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wie schon aus dieser Bezeichnung geschlossen werden muß, die nicht hätte aufkommen können, wenn auch andere Gegenden der Stadt von Etruskern bewohnt gewesen wären. Nun leitet aber eine ab weichende, übrigens mehrfach bezeugte Tradition die etruskische Bevölkerung des Vicus Tuscus vom Heer des Porsenna ab, das bei Aricia geschlagen sich nach Rom geflüchtet und dort Wohnsize erhalten haben sollte 16). Diese Sage beweist offenbar, daß die Einwohnerschaft des Vicus Tuscus, d. h. die etruskische Bevölkerung Roms weder der Kopfzahl nach sehr bedeutend gewesen ist, noch eine sehr hervorragende oder geachtete Stellung in Rom eingenommen hat 17), und sie hätte sich nicht bilden können, wenn eine der drei alten Stammtribus, folglich ein wesentlicher Theil der Patricier und des Senats aus Etruskern bestanden hätte.

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Aus allen diesen Gründen kann die in Rede stehende Annahme, der Stamm der Luceres habe aus Etruskern bestanden, nicht festgehalten werden. Hat es nichtsdestoweniger mit dem früher Auseinandergesezten seine Richtigkeit, und ist der Ursprung des dritten Stamms in dem Hinzutritt einer dritten Ansiedelung zu suchen, so fann denn von einem weitern Zuwachs außer dem gleich zu nennenden und den schon angeführten weiß die römische Ueberlieferung nichts -nur der Hinzutritt der Albaner es sein, was zum Stamme der Luceres den Grund gelegt hat. Und dieß ist allerdings das relativ Wahrscheinlichste. Die nach der Zerstörung Alba Longa's, an welcher Rom keinen Theil gehabt zu haben scheint 18), nach Rom übergesiedelten und auf dem Cälius ansässig gewordenen Albaner constituirten, als sie zum Föderativ-Staate der Römer-Sabiner hinzutraten, die dritte Stammtribus 19).

16) Liv. II, 14. Dionys. V, 36. p. 304, 46. Schol. Cruq. zu Hor. Sat. II, 3, 228. Vgl. Paul. Diac. p. 354 Tuscus vicus.

17) Dieß ist auch von sonsther bekannt: die Bevölkerung des Vicus Tuscus war verachtet, s. Becker Hdb. I, 489.

18) Es wird hierüber ausführlicher an seinem Orte (Buch 12) gesprochen werden.

19) Für den albanischen Ursprung der Luceres haben sich neuerdings Niemeyer (de equit. rom. 1851. p. 9 ff.), Lange (G. G. A. 1851. Nev. . 1878. 1899 f.), Breda (Cent.-Verf. des Serv. Tull. Bromb. 1848, S. 2) erklärt. Auch Klausen Aeneas II, 1065: „die Luceres sind höchst wahrscheinlich die nach Zerstörung ihrer Stadt in Rom aufgenommenen Albaner.“ Vgl. jedoch Denselben II, 787: „die römischen Luceres sind gemischter Abkunft, tuskisch

Die vorstehende Vermuthung ist bisher nur apagogisch begründet worden; es sprechen aber für dieselbe auch positive Wahrscheinlichkeitsgründe. Die vier ersten Könige repräsentiren allem Anschein nach die vier Hauptbestandtheile der alten Bevölkerung Roms: die drei Stammtribus sammt der Plebs 20). Ist dem so, so gieng man bei der historischen Construction jenes Zeitraums von der Vorstellung aus, die Albaner, deren Uebersiedelung nach Rom man eben deßhalb an den Namen des dritten Königs knüpfte, seien die dritte Tribus, und die von dem vierten König unterworfenen und zum Theil nach Rom übergesiedelten Latiner seien die römische Plebs.

Die Identität der Luceres mit den übergesiedelten Albanern ergibt sich ferner (wofern man den romulischen Lucumo fallen läßt) aus den Nachrichten über die successive Vergrößerung Roms. Zum Palatin (Nömer), Capitolin und Quirinal (Sabiner) soll als vierter Hügel der Cälius hinzugekommen sein: auf dem Cälius aber siedelten die Albaner 21). Es ist nicht abzusehen, wo die dritte Tribus örtlich untergebracht werden soll, wenn sie nicht aus diesen Albanern bestand. Zu derselben Schlußfolgerung berechtigt Livius, wenn er das successive Wachsthum der Stadt offenbar nach einer ältern

