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man einwenden, wird die Komödie allzu frostig und trocken scheinen; sie wird von jungen Leuten weniger geliebt, und von denjenigen weniger besucht werden, welche durch ein heftiges Lachen nur ihren Bauch erschüttern wollen. Was schadet das? Genug, daß sie alsdann, wie der berühmte Wehrenfels faget, weise, ge-* lehrte, rechtschafne und kunstverständige Månner ergößen wird, welche mehr auf das schickliche, als auf das lächerliche, mehr auf das artige als auf das grimassenhafte sehen: und wann schon die, welche nur Possen suchen, dabey nicht Flatschen, so wird sie doch denen gefallen, welche, mit dem Plautus zu reden, pudicitiæ præmium effe volunt.

Ich komme nunmehr auf den zweyten Einwurf. Rührende Komödien, fagt man, widersprechen sich selbst; denn eben deswegen weil sie rühren wollen, können entweder die Laster und Ungereimtheiten der Menschen darinne nicht zugleich belacht werden, oder, wenn beydes geschieht, so sind es weder Komödien noch Tragddien, sondern ein drittes, welches zwischen beyden inne liegt, und von welchem man das sagen könnte, was Ovidius von dem Minotaurus fagte:

Semibovemque virum, femivirumque bovem.

Diefer

In seiner Rede von der Komödie. S. 365. Diff, var. argum. Parte altera..Amftelod. 1617.

Dieser ganze Tadel kann, glaube ich, sehr leicht durch diejenigen Beyspiele nichtig gemacht werden, welche unter den dramatischen Dichtern der Franzosen sehr häufig sind. Den wenn Destouches, de la Chauffee, Marivaur, Voltaire, Fagan und andre, deren Namen und Werke långst unter uns bekannt sind, dasjenige glücklich geleistet haben, was wir verlangen, wann sie nchmlich, mit Beybehaltung der Freu de und der komischen Stärcke, auch Gemüthsbewegungen an dem gehörigen Orte angebracht haben, welche aus dem Innersten der Handlung fliessen und den Zuschauern gefallen; was bedarf es alsdann noch für andre Beweise? Doch wenn wir auch ganz und gar kein Erempel für uns anführen könnten, so erhellet wenigstens aus der verschiedne Natur derjenigen Perfonen, welche der Dichter auf die Bühne bringt, daß sich die Sache ganz wohl thun lasse. Denn da, wie wir oben gezeugt haben, den bösen Sitten ganz füglich gute entgegen gefeßt werden können, damit durch die Annehmlichkeit der lehtern, die Häßlichkeit der erstern sich desto mehr ausnehme; und da diese rechtschaffnen und edeln Gemüthsarten, wenn sie sich hinlänglich äussern follen, in schwere und eine Zeit lang minder glückliche Zufälle, bey welchem sie ihre Kräfte zeugen können, verwickelt seyn müssen: so darf man nur diese mit dem Stoffe der Fabel gehōrig verbinden und kunstmäßig einflechten, wenn

diejenige Komödie, die sich am meisten mit Verfpottung der Laster beschäftiget, nichts destoweniger die Gemüther der Zuhörer durch ernsthaf= tere Rührungen vergnügen soll. Zwar ist allerdings eine grosse Behutsamkeit anzuwenden, daß dieses zur rechten Zeit, und am gehörigen Orte und im rechten Maasse geschehe; ja der komische Dichter, wenn er unser Herz entflammen will, muß glauben, daß jene Warnung, nihil citius inarcefcere quam lacrumas, welche man dem Redner zu geben pflegt, ihm noch weit mehr als dem Redner angehe. Vornehmlich hat er dahin zu sehen, daß er nicht auf eine oder die andere luftige Scene, sogleich eine ernsthafte folgen las= fe, wodurch das Gemüth, welches sich durch das Lachen geruhig erhohlt hatte, und nun auf einmal durch die volle Empfindung der Menschlichkeit dahin gerissen wird, eben den verdrüßlichen Schmerz empfindet, welchen das Auge fühlt, wenn es aus einem finstern Orte plötzlich gegen ein helles Licht gebracht wird. Noch vielweniger muß einer gesetzten Person alsdann, wenn sie die Gemüther der Zuschauer in Bewegung sest, eine allzulächerliche bengesellet werden; überhaupt aber muß man nichts von diefer Gattung anbringen, wenn man nicht die Gemüther genugsam dazu vorbereitet hat, und muß auch bey eben denselben Affecten sich nicht allzulange aufhalten. Wenn man also die rúhrenden Scenen auf den bequemen Ort versparet,

