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schen Stützpunkt zu entziehen 1). Auch darin verdient die Ueberlieferung Glauben, wenn sie die Ausbreitung der römischen Herrschaft gegen das Meer hin, die Eroberung des untern Tiberufers in eine frühere Epoche verlegt, als die Eroberung der transanienischen Städte, die sie erst dem Tarquinius Priscus zuschreibt: es war dieses Verfahren durch politische Klugheit geboten, und hat daher die innere Wahrscheinlichkeit für sich. Nur das erscheint nicht glaublich, daß die Bewohner der eroberten Landschaft nach Rom verpflanzt worden sind. Denn es wäre nicht nur höchst unpraktisch gewesen, die Plebejer. so entfernt von ihren Grundstücken anzusiedeln, sondern auch unpolitisch, sie auf Einen Punkt zusammenzuziehen, und ihnen den Besitz eines festen Hügels innerhalb der Stadt einzuräumen : wogegen sie auf dem flachen Lande zerstreut weit weniger gefährlich werden konnten. Auch sieht man nicht recht ab, wo die vielen tausend Latiner", die Livius nach Rom verpflanzt werden läßt 2), dort Platz gefunden haben sollen. Die Tradition sagt: auf dem Aventin und im Thal Murcia. Allein nach glaubhafterer Ueberlieferung wird der Aventin erst durch das icilische Geseß der städtischen Plebs zum Wohnsiz und zum Häuserbau angewiesen ): bis dahin war er Gemeinland, ja sogar, wie Dionysius berichtet, größtentheils noch Wald gewesen 4). Im Thal der Murcia aber, dem schmalen Thale, das den Aventin vom Palatin trennt 5), und das späterhin zum großen Circus hergerichtet wurde, hatten nur wenige hundert geringe Häuser Naum 6). Aus diesen Gründen ist es wahr

1) Vgl. Liv. I, 33: Politorium inde rursus bello repetitum, quod vacuum occupaverant Prisci Latini: eaque causa diruendae urbis ejus fuit Romanis, ne hostium semper receptaculum esset.

2) Liv. I, 33.

3) Dionys. X, 31. p. 657, 44: der Tribun Jcilius beantragt, anoueqiovaι ἀπομερισθῆναι τοῖς δημόταις τόπον εἰς οἰκιῶν κατασκευὰς τὸν καλέμενον Αὐεντῖνον. c. 32. p. 659, 19. 4) Dionys. X, 31. p. 657, 49. Es ist daher eine historische Prolepse, wenn der Aventin schon zur Zeit der ersten Secession als Plebejerquartier erscheint, Liv. II, 28: plebs coetus nocturnos, pars Exquiliis, pars in Aventino facere.

5) S. Becker Hdb. I, 467. Anm. 972.

6) Die dea Murcia oder Murtia wird von den Alten meist für die Venus (Varr. L. L. V, 154. Plin. H. N. XV, 36. §. 121. Plut. Q. R. 20. Serv. Aen. VIII, 636. Tert. de Spect. 8) und zwar für die Myrten-Venus (Varr. a. a. D. Plin. a. a. D.: Venus Myrtea, quam nunc Murciam vocant. Plut. Q. R. 20. Serv. Aen. I, 720. VIII, 636) erklärt, denn die Myrte war Baum der Venus

scheinlich, daß der weitaus größte Theil der Plebs auf seinen Grundstücken seßhaft geblieben ist. Man muß dieß endlich auch daraus schließen, daß die plebejischen oder Tribut-Comitien nach altem Brauch nur an den Nundinen, an welchen der Landmann zum Fruchtmarkt in die Stadt hereinkam, abgehalten wurden 1), und daß aus demselben Grunde jeder Gesezesvorschlag drei Nundinen oder Markttage vor der Verhandlung angekündigt und über diese Zeit öffentlich ausgestellt sein mußte 2).

Richtig ist nur so viel, daß der Aventin und das Thal der Murcia späterhin Plebejerquartiere sind 3). Und eben dieser Umstand hat wohl zu der Sage Anlaß gegeben, die hier gewohnte Plebs sei von dem vierten König zwangsweise dahin verseht worden.

Außer den Eroberungskriegen, die Ancus Marcius nach übereinstimmender Tradition gegen die latinischen Umlande führt, und die in der Hauptsache als historisch gelten können, führt er bei Dionysius auch noch Kriege gegen die Fidenaten, Sabiner, Volzker,

(Plin. H. N. XII, 2. §. 3. XV, 36. §. 120. Plut. Num. 19. Q. R. 20. Tibull. I 3, 66. Serv. Aen. V, 72. 801. Derselbe Ecl. VII, 62. Georg. I, 28. vgl. Pausan. VI, 24, 7). Diese Ansiedlung der Plebs beim Heiligthum der MyrtenVenus scheint übrigens (besonders in Betracht der beiden Myrtenbäume vor dem Quirinustempel) etwas von Symbolik an sich zu haben, s. o. S. 488. Anm. 1 und Klausen Aeneas II, 733.

