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cher zwischen einer Tragödie und Ro mödie seyn müsse, aufgehoben werde; und deren andre darauf ankömmt, daß dieje. nige Romödie sich selbst zuwieder wås re, welche die Affecten sorgfältig erregen wolle.

Was den ersten Grund anbelangt, so scheint es mir gar nicht, daß man zu befürchten habe, die Grenzen beyder Gattungen möchten vermengt werden. Die Komödie kann ganz wohl zu rühren fähig seyn, und gleichwohl von der Tragödie noch weit entfernt bleiben, indem sie weder eben dieselben Leidenschaften rege macht, noch aus eben derselben Absicht, und durch eben dieselben Mittel, als die Tragödie zu thun pflegt. Es wäre freylich unsinnig, wenn sich die Komödie jene großen und schrecklichen Zurüstungen der Tragödie, Mord, Verzweiflung und dergleichen, anmaassen wollte; allein wenn hat sie dieses jemals gethan? Sie begnügt sich mit einer gemeinen, obschon feltnen, Begebenheit, und weis von dem Adel und von der Hoheit der Handlung nichts; sie weis nichts von den Sitten und Empfindungen großer Helden, welche sich entweder durch ihre erhabne Tugend, oder durch ihre ausserordentliche Häßlichkeit ausnehmen; sie weis nichts von jenem tragischen hohen und prächtigen Ausdrucke. Dieses alles ist so klar, daß ich es nur verdunkeln würde, wenn ich es mehr aus einander sehen wollte. Was

hat man also für einen Grund, zu behaupten, daß die rührende Komödie, wenn sie dann und wann Erbarmen erweckt, in die Vorzüge der Tragödie einen Eingriff thue? Können denn die. kleinen Uebel, welche sie dieser oder jener Personen zustoßen läßt, jene heftige Empfindung des Mitleids erregen, welche der Tragödie eigen ist? Es sind kaum die Anfänge dieser Empfindung, welche die Komödie zuläßt und auf kurze Zeit in der Absicht anwendet, daß sie diese kleine Bes wegung durch etwas erwünschtes wieder stillen möge; welches in der Tragödie ganz anders zu geschehen pflegt. Doch wir wollen uns zu der vornehmsten Quelle wenden, aus welcher die Komödie ihre Rührungen herhohlt, und zusehen, ob sie sich vielleicht auf dieser Seite des Eigenthums der Tragödie, anmaasse. Man sage mir also, wenn rühret denn diese neue Art von Ko mödie, von welcher wir handeln? Geschicht es nicht meistentheils, wenn sie eine tugendhafte, gefeßte und ausserordentliche Liebe vorstellet? Was ist aber nun zwischen der Liebe, welche die Tragödie anwendet, und derjenigen, welche die Komödie braucht, für ein Unterscheid? Ein sehr großer. Die Liebe in der Komödie ist nicht jene heroische Liebe, welche durch die Bande wichtiger Angelegenheiten, der Pflicht, der Tapferkeit, des größten Ehrgeißes, entweder unzertrennlich verknüpfet, oder unglücklich zertrennet wird; es ist nicht jene lermende Liebe, wel

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che von eine Menge von Gefahren und Lastern begleitet wird; nicht jene verzweifelnde Liebe: sondern eine angenehm unruhige Liebe, welche zwar in verschiedene Hindernisse und Beschwerlichkeiten verwickelt wird, die sie entweder vermehren oder schwächen, die aber alle glücklich überstiegen werden, und einen Ausgang gewinnen, welcher, wenn er auch nicht für alle Personen des Stücks angenehm, doch dem Wünsche der Zuschauer gemäß zu feyn pflegt. Es ist daher im geringsten keine Vermischung der Kunst zu befürchten, so lange sich nicht die Komödie mit eben derselben Liebe beschäftiget, welche in der Tragödie vorkommt, sondern von ihr in Ansehung der Wirkungen und der damit verknüpften Umstände eben so weit, als in Ansehung der Starcke und Hoheit, entfernt bleibt. Denn so wie die Liebe in einem doppelten Bilde strahlt, welche auf so verschiedene Weise ausgedrückt werden, daß man sie schwerlich für einerlen halten kann; ja wie so gar die Gewalt, die sie über die Gemüther der Menschen hat, von ganz verschiedner Art ist, so daß, wenn der eine mit zerstreuten Haaren, mit verwirrter Stirn, und verzweifelnden Augen herumirret, der andere das Haar zierlich in Locken schlägt, und mit lächelnd trauriger Mine und angenehm unruhigen Augen seinen Kummer verråth: eben so, sage ich, ist die Liebe, welche in beyden Spielen gebraucht wird, ganz und

