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Partei würdigen mufs; der Dialog des Tacitus, in dem freilich die spezielle Polemik des Messalla gegen den neuen Stil in der ⚫ grofsen Lücke untergegangen ist; endlich gelegentliche Äufserungen in Briefen Senecas des Sohnes, des Plinius und in andern Schriften. Wenn man alle bei diesen Autoren sich findenden Notizen zusammennimmt, kann man den Verlust der Spezialschrift Quintilians einigermassen verschmerzen.1)

und

Natürlich waren die Griechen auch hier tonangebend: „dieses Griechen Volk, sagt Lehrs (Pop. Aufs. [Leipz.1875] 365), welches gewöhnt war, Römer. alles, was es betrieb, künstlerisch zu gestalten, hat auch seine Geschwätzigkeit zur Kunst gemacht"; der alte Seneca, der ein stark ausgeprägtes Nationalgefühl hatte, ist auf sie nicht gut zu reden: eine halbe Anerkennung wie suas. 1, 16: ex Graecis declamatoribus nulli melius haec suasoria processit quam Glyconi, sed non minus multa magnifice dixit quam corrupte ist eine Seltenheit; die Regel sind Ausdrücke wie Glyconis valde levis et graeca sententia est (contr. I 6, 12) oder Damas corruptissime (dixit), Craton furiosissime (X 5, 21), non minus stulte Aemilianus quidam graecus rhetor, quod genus stultorum amabilissimum est ex arido fatuus (ib. 25) u. dgl. Die Lateiner nahmen mit ihnen den Wettkampf auf: Spyridion honeste dixisse Romanos fecit, multo enim vehementius insanit quam nostri phrenetici..; sed nolo Romanos in ulla re vinci: restituet aciem Murredius qui dixit etc. (X 5, 27 f. cf. X 4, 22). Seneca hat, wie man weifs, eine Anzahl von Proben griechischer Deklamatoren beigegeben, um, wie er selbst sagt (X 4, 23), zu zeigen, primum quam facilis e graeca eloquentia in latinam transitus sit et quam omne, quod bene dici potest, commune omnibus gentibus sit, deinde ut ingenia ingeniis conferatis et cogitetis latinam linguam facultatis non minus habere, licentiae minus. Wir sehen aus diesen Proben, dafs die Lateiner vieles wörtlich oder fast wörtlich übersetzten (cf. VII 1, 4 p. 275, 17 Müll.

1) Die Rekonstruktion muss aber auf viel breiterer Basis vorgenommen werden als es bei A. Reuter, De Quintiliani libro qui fuit de causis corruptae eloquentiae, Diss. Breslau 1887 geschehen ist, das wird die folgende Erörterung zeigen. Wertlos ist E. Bonnell, De mutata sub primis Caesaribus eloquentiae Romanae condicione, Progr. des Gymn. z. grauen Kloster, Berlin 1836. Auch aus H. Buschmann, Charakteristik d. griech. Rhetoren bei Seneca, Progr. Parchim 1878 und W. Baumm, De rhetoribus graecis a Seneca adhibitis, Progr. Kreuzburg 1885 habe ich nichts lernen können.

1, 26 p. 287, 17; VII 1, 25 p. 286, 19; X 4, 18—21; X 5, 26); sie thaten das ganz offen: memini Fuscum, cum haec Adaei sententia obiceretur, non infitiari transtulisse se eam in latinum; et · aiebat non commendationis id se aut furti, sed exercitationis causa facere. do, inquit, operam, ut cum optimis sententiis certem, nec illas corripere conor sed vincere (IX 1, 13 cf. IX 6, 16). Das war ja auch nicht zu verwundern, da diese Deklamatoren die griechische Sprache so beherrschten, dafs sie an einem Tage in beiden Sprachen deklamieren konnten, worüber Seneca (IX 3, 13 f.) einige Bonmots der damaligen Gesellschaft berichtet. Auf der andern Seite kam es, wenn auch seltner, vor, dafs die griechischen Deklamatoren, die damals, soweit sie in der Stadt lebten, der lateinischen Sprache meist mächtig waren (wie man aus manchen Stellen Senecas ersieht, z. B. deklamierten die Griechen Cestius und Argentarius nur lateinisch: IX 3, 13), Stoffe und Sentenzen ihrer lateinischen Kollegen übernahmen, cf. IX 2, 29. Kurz, es war ein Geben und Nehmen und die beiden Kulturvölker überboten sich darin, die Raketen ihres Genies und Witzes leuchten zu lassen; hatte früher eine Heldenthat auf dem Schlachtfeld Ehre und Ruhm verliehen, so jetzt eine solche in der Arena des Auditoriums; von hier drang die Kunde der grofsen That in die Provinzen: stolz sagt Aper, der Anhänger dieser modernen Beredsamkeit, bei Tac. dial. 20: iuvenes in ipsa studiorum incude positi, qui profectus sui causa oratores sectantur, non solum audire sed etiam referre domum aliquid inlustre et dignum memoria volunt; traduntque in vicem ac saepe in colonias ac provincias suas scribunt, sive sensus aliquis arguta et brevi sententia effulsit, sive locus exquisito et poetico cultu enituit, während Messalla, der Lobredner der alten Schule, klagt (c. 28): quae mala primum in urbe nata, mox per Italiam fusa, iam in provincias manant; diese Männer meinen hier Spanien und besonders Gallien; ein halbes Jahrhundert später trat Afrika, welches schon damals eine nutricula causidicorum war, führend auf den Plan, doch den Nachweis dieser Zusammenhänge spare ich mir für später auf; hier kommt es mir darauf an, einige wesentliche Charakteristika dieser Deklamationen hervorzuheben.

