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nötig es war, unter diesen Umständen in kleinen Sätzchen zu sprechen, kann man, um ein Zeugnis späterer Zeit anzuführen (was bei der Kontinuität dieser Entwicklung erlaubt ist), aus der Klage des Libanios (or. I 179 R.) ersehen: wenn Platon und Demosthenes vorgelesen wurden, lärmten die Zuhörer bei einzelnen Teilen der langen Sätze so, dafs man das dazwischen Liegende gar nicht zu hören bekam. Was also war begreiflicher, als dafs man es lieber so machte wie Prohairesios, der Zeitgenosse des Libanios, der, wie Eunapios v. soph. p. 83 Boiss. berichtet, ἄρχεται μὲν λέγειν ῥύδην κατὰ τὸν κρότον ἀναπαύων ἑκάστην περίοδον? Für die vorliegende Epoche wird dasselbe bezeugt: Quint. VIII 5, 27: facit densitas sententiarum concisam quoque orationem: subsistit enim omnis sententia ideoque post eam utique aliud est initium. unde soluta fere oratio et e singulis non membris sed frustis collata structura caret, cum illa rotunda et undique circumcisa insistere invicem nequeant. περὶ ὕψους 42: ἔτι γε μὴν ὕψους μειωτικὸν καὶ ἡ ἄγαν τῆς φράσεως συγκοπή)· πηροῖ γὰρ τὸ μέγεθος, ὅταν εἰς λίαν συνά γηται βραχύ· ἀκουέσθω δὲ νῦν μὴ τὰ οὐ δεόντως συνεστραμμένα, ἀλλ ̓ ὅσα ἄντικρυς μικρὰ καὶ κατακεκερματισμένα· συγκοπὴ μὲν γὰρ κολούει τὸν νοῦν, συντομία δ ̓ ἐπευθύνει. Der Einfuls dieses Stilprinzips auf die Litteratur der Kaiserzeit tritt ja, um das gleich hier zu bemerken, handgreiflich zu Tage. Aus der Zeit des älteren Seneca will ich je ein griechisches und lateinisches Beispiel anführen. Dorion liefs einen Vater etwa so sprechen (bei Sen. contr. I 8, 16)*): τίς ἐπιθυμία, τέκνον, ἡμαγμένα πιεῖν, ᾑμαγμένα φαγεῖν; φοβοῦμαι, μή που παράταξις, μή που λιμός, μή που πάθη σ ̓ ἕλῃ. φοβοῦμαι περὶ τῆς σῆς τύχης). οἴκοι μένε. τί, τέκνον, φρυάσσῃ; Von Argentarius sagt Seneca contr. IX 2, 22 (Flamininus läfst auf Bitten seiner Geliebten einen Verurteilten beim Gastmahl hinrichten): Argentarius in quae solebat schemata minuta tractationem violentissime infregit: age lege: scis, inquit, quid dicat? interdiu age, in foro age. stupet lictor. idem dicit quod meretrix sua: hoc numquam se vidisse'. Der Ver1) Cf. dianenouuévn poάois Ael. Harpocr. ars rhet. ap. anonym. Speng. I 459, 29.

2) Einzelne Worte sind unsicher, wie bekanntlich in den meisten der griechischen Citate bei diesem Autor. Ich gebe den Text der Müllerschen Ausgabe.

fasser der Leichenrede auf Murdia (CIL VI 10230) weifs zierlich zu sagen: constitit ergo in hoc sibi ipsa, ut, a parentibus dignis viris data, matrimonia obsequio probitate retineret, nupta meriteis gratior fieret, fide carior haberetur, iudicio ornatior relinqueretur, post decessum consensu civium laudaretur, quom discriptio partium habeat gratum fidumque animum in viros, aequalitatem in liberos, iustitiam in veritate, aber an der langen Periode am Schlufs des Ganzen scheitert er zweimal in kläglichster Weise.1) Velleius kann keine langen, kunstvoll gegliederten Perioden bauen (nur die isokolisch gebauten gelingen ihm wie dem Verfasser der laudatio der Murdia, z. B. B. II in.): wo er es versucht, gehen sie ihm in die Brüche (z. B. II 18, 1). In dem kurzen Edikt des Claudius de civitate Anaunorum (CIL V 5050) ist eine Periode (7 ff.) verfehlt (isque wird nicht in is zu ändern sein). Seneca der Jüngere schreibt in minutissimis sententiis, die vor den Augen des an ciceronianische Perioden gewöhnten Quintilian keine Gnade finden (X 1, 130), wie bezeichnenderweise umgekehrt Seneca an den gleichmässig fliefsenden Perioden Ciceros keinen Gefallen hat (ep. 114, 16). Bei dem ältern Plinius sind gutgegliederte Perioden (wie VII 186: L. Domitius apud Massiliam victus, Corfini captus ab eodem Caesare, veneno capto propter taedium vitae, postquam biberat, omni ope ut viveret adnisus est) Seltenheiten; im allgemeinen gilt, dafs bei ihm da, wo er zu periodisieren versucht, wahre Satzungetüme entstehen, die man nur mit Mühe entwirrt. 2) Über Tacitus werden wir später genauer zu handeln haben. Das SC de sumptibus ludorum gladiatorum minuendis vom J. 176/7 (CIL II 6278) zeigt an drei Stellen (48 ff.; 54 f.; 62 f.) völligen Mangel an Gefühl für Periodisierung. Unter den Griechen weifs selbst Dio Chrysostomos nicht geschickt zu periodisieren: man lese z. B. den Evßoxós, in dem ihm die Imitation der Aegis loouévn des Jägers sehr hübsch gelungen ist, während die langen Perioden des zweiten Teils meist unbeholfen sind. Favorin weifs in seiner unter den dionischen stehenden korinthischen Rede die kleinen Sätze zierlich zu bauen, aber lange Perioden misslingen ihm (§ 20 ff.; 25).