1) Varr. R. R. II. Praef. §. 1. Macrob. I, 16, 34. p. 291: Rutilius scribit, Romanos instituisse nundinas, ut octo quidem diebus in agris rustici opus facerent, nono autem die intermisso rure ad mercatum legesque accipiendas Romam venirent, et ut scita atque consulta frequentiore populo referrentur, quae trinundino die proposita a singulis atque universis facile noscebantur. Dionys. VII, 58. p. 463, 22: v ravtais (an den Nundinen) ovriórtes êz tür ἀγρῶν οἱ δημοτικοὶ εἰς τὴν πόλιν τὰς τε ἀμείψεις ἐποιῶντο τῶν ὠνίων καὶ τὰ κοινὰ ὅσων ἦσαν κύριοι κατὰ τὰς νόμος ψῆφον ἀναλαμβάνοντες ἐπεκύρων· τὰς δὲ μεταξὺ τῶν ἀγορῶν ἑπτὰ ἡμέρας ἐν τοῖς ἀγροῖς διέτριβον. Das Seftere fagt Dionyfius auch X, 1. p. 627, 36. Vgl. Denselben II, 28. p. 98, 39.

2) Macrob. I, 16, 34. p. 291. Liv. III, 35. Dionys. VII, 58. p. 463, 20 (= Plut. Coriol. 18). IX, 41. p. 598, 35. X, 3. p. 629, 31. c. 35. p. 661, 41. 3) Daß die Umgegend des Circus vorzüglich von Plebejern bewohnt war, darf man auch aus dem Umstande schließen, daß der Terestempel, in welchem die plebejischen Aedilen ihr Amtslocal und ihre Registratur hatten (Liv. III, 35: ut senatusconsulta in aedem Cereris ad aediles plebis deferrentur), der also zur Plebs in besonderer Beziehung gestanden haben muß, sich eben dort, beim Circus, genauer über den Schranken desselben (s. Becker Hdb. I, 471. Anm. 981) befand.

Vejenter. Von diesen Kriegen gilt nicht das Gleiche: sie sind schriftstellerische Erfindung. Mit der Einnahme Fidenäs namentlich, die durch einen geschickt angelegten Minengang bewerkstelligt wird, hat es die ganz gleiche Bewandtniß, wie mit der romulischen Eroberung dieser so unendlich oft eroberten Stadt 1): sie ist eine Nebertragung aus der historischen Zeit, aus der durch eine Mine bewerkstelligten Eroberung Fidenäs durch den Dictator Servilius im J. 319 d. St. 2).

6. Warum dem Ancus Marcius die Erbauung des Carcer zugeschrieben wird, ist schwer zu sagen, wäre aber keinen Augenblick zweifelhaft, wenn es sich wahrscheinlich machen ließe, daß jenes Staatsgefängniß schon im Alterthum den Beinamen Martins geführt hat. Dieß ist nun zwar nicht zu erweisen; der Name Carcer Martius findet sich bei keinem alten Schriftsteller; die Alten nennen das Staatsgefängniß entweder schlechthin Carcer, oder, nach seiner untern Hälfte, Tullianum. Allein der Name Carcer Mamertinus, den das Gebäude im Mittelalter führt 9), kann doch nur aus dem Alterthum stammen, und ist viel zu gelehrt, um in der Zeit der Mirabilien erfunden worden zu sein; auch deutet der Name Marforio (Forum Martis), der sich an den bekannten Flußgott geknüpft hat, dessen Bildsäule dem Carcer Mamertinus gegenüberlag *), auf ein altes Heiligthum des Mars in dieser Gegend. Es ist also doch möglich, daß das Staatsgefängniß schon im Alterthum jenen Beinamen geführt hat, und es würde sich alsdann leicht erklären, wie man darauf kam, die Gründung des Carcer Martius auf den König Ancus Marcius zurückzuführen. Ja, man ist versucht, eben in dieser traditionellen Verknüpfung des Carcer mit dem Namen des Ancus Marcius einen Beweis dafür zu sehen, daß der fragliche Beiname des Carcer antik ist 5). Hat es doch mit dem Tullianum, dem

1) S. o. S. 529.

2) Liv. IV, 22. Flor. I, 12, 9. Fast. Praenest. d. 15. Jan. ap. Orell. C. J. II. p. 382. 409.

3) Die Urkunden des Mittelalters schwanken zwischen Carcer Mamertinus und Carcer Mamertini: im leßtern Fall würde der Name von der gegenüberliegenden Bildsäule, die man für einen Mars ansah, abzuleiten sein. Allein der Name Mamertinus, den man der Bildsäule gab, hat doch wohl nur im Namen des Plates seinen Grund.

4) S. Beschreibung Roms III, 1, 138. Becker Hdb. I, 414.

