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zu dem andern geht, fo daß sie alle beyde vom Theater abtreten, ohne daß sie einander ins Gesicht gesehen, oder ein Wort zusammen gespro chen hätten. Wenn die Stelle, die ich critisirt habe, auch schon mit andern tüchtigen Gründen, ausser den angeführten, zu retten wäre, so wird man doch folgende weit weniger zu entschuldigen finden.

In der Mitte des fünften Aufzugs erzehle die Magd, daß die Brüder des Calandro ihre Frau bey einem jungen Menschen getroffen und sie beyde in ein Zimmer eingeschlossen håtten; daß sie hierauf weggegangen wären, um ihren Bruder zu hohlen, und ihm seine Frau mit ih rem Liebhaber zu zeigen. Auf diese Nachricht bringt Teffenio das als eine Mannsperson gekleidete Mädchen durch das Fenster in das Zimmer der Fulvia, läßt die Kleider wechseln, und sagt der Fulvia, daß sie nunmehr ihren Mann erwarten und zu Schanden machen könne.

Dieser Ursachen und der von dem Tessenio erfonnene Betriegeren wegen, sollte Fulvia, wenn sie schon aus dem Zimmer kommen könnte, dennoch darinn bleiben, weil ihre Ehre in Sichers heit ist, und sie ruhig die Ankunft ihres Man nes erwarten kann. Einen Augenblick zuvor aber,

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ehe

ehe Calandro mit seinen Brüdern kömmt, erscheinet Fulvia an der Hausthüre, empfängt ihren Mann, und führt, unter Klagen über ihn, die Brüder desselben hinein, um ihnen zu zeigen, von welcher Art ihr Liebhaber sey.

Ich glaube, Fulvia sollte gar nicht aus dem Zimmer herauskommen, um nicht argwohnen zu lassen, daß sie eben so leicht, als sie selbst herausgekommen, auch ihren Liebhaber hätte heraus, und ein Mädchen an seine Stelle hinein schaffen können. Tessenio hätte, ohne daß sie herauskommen dürfen, von allem, was vorgegangen sen, Rechenschaft geben können, so wie er es auch in der That thut. Die Erscheinung der Fulvia verursacht daher nicht bloß die gedachte Unbequemlichkeit, sondern ist auch ganz und gar unnüße,

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Ob ich nun aber gleich überzeugt bin, daß der Fehler von welchen ich jezt gesprochen habe, ein wirklicher Fehler ist, so ist er doch keiner von den Hauptfehlern, den man nicht anders als mit Umwerfung des ganzen Stücks verbessern könne, sondern man braucht weiter nichts, als die wenigen Zeilen, welche Fulvia unter der Hausthüre fagt, und die kleine Scene, die sie auf der Straffe mit dem Calandro hat, wegzustreichen, wenn

alles

alles, ohne weitere Aenderung seine Richtigkeit haben soll.

Man könnte wider die Calandra einwenden, daß sie allzuverwickelt sen, und daß bey gewissen Gelegenheiten die Fruchtbarkeit der Einbildungskraft ein Fehler werde. Ich gebe dieses zu; allein wenn eine Komödie aus allzuvielen Begeben heiten zusammengesezt ist, so muß man untersu chen, ob die häufigen Zufälle die Aufmerksamkeit nicht allzusehr ermüden, und ob alles mit der gehörigen Genauigkeit und Wahrscheinlichkeit angeordnet ist. Wenn eine Sache auf die andre leicht und deutlich folgt, wenn jede von den Personen für ihr Theil nicht mehr thut, als fie thun foll, und wenn man alles verstanden hat, ohne daß man sich lange auf alles vorher. gehende befinnen muß; alsdenn muß man zugeben, daß das Stück vollkommen sey.

Man darf die Calandra nur lesen, um zu sehen, daß sich diese Vollkommenheiten darinn finden. Sonst ist es freylich wahr, daß die erhizte Einbildungskraft der Italianer, und die allzugrosse Fruchtbarkeit ihres Wihes, wegen des allzureichen Stofs, den sie ohne Klugheit angewendet, nicht felten sehr schlechte Stücke hat hervorbringen müfsen; allein Bibiena hatte das Ebenmaaß allzuwol inne, als daß er in einem dergleichen Fehler hätte fallen können.

Einen

Einen einzigen Punct will ich noch ausnehmen; ich glaube nehmlich nicht, daß die von den Regeln vorgeschriebene Zeit der zwölf Stunden, weil keine Nacht darinn vorkommt, zu allen den Verrichtungen, die bey der Handlung der Calandra vorkommen, hinlänglich sey; was aber die andern Regeln der Kunst anbelangt, diese sind gewiß insgesamt vortreflich beobachtet worden.

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