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und gar nicht von einerley Art und kann also auch nicht auf einerley, oder auch nur auf åhnlis che Art rühren. Ja es fehlt so viel, daß die Komödie in diesem Stücke die Rechte der Tragöbie zu schmälern scheinen sollte, daß sie viel mehr nichts als ihr Recht zu behaupten sucht. Denn ob ich schon denjenigen nicht beystimme, welche, durch das Ansehen einiger alten Tragódienschreiber bewogen, die Liebe gänzlich aus der tragischen Fabel verbannen wollen; so ist doch so viel gewiß, daß nicht jede Liebe, besonders die zärtlichere, sich für sie schickt, und daß auch diejenige, die sich für sie schickt, nicht darinne herrschen darf, weil es nicht erlaubt ist, die Liebe einzig und allein zu dem Innhalte eines Trauerspiels zu machen. Sie kann zwar jenen heftigern Gemüthsbewegungen, welche der Tra gödie Hoheit, Glanz und Bewunderung ertheilen, gelegentlich beygefügt werden, damit sie dieselben bald heftiger antreibe, bald zurückhalte, nicht aber, damit sie selbst das Hauptwerk der Handlung ausmache. Dieses Geseß, welches man der Tragödie vorgeschrieben hat, und welches aus der Natur einer heroischen That hergehohlet ist, zeiget deutlich genug, daß es allein der Komödie zukomme, aus der Liebe ihre Haupthandlung zu machen. Alles derohalben, was die Liebe, ihren schrecklichen und traurigen Theil ben Seite gefeßt, im Rührenden vermag, kann sich die Komödie mit allen Recht anmaaffen.

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fen. Der vortrefliche Corneille erinnert sehr wohl, daß dasjenige Stück, in welchem allein die Liebe herrschet, wann es auch schon in den vornehmsten Personen wäre, keine Tragödie, sondern, seiner natürlichen Kraft nach, eine Kos mödie sey*. Wie viel weniger kann daher dasjenige Stück, in welchem nur die heftige Liebe einiger Privatpersonen aufgeführet wird, das Wesen des Trauerspiel angenommen zu haben' scheinen? Das, was ich aber von der Liebe, und von dem Anspruche der Komödie auf die felbe, gesagt habe, kann, glaube ich, eben so wohl von den übrigen Stücken behauptet werden, welche die Gemüther zu bewegen vermö gend sind; von der Freundschaft, von der Beständigkeit, von der Freygebigkeit, von dem dankbaren Gemüthe, und so weiter. Denn weil diese Tugenden denjenigen, der sie besißt, zwar zu einem rechtschafnen, nicht aber zu einem groß sen und der Tragödie würdigen Manne machen, und also auch vornehmlich nur Zierden des Privatlebens sind, wovon die Komödie eine Abschilderung ist: so wird sich auch die Komödie die Vorstellung dieser Tugenden mit allem Rech te anmaassen, und alles zu gehöriger Zeit und an gehörigen Orte anwenden dürfen, was sie, die Gemüther auf eine angenehme Art zu rühren, darbiethen können. Allein auf diese Art, kann

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S. die erste Abhandlung des P. Corneille über das dramatische Gedicht.

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