5) Anders sucht Niebuhr R. G. I, 370 die Beziehung des Carcer auf Ancus Marcius zu erklären: „der Kerker, an der Bergwand über dem Forum,

untern Raume dieses Gefängnisses, die gleiche Bewandtniß. Dieser Bau wird, vermöge einer analogen Ausdeutung des Namens, gewöhnlich dem König Servius Tullius zugeschrieben 1): allein seiner ursprünglichen Bestimmung nach war das Tullianum, wie die Quelle beweist, die noch jezt auf dem Boden dieses Naums entspringt, nicht ein Gefängniß, sondern ein Brunnenhaus 2); und dieß besagt auch der Name, denn tullius bedeutet einen Springquell 3), Tullianum folglich ein Quellhaus. Die gemeine Tradition, nach welcher Ancus Marcius den obern, Servius Tullius den untern Theil des Carcer gebaut haben soll, enthält überdieß eine offenbare sachliche Unmöglichkeit, denn es ist nicht abzusehen, wie Servius Tullius sein Tullianum unter dem obern Gefängniß hat anlegen können, ohne das letztere zu zerstören; es ist undenkbar, daß der obere Naum zuerst, und dann erst der untere gebaut worden ist. Ucberdieß erscheint der ganze Bau als ein nach Einem Plane ausgeführtes Werk, und nicht als ein Werk verschiedener Zeiten. Es ist somit die an gebliche Beziehung des Carcer zu den beiden genannten Königen, als lediglich auf falscher Etymologie beruhend, abzuweisen; aber der königlichen Zeit gehört er allerdings an. Wahrscheinlich ist er ein tarquinisches Werk, da er als Brunnenhaus mit den Cloaken, in welche sein Quellwasser abfließt, in Verbindung steht.

der Wahlstatt der Plebejer, angelegt, diente bis zur Einführung gleicher Geseze, nur sie in Haft zu halten, und deßhalb mag seine Erbauung dem König zugeschrieben werden, auf den die Entstehung des plebejischen Standes zurückgeführt wird."

1) Varr. L. L. V, 151: in hoc (carcere) pars, quae sub terra, Tullianum, ideo quod additum a Tullio (Tullo schreibt D. Müller gegen die Handschriften und ohne alle Noth) rege. Fest. p. 356: Tullianum Servium Tullium regem aedificasse ajunt.

2) Vgl. Forchhammer im Bullett. dell' Inst. 1839. p. 29 ff. Densel ben, über das Tullianum und den Carcer Mamertinus, Kunstblatt 1839. Nro. 93. Abeken Mittel-Italien S. 192 f.

3) Fest. p. 352 Tullios. Suet. fragm. de flum. ap. Fest. ed. Müller p. 382, 17. Ebenso sind, mit D. Jahn (Bullett. dell' Inst. 1841. p. 12) die tullii Tiburtes bei Plin. XVII, 26 zu fassen, als Cascatellen des Anio.

Vierzehntes Buch.

Die älteste Verfassung.

1. Daß die Epoche der vier ersten Könige staatsrechtlich einen andern Charakter trägt, als diejenige der drei letzten, ist eine Wahrnehmung, die sich von selbst aufdrängt. Diese Verschiedenheit beurkundet sich schon in der abweichenden Art und Weise, in welcher die Könige beider Ordnungen auf den Thron gelangen: nämlich die Könige der ersten Reihe unter strenger Beobachtung der legitimen Formen, namentlich unter Vermittelung von Interregen; diejenigen der zweiten auf regelwidrige Weise, namentlich ohne vorangegangenes Interregnum. Ferner schreibt die Tradition Jedem der drei lezten Könige gewisse Verfassungsveränderungen zu, während sie für die Epoche der vier ersten Könige einen unveränderten Bestand der ursprünglichen, romulischen Verfassung voraussetzt. Es ist also hier, che wir in die tarquinische Epoche eintreten, der Ort, stille zu stehen, und die älteste d. H. unvordenkliche Verfassung des römischen Staats einer nähern Betrachtung zu unterwerfen.

2. Der römische Populus der ältesten Zeit war gegliedert in (drei) Geschlechterstämme (Tribus), die Geschlechterstämme in (dreißig) Curien, die Curien in (dreihundert) Gentes. Also dieselbe Grundeinrichtung, die wir auch in den Staaten des älteren Griechenlands finden, wo die Haupteintheilung meist diejenige in Phylen ist, die Phylen aber, z. B. in Athen, in Phratrien, die Phratrien in Geschlechter zerfallen.

Von den drei Stammtribus ist schon oben ausführlicher gehandelt worden. Ihre Entstehung ist in Kurzem folgende. Auf dem Palatin lag zu einer Zeit, die sich chronologisch nicht bestimmen läßt, eine latinische Ortschaft Namens Rom. Auf dem gegenüberliegenden Quirinal siedelte eine sabinische Niederlassung, zu der das palatinische Nom nach längerem Ringen in ein Verhältniß zuerst der Föderation, dann der staatlichen Union trat. Eine dritte Ortschaft befand sich auf dem Cälius, wo die albanischen Geschlechter sich angesiedelt hatten. Diese Ortschaft des Cälius stand zu dem unirten Gemeinwesen der Römer - Sabiner anfangs in einem leckern und äußerlichen Verhältniß, vielleicht einem Verhältniß der Abhängigkeit: gelangte aber mit der Zeit zu politischer Gleichberechtigung. Durch die politische Vereinigung der drei Ortschaften entstanden die drei

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