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Fünfter Auftritt.

Virginia und Publicia bleiben also allein, und diese thut ihr möglichstes, ihrer Gebietherin zu beweisen, daß sie nichts zu fürchten habe, weil fie sich schmeicheln könne, daß Rom selbst ihre Vertheidigung auf sich nehmen werde; doch Virginia behauptet, daß sie deswegen nichts ruhiger zu seyn Ursache habe. So lange sie ihr Vaterland unterdrückt sehe, so lange ihre Ehre und ihr Geliebter in Gefahr sey, könne sie nicht anders, als in Furcht und Betrübniß leben. Unterdessen zweifle sie weder an der Macht der Götter, noch an ihrer Liebe zur Gerechtigkeit; es sen ihr aber auch nicht unbekannt, daß nach verehrungswürdigen Rathschlüssen, deren Weisheit man nicht ergründen könne, es oft geschehe, daß die Tugend unterliege, und das Laster ungestraft bleibe. Und dieses sey es, weswegen sie zittere.

Sechster Auftritt.

Judem Virginia noch redet, kommen verschiedne Römerinnen, welche sie zu dem Feste der Pales abhohlen wollen, und nach einigen verbindlichen und bescheidenen Reden von beyden Theilen, gehen sie alle unter Begleitung der Pubs licia ab.

Zweyter

Zweyter Aufzug.“

Erster Auftritt.

Appius tritt allein auf, und beklagt sich, daß, er bey Virginien, welche er anbethe, ein Herz. finde, das sich seiner Neigung widersetze. Ohne dieses würde sein Glück vollkommen seyn. Er sieht sich als Herrn von Rom, wo alles nach seinem Willen gehet; er sieht sich von den andern neun Decemvirs, welche ihren Namen und ih re Würde bloß ihm zu danken haben, weil er durch sein Ansehen die Comitialerwehlungen abgeschaft, verehret und befolgt; er siehet die Kriegsheere in seiner Gewalt, die nichts ohne seis nen Befehl thun dürfen: was fehlet also noch feiner Größe? Auf den höchsten Gipfel der Eh.. re erhaben, und mit der höchsten Gewalt verses hen, konnte er wohl vermuthen, daß ihm etwas widerstehen werde? Gleichwohl unterstehet sich ein Weibsbild seine Unerbiethungen auszuschla gen, über seine Drohungen zu lachen, ihn selbst zu verachten, und auf diese Art den Lauf seines Glücks zu unterbrechen. Da er sich eben schmeis chelt, Rom zu seinen Füßen zu sehen, will sich das Herz einer Plebejin ihm nicht unterwerfen, und ein Plebejus ist Ursache daran. Welche Erniedrigung! Alles was er unternimmt, hat den guten oder schlechten Ausgang, den er sich vorseßt, und nur die Liebe muß ihm ihre Widerwärtigkeiten entgegen stellen. Es war für den Icis

lius nicht genug die Stimmen des Raths gegen ihn im Gleichgewichte gehalten zu haben; er mußte auch hier sein Nebenbuhler seyn, und ihm mit größerm Glücke den vornehmsten Gegenstand seiner Begierden entreißen. Was kann die Wuth eines hochmüthigen Liebhabers mehr aufbringen? Aus Höflichkeit gegen eine Plebejin soll Appius seinen Zorn, und das grausame Feuer, das ihn verzehret, auslöschen? „Nein, „ruft er aus, das ist nicht möglich. Meine Lei„denschaft ist zu starck, mein Schmerz zu heftig, „als daß ich die Schönheit, die ich anbethe in „eines andern Armen sollte sehen können. Über, gerechter Himmel, wenn die Maaßregeln, die ,,ich genommen habe, nicht anschlagen; wenn ich „nicht darauf bestehen kann, ohne daß man mei,,nen Ehrgeiz als eine Tyranney verflucht, wenn „meine großen Anschläge zu nichte werden, ehe ,,alles zu meinem Vortheile eingerichtet ist, und wenn ein gegenseitiger Nußen

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Zweyter Auftritt.

Hier wird er durch die Ankunft des Clau dius seines Lieblings unterbrochen, welcher seine heftige Bewegung bemerkt, und ihm den Rath giebt, sich zu mäßigen, so wohl um seine Gesundheit zu schonen, von welcher er versichert, daß sie dein ganzen Volke kostbar sey, als auch um an einem Tage, an welchem er öffentlich erscheinen solle, und eine Menge von Leuten die Augen auf

hn heften würden, keinen Verdacht zu er wecken.

So flug dieser Rath ist, so bedarf doch Appius desselben ganz und gar nicht. Er ist in der Kunst, sich zu verstellen, vollkommen unterrichtet, er hat seine Minen in seiner Gewalt, er weis seine Gedanken zu verbergen; er weis seine Handlungen und seine Worte zu verstecken, nur das weis er nicht, wie er sein Herz gegen die Reize der Virginia schüßen soll. Dieses Geheimniß möchte er gerne erfinden, und dieses verlangt er von seinem Lieblinge zu wissen.

Claudius erkennt die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit desselben, wenn die Liebe ausserordentlich stark ist. Das einzige Mittel, welches ihm einfällt und seiner würdig ist, bestehet darine ne, daß er ihm råth, seine Leidenschaft zu sätti gen, wenn er sie nicht erstücken könne.

Ob nun gleich den Appius seine eigne Gea mithsart, diesen Schluß zu ergreifen, geneigt macht, so glaubt er doch, daß er noch vorsichtig gehen müsse. Weil er selbst die Geseze gegeben habe, so scheint es ihm allzuverwegen zu seyn, wenn er sie so bald, ohne einem anständigen und fcheinbaren Vorwande, selbst übertreten wollte; doch Claudius, welcher noch ein größer Böse. wicht ist als er, denkt ganz anders. „Es gehört gemeinen Seelen, sagt er, sich den Regeln der ,,Tugend zu unterwerfen. Große Leute und Hel ,,den sind über alles erhaben, und scheuen sich für

nichts,

nichts, wenn ihnen das Laster gefällt. Als Rd„mer muß zwar Appius seine Handlungen im Zaume halte; aber als Decemvir, als Herr des ,,Volks, der Patricier und der Kriegsheere, kann Appius feine eigensinnigsten Begierden zu Gefeßen machen. Gnade und Mäßigung hō,,ren, wie er fagt, auf, Tugenden zu seyn, wenn es auf die Befestigung einer neuen Herrschaft ,,anfömmt.

Ap

Diese Reden schmeicheln dem Stolze und der Eitelkeit des Appius ungemein; gleichwohl aber hålt er für gut, ehe er die Larve ganz und gar ablege, mit aller Klugheit und ohne Anstand die besten Maaßregeln zu ergreifen, die ihn zu seinem Zwecke führen und alle Hindernisse aus dem Wege råumen können. Claudius überläßt diefen Punct der Klugheit des Decemvirs, und ver fichert ihn bloß, daß er allen seinen Befehlen, als einer der ihm weit mehr, als irgend ein ander ergeben fey, blindlings folgen will. pius zweifelt daran nicht. Er hat schon so viel Beweise von seiner Treue, von seinem Eifer, von seinen Gaben, daß er ihn ganz besonders hochschäßet; weil er aber jezt die Rathsherren Das lerius und Horatius, zwey von seinen hartnäckigsten Feinden, und die größten Anhänger des Volks, auf sich zukommen sieht, so läßt er ihn von sich, und verschiebt es bis auf eine andre Zeit, sich umständlicher mit ihm zu berath schlagen. Dritter

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