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Jeder, der eine oder die andere der von Seneca im Excerpt mitgeteilten Deklamationen liest, hat die Empfindung, dafs sein normales Denken für Augenblicke stillstehen mufs, damit er sich

nur einigermafsen in dieser Welt des Schwulstes, der Manier, der Phrase, kurz der Verkehrung alles Natürlichen zurechtfinden könne; nur gezwungen wird er sich daher der Mühe unterziehen, die einzelnen Symptome der Korruption festzustellen, aber er mufs es, weil das volle Verständnis der meisten Schriftsteller der Kaiserzeit sich nur so ihm erschliefst.

1. Das Allgemeine.

Deklama

tion.

Bei Seneca (contr. IX praef. 1) charakterisiert ein einiger- Wesen der massen verständiger Rhetor jener Zeit, Votienus Montanus, sein Handwerk so: qui declamationem parat, scribit non ut vincat sed ut placeat. omnia itaque lenocinia conquirit; argumentationes, quia molestae sunt et minimum habent floris, relinquit: sententiis, explicationibus audientis delenire contentus est. cupit enim se approbare, non causam. Darin ist das Wesentliche ausgesprochen: die Kunst der Deklamatoren ist eine prahlerische, sie will sich zeigen und scheut sich nicht, sich als geputzte Hetäre zu prostituieren, um nur gesehen zu werden; das ist es, was auch Quintilian öfters hervorhebt an den ambitiosi institores eloquentiae (XI 1, 50), denen es nur auf die iactatio und ostentatio ankommt (IV 2, 122; 3, 1); perire artem putamus, nisi appareat, cum desinat ars esse, si apparet (IV 2, 127), daher bemühten sich die Alten, ihre Beredsamkeit zu verbergen (IV 1, 9); aber wie anders war es jetzt geworden: Augustus hatte einen Advokaten in Tarraco gelobt mit den Worten: numquam audivi patrem familiae disertiorem, aber als dieser sich in Rom produzierte, hatte er keinen Erfolg: man pries ihn als Familienvater, liefs ihn aber als Redner nicht gelten, denn partem esse eloquentiae putabat eloquentiam abscondere (Sen. contr. X praef. 14). War es doch dahin gekommen, dafs sogar in wirklichen Prozessen sehr ernster Art die Richter es übel nahmen, wenn man ihnen die schwere Kost sachlicher Argumentation vorsetzte: die sterilen Teile der Rede mufsten, wie es in den Deklamatorenschulen üblich war, ausgelassen oder auf das Notwendigste eingeschränkt und ersetzt werden durch glänzend ausgeführte Schilderungen und überhaupt solche Stellen, die das Ohr kitzelten (titillare Sen. contr. I 1, 25) und dem Amüsement dienten; wer liefse sich, sagt Aper bei Tacitus dial. 20, heutzutage noch die sterilen juristischen Deduktionen gefallen, die Cicero in seinen vor den reciperatores gehaltenen

Norden, antike Kunstprosa.

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Reden vorbrachte? praecurrit hoc tempore iudex dicentem, et nisi aut cursu argumentorum aut colore sententiarum aut nitore et cultu descriptionum invitatus et corruptus est, aversatur dicentem; dasselbe bezeugen Seneca (contr. IX praef. 1 f.) und Quintilian (IV 1, 57; 2, 122; 3, 1 f.; 12, 23; VII 1, 41 ff.; XII 8, 2 f.; 9, 2 ff.; 9, 8); wenn dann auch das Resultat oft war, dafs bei dem Mangel sachlicher Argumente der Klient nicht durchkam, nun, so hatte man doch den Ruhm, geistvoll gesprochen und die Richter unterhalten zu haben, cf. Quint. V 8, 1 pars altera probationum (nämlich aufser den Zeugenaussagen), quae est tota in arte constatque rebus ad faciendam fidem adpositis, plerumque aut omnino neglegitur aut brevissime attingitur ab iis, qui argumenta velut horrida et confragosa vitantes amoenioribus locis desident, neque aliter quam ii qui traduntur a poetis gustu cuiusdam apud Lotophagos graminis et Sirenum cantu deleniti voluptatem saluti praetulisse, dum laudis falsam imaginem persecuntur, ipsa propter quam dicitur victoria cedunt, cf. XI 1, 49 ff. - Die Hauptsache für diese Redner war der clamor und plausus der Zuhörer, ihm opferten sie alles, auch ihre Würde, und das lebhafte Temperament des Südländers, der, wie man noch heute beobachten kann, das Bedürfnis hat, seinen Empfindungen äufseren Ausdruck zu geben, kam ihnen hierin bereitwilligst entgegen. Auch die Reden Ciceros1) müssen wir uns von lebhaften Akklamationen der Richter, des Senats, des Volks noch ganz anders unterbrochen denken als es in unserem Parlament Sitte ist, während die Sitzungen der französischen und italienischen Kammern schon eine bessere Analogie geben. In der Theorie verlangt er vom vollendeten Redner, dass, wenn er sich erhebe, significetur a corona silentium, deinde crebrae assensiones, multae admirationes (Brut. 84), und in der Praxis hat er es sich wenigstens in den philippischen Reden, wo ihm daran liegen mufste, sich im Einvernehmen mit den anderen zu zeigen, nicht versagt, sogar bei der Publikation der Reden die Stellen aufzunehmen, in denen er sich für den ihm gezollten Beifall bedankte: besonders die vierte Rede ist reich an solchen Stellen, z. B. gleich im Anfang hatte er einen Satz geschlossen nam est