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welchen man alsdann, wann sich die Fabel am meisten verwirret, noch öftrer aber, wenn sie sich aufwickelt, findet: so kann das Lustspiel nicht nur seiner satyrischen Pflicht genug thun, fondern kann auch noch dabey daben das Gemüth in Bewegung sehen. Freylich trägt hierzu der Stoff und die ganze Einrichtung des Stückes viel bey. Denn wenn dasjenige, was der Dichter, glückliches oder unglückliches, wider alle Hoffnung sich ereignen läßt, und zu den Ges müthsbewegungen die Gelegenheit geben muß, aus den Sitten der Personen so natürlich fließt, daß es sich fast nicht anders hätte zutragen kön nen: so überläßt sich alsdann der Zuschauer, des sen sich Verwundrung und Wahrscheinlichkeit bemächtiget haben, er mag nun der Person wohl wollen oder nicht, willig und gern den Bewegungen, und wird bald mit Vergnügen zurnen, bald trauren, und bald über die Zufälle, derjenigen Personen, deren er sich am meisten annimmt, für Freuden weinen. Auf diese Art, welches mir ohne Ruhmredigkeit anzuführen erlaubt seyn wird, pflegen die Zuschauer in dem lehten Auftritte des Looses in der Lotterie gerührt zu werden. Damons Ehegattin, und die Jungfer Caroline haben durch ihre Sitten die Gunst der Zuschauer erlangt. Jene hatte schon daran verzweifelt, daß sie das Looß wiederbekommen würde, welches für sie zehn tausend Thaler gewonnen hatte, und war auf eine an stån

ständige Art deswegen betrübt. Ehe sie sichs aber vermuthet, kömmt Caroline, und bringt ihrer Schwägerin mit dem willigsten Herzen dasjenige wieder, was sie für verlohren gehalten hatte. Hieraus nun entstehet zwischen beyden der edelste Streit freundschaftlicher Gesinnun gen, so wie bald darauf zwischen Carolinen und ihrem Liebhaber ein Liebesstreit; und da sowohl dieser als jener schon für sich selbst, als ein angenehmes Schauspiel, sehr lebhaft zu rühren vermögend, zugleich auch nicht weit hergehohlet, fondern in der Natur der Sache, gegründet, und freywillig aus den Charakteren selbst gefloffen sind: so streitet ein solcher Ausgang nicht allein nicht mit der Komödie, sondern ist ihr vielmehr, wenn auch das übrige gehörig beobachtet wor den, vortheilhaft. Mir wenigstens scheint eine Komödie, welche, wenn sie den Wih der Zus hörer genugsam beschäftiget hat, endlich mit einer angenehmen Rührung des Gemüths schlies set, nicht tadelhafter, als ein Gastgeboth, wel ches, nachdem man leichtern Wein zur Gnüge dabey genossen, die Gäste zum Schlusse durch ein Glas stärkern Weins erhißen und so auseinander gehen läßt.

Es ist aber noch eine andre Gattung, an welcher mehr auszusehen zu seyn scheinet, weil Scherz und Spott weniger darinne herrschen, als die Gemüthsbewegungen, und weil ihre vornehme sten Personen entweder nicht gemein und tadel

haft,

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