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füchtigen Wuth überlassen. Was wird die Frucht des glücklichen Ausganges ihrer Unternehmungen seyn? Die Wiederherstellung der Confuls. Sie werden die Namen der Obrigkeit åndern, in der That aber wird die Unterdrückung immer eben diefelbe bleiben. Auf das Volk darf man auch keine Rechnung machen, weil ein Nichts es in Bewegung seßt, und ein Nichts es auch beruhiget. Wenn es einmal aufgebracht ist, so wird es sich der Gefahr mit Ungestüm aussehen, so lange es sich nehmlich einbildet, daß man ihm nur wenig wiederstehe, oder gar vor ihm fliehe; merkt es aber, daß man sich nicht vor ihm scheuet, so wird es gar bald seiner natürlichen Furchtsamkeit nachgeben. Man muß sich übrigens nicht einbilden, daß Appius noch einmal sein tyrannisches Ansehen brauchen werde, ohne vorhere alle nöthige Maaßregeln genommen zu haben. Die ungerechten Urthelssprüche seiner Leidenschaft vollziehen zu lassen, wird er ohne Zweifel die Truppen zu Hülfe nehmen, deren eine grosse Anzahl in dem Capitolio ist. Er läßt gemeiniglich nichts auf den Zufall ankommen. Er thut alles mit Vorfichtigkeit. Hat man nicht einen Beweis von feiner List an dem Befehle, welchen er an den Cornelius stellte, daß er den Virginius nach Rom zu kommen verhindern solle? Dieser Befehl kam zu eben der Zeit im lager an, als Virginius von dem lumitor Bericht er

Hielt; und es war bereits alles sowohl veranstaltet, daß er schwerlich würde haben durchkommen ́ können, wenn er nicht die allerunbekanntesten Schleifwege genommen hatte. Kurz, alles bringt ihm das größte Mißtrauen, gegen den Decemvir ben. Virginius sieht nichts, was seine Verwirrung und feine Unruhe nicht vermehre. Je mehr er nachdenkt, desto bestürz ter wird er. Er fürchtet zwar nicht, daß es ihm an Muthe, allem zu widerstehen, fehlen werde; aber Virginiens Zustand zerreißt ihm das Herz. Gesezt auch, daß die gute Sache siege, so wird es doch gewiß nicht anders, als durch die Gewalt die Waffen geschehen können, und seine ge liebte Tochter wird allzeit Gefahr laufen, entweder die Ehre oder das Leben zu verlieren. So habt ihr mich, mächtige Götter, ruft er „aus, keiner andern Ursache wegen so vielen Ge»fahren, in welchen ich mich befunden habe, ent»riffen, als um mich heut solchen Widerwärtig„keiten Preis zu geben? Habt ihr nur deswegen ,,die Dauer meines hohen Alters verlängert? ,,Habt ihr nur deswegen

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Hier unterbricht Virginia ihren Vater, und will seinen Schmerz zu lindern, versuchen. Sie bemüht sich, ihm die Hofnung einzuflössen, daß das Glücke vielleicht Mitleiden mit ihr haben, oder auch nach seiner eignen Unbeständigkeit, sich für sie erklären werde. Allenfalls aber, versichert fie, lieber das edle Blut, welches in ihren Adern

rinne, zu vergiessen, als entehren zu lassen. Dieser heldenmüthige Entschluß thut dem Alten Genüge, welcher, so lange seine Tochter darinne beharren werde, kein widriges Schicksal fürch ten zu dürfen versichert.

Numitor will ihn des Valerius und Horatius wegen beruhigen. Ob er schon selbst in ihre Treue ein Mißtrauen seßt, so behauptet er doch, daß sie bey gegenwärtiger Gelegenheit, ihren Beystand nimmermehr versagen können. Es scheint ihnen zu viel daran gelegen zu seyn, daß Appius über den Widerstand des Virgis nius und des Volkes, auf welchen sie alle ihre Hofnung gründen, nicht siege.