und latinisch." Nach Niebuhr (R. G. I, 312) lag auf dem Cälius eine Ortschaft Lucerum, so alt, als die Vereinigung von Roma-Quirium (I, 315); eben dort wurden dann später von Tullus Hostilius die albanischen Geschlechter angesiedelt. Vermittelnd Ambrosch Studien I, 209: „der dritte Grundstamm Roms ist die auf dem Cälius ansäßige Bevölkerung, hervorgegangen aus Ueberfiedelungen latinischer Völker nach Rom, und nachmals durch tyrrhenische, nicht etruskische Elemente verstärkt." Ueber die Etymologie des Namens Luceres bemerkt Lange (G. G. A. 1851. S. 1904): „der Stamm des Worts ist luc, glänzen: davon ist lucer, glänzend, ebenso gebildet, wie celer vom Stamm cel, sich rasch bewegen.“ Es könnten dazu die Namen ‘Ylleis, "Ellŋves, Zelloì, "Iwves = die Glänzenden, Leuchtenden, verglichen werden. Wenn aber Lange beifügt: „Die Luceres wurden so genannt als Albaner, als die Leute aus Alba Longa, der glänzenden Stadt“, so beruht diese Bemerkung auf einer sehr unsichern Deutung jenes Ortsnamens (s. o. S. 340. Anm. 5).

20) Niebuhr R. G. I, 312: „ein Theil der Römer wird auf Tullus in derselben Weise bezogen, wie die beiden ersten Stämme auf Romulus und Numa, die Plebs auf Ancus. Jeder dieser vier Könige galt für einen Theil der römischen Nation als Dekist."

21) Liv. I, 30. 33.

Schwegler, Röm. Gesch. I. 1. Zweite Aufl.

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Quelle mit folgenden Worten schildert: „da den Palatin die ursprünglichen Römer, den Capitolin (man füge hinzu den Quirinal) die Sabiner, den Cälius die Albaner inne hatten, so wurde den übergesiedelten Latinern der Aventin als Wohnsiß angewiesen 22). Hier werden mit ganz bestimmten Worten die Römer, Sabiner und Albaner als die drei ältesten Bestandtheile des römischen Populus genannt; es ist hiedurch die Vermuthung nahe gelegt, daß eben dieselben die drei Stammtribus waren. Die angeführte Stelle des Livius beweist zugleich, daß die drei Tribus gesonderte städtische Distrikte bewohnten, daß schon die älteste Tribuseintheilung zugleich Regioneneintheilung war. Wir finden in Griechenland dieselbe Erscheinung. Auch die dorischen Städte waren, wie mehrfache Spuren verrathen, nach den Phylen abgetheilt 23).

Mit der angegebenen Entstehung des dritten Stammes stimmt auch die anfängliche Unterordnung desselben ganz gut zusammen. Es läßt sich nämlich nicht verkennen, daß die Tribus der Luceres anfangs in politischen und gottesdienstlichen Rechten hinter den beiden älteren Stämmen zurücksteht. Im Nitterstand zwar scheinen die Luceres von Anfang an im gleichen Verhältniß, wie die beiden ersten Stämme, vertreten gewesen zu sein; aber um nichts davon zu sagen, daß die Könige nur zwischen den beiden ersten Stämmen alterniren der Senat, der bis dahin nur zweihundert Mitglieder, hundert aus jeder Tribus, zählt, wird erst durch Tarquinius Priscus auf die Zahl von dreihundert gebracht; erst durch diesen selben König die Zahl der vestalischen Jungfrauën von vier auf sechs 24); und auch in den hohen Priesterthümern scheint der dritte Stand nicht von Anfang gleichmäßig vertreten gewesen zu

sein 25).

22) Liv. I, 33.

23) D. Müller Dorier II, 71.

24) Fest. p. 344 Sex Vestae. Dionys. III, 67. p. 199, 47. Vgl. Plut. Num. 10.

25) Ueber die geistliche Stellung des dritten Standes handelt Am broj c Studien I, 175. 193 f. 214 ff. Doch ist, was die Repräsentation dieses Stan: des in den Priesterthümern betrifft, die Entscheidung sehr erschwert durch das Schwanken und die Vieldeutigkeit der Nachrichten über die ursprüngliche Zahl der Pontifices und Augurn (worüber jezt auch Rubino zu vergleichen, disp. de augurum et pontificum apud vet. Rom. numero, Marb. 1852).

Die Annahme einer syncretistischen Entstehung des röm. Rechts. [9, 16] 515

16. Also aus einer Mischung von Latinern und Sabinern ist die römische Nationalität hervorgegangen. Diese Mischung verschie dener Stämme hat ohne Zweifel, indem sie lebendige Reibung erzeugte, unablässige Vermittlung und Ausgleichung erforderte, zu der kräftigen Entwicklung Roms viel beigetragen. Nur darf man dabei nicht vergessen, daß es nicht zwei verschiedene Nationen, sondern zwei verschiedene Stämme einer und derselben Nation gewesen sind, deren Verschmelzung dem römischen Volk seinen Ursprung und Nationalcharakter gegeben hat.