1) Cf. A. Rudorff in: Abh. d. Berl. Ak. 1868 p. 250.

2) Cf. Joh. Müller, D. Stil d. ält. Plin. (Innsbr. 1883) 24 ff.; man lese z. B. VII 343. XXVI 14. XXXVI 117.

Schwulst

und

In dem langen, aus der Zeit des Commodus stammenden Proömium des pseudoxenophontischen Kynegetikos findet sich nur am Schlufs eine ganz einfache kleine Periode, sonst lauter kleine Satzteile.1). In erhöhtem Mafse gilt das für die jenseits unserer Epoche liegenden christlichen Redner wie Gregor von Nazianz und Proklos von Konstantinopel, worüber später genaueres. 2)

Wenn wir alles überblicken, so begreifen wir, mit welchem Ziererei. Recht die strengen Kunstrichter diesen Stil mit dem Namen des 'kranken', des 'korrupten' gebrandmarkt haben, denn dies ist seine feststehende Bezeichnung. 3). Die is dieproovia, corrupta ist identisch mit der λέξις κακόζηλος, so hat sie daher Quintilian an der oben (S. 278) ausgeschriebenen Stelle (VIII 3, 56 ff.) genannt und charakterisiert. Nach der besten uns erhaltenen Definition (s. o. S. 69, 1) besteht das Wesen der xxxogŋlía in zweierlei Fehlern, Schwulst und Ziererei: Diomedes GL I 451 K.: cacozelia est per affectationem decoris corrupta sententia, cum eo ipso dedecoretur oratio, quo illam voluit auctor ornare. haec fit aut nimio cultu aut nimio tumore. Ebenso sagt Quintilian (XII 10, 73) corruptum dicendi genus. . aut puerilibus sententiolis lascivit aut immodico tumore turgescit. Für den affektierten Schmuck der Diktion und die wohlabgezirkelten Sätzchen ist oben genug angeführt; nicht weniger häufig wird der tumor gerügt: das Wort (bezw. das Adjektivum) findet sich bei den Autoren, denen wir im wesentlichen gefolgt sind, an folgenden Stellen: Seneca contr. IX 2, 27; X 1, 14; suas. 1, 12 (dort auch inflatum); 16. Seneca ep. 114, 1. Quintilian II 3, 9; VIII 3, 56; X 2, 16; XII 10, 73; 80. Plinius ep. IX 26, 5; einige Proben eines gewissen Rhetors Musa giebt der ältere Seneca contr. X praef. 9, sie mögen hier, um die Art zu veranschaulichen, angeführt werden: von Feuerspritzen sagte er caelo repluunt, von Sprengungen odorati imbres, von einem

1) Cf. L. Radermacher im Rhein. Mus. LII (1897) 27.

2) Über die frühere Zeit s. oben S. 64; 134 f. und A. Brinkmann, De dial. Plat. (Diss. Bonn 1891) 14, 4.

3) Bei Seneca d. Ä. kommt das Wort an folgenden Stellen vor (ich citiere nach Seiten und Zeilen der Müllerschen Ausgabe): 55, 12. 121, 18. 181, 7. 210, 11. 220, 11. 286, 19. 311, 2. 391, 8. 421, 12; 14. 489, 21. 491, 9; 14; 19. 502, 9. 503, 13. 505, 15. 527, 13. 528, 3; 13. 530, 20; 22 (an letzter Stelle der Gegensatz sanum).

wohlgepflegten Park caelatae silvae, von einem Gemälde nemora surgentia, und von plötzlichen Todesfällen hörte ihn Seneca folgendes Ungeheuerliche (z. T. auf Gorgias Zurückgehende) sagen: quidquid avium volitat, quidquid piscium natat, quidquid ferarum discurrit, nostris sepelitur ventribus. quaere nunc, cur subito moriamur: mortibus vivimus. Wenn Plinius in dem oben (S. 282 f.) angeführten Brief (IX 26) schreibt: nequaquam par gubernatoris est virtus, cum placido et cum turbato mari vehitur: tunc admirante nullo inlaudatus ingloriosus subit portum, at cum stridunt funes, curvatur arbor, gubernacula gemunt, tunc ille clarus et dis maris proximus und zum Schlufs mit einem affektierten Scherz sagt, er fürchte, sein Freund würde ihm diesen Satz als schwülstig anstreichen, er halte das aber für erhaben, so können wir nur dem Freunde recht geben.