1) Auch die von L. Licinius Crassus im J. 92 gehaltene Rede gegen Cn. Domitius wurde von lauten Beifallsäufserungen unterbrochen (Cic. Brut. 164).

hostis a senatu nondum verbo appellatus, sed re iam iudicatus Antonius; darauf begeisterter Beifall, denn er fährt fort: nunc vero multo sum erectior, quod vos quoque illum hostem esse tanto consensu tantoque clamore approbavistis. Gleich nachher: C. Caesar, qui rem publicam libertatemque vestram suo studio consilio patrimonio denique tutatus est et tutatur, maximis senatus laudibus ornatus est (Beifall). laudo, laudo vos, Quirites, quod gratissimis animis prosequimini nomen clarissimi adulescentis, und so 5; 7 (zweimal); 8, cf. XIV 6; 16. In den Rhetorenschulen wurde die Sitte zur Unsitte: jede gelungene Sentenz wurde beklatscht und mit Beifallsrufen aufgenommen (cf. Sen. contr. VII 2, 9; IX praef. 2 f. u. ö. Quint. IV 1, 76 f.; 2, 36 ff.; VII 1, 41; XII 8, 2 f.; 9, 8; 10, 73 ff.). So ist es im ganzen Altertum ge blieben1), und wir werden später sehen, dafs in der altchristlichen Kirche die Praxis keine andere geworden ist, weil die Menschen keine anderen geworden waren.

2. Das Inhaltliche der Deklamationen.

von Inhalt

Ich brauche darauf nicht näher einzugehen, da alle in Be- Verhältnis tracht kommenden Einzelheiten besonders von Rohde (D. griech. und Form. Roman 288 ff.) mit solcher Meisterschaft dargestellt und zu einem grofsen Bilde zusammengefasst sind, dass ich nichts hinzuzufügen habe. Nur auf einen Punkt mag hier noch hingewiesen werden: das ungeheure Missverhältnis zwischen Inhalt und Form,

1) Einige Belege bei Rohde, D. griech. Roman (Leipz. 1879) 311 und in den dort genannten Schriften (auch W. Schmid, D. Atticismus I [Stuttg. 1887] 42, 16). Vgl. noch: Fronto ep. ad M. Caes. I 8 p. 21 N. und eine hübsche Stelle des Libanios (die Sievers, Leben des L. p. 27, wo er über die Sitte handelt, nicht anführt): or. 24 vol. II p. 80 R. deîraι yàę inaívov (sc. ¿ σοφιστής), καὶ τοῦτον ἔρχεται διὰ τῶν λόγων οἰσόμενος. κρίνει δὲ αὐτῷ τὴν ἡμέραν εἴτε ἀμείνων εἴτε χείρων ἡ βοή, μείζων μὲν οὖσα ἐκεῖνο, βραχυτέρα δὲ τοῦτο. ἀχρεῖος δὲ τότε οὐδείς, οὐ σκαιὸς, οὐ χειροτέχνης, οὐ στρατιώτης, οὐκ ἀθλητὴς, οὐ παιδαγωγὸς, οὐχ οἱ τὰ βιβλία τοῖς νέοις ἐπ ̓ ὤμων φέροντες, ἀλλὰ πᾶς ὁ συνεσφέρων ὁτιοῦν θορύβου καὶ οὗτος λόγοις ἐπικουρία. Für das Theater cf. die ganze 41. Rede vol. II p. 379 ff., die sich gegen den Unfug bezahlter Bouvres richtet, die ihren Feinden durch Stillschweigen schaden). Themist. 26 p. 315 bc; Prohairesios verbat sich bei einer in Athen gehaltenen Konkurrenzrede ausnahmsweise den xoótos: eine Zeit lang hielten die Zuhörer es aus, dann gerieten sie in Ekstase: Eunap. v. soph. p. 84 Boiss.

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