Wenn daher neuerlich der Versuch gemacht worden ist, das römische Recht aus jener Stammsverschiedenheit zu erklären, und die einzelnen Rechtsinstitute, z. B. die verschiedenen Formen der römischen Ehe 1), die (vermeintliche) Duplicität der römischen Strafrechtsprinzipien 2) auf die verschiedenen Stämme oder ethnischen Urbestandtheile der römischen Nationalität zurückzuführen, so hat dieses Unternehmen viel Bedenkliches. Historische Zeugnisse sprechen ohnehin nicht dafür, aber auch innere Gründe nicht. Denn da die Latiner und Sabiner nur verschiedene Dialekte einer und derselben Sprache geredet, also im Verhältniß der engsten Verwandtschaft zu einander gestanden haben, so ist die Präsumtion vorhanden, daß ihnen auch die fundamentalsten und ursprünglichsten Rechtsinstitute von Hause aus gemein gewesen sind. Und sofern jenen Ableitungsversuchen die Voraussetzung zu Grunde liegt, daß verschiedene Formen für eine und dieselbe Rechtshandlung, z. B. verschiedene Formen der Eheschließung nicht neben einander bei einem und demselben Volke aufkommen und sich ausbilden könnten ), so wird auch diese Vor

1) So Bluntschli, die verschiedenen Formen der röm. Ehe, Schweiz. Mus. für hist. Wiss. I. 1837. S. 261–274. Göttling Gesch. d. r. St.-V. 6. 83. 88 f. Rein in Pauly's Real.-Encycl. IV, 1649. Derselbe Ztschr. f. A.W. 1848. S. 171. 1851. S. 339 und in Jahn's Jahrb. Band 58, 421. Danz de Sabina confarr. orig. Jena 1844. Beder Gallus II, 12 f. 28. Sämmtliche der genannten Gelehrten führen die Confarreatio auf die Sabiner, die Meisten derselben die Coemtio auf die Latiner, die freie Ehe auf die übergesiedelten Etrusker und Peregrinen zurück.

2) Rein in den Verhandlungen der ersten (Nürnberger) Philol.-Vers. S. 22. Derselbe Crim. Recht der Römer S. 39 ff. Ofenbrüggen N. Jen. Litt.-Z. 1843. Nro. 107. S. 434.

3) S. Bluntschli a. a. D. S. 270.

stellung durch zahlreiche Beispiele, die das Gegentheil beweisen, widerlegt 4).

Zehntes Buch.

Romulus' Herrschaft und Heimgang.
A. Die Sage.

1. Die Doppelherrschaft der beiden Könige war von kurzer Dauer. Anverwandte des Tatius hatten sich an einer Gesandtschaft der Laurenter thätlich vergriffen. Die Laurenter verlangten Genugthuung für diese Verlegung des Völkerrechts: Tatius verweigerte sie ihnen. Da nahmen die Beleidigten Rache an ihm selbst, und Tatius wurde, als er zum jährlichen Opferfest nach Lavinium kam 1), von der empörten Volksmenge im Auflauf_erschlagen *). Man begrub ihn im Lorbeerhaine des aventinischen Bergs 3). Noch zu Dionysius' Zeit wurden ihm jährliche Todtenopfer dargebracht *). Romulus war jezt alleiniger Herrscher der verbündeten Völker, und blieb es bis an sein Ende.

4) Vgl. z. B., die Ehe betreffend, I hering, Geist des röm. Rechts I, 284. Anm. 218.

1) Vgl. über dieses Opferfest S. 318. Anm. 7.

2) Liv. I, 14. Dionys. II, 51. 52. p. 114, 32 ff. (wo Alles auf die Lavinaten bezogen, der Laurenter gar nicht gedacht wird).- Plut. Rom. 23. Zonar. VII, 4. p. 318, d. Fest. p. 360 Tatium. Varr. L. L. V, 152. Strab. V, 3, 2. p. 230. Solin. 1, 21. Auf dieses Ereigniß ohne Zweifel geht (der von Merula falsch eingereihte) Vers des Ennius (Ann. I, 151): o Tite tute Tati, tibi tanta tyranne tulisti.

3) Varr. L. L. V, 152: in eo (Aventino) Lauretum ab eo, quod ibi sepultus est Tatius rex, qui ab Laurentibus interfectus est (eine unsinnige Etymologie), vel ab silva laurea, quod ea ibi excisa est aedificatus vicus. Fest. p. 360 Tatium. Zur Zeit dieser Schriftsteller hieß nur der Bezirk so: der Lorbeerhain selbst, der sich in alter Zeit dort befunden hatte (Dionys. III, 43. p. 182, 26. Plin. H. N. XV, 40. §. 138. Varr. ap. Macrob. III, 12. p. 444 und ap. Serv. Aen. VIII, 276), war längst verschwunden. Weniger genau läßt Plutarch (Rom. 23) den Tatius im Armilustrium beerdigt werden, s. Becker röm. Alterth. I, 450. Anm. 934.

4) Dionys. II, 52. p. 115, 41: χοάς αὐτῷ καθ ̓ ἕκαςον ἐνιαυτὸν ἡ πόλις ἐπι Telei Squoolas. Vgl. Plut. Rom. 24 (worüber unten S. 522 f.).

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