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E

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in welchem man verschiedene hieher gehörige
Gedanken finden wird. 99
Fast ein jeder, sagt
er, hat sich wieder den Inhalt dieses Trauer
,,spiels empört. Ich kann weiter nichts darauf
,, antworten, als dieses, daß ich nicht der Er-
,, finder davon bin. Ich sehe wohl, daß ich

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Unrecht gethan habe, mir die Tragödie allzu», sehr als eine schrekliche Handlung vorzustellen, ,, die den Zuschauern unter rührenden Bildern ,, müsse gezeigt werden, und die sie zum Mit ,, leiden und Schrecken bewegen solle, doch ohne Züge, welche den Wohlstand und die Zärt ,, lichkeit beleidigen könnten. Es kommt also nur ,, darauf an, ob ich diesen so nöthigen Wohla ., stand beobachtet habe. Ich glaube mich dessen schmeicheln zu dürfen. Ich habe nichts ver gessen, was meinen Stof lindern und unsern ,,Sitten gemäß einrichten könne. Um ben Atreus unter keiner unangenehmen Gestalt » zu zeigen, lasse ich die Aerope von dem „Altare selbst entführet werden, und seße diesen Prinz, (wenn ich hier diese Vergleichung brau „chen darf,) gerade in eben den Fall des be zauberten Bechers bey dem la Fontaine. L'etoit-il? ne l'etoit-il point?

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,,Ich habe durchaus die Fabel verändert, um feine Rache weniger schrecklich zu machen, und ,, mein Atreus ist bey weiten nicht so grausam, ,, als der Atreus des Seneca. Ich habe mich ,begnügt, für ven Thyeft alle den Greuel I 2

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Des

des von seinem Bruder ihm bestimmten Bechers, ,,fürchten zu laffen, und er bringt nicht einmal ,,seine Lippen daran. Ich gestehe es zwar, daß ,,mir diese Scene selbst schrecklich schien. Es ,,überfiel mich ein E.hauder; aber nichts desto„weniger glaubte ich, daß sie sich in ein Trauer

fpiel sehr wohl schicke. Ich sehe nicht, warum ,,man sie mehr davon ausschliessen solle, als die ,,Scene in der Rodogune, wo Cleopatra, ,,nachdem sie einen von ihren Söhnen schon er „mordet, den andern vor den Augen der Zus „schauer vergiften will. Eo unwillig man auch gegen die Grausamkeit des Atreus gewesen, fo glaube ich doch nicht, daß man ein vollkom mener Bild auf die tragische Scene bringen,,könne, als das Bild von der Stellung des unglücklichen Thyest, welcher sich ohne Hülfe „der Wuth des barbarischsten unter allen Menschen ausgeseht sieht. Ob man sich nun aber schon von seinen Thrånen und seinem Jammer serweichen ließ; so blieb man mir dennoch des"wegen auffähig. Man hatte die Gute, mir

alle Abscheulichkeit der Erfindung zu lassen, ,,und rechnete mir alle die Lasterthaten des „Utreus an. Un einigen Orten betrachtet man mich auch noch als einen fürchterlichen Menschen, bey welchem man nicht recht sicher sey; „gleich als ob alles, was der Wig erdenket, ,,feine Quelle in dem Herzen haben müsse. Eine »schöne Lection für die Schriftsteller, welche fie

„nicht

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„nicht nachdrücklich genug wird lehren können, ,,mit wie vieler Behutsamkeit sie vor dem Publico erscheinen müssen. Ein artiges Frauenzimmer, welches sich in Gesellschaft ,,mit ehrbaren Scheinspröden befindet, darf sich lange nicht mit so vieler Sorgfalt beobachten. ,,Und endlich hätte ich mir es nimmermehr vor,,gestellt, daß in einem Lande, in welchem es ..so viel gemißhandelte Ehemänner giebt, ,,Atreus so wenig Vertheidiger finden sollte. „Was die doppelte Aussöhnung, die man mir ,,vorwirft, anbelangt, so erkläre ich gleich vor „aus, daß ich mich in diesem Puncte niemals

für schuldig erkennen werde. Atreus erziehet ,,den Phlisthenes, um einmal den Thyest ,,durch die Hände seines eigenen Sohnes um ,,bringen zu lassen; er erschleicht von diesent jungen Prinzen einen Eid, welcher aber gleich. ,,wohl bey Erblickung des Thyeft nicht gehorchet. ,,Utreus kann also zu nichts andern seine Zuflucht nehmen, als zur Verstellung; er erdich ,,tet ein Mitleiden, welches er nicht fähig ist, ju empfinden; er bedient sich hierauf der aller ,,gewaltsamsten Mittel, den Plisthenes zur Vollziehung seines Eides zu vermögen, von ,,welcher dieser aber durchaus nichts wissen will. „Utreus, welcher sich an dem Thyest auf ,,eine seiner würdige Art rächen will, muß also ,,nothwendig zu einer zweyten Versöhnung ,,schreiten. Ich getraue mir zu sagen, daß ›,,dice

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dieser grausame Prinz alle Geschicklichkeit ans ,,wendet, die ein Betrieger nur immer anwenden ,,kann. Es ist unmöglich, daß Thyest dieser Falle entgehen sollte, wenn er auch schon selbst wein eben so

„Bruder. Mer, Betrieger wäre, als sein

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darf das Stück nur ohne Vorurtheil lesen, so wird man finden, daß ich nicht Unrecht habe.. Je betriegerischer aber „Atreus ist, desto besser habe ich seinen Cha,,rakter ausgedrückt; weil Verrätherey und Verstellung fast immer von der Grausamkeit unzertrennlich find 29. “

Von den übrigen lateinischen Trauerspielen in den folgenden Stücken.

VIII. Des

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Nachricht von dem Verfasser.

udewig Riccoboni war ein Modeneser von Geburt, welche ohngefeht in die Jahre 1682 oder 83 fällt. Er mochte aus einer

ganz guten Familie seyn, weil er selbst, aneinem Orte seiner Schriften, den Antonius Riccoboni, einen Professor zu Padua, aus der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, für einen seiner Vorfahren wahrscheinlicher Weise hält. Er mußte aber sehr jung diejenige Lebensart ergriffen haben, in welcher er sich hernach auf eine doppelte Art sehr rühmlich hervorthat. Denn schon in seinem zren und zwanzigsten Jahre, wie man es weiter unten aus seinem eignen Munde hören wird, war er das Haupt einer Gesellschaft von Schaus spielern, die in den Städten der Lombardey und besonders zu Venedig mit vielem Beyfalle spielte. Er gab sich ganzer zehn Jahr lang in seinem I 4 Vater

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