Jcilius geht noch weiter. Wenn auch alle beyde, Valerius und Horatius_ausbleiben follten, so versichert er doch, daß Virginius Numitor und er, unter dem Beystande der jungen Mannschaft, welche ihn begleite, und deren Tapferkeit schon bekannt sey, über die Gewalt und den Stolz des Decemvirs lachen könnten. Unterdessen ist er aber noch immer für diese zwey Patricier eigenommen, und ist nicht damit zufrieden, daß man sie durch einen schimpflichen Verdacht beleidige. Sie sind nur noch vor eis nem Augenblicke bey ihm gewesen, und haben ihm die Versicherungen ihrer Treue und ihrer Freundschaft erneuret. Dieses ist, nach seiner Meinung genug, blindlings auf sie und ihre Un

hånger,

hånger, welche zahlreich, tapfer und entschlossen find, zu trauen.

Auf diese Rede versichert Virginius, daß es gar nicht sein Wille sen, diese zwey Raths glieder zu verschreyen. Sein hohes Alter und seine lange Erfahrung haben ihn gelehrt, daß sie es nicht für schimpflich halten, ihren eignen Nußen dem zufälligen Vortheile ihrer Freunde vorzuziehen. Er zweifelt auch eben so wenig an der Tapferkeit und Entschlossenheit der Anhänger des Jcilius; er befürchtet nur, daß nicht alle, die sich einlassen möchten, eben dieselbe Tapferkeit zeigen, und daß sie nicht sowohl Vertheidiger abgeben, als bloß die Zahl vermehren werden. Wollie sich wohl Jcilius unterfangen, ihm diesen Argwohn zu benehmen? Oder wollte er ihm wohl beweisen, daß dieses weder natürlich, noch glaublich, noch wahrscheinlich wäre? Uebri gens laffen den Virginius sein Alter, seine Gemüthsart, seine väterliche Liebe nichts glückliches voraussehen. Er seht alle seine Hofnung auf die jungen Römer, welche ihm Jcilius so sehr rühmet. Ihnen kömmt es zu, die Vertheidigung eines unglücklichen und betrübten Ala ten über sich zu nehmen. Ihnen kömmt es zu, Virginien, diese traurige Schöne von einem Schicksale zu befreyen, von welchem die Freyheit der keuschen Römerinnen abhängt. Alles, was Virginius von ihnen verlangt, um die Frucht eines so wichtigen Unternehmens nicht zu ver

lieren,

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lieren, ist dieses, daß sie alle ihre Thaten nach dem Plane, den er ihnen durch sein Beyspiel zeigen werde, einrichten möchten. Er will auch, daß Jcilius die Klugheit allem vorziehe, und so lange an sich halte, bis er den Dolch in seiner Hand sehen werde.

Ob nun gleich so viel Måßigung gar nicht nach dem Geschmackr des Jcilius ist, so be quemt er sich doch, aus Achtung und Ehrfurcht gegen den alten Virginius, nach dessen Willen. Die Römer folgen seinem Beyspiel, und nachdem Virginius verlangt, daß sie sich durch eis nen Eid anheischig machen sollen, so willigen Jcilius und die übrigen darein. Endlich muß ihm auch Virginia versprechen, ihre Thränen und ihr Geschrey nach seinem Befehle einzu« richten.

Zweyter Auftritt.

In dem Augenblicke kömmt der Decemvir in Begleitung des Claudius, und unter Bedeckung der Schergen und Soldaten dazu, welche sich um den Richterstuhl, auf den er sich seht, stellen.' Er thut gleich Anfangs, als ob er von allen Bemühungen, die man, das Volk aufzubringen, angewendet habe, hinlänglich unterrichtet sey, und drohet daher alle seine Gewalt und Entschlossenheit anzuwenden, diejenigen zurück zu halten und zu bestrafen, welche kühn genug seyn würden, die öffentliche Ruhe zu stören, und die Gerechtigkeit

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