Immagini della pagina
PDF
ePub

Die erstern Geseze schränkten diese ynbåndige Frechheit der Dichter einigermassen ein. Sie durften sich nicht erkühnen irgend eine Person zu nennen; allein sie fanden gar bald das Geheimniß, sich dieses Zwangs wegen schadlos zu hal ten. Aristophanes und seine Zeitgenossen schil derten unter geborgten Namen, vollkommen gleichende Charaktere; so daß sie das Vergnůgen hatten, so wohl ihrer Eigenliebe, als der Bosheit der Zuschauer, auf eine feinre Art ein Gnüge zu thun.

Das dritte Alter der Atheniensischen Bühne war unendlich weniger frech. Menander, welcher das Muster derselben ward, verlegte die Scene an einen eingebildeten Ort, welcher mit dem, wo die Vorstellung geschah, nichts mehr gemein hatte. Die Personen waren gleichfalls Geschöpfe der Erfindung, und wie die Begebenheiten erdichtet. Neue Geseze, welche weit strenger als die erstern waren, erlaubten dieser neuen Art von Komodie nicht das geringste von dem zu behal ten, was sie etwa den ersten Dichtern konnte. abgeborgt haben.

Das Lateinische Theater machte in der Art des Menanders keine Veränderung, sondern begnügte sich, ihr mehr oder weniger knechtisch nachzuahmen, nach dem das Genie seiner Verfasser beschaffen war. Plautus, welcher eine vor trefliche Gabe zu scherzen hatte, entwarf alle seiz ne Schilderungen von der Seite des Lächer

lichen,

lichen, und wåre weit lieber ein Nacheiferer des Aristophanes als des Menanders gewesen, wenn er es hätte wagen dürfen. Terenz war kålter, anständiger und regelmäßiger; seine Schilderungen hatten mehr Wahrheit, aber weniger Leben. Die Römer, sagt der Pater Rapin, glaubten in artiger Gesellschaft zu seyn, wann sie den Lustspielen dieses Dichters beywohnten; und seine Scherze sind, nach dem Urtheile der Frau Dacier, von einer Leichtigkeit und Bescheidenheit, die den Lustspieldichtern aller Jahrhunderte zum Muster dienen kann.

Die persönliche Satyre und das lächerliche der Sitten machten also, die auf einander folgenden Kennzeichen der Gedichte von diesen verschiedenen Arten des Komischen, aus; und unter diefen Zügen einzig und allein suchten die Verfas fer ihre Mitbürger zu bessern und zu ergößen. Doch diese lestre Art, welche sich auf alle Stånde erstrecken konnte, ward nicht so weit getrieben, als sie es wohl håtte seyn können. Wir haben in der That kein Stück, weder im Gries chischen noch im Lateinischen, dessen Gegenstand unmittelbar das Frauenzimmer sey. Aristophanes führt zwar oft genug Weibsbilder auf, allein nur immer als Nebenrollen, welche keis nen Antheil an dem Lächerlichen haben; und auch alsdenn, wenn er ihnen die ersten Rollen giebt, wie zum Erempel in den Rednerinmen, fällt dennoch die Critik auf die Manns25

per

personen zurück, welche den wahren Gegenstand seines Gedichts ausmachen.

Plautus und Terenz haben uns nichts als das schändliche und feile Leben der griechischen Buhlerinnen vorgestellt. Diese häßlichen Schilterungen können uns keinen richtigen Begrif von der häuslichen Aufführung des römischen Frauenzimmers machen; und unsre Neugierde wird beständig ein für die Critik so weitläuftiges und früchtbares Feld vermissen. Die Neuern, welche glücklicher (oder soll ich vielmehr sagen, verwegener?) waren, haben sich die Sitten des andern Geschlechts besser zu Nuße gemacht, und ihnen haben wir es zu danken, daß es nunmehr nicht anders, als auf gemeine Unkosten lachen kann.

Das Jahrhundert des Augustus, welches fast alle Arten zur Vollkommenheit brachte, ließ dem Jahrhunderte Ludewigs des XIV. die Ehre, die komische Dichtkunst bis dahin zu bringen. Da aber die Ausbreitung des Geschmacks nur allmålich geschieht, so haben wir vorher tausend Irrthümer erschöpfen müssen, ehe wir auf den bestimmten Punkt gelangt find, auf welchen die Kunst eigentlich kommen muß. Als unbe hutsame Nachahmer des Spanischen Genies, fuchten unfre Våter in der Religion den Stof zu ihren verwegenen Ergöhungen; ihre unübers legte Andacht unterstand sich, die allervereh= rungswürdigsten Geheimnisse zu spielen, und

scheute

scheute sich nicht, eine ungeheure Vermischung von Frömmigkeit, Ausschweisungen und Posfen auf die öffentlichen Bühnen zu bringen.

Hierauf bemächtigte sich, zufolge einer sehr widersinnigen Abwechselung, der Ge schmack an verliebten Abentheuern unfrer Scene. Man sahe nichts als Romane, die aus einer Menge liebshåndel zusammen geseht waren, sich auf derselben verwirren und zum Erstauuen entwideln. Alle das Fabelhafte und Unglaubliche der irrenden Ritterschaft, die Zweykämpfe und Entführungen schlichen sich in unsre Lustspiele ein; das Herz ward dadurch gefährlich angegriffen, und die Frömmigkeit hatte Ursache darüber uns willig zu werden.

Endlich erschien Corneille, welcher dazu be stimmt war, die eine Scene sowohl, als die andre berühmt zu machen. Melite brachte eine neue Art von Komödie hervor; und dieses Stück welches uns jest so schwach und fehlerhaft scheint, stellte unsern erstaunten Voråltern Schönheiten dar, von welchen man ganz und gar nichts wußte.

Unterdessen muß man doch erst von dem Lügner die Epoche der guten Komödie rechnen. Der groffe Corneille, welcher den Stof dazu aus einem spanischen Poeten zog, leistete damit dem französischen Theater den allerwichtig. ften Dienst. Er eröfneten feinen Nachfolgern den Weg, durch einfache Verwicklungen zu

gefallen,

gefallen, und lehrte die sinnreiche Art, sie unsern Sitten gemäß einzurichten.

Von dem Lügner muß man so gleich auf den Moliere kommen, um die französische Scene auf ihrer Staffel der Vollkommenheit zu finden. Diesem bewundernswürdigen Schrift fteller haben wir die siegenden Einfälle zu danken, welche unsere Lustspiele auf alle Europȧische Bühnen gebracht haben, und uns einen so besondern Vorzug vor den Griechen und Römern geben.

Nunmehr fahe man alle Schönheiten der Kunst und des Genies in unsern Gedichten verbunden: eine vernünftige Dekonomie in der Eintheilung der Fabel und dem Fortgange der Handlung; fein angebrachte Zwischenfälle, die Aufmerksamkeit des Zuschauers anzufeuren; ausgeführte Charaktere, die mit Nebenpersonen in eine sinnreiche Abstechung gebracht wa ren, um den Originalen desto mehr Vorsprung zu geben. Die Laster des Herzens wurden der Gegenstand des hohen Komischen, welches dem Alterthume, und, vor Molieren, allen Völkern

*

Euro

*Durch dieses Wort habe ich das Französische Contrafte übersehen wollen. Wer es besser zu übersehen weis, wird mir einen Gefallen thun, wann er mich es lehret. Nur daß er nicht. glaubt, es sey durch Gegensatz zu geben. Ich habe Abstechung deswegen gewählt, weil es von den Farben hergenommen, und also eben so wohl ein mahlerisches Kunstwort ist, als das franzà fische. Leb.

« IndietroContinua »