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Stegreife, die neué desgleichen, und die von der französischen Bühne übergetragenen Komödien, würden unser Theater mit einer erstaunlichen Menge bereichert haben; die Schriftsteller würden nicht länger angestanden haben, Komödien zu verfertigen, und die Schwierigkeit wegen der verlarvten Schauspieler würde sie nicht långer abgeschreckt haben. Dieses grosse Unternehmen nun, die gute Komödie des sechzehnten Jahrhunderts, in welcher kein Harlequin vorkömmt, auf dem Theater wieder einzuführen, desto glückli cher von Statten gehen zu lassen, wollte ich mich auf einen grossen Namen stüßen, um den Zuschauern durch das Ansehen des Verfassers Uchtung benzubringen. Ich entschloß mich also für die Scoolaftica di Lodovico Ariosto. Dieser Dichter hat fünf Komödien verfertiget, die er Anfangs in Prose schrieb, einige Zeit hernach aber in Verse brachte.

Ich wehlte die, welche in Versen geschrieben war; denn wenn es auf eine Verbesserung abgesehen ist, so ist es nicht immer sehr klug gehandelt, so gelinde wie möglich zu verfahren, weil man noch immer Zeit behält, etwas nachzulassen. Ich nahm also die Scolastica, warf einen Mönch heraus, an dessen Stelle ich eine andre Person einschob, und kurz, ich seßte diese Komddie, nachdem ich hundert und funfzig Verse gee ändert hatte, in den Stand, daß sie ohne wider

die guten Sitten anzustossen, auf dem Theater erscheinen konnte. Es war zu Venedig, wo ich fie das erstemal aufführte, und ich vergaß nicht, meinen Anschlagzettel mit dem Namen des Verfaffers zu verzieren. Bloß der Name des Ariost war hinlänglich, die Zuschauer häufig herben zu locken, allein was für unvermuthetes Unglück! Fast kein einziger von den Zuschauern wußte, daß Ariost Komödien gemacht habe, und ehe noch das Stück anging, hinterbrachte man mir, daß man in dem Parterr von der aufzuführenden Komödie als von einem Stücke spreche, welches aus dem rasenden Roland eben desselben Verfassers, gezogen sey. Nun sah ich, daß ich verlohren war. Die Komödie nahm ihren Anfang, und da man keine Angelique, feinen Roland, keinen Bradamante erscheinen sah, fing das Publicum gleich in der ersten Scene an, zu murren, und nachdem ich den Unwillen eines verdrüßlich gewordnen Pare terrs lange genug ausgehalten hatte, ward ich am Ende des vierten Aufzugs genöthiget, den Vorhang niederfallen zu lassen. Es ist nicht auszusprechen, wie sehr mich dieses verdroß, und fast wäre ich krank geworden; endlich aber, da sich meine Freunde, mich zu trösten, bemühten, tröstete ich mich auch in der That, doch so, daß mein Unwille gegen den schlechten Geschmack beständig fortdauerte. Kurze Zeit darauf erwies mir ein grosser italianischer Prinz, welchem

es aufgetragen worden, eine Bande italianischer Komödianten für den König von Frankreich zu fammenbringen zu lassen, die Ehre, sich wegen der Wahl der Schauspieler an mich zu wenden; ich ließ mich mit ihm ein, und reisete fort. Vielleicht trug der Strich, der mir durch meine Absicht, die gute Komödie in Italien wieder herzustellen, war gemacht worden, nicht wenig dazu ben, daß es mir minder sauer ankam, mein Bas terland zu verlassen.

Dieses ist die Geschichte des italiånischen Theaters bis auf die lehten Zeiten (*). Ich will nichts mehr davon sagen, und ich würde gegen das Ende nicht einmal so viel davon gesagt haben, wenn mich nicht der unglückliche Ausgang der Komödie des Ariost, welcher nicht zu vergessen war, genöthiget hätte, auch von dem zu reden, was ich zum Nußen unfers Theaters gethan habe.

Uebrigens will ich, auch nicht ein Wort, von der Komödie sagen, so wie sie jetzt in Italien gespielt wird. Ich überlasse sie dem Herrn d'Aubignac und allen, die sie verachten wollen, ohne daß ich sie zu vertheidigen wagen sollte, weil ich glaube, daß ich schwerlich mit Ehren damit zu Stande kommen dürfte.

(*) Bis auf das Jahr 1727, versteht sich.

Aus

Aus dem also, was bisher gesagt worden, fieht man, daß die italianische Komödie ihren Ursprung von den alten Spielen der Mimen hat, und daß sie in dem achten Jahrhunderte sich zu bilden angefangen. Sie bestand damals in

einer Art von Spielen, welche ohne Zweifel sehr vieles von den Spielen der Mimen hatten, deren fich einige auf unserm Theater immer weiter fortgeflanzt haben. In diesem Zustande erhielt sie fich bis auf das funfzehnte Jahrhundert; gegen welche Zeit sie die Gestalt einer Komödie gewann, oder welches einerley ist, man eine Handfung darinne zu bemerken ansing, die zu einem Ende abzielte.

Während dem ganzen sechzehnten Jahrhunderte, bis zu Anfange des siebzehnten, werden wir zwen verschiedne Theater gewahr. Das eine war von den Komödianten von Profeßion beseßt, welche aus dem Stegreife mit ihrem Harlequin und andern verlarvten Personen spielten; und das andre hatten die Glieder der Akademien inne, welche geschriebne und regelmäßige Stücke aufführten, die dann und wann auch auf das Theater der Komödianten hinübergenommen wurden. Zu Anfange des siebzehnten Jahrhunderts verfiel das gute Theater in Italien zugleich mit den Wissenschaften, und die Komödianten von Profeßion, welche von ihren Extemporien und ihren verlarvten Personen nie23

mals

mals abgekommen waren, ergaben sich în diesem Verfall, indem sie die Tragödie und gute Ko mödie gänzlich von ihrem Theater entfernten. Gegen das Ende des siebzehnten und zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts, hat man die italianische Bühne wieder in die Höh zu bringen, und die Tragödie und gute Komödie wieder einzuführen gesucht, allein sie ist gar bald wieder verfallen, und vielleicht befindet sie sich jeßt in dem elendesten Zustande, in welchem sie sich je mals befunden hat.

IX. Auss

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