sprache und Sitte verwendet hat, so ist durch Cicero

begreifen aber, dafs ein Mann, dem Cicero so unsympathisch war und der offenbar zur Partei der extremen Atticisten gehörte, an der livianischen ubertas keinen Gefallen finden konnte (cf. Morhof 504 f.); syntaktische Abnormitäten, auf die Madvig 1. c. hingewiesen hat, sowie manche lexikalische Besonderheiten, die wir nur bei ihm finden, mögen ihm im speziellen Veranlassung gegeben haben, den Mangel an urbanitas (denn das ist doch das wesentliche) zu rügen, was der schlimmste litterarische Vorwurf in jener Zeit war. Jedenfalls bedurfte es, um das an Livius zu erkennen, jenes hypersensiblen uvxtne, an den Pollio mit grofser Impertinenz einen nach dem andern aufhängte.

1) Die bekannte Formel zu anfang der lateinischen Briefe findet sich im Griechischen wohl zuerst bei Epikur, fr. 176 Us. ¿œɛíyμeða eiç Aáμyακον ὑγιαίνοντες ἐγὼ καὶ Πυθοκλῆς καὶ Ἕρμαρχος καὶ Κτήσιππος, καὶ ἐκεῖ κατειλήφαμεν υγιαίνοντας Θεμίσταν καὶ τοὺς λοιποὺς φίλους. εὖ δὲ ποιεῖς καὶ σὺ εἰ ὑγιαίνεις καὶ ἡ μάμμη σου. Für Rom wurde die Formel vermittelt durch die Diadochenreiche, speziell Ägypten, wo wir sie auf den Papyri jetzt massenhaft nachweisen können (an den umgekehrten Weg kann jetzt niemand mehr glauben). Eine eigentümliche Anwendung wird davon gemacht in dem Dekret von Priene an König Lysimachos zwischen 287– 281 v. Chr. (Anc. greek inscr. of the Brit. Mus. III n. 401): dedóɣđai rặ δήμῳ ἑλέσθαι πρεσβευτὰς ἐκ πά]ντων τῶμ πολιτῶν ἄνδρας δέκα οἵτινες ἀφικόμ[ενοι] πρὸς αὐτὸν τό τε ψήφισμα ἀποδώσουσι καὶ συνησ[θ]ήσονται τῷ βασιλεῖ ὅτι αὐτός τε ἔρρωται καὶ ἡ δύναμις καὶ τὰ λοιπὰ πράσσει κατά γνώμην, worauf dann Lysimachos mit denselben Worten erwidert, die Gesandten hätten sich ihres Auftrags entledigt (n. 402). Ἴσχυε καὶ ὑγίαινε schliefst noch der Brief, den Palladios an Lausos schreibt: vol. 34, 1001/2 Migne. Auch das Tempus haben die Lateiner von den Griechen, cf. den Brief des Attalos II von Pergamon († 138) an den Priester von Pessinus (ed. v. Domaszewski in: Arch. epigr. Mitteil. aus Oestr. VIII p. 98): Ατταλος Αττιδι ἱερεῖ χαίρειν. εἰ ἔρρωσαι, εὖ ἂν ἔχοι, κἀγὼ δὲ ὑγίαινον. Μηνόδωρος, ὃν ἀπεστάλκεις, τήν τε παρά σου ἐπιστολὴν ¿ñédwonéμ poi u. s. w.; Beispiele aus offiziellen römischen Briefen in griechischer Sprache aus republikanischer Zeit bei Viereck, Sermo Graecus etc. (Gött. 1888) 66; auch Paulus an die Korinthier I 5, 11; 9, 15 u. ö.; act. ap. 18, 24 ff.; 23, 30; Barnab. ep. c. 1; ep. Abgari ap. Euseb. h. e. I 13, 8; mart. Petr. et Paul. c. 21 (act. ap. apocr. I 138, 2 Lips.); act. Philippi p. 18 Tisch.; Herm. Trismeg. poem. 14, 1 (p. 129, 1 Parthey); pap. mag. ed. Wessely in: Denkschr. d. Wien. Ak. XXXVI (1888) p. 48 v. 159. Ich kenne über diese Dinge so wenig etwas Zusammenhängendes, wie über den litterarischen Brief (interessantes Detail z. B. bei Symmachus ep. II 35; IV 30 p. 109, 7 Seeck. 32 p. 113, 5. Prokopios v. Gaza ep. 116).

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der grofse Verschmelzungsprozess auch auf formalem Gebiet vollzogen worden: während wir am Schlufs der voraufgehenden Epoche nur ein von keinem tieferen Verständnis echt hellenischer Formenschönheit zeugendes Gemenge konstatieren konnten, ist jetzt eine unlösliche Verbindung an die Stelle getreten. Die Hinüberleitung der grofsen attischen Muster in die lateinische Beredsamkeit und in die Litteratursprache überhaupt, die Veredlung des italischen robur durch das zarte aus der Fremde importierte Reis war die grofse That jenes Jahrhunderts. Segensreich wurde sie auch für die griechische Litteratur, denn die Bewunderung, die der alten attischen Herrlichkeit von der Herrin des Erdkreises gezollt wurde, gab den klassicistischen Bestrebungen, die von den Griechen selbst ausgingen, einen mächtigen Impuls und einen kräftigen Rückhalt: in diesem Sinne ist es richtig, wenn Dionys v. Halikarnass (de or. ant. 3) der πάντων κρατούσῃ Ρώμῃ, πρὸς ἑαυτὴν ἀναγκαζούσῃ τὰς ὅλας πόλεις ἀποβλέπειν den Sieg des Atticismus zuschreibt.

Zweiter Teil.

Die Kaiserzeit.

Einleitung.

Wenn wir uns die Frage vorlegen, wodurch wir berechtigt sind, die Litteratur der Kaiserzeit von derjenigen der vorhergehenden Jahrhunderte abzusondern, so können wir, obwohl wir uns nie darüber täuschen dürfen, dafs eine Einteilung der Litteraturgeschichte wie jeder Entwicklung in Epochen etwas durchaus Sekundäres ist und von den Epigonen meist nur aus äufseren Rücksichten vorgenommen wird, in diesem Fall mit einer gewissen Berechtigung die Antwort geben: bisher stand die Litteratur mitten im Leben des Einzelnen und der Gesamtheit, von jetzt an geht sie neben ihm her (ich sehe vorläufig ganz von der christlichen Litteratur ab). Für die griechische Litteratur gilt das eigentlich schon etwa von dem Zeitpunkt an, als sich Demetrios zum Herrscher von Athen machte und es nicht blofs in der Theorie mit der alten attischen Herrlichkeit zu Ende war. Für die lateinische Litteratur gilt es seit Augustus, aber erst seit der zweiten Hälfte seiner Regierung. Denn die Generation, die, im Freistaat geboren und aufgewachsen, der faktischen Neuordnung der Dinge entweder ablehnend gegenüberstand oder sie nur gezwungen und in bewusster Selbsttäuschung mit der Vergangenheit identifizierte, war von Augustus mit äufserster Schonung behandelt worden; erst als sie einer neuen, in der Unterwerfung grofs gewordenen Generation Platz gemacht hatte, zog der alternde Herrscher die Zügel straffer an. Aber, klug wie er war, liefs er es nur wenige, die sich gar zu störrisch gebärdeten, fühlen: die grofse Masse dulcedine otii pellexit, wie Tacitus (ann. I 2 cf. Agr. 3) von ihm sagt und wie es die Zeit

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