4. Resultate.

Litterar

historische

hänge.

Die genaue Prüfung der Einzelheiten des neuen Stils hat ergeben, Zusammendafs die oben (unter 4 S. 263 ff.) aufgeführten antiken Zeugnisse, nach denen er als Fortsetzung des Asianismus seit dem IV. Jh. v. Chr. galt, zu Recht bestehen. Hier wie dort fanden wir deklamatorisches Pathos, pointierte Sentenzen, zerhackten Satzbau, völlige Rhythmisierung (und zwar in den weichlichsten Rhythmengeschlechtern), singende Vortragsweise, Aufgehen der Prosa in die Poesie, dieselbe Abwendung vom Natürlichen, dieselbe 'Erkrankung'; wir fanden, dafs die beiden Kardinalfehler des alten Asianismus, die Cicero hervorhebt, Ziererei und Schwulst, von den Stilkritikern der augusteischen und traianischen Epoche auf den Stil der zeitgenössischen Deklamatoren übertragen wurden. Da nun früher (S. 138 f.; 147) der Nachweis erbracht worden ist, dafs der Asianismus der alten Zeit sowohl in seiner allgemeinen Erscheinung als Schuldeklamation als auch in allen seinen Einzelheiten eine naturgemässe Weiterentwicklung der sophistischen Kunstprosa der platonischen Zeit war, so gelangen wir zum Resultat, dafs wir in der Entwicklungsgeschichte der antiken Kunstprosa eine direkte Verbindungslinie zwischen dem V. Jh. v. Chr. und dem II. Jh. n. Chr. ziehen dürfen. Bevor ich nun aber die in gerader Richtung noch Jahrhunderte lang weiter gehenden Verlängerungen dieser Linie

verfolge, will ich zunächst an einigen uns erhaltenen lateinischen Autoren der vorliegenden Epoche zu zeigen versuchen, wie uns die Theorie in der Praxis entgegentritt.

Seneca d. Ä.

Trogus.

Zweites Kapitel.

Die Praxis.1)

1. Seneca der Ältere, der so für Cicero schwärmt, dass er einmal sagt, nach ihm hätten die ingenia aufgehört (contr. X praef. 7), ist in seinem eigenen Stil, den wir aus den Vorreden erkennen, doch ein Kind seiner Zeit: sein Stil ist ähnlicher demjenigen der von ihm citierten und so oft gerügten Autoren als dem Ciceros, er liebt Pointen und verfällt gelegentlich (z. B. X praef. 6) in pathetische Deklamation.

2. Pompeius Trogus scheint mir von Fr. Aug. Wolf viel zu ungünstig beurteilt zu werden, wenn er von ihm schreibt (in der Praefatio zu seiner Ausgabe der Marcelliana [Berlin 1802] XXXII): prosam orationem et historiam simili labe (nämlich durch die Rhetorik wie Ovid die Poesie) inquinavit Trogus Pompeius, pendens maxime a Theopompo, in quo antiquitas scholam Isocratis rhetoris agnovit.) In der von Iustin wörtlich mitgeteilten, von Trogus selbst in indirekter Rede gegebenen Rede des Mithridates (XXXVIII 4 ff.) ist er in der Anwendung rhetorischer Mittel durchaus mafsvoll; würde es überhaupt ein stark rhetorisierender Historiker über sich gebracht haben, direkte Reden prinzipiell auszuschliefsen und ihren Gebrauch bei Sallust und Livius zu tadeln (Iust. XXXVIII 3, 11)? Auch bei Iustin) selbst, von dem wir nicht

1) Über die meisten Schriftsteller werde ich kurz hinweggehen. 2) Ganz ähnlich schon vorher Ruhnken, Praef. zu Vell. Paterc. (Lugd. Bat. 1779) s. p. und J. Chr. H. Krause Praef. zu Vell. Pat. (Lips. 1800) 29. 3) Die gewöhnliche Annahme, er habe zur Zeit der Antonine geschrieben, halte ich für falsch. Wer attaminare virginem, stagnare se adversus invidias sagt, gehört nach meinem Gefühl frühstens ins dritte Jahrhundert, also etwa die Zeit, wo Festus den Verrius epitomierte. Ins vierte Jahrh. möchte ich deshalb nicht hinabgehen, weil für die damaligen Bedürfnisse diese Epitome zu ausführlich ist. Die Zusammenstellung der nachklassischen Wörter bei Fr. Fischer, De elocutione Iustini (Diss. Halle 1868) ist ganz nützlich, aber er hat sie zeitlich nicht genügend verwertet.

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