Immagini della pagina
PDF
ePub

zu verhindern, welche in dem Staate die Grund feste der Freyheit sey. Er wirft hierauf dem Virginius vor, daß er aus dem Lager entlaufen und nach Rom ohne Urlaub, seinem Eide. zuwider, gekommen sey. Er seht voraus, daß er von dem Cornelius Nachricht davon müsse bekommen haben, und will, daß eine weit wich tigere Sache darunter verborgen sey, als der. Handel mit Virginien. Damit er unterdessen zeige, wie wenig er sich deswegen beunruhige, fo befiehlt er dem Claudius, sogleich seine Forde rung vorzutragen, und dem Virginius, seine Sache zu vertheidigen.

Claudius gehorcht ohne Anstand; und be hauptet zu Unterstüßung seines Vorgebens, daß Lumitoria unfruchtbar gewesen sey, und erbiethet sich, seine Sklavin Servilia und ver schiedne andre Personen abhören zu lassen, welche an dem Verkaufe und an der Unterschiebung Theil gehabt hätten.

Virginius hebt damit an, daß er seine Zu rückkunft nach Rom vertheidiget. ,,Auf die „Nachricht, sagt er zu dem Decemvir, die man mir von dem, was Virginien zugestoffen, er,,theilte, und von deren Wahrheit ich jezt durch die Gefahr, welcher sie deine Leidenschaft aussehet, ,,nur allzuwohl überzeugt werde,habe ich das lager verlassen, um zu ihrem Beystande herzuzueilen. Was die Erlaubniß des Cornelius anbelangt, „von welcher du vorgiebst, daß sie unumgänglich

N

,,noth

,,nothwendig gewesen sey, wenn man mich nicht ,,als einen treulofen Ueberläufer betrachten solle, „so glaube ich, daß ich sie deswegen ganz wohl ,,habe entbehren können, weil man noch zweifelt, ,,ob das Ansehen dieser obrigkeitlichen Person rechtmäßig ist. Vorausgeseht also, daß mich bloß meine Ehre, und nicht das, was du etwa ,,erdenken willst, nach Rom gebracht habe; so laß uns nunmehr zu der Sache selbst kommen, „welche dieser Rechtshandel betrift.

Er wendet sich hierauf gegen den Claudius und bestreitet dessen Vorgeben bis auf den ersten Grund. ,,Weit gefehlt, fährt er fort, daß „Lumitoria unfruchtbar gewesen ist; ich habe vielmehr von ihr eine zahlreiche Nachkom„menschaft erhalten, die mir aber, bis auf die schöne Virginia, das genaueste Ebenbild al ,,ler meiner übrigen Kinder, der Tod entrissen „hat. Dieses werden verschiedne von denen, die ,,nich jezt hören, bezeugen können. Doch wenn ,,auch niemand etwas davon wüßte, ist es wohl wahrscheinlich, daß sie ihrer Unfruchtbarkeit durch die Tochter einer Sklavin würde haben aushelfen wollen? Sollte sie sich nicht viel eher an eine Freygebohrne gewendet, und von dieser etwa einen Sohn zu erhalten gesucht haben, welcher den Glanz seiner ehrlichen Herkunft ,,nicht verleugnet hätte? Und wenn auch noch ,,dieses einigen Zweifel litte, und die Lügen dieses »nichtswürdigen Betriegers noch nicht deutlich

genug

genug an den Tag legte; kann man wohl glau ben, daß dieser Elende es so lange sollte haben ,,anstehen lassen, ein Gut, das ihm zugehöre, »,wieder zurück zu fordern? Ist es wohl zu glau ,,ben, daß er so lange werde gewartet haben, bis die ganz besondere und vollkommene Schönheit der Virginia, welche von dem Neide selbst „gepriesen wird, ein Gegenstand seiner Unverschämtheit, welche das Eigenthum aller Laster haften ist, geworden wäre? Beweiset diese Aufführung nicht, daß in Ermangelung eines ges gründeten Rechts, die Ursache, die ihm seine »böse Gemüthsart dargebothen, falsch und ers dichtet sen?

Ein jeder andrer, als Appius, würde viele leicht nicht wissen, was er auf so tristige Vers theidigungen antworten folle; ihm aber, der in allen Rånken so geübt ist, fehlt es an Ausflucht. gar nicht. Er ist es selbst, der für den Claus dius antworten will. Er ist, feines Gewissens wegen dazu verbunden. Jedermann weis, wie ergeben ihm Claudius sen, und kann sich also leicht einbilden, daß er bey aller vorfallenden Noth seine Zuflucht zu seinem Beschüßer werde genommen haben. Er nimmt also daher den Vorwand zu versichern, daß ihm Claudius. schon vor vielen Jahren inständigst gebeten habe, ihn zu dem Eigenthume derjenigen wieder zu verhelfen, welche Virginius für seine Tochter halte. Er betheuert es, daß dieser Römer bes N 2

[ocr errors]

•ständig wegen seines Rechts bey einerley Gründen geblieben sey, und sich allezeit auf eben dieselben Zeugen beruffen habe, auf die er sich heut beruffe. Die öffentlichen Angelegenheiten, seht Ser hinzu, und die vorgefallenen Veränderungen der Regierung, find wegen der vielen Beschäftigungen, die ich dabey gehabt, die Ursache. dieses langen Aufschubes. Nun aber, da „Claudius auf seiner Forderung besteht, kann ich mich nicht weigern, ihm Gerechtigkeit wie derfahren zu lassen.

[ocr errors]

Wie? ruft Virginius. Ist es möglich, „Appius, daß dich deine Blindheit, der offen,,baren Wahrheit ungeachtet, ein solches Urtheil fållen läßt? Bemerkst du denn nicht, daß sich „dieser Betrieger auf Zeugen beruft, und doch ,,keine vorstellt? Willst du das Volk aufs neue zu schreyen bewegen? Willst du seine Ruhe ,,nochmals auf das Spiel seßen? Verdienen die ,,Töchter der Römer, daß du ihnen ohne Untersuchung, mit so vieler Härte und Verachtung begegnest? Nimm dich in Ucht, daß ein sol,,ches Verfahren

[ocr errors]

+99

Er

Diefe Rede beleidiget den Appius zu sehr, als daß er sie nicht unterbrechen sollte. Steht zornig auf und spricht: Meine Wuth wird aufgebracht, da ich die Vollziehung meines Urtheils durch deine boshaften Ausflüchte. so ,,lange verzögern sehe. Du willst ohne Zwei,,fel die Anhänger des Jcilius dadurch Zeit

,,ge:

,,gewinnen laffen, sich zu versammlen; doch „meine Wache soll mir bald Gehorsam verschaf „fen. Gleich, Schergen und Soldaten, macht, „daß dem Eigenthümer seine Sklavin wieder "jugestellt werde.

Diese feßen sich hierauf fogleich in Bewegung; doch Virginius hält sie zurück, indem er vorstellt, daß die Gewalt gegen ein Weibsbild, welche nichts als ihre Thränen entgegen stellen kön ne, ganz unnöthig seyn würde. Es scheint ihm übrigens, daß Claudius, ohne etwas zu ber fürchten, warten, und Appius einige Vorschlä= ge, die er thun wolle, anhören könne, weil sie doch die Macht in Hånden hätten. Dieser uns glückliche Vater will noch einen neuen Versuch wagen, Virginien zu retten. Es ist ihm nicht möglich die natürliche Zärtlichkelt abzule= legen, er will also lieber fein ganzes Vermögen hingeben, wenn man ihm nur diese geliebte Tochter lassen wolle. Er will nichts als die Waffen behalten, das Eigenthum eines jeden würdigen Bürgers. Seine langen Dienste, seine bekann ten Thaten, feine Lorbeern, seine Wunden, sein hohes Alter, sein durch die Last und Beschwerlichkeiten des Krieges entkräfteter Körper, sind die Gründe die er zur Genehmhaltung dieses Vergleichs anführt. Er beschwört den Decemvir einige Achtung davor zu haben, und nicht zuzugeben, daß ein so schlechtes und unschuldiges

N 3

Mittel

« IndietroContinua »